Horst Wessel

Arne

Premiummitglied
In der WELT wurde die neue Biografie von Daniel Siemens besprochen. Nach der guten Kritik scheint das Buch eine Art abschließendes Werk zu sein, wo nun wirklich jede verfügbare Quelle berücksichtigt wurde.

Wie die Nazis das Bübchen Horst Wessel verklärten

Daniel Siemens: Horst Wessel. Tod und Verklärung eines Nationalsozialisten. Siedler, München. 352 S. 19,95 Euro
 
In der WELT wurde die neue Biografie von Daniel Siemens besprochen. Nach der guten Kritik scheint das Buch eine Art abschließendes Werk zu sein, wo nun wirklich jede verfügbare Quelle berücksichtigt wurde.

Wie die Nazis das Bübchen Horst Wessel verklärten

Daniel Siemens: Horst Wessel. Tod und Verklärung eines Nationalsozialisten. Siedler, München. 352 S. 19,95 Euro
Dann frag doch die Mods, ob sie Deinen Hinweis als Buchtipp reinstellen! :)
 
Ja, nach einem Tod in einer bestimmten Zeit, werden alle zu Märtyrer, wenn es passt.
Dabei war der "Horst" doch nur ein kleines Licht in diesem grossen Schatten.
 
Dann frag doch die Mods, ob sie Deinen Hinweis als Buchtipp reinstellen! :)

Ich hatte das Ursi schon gemeldet und wollte auch nicht hetzen, aber als ich bemerkte, daß es noch gar keinen Thread zu der Person gibt, dachte ich, es schadet nicht, wenn´s schon mal normal reinkommt...:red:
 
Vielen Dank für den Buchtipp!

Es wesselte überall, auch bei der Wehrmacht. So gab es:

Wehrkreis Berlin IV Horst Wesselim Verwaltungsbezirk "Horst Wessel"
Segelschulschiff "Horst Wessel"
Zerstörergeschwader ZG 26 "Horst Wessel"
Jagdgeschwader JG 142 "Horst Wessel" (1938)
Jagdgeschwader 6 "Horst Wessel" (1944)
18. SS-Panzer-Grenadier-Division "Horst Wessel"


und schließlich die "Horst Wessel Suppe" an der Ostfront (ohne Fleisch). Neben Wessel sollte sich bei der Kriegsmarine auch "Herbert Norkus" als Segelschulschiff zeigen.

Das Segelschulschiff "Horst Wessel" fährt übrigens noch für die US-Küstenwache und bildet Offiziersanwärter aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Eagle_(Schiff)
 
Nochmal. Ich weiss gar nicht, was an diesem Kerl so wichtig war.

Wenn ich mal Tod bin, wird sicher auch ein Gedenkstein hier im Forum gesetzt.
 
Zuletzt bearbeitet:
(...)Nochmal. Ich weiss gar nicht, was an diesem Kerl so wichtig war.(...)

Zu Lebzeiten war er so etwas von unwichtig. Ein Lebemann und Krakeler, wenn ich das noch so richtig im Kopf habe.

Wichtig für die Partei wurde er erst nach seinem Tod, als man ihn als Märtyrer - hm das ist der falsche Ausdruck - also sag ich mal hochstilisierte Propaganda Ikone, benutzte.

Ich finde es grad nicht auf die schnelle, aber hieß das Horst-Wessel-Lied nicht erst anders? Die Umbenennung des Liedes gehörte doch auch zur Propagandamaschine und unterstütze doch die Heldenbildung.
 
Aus Tante Wiki.

Das Horst-Wessel-Lied war im August 1929 vom SA-Organ Der Angriff mit dem Titel Die Fahne hoch! als Gedicht abgedruckt worden. Wessel hat, wie George Broderick glaubhaft vermittelt, als Textvorlage das von den Reservisten des deutschen KriegsschiffesKönigsberg“ zur selben Melodie gesungene „Königsberg-Lied“ benutzt. Dieses war in Freikorps- und Marinekreisen wie dem Bund Wiking oder der Marine-Brigade Ehrhardt, in denen Wessel Mitglied war, verbreitet. Es begann mit dem Vers Vorbei, vorbei sind all die schönen Stunden und enthält Wendungen wie diese: Zur Abfahrt steht die Mannschaft schon bereit (von Wessel geändert in Zum Kampfe stehn wir alle schon bereit). Einige Formeln, die Wessel benutzte, erinnern an Modelle aus sozialistischen und kommunistischen Arbeiterliedern, etwa an das „letzte Gefecht“ der Internationale. Der Musikwissenschaftler und nationalsozialistische Kulturfunktionär Joseph Müller-Blattau schrieb dazu 1934 in einer musikwissenschaftlichen Zeitschrift: „Hier war die Melodie, die dem feschen Schwung der ‚Internationale‘ urtümlich Deutsches gegenüberstellen konnte.“[2]
Kurz nachdem Wessel am 23. Februar 1930 an den Folgen einer Schussverletzung gestorben war, die ihm Albrecht Höhler, ein Mitglied des Roten Frontkämpferbundes, beigebracht hatte, wurde der Liedtext am 1. März erneut im Völkischen Beobachter unter der Überschrift „Horst Wessels Gruß an das kommende Deutschland“ abgedruckt. Das Lied wurde bald zur offiziellen Parteihymne der NSDAP und zum „Evangelium der Bewegung“ (so Wessels Schwester Ingeborg). Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde es auf Anordnung von Reichsinnenminister Wilhelm Frick vom 12. Juli 1933 für gewöhnlich direkt im Anschluss an die erste Strophe des Deutschlandliedes als quasi-offizielle Nationalhymne gesungen. Die formelle Erhebung des Liedes zur Nationalhymne lehnte Adolf Hitler allerdings ab.
 
