Faschismus als Ideologie des Kapitalismus

Simon

Mitglied
Meiner Frage voran möchte ich 2 Sätze sinngemäß zitieren, die ich mal irgendwo gelesen habe, und die mich zum nachdenken/nachlesen angeregt hatten.

Der Nationalsozialismus war die größte antikapitalistische Bewegung zur Erhaltung des Kapitals.

Bei diesem Satz ist mir zuerst der linke Flügel um die Strassers eingefallen, der unter Volksgemeinschaft ähnliches verstand wie die NPD heute- ein Gesellschaftsmodell auf völkischer und nationaler Basis die den Kapitalismus überwinden soll (Anspruch), also den Antisemitismus einschließt. Beim zweiten Teil des Satzes, wo es um die Erhaltung des Kapitals geht, ist natürlich das Bündnis des Großkapitals mit Hitler von Bedeutung.
Ich frage mich allerdings, ob dies allein für die Interpretation des Satz ausreichend ist. Und ob man eben nicht weiter gehen kann und sagen kann, dass der Verfasser der Meinung sei, dass der NS nicht den Kapitalismus nicht überwinden kann, sondern der Faschismus sogar eine immanente Ideologie des Kapitalismus ist.

Die liberale Demokratie ist das Gesicht des Kapitals, wenn es keine Angst hat. Der Faschismus ist das Gesicht des Kapitals, wenn es Angst hat.

Deutlicher wird es hier.
Das Besitzbürgertum vertritt in "guten Zeiten" die Ideologie der liberalen Demokratie. Ist die Akkumulation aber durch die Krisen des Kapitalismus in Gefahr("Angst"), nutzen sie(versuchen sie zu nutzen) den Faschismus zur Sicherung der kapitalistischen Funktionsweisen.

Wenn man das alles weiter denkt, kann man zu der Auffassung kommen, der Faschismus sei eine Ideologie des (Krisen-)Kapitalismus.Wenn man dann ebenfalls der Auffassung ist, dass der Kapitalismus systembedingt immer zu Krisen neigt, könnte man zu der Überzeugung gelangen, dass der Kapitalismus immer zum Faschismus neigt.
Und zuletzt überspitzt ausgedrückt: Der Faschismus sei die extremste Form kapitalistischer Produktionsweise.


So lange rede kurze Frage:
Inwieweit ist eine solche Interpretation des (deutschen) Faschismus nachvollziehbar-inwieweit auch belegbar? Wo stößt sie an ihre Grenzen?
Ist das diese art der Faschismusinterpretation typisch für den Marxismus?
 
Wenn man das alles weiter denkt, kann man zu der Auffassung kommen, der Faschismus sei eine Ideologie des (Krisen-)Kapitalismus.Wenn man dann ebenfalls der Auffassung ist, dass der Kapitalismus systembedingt immer zu Krisen neigt, könnte man zu der Überzeugung gelangen, dass der Kapitalismus immer zum Faschismus neigt.
Und zuletzt überspitzt ausgedrückt: Der Faschismus sei die extremste Form kapitalistischer Produktionsweise.

Einen soziologisch-ökonomischen Theorieansatz gibt es z.B. vom bedeutenden Politikwissenschaftler Franz Neumann(1900-1954).
Seine Hauptthese war,daß Entstehung, Aufstieg und Herrschaftspraxis des Nationalsozialismus in Wahrheit keine soziale und polit. Revolution war, sondern nur Ausdruck einer äußersten Zuspitzung der Krise des Kapitalismus, das 3. Reich schließlich das polit. System eines totalitären Monopolkapitalismus gewesen sei.
Neumann konzentrierte seine Untersuchungen auf den Nachweis, daß die "herrschende Klasse der kaiserl. und republik. Periode auch 1933 ihre Position i.d. Gesellschaft behalten habe, daß sich die soziale Struktur nicht geändert habe und der NS-ismus eine kleinbürgerliche Massenbewegung gegen eine sozialistische Massenbewegung gewesen sei " ; quasi eine
"Gegenrevolution " im Dienst und als Werkzeug des herrschenden Systems des Kapitalismus. Allerdings räumt Neumann auch ein, daß auchwichtige nichtökonomische Impulse zu Hitlers Aufstieg beitrugen.

