Hätte Rommel sich zum Widerstand bekannt...

Neddy

Aktives Mitglied
Ich wage an heikler Stelle mal wieder etwas Spekulatives. Derzeit gibt es einmal wieder eine erregte Debatte, ob, seit wann und warum nicht Erwin Rommel aktiver Widerständler gewesen sei.Am Drehort des Films „Rommel“: Die Tragödie eines Hamlet in Uniform - Fernsehen - Feuilleton - FAZ.NET Nachdem wir gestern mal kurz Generale und andere Funktionsträger ohne Fortüne gestreift haben, ist in meinem kranken Hirn aus der Zusammenführung eine Frage entsprossen. Ich meine einigermaßen zu wissen, dass viele Offiziere (ähnlich wie Rommel) schwankten und am 20. Juli keinen Finger mehr krumm gemacht hätten, um das NS-Regime gegen einen Putsch zu verteidigen, sich andererseits - aus welchen Gründen auch immer - nicht aktiv an der Verschwörung beteiligt haben.
Hätte sich nun der "Kriegsheld" Rommel offen zu der Verschwörung bekannt oder gar eine führende Rolle bei einem Militärputsch übernommen, hätte dieses sein Vorbild einen entscheidenden Teil von Wehrmacht, Bevölkerung und braunen Opportunisten in das Lager der aktiven Putschisten locken und damit der Operation Walküre zum Erfolg verhelfen können? (Wenn scheinbar selbst ein "Obernazi" wie Sepp Dietrich dem Putsch nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber gestanden ist.)
In dem Falle hätte Rommel ja tatsächlich das Zeug zum im wahrsten Sinne des Wortes "tragischen Helden". Oder war Rommel zum 20. Juli schon bürgerlich, gescheitert und vom Gröfaz weit genug fallen gelassen, dass seine aktive Mitwirkung am Widerstand die letztendlich maßgeblichen Akteure und Nicht-Handelnden in ihrer Entscheidung nicht wesentlich beeinflusst hätte. Gibt es dazu Aufzeichnungen?
 
Das Thema hatten wir randweise schon mal angesprochen, zB:

http://www.geschichtsforum.de/f66/mythos-rommel-16699/index3.html#post264024
http://www.geschichtsforum.de/f66/mythos-rommel-16699/index3.html#post264060

Da der Waffenstillstand West fester Bestandteil des Widerstandes war, wäre das nur über Rommel realisierbar gewesen. Dabei wäre er vermutlich der einzige gewesen, dem die dort reichlich versammelten WaffenSS-Divisionen gefolgt wären.

Bekannt ist ebenso, dass es tastende Versuche bei der übrigen Generalität gab, bis hin zum bereits in den Ruhestand versetzten Manstein (der wohl ablehnte). Ebenso verhielt es sich im Westen bei Stülpnagel und dem wohl auch kontaktierten Kluge.

Meine persönliche Einschätzung: Rommel - dessen Erkenntnis über den bereits verlorenen Krieg nun in dem Schreiben an Hitler erhalten ist - ist angesprochen worden, und hat vermutlich die Ereignisse abgewartet. Wie er sich dann am 20. Juli (mit Dietrich und anderen) verhalten hätte, bleibt Spekulation.
 
"Die Absichten der Verschwörer bestanden (nach Speidel) darin, dass die beiden Feldmarschälle (Rommel, v. Kluge) Geheimverhandlungen im Westen einleiten würden, mit dem Angebot, die deutschen Truppen aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden zurückzuziehen, sofern die Alliierten die Bombardierung der deutschen Zivilbevölkerung sofort einstellten.
Dass ein hochintelligenter General wie Speidel ernsthaft erwartete, Briten und Amerikaner würden ihre Kriegsziele aufgeben, gar von ihrer Forderung nach bedingungsloser Kapitulation des Deutschen Reiches abrücken und Hitlers Eroberungen im Osten anerkennen - dies zeigt, welchen Illusionen sich die Verschwörer hingaben" (Irving, David: Rommel, Weltbild 1990, Seite 553)

Bei diesem politischen Hintergrund mag sich jeder selbst ausrechnen, wie der "tragische Kriegsheld" Rommel bei einer tragenden Rolle mit gelungenem Attentat und geplatzten Illusionen nicht nur im Generals- und Offizierscorps ausgesehen hätte.

Grüße
excideuil
 
Ich wage an heikler Stelle mal wieder etwas Spekulatives. Derzeit gibt es einmal wieder eine erregte Debatte, ob, seit wann und warum nicht Erwin Rommel aktiver Widerständler gewesen sei.[...]