Also vermutlich eine Art Regimekritik, in mageren Kriegszeiten.

Nach googeln stammt die Andeutung wohl aus dem Lied: "Marschier’n im Geist - In unser’n Reihen mit"


Wikipedia dazu:

Im politischen Witz

Zitate aus dem in der Zeit des Nationalsozialismus allgegenwärtigen Horst-Wessel-Lied oder zumindest Anspielungen darauf spielten auch eine bedeutende Rolle im damaligen Kabarett (Weiß Ferdl, Werner Finck) sowie im politischen Witz. So wurde zum Beispiel, als Goebbels im Zusammenhang mit der Aufrüstung des Dritten Reiches 1935 die Parole Kanonen statt Butter ausgab (womit gesagt werden sollte, dass die Produktion von Konsumgütern hinter den Interessen der Rüstungsindustrie zurückzustehen habe), von Witzerzählern umgehend die „Horst-Wessel-Butter“ erfunden („marschiert im Geist auf unseren Broten mit“, in Anspielung auf die letzte Zeile der ersten Strophe).
 
Diese Liedzeile "marschiert im Geiste mit" gab im Dritten Reich einige Gelegenheiten zum Spott.

So wurde bei der Kriegsmarine die Geleitflottile auch die "Horst-Wessel-Flottille" genannt, weil deren Geleitboote wegen nicht endender Maschinenschäden die meiste Zeit nutzlos im Hafen lagen.
 
In dem Propagandafilm "Hans Westmar", der (mehr oder weniger) eine Filmbiografie Wessels sein sollte, aber auch nicht durfte, sind die Geisterkolonnen zu sehen. Quasi eines der ersten Musik-Videos =)
 
Es hieß - als Witz - für 20 Westmark durfte man im Intershop der DDR 1x das Horst-Wessel-Lied singen. Für 100 Westmark durfte man Karl-Eduard von Schnitzler (Der schwarze Kanal) 1x in den A... treten, war aber 2 Jahre Wartezeit.
 
Mal wieder einen Zeitungsartikel wert:

So genau wie es nur geht hat der junge Historiker Daniel Siemens in seinem Buch „Horst Wessel. Tod und Verklärung eines Nationalsozialisten“ den Mordfall und seine Folgen aufgearbeitet. Ein große Hilfe war dabei, dass bei seinen Forschungen die rund 60 Jahre lang verschollene Ermittlungsakte der Berliner Kriminalpolizei wieder auftauchte – sie war von der DDR-Staatssicherheit in deren streng geheimem Sonderarchiv unter Verschluss gehalten worden.

Der Grund dafür war einfach: Unmittelbar nach dem lebensgefährlichen, letztlich tödlichen Schuss hatte die Berliner KPD eine Vertuschungskampagne gestartet. Danach sei der Grund für die Auseinandersetzung nicht politisch, sondern ein Streit zwischen zwei Zuhältern. So distanzierte sich die KPD einerseits von ihrem Mitglied Höhler, andererseits wurde Wessel zusätzlich diskreditiert. Doch der Täter spielte nicht mit: Er verließ eigenmächtig sein Versteck in Prag, in das er gebracht worden war, und wurde wenig später in Berlin festgenommen.

Zwar kann auch Siemens die Hintergründe nicht völlig aufklären; möglicherweise lagen dem Überfall auf Wessel tatsächlich andere Motive zugrunde als die Feindschaft zwischen linken und rechten Extremisten.

Zum ganzen Artikel in der WELT Nazi-Märtyrer- Goebbels profitierte von Wessels Tod doppelt
 
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