Franz Leopold Neumann - Wikipedia
 
Und damit wäre man über die Krise des Kapitalismus mitten in der Totalitarismus-Debatte, wo neben Neumann auch Hannah Arendt nicht fehlen sollte:
"Sie stellt die neuartige und vieldiskutierte These auf, dass sich totalitäre Bewegungen jeder Weltanschauung und Ideologie bemächtigen können und sie durch Terror in eine neue Staatsform überführen können. Geschichtlich vollständig realisieren konnten dies ihrer Ansicht nach bis 1966 (Edition der dritten und letzten Auflage) lediglich der Nationalsozialismus (Rassismus, Antisemitismus) einerseits und der Stalinismus („klassen- und nationslose Gesellschaft“) andererseits."
Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft - Wikipedia
Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft - Wikipedia
WELT ONLINE - Das übertreibende Denken - Nachrichten print-welt

Zu den von Arcimboldo genannten sonstigen Umständen in dieser Debatte zum Nationalsozialismus nur einige Hinweise:
- Antisemitismus
- Versailles
- technologischer Fortschritt
 
Lassen diese Ansätze nicht den völkischen und rassistischen Aspekt des Ns aus, oder beziehen sie diesen ebenfalls aus dem Kapitalismus.

Die totalitarismustheorie beschränkt sich doch vorallem auf eine strukturelle Betrachtung des NS(im vergleich zum stalinismus)? Daher verstehe ich die Verbindung "Krise des Kapitalismus als Ursache des NS" zur Totalitarismustheorie leider nicht.
 
Lassen diese Ansätze nicht den völkischen und rassistischen Aspekt des Ns aus, oder beziehen sie diesen ebenfalls aus dem Kapitalismus.
Sie lassen ihn nicht aus, wie bei Arendt nachzulesen.
Der Schluß wäre daraus, dass sich diese Faktoren nicht aus dem Kapitalismus erklären oder erklärt werden müßten, sondern ein totalitäres System bei seiner Entstehung ein Umfeld vorfindet bzw. dieses nutzt oder bedient oder dadurch befördert wird.

Die totalitarismustheorie beschränkt sich doch vorallem auf eine strukturelle Betrachtung des NS(im vergleich zum stalinismus)? Daher verstehe ich die Verbindung "Krise des Kapitalismus als Ursache des NS" zur Totalitarismustheorie leider nicht.
Muss es denn die Verbindung zwingend geben?
Ich dachte, es handele sich oben um eine Frage...
Monokausale Erklärungen ("Krise des Kapitalismus als Ursache des NS") würde ich generell anzweifeln.

Den Vergleich würde ich schließlich nicht als Zweck des Ansatzes ansehen, sondern als ein falsches oder richtiges Ergebnis, je nach Autor und Stand der Diskussion. Somit läge auch keine "Beschränkung" der Theorie vor.
 
Die totalitarismustheorie beschränkt sich doch vorallem auf eine strukturelle Betrachtung des NS(im vergleich zum stalinismus)? Daher verstehe ich die Verbindung "Krise des Kapitalismus als Ursache des NS" zur Totalitarismustheorie leider nicht.