Ich habe 2009 in Stuttgart (oder war es 2010?) die Ausstellung über Erwin Rommel mit allen persönlichen Informationen zu Ihm, angesehen und bin zu dem Entschluß gekommen, daß Rommel durch und durch ein Soldat war. Nach seinen Erfahrungen an der italienischen Front 1917 und weiteren Ereignissen in den 20iger Jahren, war klar das er nicht nur Soldat oder Leutnant war, sondern daß seine Erfahrungen in der Geschichte der stratgischen Kriegsführung wichtige Punkte markierten. Immerhin schrieb er dies schon in der Zwischenkriegszeit in Lehrbüchern nieder.

Er war nun mal Soldat, mit allem was dazu gehört, auch dem Gehorsam, dem der Soldat Treue schwörte. Dies zu überwinden, war nicht so einfach, wie wir uns das heute vorstellen mögen ...

Immerhin hatte der Soldat damals einen hören Stellenwert in der Gesellschaft, als dass z.B. heute der Fall ist!
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei diesem politischen Hintergrund mag sich jeder selbst ausrechnen, wie der "tragische Kriegsheld" Rommel bei einer tragenden Rolle mit gelungenem Attentat und geplatzten Illusionen nicht nur im Generals- und Offizierscorps ausgesehen hätte.

Ich würde hier unterscheiden.

Ausweislich des Schreiben von Rommel an Hitler ("die politischen Konsequenzen" aus der aussichtslosen militärischen Lage zu ziehen) - die Lagebeurteilung muss sein "Chef" v.Kluge geteilt haben - war die Fortführung des Kampfes aussichtslos. Die Lageeinschätzung war rational, objektiv, ... und richtig.

Das muss man von der Bewertung der "Illusion des Sonderfriedens" trennen, wobei diese Illusion in höchsten Partei- und Militärspitzen noch im Frühjahr 1945 nachgewiesen zu finden und weit verbreitet war. Das Klammern an Illusionen über den weiteren Verlauf mag der Lage geschuldet gewesen sein, mglw. auch dem fehlenden Überblick. Im Gegensatz dazu (oder etwa doch in merkwürdiger Übereinstimmung) gab es auch militärische Führer, die noch im Dezember 1944 an den "Endsieg" oder ein Patt glaubten (Ardennenoffensive).

Schließlich entspricht die Idee der Räumung in etwa dem Geschehen 1918 an der Westfront, gut 25 Jahre zuvor. Diese einfache (=politisch naive?) Übertragung mag dem Denken der Militärs entsprochen haben. Übrigens hat auch die Mitteilung aus der Generalität, politisch die Konsequenzen aus der aussichtslosen militärischen Lage zu ziehen, eine Parallel zu 1918 (-> Ludendorff).

All diese Überlegungen sind aber mE nicht für die Frage entscheidend, ob Rommel passiv (durch Informationen, wie bei anderen) "beteiligt" war. Dafür gibt es keinen Beweis, lediglich Indizien. Ob man die für ausreichend hält, muss jeder wohl selbst entscheiden.
 
@ silesia

Mein Satz war nur als Fortführung der Ausgangsspekulation gedacht also für den Fall, dass Rommel eine tragende Rolle gespielt hätte.
Seine reale und richtige Einschätzung zur militärischen Lage und seine tatsächliche Nichtbeteiligung an der Verschwörung berührt dies nicht.

Grüße
excideuil
 
Mein Satz war nur als Fortführung der Ausgangsspekulation gedacht also für den Fall, dass Rommel eine tragende Rolle gespielt hätte.

Hatte ich auch so verstanden. Ich wollte nur eine Abgrenzung beider "Spekulationen" vornehmen, also (1.) die der Information Rommels und (2.) die des möglichen weiteren Verhaltens im Fall des Attentats.

v.Tresckow hatte übrigens mehrfach, schon 1943, v.Kluge informiert (damals Chef der Heeresgruppe Mitte). Weitere Spitzen wurden angesprochen, zT für den Widerstand gewonnen, zT nicht. Dass bei den Plänen für die Westfront nun ausgerechnet Kluge und Rommel nichts gewusst haben sollen, ist mE kaum vorstellbar.

Die politische Führung hatte übrigens Zweifel an der Loyalität insgesamt. Am 20.7.1944 gingen von der Personalabteilung des Heeres (unter dem beim Attentat verletzten Schmundt) Aufforderungen an alle Armeekorps der Wehrmacht heraus, umgehend Loyalitätsbekundungen zu telegraphieren.
 
köbis17 schrieb:
Er war nun mal Soldat, mit allem was dazu gehört, auch dem Gehorsam, dem der Soldat Treue schwörte.


