Kolonialismus im Dritten Reich

dent

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Für meine mündliche Abiturprüfung brauche ich noch dringend ein paar informationen zum Thema Kolonialismus im Dritten Reich ... vielleicht könntet ihr mir ein wenig dazu erzählen... das wäre wirklich toll von euch:

1. was für eine Bedeutung hatten Kolonien und Kolonialgesellschaften im Dritten Reich.

2. wie Verhielt sich der Kolonialismus im Dritten Reich bzw. wie äusserte sich der nationalsozialistisch Kolonialismus

3. welchen Einfluss hatten Kolonien im Dritten Reich auf die Geschehnisse im deutschen Reich selber, bzw. in Mitteleuopa

4. welche Rolle spielten Kolonialgesellschaften im Dritten Reich

Ich hoffe auf schnelle antworten ... vielen Dank!:fs:
 
Ich denke, Arne oder jemand anders wird mich verbessern, wenn ich einen Fehler mache, aber: die Kolonien hat Deutschland im Zuge des WK I. alle verloren. Aus Sicht der nationalsozialistischen Ideologie war der Erwerb von Kolonien (im Sinne von vom eigenen Territorium getrennte Exklaven) auch ein Fehler, man hielt mehr vom "Lebensraum im Osten". Dass es einzelne gab die anders dachten, dürfte sicher sein, und wenn die in irgendeiner Form organisiert waren, dann wird Arne das sicher wissen.
 
Also, ich hatte mal einiges dazu gelesen, ohne mich aber wirklich mit dem Thema zu beschäftigen.

1. was für eine Bedeutung hatten Kolonien und Kolonialgesellschaften im Dritten Reich.

Hitler hatte sich einmal sehr abfällig über die ursprüngliche koloniale Idee geäußert, leider finde ich das Zitat nicht. Seine Außenpolitik schloss eine Revision der Kolonien auch nicht ernsthaft ein. Es gab da einen, wie ich meine, fundamentalen Unterschied:
- die Einrichtung der deutschen Kolonien im 19. Jhdt. geschah in erster Linie aus wirtschaftlichen Überlegungen der Kolonialgesellschaften und der dahinter stehenden Kompanien. In zweiter Linie sollte - was aber durchaus mit in Zusammenhang steht - angesichts des Bevölkerungsüberschusses Land für deutsche Siedler geschaffen werden, auch um die Auswanderung in die USA und anderswo zu stoppen. Dies geschah aber mit bescheidenem Erfolg nur in der Kolonie Deutsch-Südwest.

- dagegen verfolgte Hitler eine Siedlungspolitik unter rassistischen Gesichtspunkten. Er äußerte sich in "Mein Kampf" dahingehend, den "ewigen Germanenstrom" von Osten nach Westen in der Weltgeschichte umzukehren und dem deutschen Volk "Lebensraum" im Osten zu verschaffen. In der zukünftigen Ordnung Hitlers würden die nordisch-arischen Völker in ganz Europa über die zu Menschen zweiter Klasse degradierten nichtarischen Völker, insbesondere die Slawen, herrschen, wohingegen die Juden ausgelöscht werden sollten.
Gerade, wie er das Verhältnis der "Herrenrasse" zu weitgehend rechtlosen und niederen "Fellachenrassen" ausgestalten wollte, ist dadurch durchaus eine Abart zu Verhältnissen in den Kolonien zu sehen.
Diese Siedlungspolitik hatte aber noch einen anderen Aspekt: in Hitlers großdeutschem Reich sollten alle Deutschen leben, also auch Österreicher und die vom Dritten Reich als "Volksdeutsche" bezeichneten deutschen Minderheiten auf dem Balkan und in Osteuropa. Was letztere betrifft, gab es während des Krieges tatsächlich Umsiedlungsaktionen. Letzerer Aspekt spielte auch eine Rolle zur Legitimation der aggressiven Außenpolitik während der 30er Jahre, wenn Hitler etwa vorgab im Sudetenland oder Polen den deutschen Minderheiten zu Hilfe kommen zu wollen.