Die Ideologien des Faschismus und des Nationalsozialismus speisen sich aus revolutionären und reaktionären Kräften zugleich: Sozialromantik, Staatssozialismus,völkisch-rassistisch begründete Gemeinschaftsideologie, diese führt den Nationalsozialismus , also den völk.Rassismus zu einer anderen totalitären Herrschaft als den Faschismus ital. Prägung. Die dt. Prägung des Faschismus beinhaltet edann weiter noch die ordinäre Xenophobie und den radikalen biologischen Antisemitismus. Dies wird oder kann eben laut o.g. Theorie virulent werden in Verbindung einer "Kapitalismus-Krise ". Sicher war der selbstgesetzte Sinn der "nationalsozial. Rev. " die Beseitigung des Individualismus und des Liberalismus. Goebbels hat 1933 emphatisch verkündet: ".....damit wird das Jahr 1789 aus der Geschichte gestrichen."
 
Mal vorweg: Ich halte diese Thesen für ziemlichen Humbug, für einen verkrampften Versuch der Marxisten, diverse Feindbilder unter einen Hut zu bringen.

Der Kapitalismus als "Ideologie" war schon im 19. Jahrhundert komplett begründet, mit den Schriften von Smith und anderen. Da war von Faschismus noch nirgends die Rede, diese Bewegung kam später, aus völlig anderen Wurzeln, und mit deutlich antikapitalistischer Stoßrichtung.

Die liberale Demokratie ist das Gesicht des Kapitals, wenn es keine Angst hat. Der Faschismus ist das Gesicht des Kapitals, wenn es Angst hat.
Das Grundproblem an solchen Behauptungen ist, daß es "das Kapital" als handelndes Subjekt überhaupt nicht gibt.
Es gibt einzelne Kapitalisten, die für den Faschismus waren. Wie es auch einzelne Kapitalisten gab und gibt, die für den Sozialismus eintreten. Aber das bleiben private Einzelentscheidungen.

Generell ist Kapitalismus nicht unbedingt das, was die "Kapitalisten" wollen. Denn das sind ja die, die es schon geschafft haben, die Fabriken oder Vermögen besitzen und nun am liebsten ohne Markt und Wettbewerb die Pfründe sichern möchten.
Demgegenüber stehen die Interessen derer, die noch etwas werden wollen, die Gründer, die Leute mit neuen Ideen - deren die Wirtschaft ständig verändernde Tätigkeit ist eigentlich der Kern des Kapitalismus, auch wenn diese Leute mehrheitlich noch gar keine "Kapitalisten" im marxistischen Sinne sind.

Das Besitzbürgertum vertritt in "guten Zeiten" die Ideologie der liberalen Demokratie.
Das hängt nun sehr von den Rahmenbedingungen ab.
Gegen die Monarchie gerichtet und um Machtteilhabe zu erreichen, war liberale Demokratie den meisten Besitzbürgern natürlich sehr recht. Nach Ende der Monarchie war es ihnen in Mehrheit wohl eher lästig, daß nun so viele andere Leute "unter ihnen" ebenfalls Machtteilhabe wollten.
Und inzwischen gibt es ein "Besitzbürgertum" als soziale Gruppe nicht mehr wirklich, das Interesse an liberaler Demokratie korreliert heute fast überhaupt nicht mehr mit solchen Kategorien.

Ist die Akkumulation aber durch die Krisen des Kapitalismus in Gefahr("Angst"), nutzen sie(versuchen sie zu nutzen) den Faschismus zur Sicherung der kapitalistischen Funktionsweisen.
Wenn überhaupt, dann würde das nur für die spezielle Krisensituation der Weltwirtschaftskrise gelten. Da galt vielen Leuten der Faschismus als Abwehrhilfe gegen diverse empfundene Bedrohungen.
Von einer Sicherung der "kapitalistischen Funktionsweisen" war da aber überhaupt keine Rede, der Faschismus wollte diese Funktionsweisen ja eher abschaffen.
Es ging da lediglich um die Erhaltung politischer Macht.

Wenn man dann ebenfalls der Auffassung ist, dass der Kapitalismus systembedingt immer zu Krisen neigt
Das ist entweder trivial oder falsch.
Trivial, weil wohl jede Gesellschaft oder Wirtschaftsform immer wieder mit Veränderungen oder Krisen konfrontiert wird - also auch der Kapitalismus.