Mit dem Gehorsam sah Rommel das nicht so eng. Er hat sich so manche Eigenmächtigkeit in Nordafrika geleistet und auch beispielsweise gegen den ausdrücklichen Befehl Hitlers verstoßen, indem er in November 42 den Rückzug vor El Alamein befahl. Das war sicher ein vernünftiger Befehl, aber eben eine klare Ungehorsamkeit gegenüber den Oberbefehlshaber der Wehrmacht.
 
v.Tresckow hatte übrigens mehrfach, schon 1943, v.Kluge informiert (damals Chef der Heeresgruppe Mitte). Weitere Spitzen wurden angesprochen, zT für den Widerstand gewonnen, zT nicht. Dass bei den Plänen für die Westfront nun ausgerechnet Kluge und Rommel nichts gewusst haben sollen, ist mE kaum vorstellbar.

Das "nichts gewußt" haben ist in der Tat schwierig zu glauben, aber belegbar ist es im Fall Rommel wohl nicht. Wichtige Akten in diesem Zusammenhang sind verschwunden. Da man wohl auch nicht weiß, wer wann und zu welchem Zweck die Bereinigung vornahm, wird ein Urteil nicht leichter.

Und so bleiben nur Indizien wie diese Aussage kurz vor dem Attentat überliefert von Oberst Lattmann, Rommels Artillerieoffizier:
"Da fragte er er mich:
"Nun Lattmann, wie denken Sie denn über das Ende des Krieges?"
Ich sagte: "Herr FM, dass wir den Krieg nicht mehr gewinnen können, ist mir klar. Aber ich hoffe doch, dass wir noch soviel Kraft besitzen, dass es zu einem nicht zu harten Frieden kommt."
Und da sagte er mir: "Ich will versuchen, auf Grund meines Ansehens bei den Alliierten, mit dem Westen zu paktieren gegen den Willen Hitlers und unter der Voraussetzung, dass sie uns erlauben, mit ihnen gemeinsam gegen Rußland zu marschieren." (Irving 559)

Grüße
excideuil
 
Mit dem Gehorsam sah Rommel das nicht so eng. Er hat sich so manche Eigenmächtigkeit in Nordafrika geleistet und auch beispielsweise gegen den ausdrücklichen Befehl Hitlers verstoßen, indem er in November 42 den Rückzug vor El Alamein befahl. Das war sicher ein vernünftiger Befehl, aber eben eine klare Ungehorsamkeit gegenüber den Oberbefehlshaber der Wehrmacht.

Warum sollte Rommel auch ausgerechnet einem gemeinen Soldaten des 1. WK einen Befehl befolgen?
Rommel war Soldat und kein Befehlsempfänger. Vieleicht entsprach er damit nicht der befehlsmässigen Struktur der Wehrmacht, aber erhandelte im Sinne eines Soldaten für die Soldaten an der Front. Das war kein Widerstand gegen Hitler, sondern ich denke, Hitler war für Ihn kein Soldat!
 
Warum sollte Rommel auch ausgerechnet einem gemeinen Soldaten des 1. WK einen Befehl befolgen?

Weil Hitler sein Vorgesetzter war. Die Befehle des gemeinen Soldaten des Ersten Weltkrieges haben Millionen deutscher Soldaten, die Generalität eingeschlossen, befolgt. Hitler hat lange Zeit die Eigenmächtigkeiten eines Herrn Rommel gedeckt ; nur deshalb wurde er nicht belangt.

Das war kein Widerstand gegen Hitler, sondern ich denke, Hitler war für Ihn kein Soldat!

Das habe ich auch nicht nicht behauptet und ob Hitler für ihn kein Soldat war, darüber ist mir nichts bekannt. Rommel war aber lange Zeit ein glühender Veehrer Hitlers gewesen.
 
Warum sollte Rommel auch ausgerechnet einem gemeinen Soldaten des 1. WK einen Befehl befolgen?
Rommel war Soldat und kein Befehlsempfänger. Vieleicht entsprach er damit nicht der befehlsmässigen Struktur der Wehrmacht, aber erhandelte im Sinne eines Soldaten für die Soldaten an der Front. Das war kein Widerstand gegen Hitler, sondern ich denke, Hitler war für Ihn kein Soldat!

In dem Zusammenhang zitiere ich aus dem ersten Gespräch zwischen v. Kluge und Rommel nach v.K. Ernennung zum OB West:
v.Kluge: "Von nun an müssen auch Sie sich daran gewöhnen, Befehle auszuführen wie alle anderen."
Rommel: "Ich weiß nicht, was Sie da meinen. Sie vergessen wohl, dass Sie einen FM vor sich haben."
v.Kluge: Das ist mir völlig bewusst. Sie haben aber bisher sehr selbständige Stellungen gehabt und sich mit Ihren Ansichten auch über die Köpfe Ihrer Vorgesetzten hinweg durchgesetzt, indem Sie zum Führer gingen." (Irving 542)

Grüße
excideuil
 
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