Was die Kolonialgesellschaften betrifft, so ist zu erwähnen, dass diese soweit ich weiß auch im dritten Reich noch existierten, aber kaum noch politische Bedeutung entfalten konnten. Noch ein erwähnenswerter Effekt ist, dass viele Handelsgesellschaften auch noch nach dem verlust der Kolonien in den 20er Jahren und bis zum Zweiten Weltkrieg Plantagen betrieben und anderweitig wirtschaftlich tätig waren, z.T. sogar in genauso großem Umfang wie zuvor, als Beispiel etwa die Hamburger Kompanie Woermann in Kamerun.

2. wie Verhielt sich der Kolonialismus im Dritten Reich bzw. wie äusserte sich der nationalsozialistisch Kolonialismus

Siehe oben.

3. welchen Einfluss hatten Kolonien im Dritten Reich auf die Geschehnisse im deutschen Reich selber, bzw. in Mitteleuopa

Wie gesagt, relativ wenig, eine wirkliche Revisionspolitik gab es von deutscher Seite nicht. Auch im zweiten Weltkrieg spielten die ehemaligen Kolonien keine große Rolle, auch deshalb, weil sie abseits der Kriegsschauplätze lagen (sieht man mal von den ehemaligen Besitzungen in der südsee ab, wobei die Deutschen sich auch nicht sehr beteiligten).

Allerdings unterstüzte Deutschland aus machtpolitischen Erwägungen antikoloniale Bewegungen vor allem in den englischen Kolonien, wobei besonders Palästina, der Irak und Indien hervorzuheben sind.

4. Da kann ich leider nichts beitragen, ich weiß nur, das einige Organisationen weiter bestanden, ohne eine große Rolle zu spielen.
 
Es wurde schon viel richtiges geschrieben, hier ein paar Ergänzungen:

1. was für eine Bedeutung hatten Kolonien und Kolonialgesellschaften im Dritten Reich.
Erstmal wurden die bestehenden Kolonialgesellschaften im Reichskolonialbund (RKB) recht schnell gleichgeschaltet (Siehe hierzu die deckungsgleichen Einträge in Wikipedia und hier im Forum von mir)
http://de.wikipedia.org/wiki/Reichskolonialbund

Die Nationalsozialisten griffen die Forderung nach Rückgabe der Kolonien auf, verfolgten das aber halbherzig, weil die Ziele im europäischen Osten lagen. Ich schätze, man unterstützte die Arbeit und die Forderungen des RKB hauptsächlich um die dortdrin organisierten Leute "bei der Stange zu halten". Die Kolonien in der Südsee fielen da übrigens schnell aus dem Forderungskatalog, weil man Rücksicht auf die Japaner nahm, die dort das Mandat hatten.

2. wie Verhielt sich der Kolonialismus im Dritten Reich bzw. wie äusserte sich der nationalsozialistisch Kolonialismus
Über die Ideologie und den Rassismus hat Ashigaru schon ausführlich geantwortet. Die Bevölkerung spielt eigentlich im besten Fall nur die Rolle von bemitleidenswerten Wilden, der väterlich "an die Hand genommen werden" mußten. Doch hatte sich die Einstellung gegenüber dem Kaiserreich nochmal spürbar verschärft. Die Arbeitskraft und der "Wert" der Kolonien spielte eine viel größere Rolle. Missionierung und Zivilisierung war völlig in den Hintergrund gerückt.
Staatlicherseits gab es zwar das "Kolonialpolitische Amt der NSDAP" mit diversen Unterabteilungen, die planten und forschten, das waren aber, klar gesagt, Luftschlösser, die eine Art Beschäftigungstherapie darstellten. Hitler dachte an ganz andere Zielgebiete.

3. welchen Einfluss hatten Kolonien im Dritten Reich auf die Geschehnisse im deutschen Reich selber, bzw. in Mitteleuopa
Keinen, oder kaum einen. 1943 wurde das dann durch Auflösung des RKB auch offiziell. Es war "unwichtig"..

4. welche Rolle spielten Kolonialgesellschaften im Dritten Reich
Hierzu möchte ich noch einmal auf meinen Artikel zum RKB verweisen. Eine Vielfalt von Kolonialgesellschaften gab es nicht mehr. Die Agitation wurde zentralistisch organisiert. Die Besucherzahlen der Ausstellungen blieben stetig unter den Erwartungen. Ich möchte sagen, die Leute hatten andere Sorgen, als eine Rückkehr der afrikanischen Kolonien.
 
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