Falsch bzw. ohne vernünftigen Beleg ist dagegen die These, der Kapitalismus würde eher zu Krisen neigen als andere Wirtschaftsformen.

Und zuletzt überspitzt ausgedrückt: Der Faschismus sei die extremste Form kapitalistischer Produktionsweise.
Das kann man wirklich nur behaupten, wenn man die Grundlagen des Kapitalismus überhaupt nicht verstanden hat.
Der Faschismus zielt darauf ab, genau die Veränderungen zu verhindern, die Grundelement des Kapitalismus sind.
 
Interessant ist, dass sich die beide Ausgangsthesen in der Faschismusanalyse Dimitroffs auf dem 7. Komintern-Kongress 1933 wiederfinden: Die Darstellung des Faschismus als der "unmittelbaren Macht des Finanzkapitals", als der "organisierter Racheterror gegen die bäuerlichen, kleinbürgerlichen und proletarische Massen" in der Stunde der Bedrohung des Kapitalsmus durch den Kommunismus.

Luks (Entstehung der kommunistischen Faschismustheorien, 1984) resümiert einen Rückschritt hinter die früheren Leistungen der Komintern in der Analyse des Rechtsextremismus 1921-1928 und führt dieses auf den nach 1930 einsetzenden, "stalinistischen Hang zu schematischen und simplifizierenden Interpretationen" zurück. Dem Komintern völlig verschlossen blieben demnach die autonomen Bestandteile, die Abgrenzung gegen die Industrie und Kapital ("Zinsknechtschaft") und die kleinbürgerlichen selbständigen Aspekte in Faschismus und Nationalsozialismus.
 
Mal eine Zwischenfrage in diesem Zusammenhang von mir:
Wie ist eigentlich das Regieme in Serbien in den 90´er Jahren einzuordnen?
Es ist ja aus der Kommunistischen Partei hervorgegangen und hat dann in den 90´ern äußerst aggressive ethnische Säuberungen durchgeführt.
:grübel:
 
Wie ist eigentlich das Regieme in Serbien in den 90´er Jahren einzuordnen?
Das war einfach noch eine fiese Diktatur.
Da die Gemeinsamkeiten zwischen den Diktaturen viel wichtiger sind (vor allem für die Betroffenen) als die jeweilige offizielle Begründung für irgendwelche Greueltaten, halte ich die Etikettierung nach "faschistisch", "kommunistisch" oder "nationalistisch" in vielen Fällen für recht nebensächlich.
 
Unter Kapitalismus verstehe ich eine Wirtschaftsordnung, die durch die
Betonung des Privateigentums, der Privatautonomie und der Koordination
des Wirtschatsprozesse über Märkte charakterisiert ist.
Mit diesen Charakteristika geht die Wertschätzung des Individuums, und
dessen unveräußerlicher Rechte (Unverletzlichkeit der Person und des Eigentums, Vertragsfreiheit, Meinungs-und Pressefreiheit, Freiheit
der Wissenschaft- und Künste etc.) und die Förderung der Leistungsbereitschaft ( Wettbewerbsordnung, " Leistung muß sich Lohnen", Aufgeschlossenheit für technische Innovationen und damit für neue wissenschaftliche Erkenntnisse )einher.

Geistesgeschichtliche Grundlagen des Kapitalismus sind die Ethik
des Calvinismus ( Wirtschaftlicher Erfolg ist für den Puritaner ein
Zeichen für die Prädestination, Im Gegensatz zur scholastischen Tradition Erlaubnis von Zinsgeschäften, Starke Betonung von Sparsamkeit und
Fleiß)

Die Aufklärung ( Privatautonomie) und die Philosophie des Utilitarismus
( Erkenntnis, dass das Gewinnstreben des Einzelnen eine Quelle
des Wohlstandes für alle sein kann; Adam Smith)

Weiteres Kennzeichen
 
Zuletzt bearbeitet:
Nach meinem Verständnis muss man unterscheiden zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus :

"Marktwirtschaftlich" ist eine Wirtschaftspolitik, die auf die Regulierungsmechanismen des Marktes aufbaut, um die Volkswirtschaft zu steuern. Wichtig dabei ist, die Kräfte des Marktes (Angebot, Nachfrage, Mitanbieter) in einem Gleichgewicht zu halten.

