Italienische Zivilarbeiter 1942

Xander

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Moin

Bei meinen täglichen "Luftbildschnüffeleien" bin ich bei Innsbruck in einem Luftbild vom April 1945 auf ein Lager gestoßen, dass mich mal näher interessiert hat.
Es handelt sich um das Lager Reichenau (Lager Reichenau ? Wikipedia).

In der Wiki-Bescheibung ist von italienischen Zivilarbeitern die Rede:

"... Bis zum Sommer 1942 diente es seinem ursprünglichen Zweck als Auffanglager für italienische Zivilarbeiter, die aufgrund der zunehmenden Bombenangriffe im Jahre 1942 auf die deutschen Industriezentren nach Italien zurückkehrten. Diese sollten im Lager Reichenau gesammelt und dem Arbeitsamt als Zwangsarbeiter zugeführt werden. ..."

Irgendwie kann ich den Begriff "Zivilarbeiter" hier nicht so recht einordnen. :grübel:

Ich stelle mir das so vor, dass die italienischen Arbeiter freiwillig in Deutschand gearbeitet haben (oder liege ich da schon falsch?). Warum aber wurden sie dann auf ihren Weg gen Heimat im Lage gesammelt um sie dann als Zwangsarbeiter "weiterzureichen"?

Wenn sie aber schon als Zwangsarbeiter nach Deutschland gekommen sind, wie konnten sie dann nach eigenem Ermessen gen Italien maschieren?

Dies bekomme ich irgendwie nicht auf die Reihe, schließlich war Italien zu der Zeit noch Verbündeter.

LG
Andreas
 

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Bei der Baugeschichte von verschiedenen Bauten aus der direkten Vorkriegsgeschichte habe von italienischen Bauarbeitern gelesen, die daran beteiligt waren. Es gab also auf jedem Fall auch Kontingente freiwilliger Arbeiter aus Italien.
 
Ja, aber warum werden aus denen 1942 Zwangsarbeiter?

Hier begeht der Autor des Wiki-Artikels offenbar einen gedanklichen Fehler und setzt "Zivilarbeiter" und "Zwangsarbeiter" gleich. Im NS-Sprachgebrauch wurden alle Arbeiter, die nicht aus Deutschland stammten, als "Zivilarbeiter" bezeichnet. Ungeachtet dessen musste der bei weitem größte Teil dieser Gruppe tatsächlich Zwangsarbeit leisten (und zwar je nach Herkunft unter unterschiedlich menschenunwürdigen Bedingungen). Das hat beim Autor des Artikel wohl zu dem unzulässigen Umkehrschluss geführt, dass "Zivilarbeiter" immer mit "Zwangsarbeitern" gleichgesetzt werden müssten.

Die kleine Gruppe der Italiener, die vor 1943 im Reich arbeitete, wird man in dieser Zeit aber wohl kaum zur Arbeit gezwungen haben. Nach der Kapitulation Italiens änderte sich das dann aber.
 
Da scheinen tatsächlich die Begriffe durcheinander zu gehen.

Im Frühjahr 1942 waren 200.000 italienische Arbeitskräfte ins Reichsgebiet auf Basis eines Hilfsabkommens entsandt. Mussolini weigerte sich zunächst, die Zahl aufzustocken, jedoch im März 1942 erfolgte das auf deutschen Druck bis auf 320.000.

Die Realisierung durch Anwerbungen gelang indessen nicht. Die Funktion von Reichenau dürfte da noch die eines Durchgangslagers gewesen sein.

Mit der italienischen Kapitulation wurde das anders. Auch jetzt sollten noch freiwillige Anwerbungen erfolgen, insgesamt waren das rd. 60.000 bis 1944. Parallel liefen jedoch regelrechte "Greifaktionen" in den deutsch besetzten Gebieten Italiens.
 
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