Wenn man von "Kapitalismus" spricht, meint man einen Zustand, in dem dieses Gleichgewicht bereits nicht mehr existiert, sondern eine Partei die Oberhand gewonnen hat, z.B. ein Anbieter keine Wettbewerber mehr hat und dem Kunden deshalb die Preise diktieren oder anderweitig Macht über ihn ausüben kann.

Aufgabe der Politik sollte es sein, diese Machtbalance zu verteidigen. Leider tut sie oft das Gegenteil.
 
weiteres Kennzeichen des Kapitalismus ist die Bildung des Preises über
den Markt ( angebot und Nachfrage bilden den Preis), sowie damit verbunden
die dezentrale Entscheidung der Wirtschaftssubjekte über ihre Investitions-, Produktions-,
Konsum- und Spar-pläne.

Charakteristisch für die totaltaristischen Staaten ( sei es nun der italienische Faschismus, der deutsche Nationalsozialismus( die NSDAPLer haben sich selbst nie als Faschisten bezeichnet) oder die real existierenden Sozialismen
waren

-ein mehr oder weniger Starker Kollektivismus ( " Du bist nichts dein Volk( respektive Deine klasse) ist alles) und etatismus( italienischer Faschismus)

-Mehr oder
wenig starke Eingriffe in den Wirtschaftsprozess durch den Staat

-Abschaffung oder Einschränkung der Eigentumsrechte ( z.B. Mietpreisstop im
deutschen reich bereits in den 30 er Jahren)

-Nahezu absoluter Vorrang der Kriegswirtschaft zum schaden der anderen Wirtschaftsbereiche ( eine der Ursachen des Untergangs der Su und ihrer Trabanten)

Der Faschismus sowie der Internationalistische als auch der nationalistische
Sozialismus sind einem auf die Prinzipien des Liberalismus gegründeten
Kapitalismus diametral entgegengesetzt

Der Kapitalismus bedarf eines funktionierenden Rechtsstaates, der in der
Lage ist die Rechte des Individuums zu schützen.
Sämtliche Totalitarismen verweigern diese
und stimmen in der Ablehnung des Rechtstaates überein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Ideologien des Faschismus und des Nationalsozialismus speisen sich aus revolutionären und reaktionären Kräften zugleich:

Die konsequentesten Gegner des Nationalsozialismus
waren die Reaktionäre, dies haben die Nationalsozialisten schon früh erkannt:

" Kameraden, die Rotfront und Reaktion erschossen" ( Horst Wessel)

Die Vordenker der Reaktion ( de Maistre, de Bonald, Donoso Cortez
und nicht zuletzt Metternichs Ideen( vgl. " Mein Kampf") waren Hitler mehr
verhaßt als Lenin oder sein Bundesgenosse Stalin.

Es war kein zufall, dass v.a. "reaktionäre" Legitimisten den harten
Kern des Widerstands bildeten, bereit Im Ernstfall ihr Leben zu Opfern.

Nahezu alle Angehörige ehemals regierender Fürstenhäuser waren
dem hitlereristischem Terror spätestens seit dem Juli 44 ausgesetzt.
 
Der Kapitalismus bedarf eines funktionierenden Rechtsstaates, der in der
Lage ist die Rechte des Individuums zu schützen.
Sämtliche Totalitarismen verweigern diese
und stimmen in der Ablehnung des Rechtstaates überein.
Sicher, dass Kapitalismus nur in Rechtstaaten auftratt?
Ich bin mir nicht sicher, dass das dt. Kaiserreich oder Japan nach Ende der Isolation als Rechtstaat durchgehen. Aber außer Kapitalismus will mir kein Begriff für deren Wirtschaftsordnung einfallen.
 
Mal eine Zwischenfrage in diesem Zusammenhang von mir:
Wie ist eigentlich das Regieme in Serbien in den 90´er Jahren einzuordnen?
Es ist ja aus der Kommunistischen Partei hervorgegangen und hat dann in den 90´ern äußerst aggressive ethnische Säuberungen durchgeführt.
:grübel:

Die Erde ist rund. Extreme Rechte und extreme Linke bekämpfen sich in der einen Richtung bis aufs Blut. In der anderen Richtung treffen sie sich und stellen fest, dass ihre Methoden dieselben sind.
 
Wenn man von "Kapitalismus" spricht, meint man einen Zustand, in dem dieses Gleichgewicht bereits nicht mehr existiert, sondern eine Partei die Oberhand gewonnen hat, z.B. ein Anbieter keine Wettbewerber mehr hat und dem Kunden deshalb die Preise diktieren oder anderweitig Macht über ihn ausüben kann.
Ich weiß nicht, wer dieser "man" sein soll, der in dieser Weise vom Kapitalismus spricht.
Das ist auf jeden Fall eine sehr exotische Sichtweise.

Grundsätzlich bezeichnen "Marktwirtschaft" und "Kapitalismus" dieselbe Wirtschaftsordnung, nur mit etwas mehr Betonung auf dem Markt als Steuerungsinstrument im ersten Fall und auf Privatbesitz an Produktionsmitteln im zweiten Fall.
 
Der Nationalsozialismus war die größte antikapitalistische Bewegung zur Erhaltung des Kapitals.
Die liberale Demokratie ist das Gesicht des Kapitals, wenn es keine Angst hat. Der Faschismus ist das Gesicht des Kapitals, wenn es Angst hat.

Auf der Suche nach den Quellen dieser Äußerungen habe ich Radeks Beiträge zur IV. KI in Moskau 1922 gefunden. Er analysiert am Beispiel Italiens und als interessante zeitgenössische Perzeption den in Italien überraschend auftretenden Faschismus. Dabei gibt er eine Fortschreibung des Lenin-Bildes vom Imperialismus als höchster Stufe des Kapitalismus.

Radek: Karl Radek - Wikipedia
Der urspüngliche Kern des Faschismus nach dem I. WK seien danach die demobilisierten Soldaten, die sich 1919 in der Enttäuschung ihrer nationaler Hoffnungen und in sozialer Unsicherheit gesehen hätten. Faschismus wird nach Radek einerseits das Sammelbecken eines demoralisierten Kleinbürgertums und der Arbeiterschaft, andererseits Waffe des Kapitals gegen das Proletariat sein. Die Ausgangsthese ist also recht alt, sie stammt aus den ersten sozialistischen Betrachtungen zum Thema.

Interessant ist seine Schlußfolgerung, allerdings auf Italien zunächst beschränkt: Faschismus sei die schwächste Form der Konterrevolution, aufgrund der Reibungsflächen zwischen der "benutzten" Bevölkerung und den kapitalistischen Interessen: was zunächst die Stärke des Faschismus (Anm: im Kampf gegen den Sozialismus) sei, das wird auch die Ursache seines Todes bildes.

Wolfgang Eichwede, Revolution und internationale Politik: Zur kommunistischen Interpretation der kapitalistischen Welt 1921-1925, Beiträge zur Geschichte Osteuropas 8. Das Buch ist wirklich lesenswert, weil es die frühe sozialistische Sicht nicht nur auf den Faschismus in Italien, sondern auch auf die politischen Gegensätze der Großmächte untereinander und die Konfrontationen mit der SU enthält. Dazu die Betrachtung der Weimarer Republik aus diesem Blickwinkel.
 
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