NS-Ideologie - ein neues Weltbild?

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hey Leute ich bin bei dieser Frage zum Teil am verzweifeln, weil ich nicht weiß wie ich am besten anfangen soll diese Frage zu beantworten vielleicht kann mir ja jemand helfen das wäre echt super!

Also was ich z.B. für wichtig halte ist die Rassenideolgie , Die Neue/Antimoderen Rolle der Frau als "Gebärmaschine", der Antisemitismus und die Vergrößerung des Lebensraums
^^dies würde ich zur Beschreibung des Weltbilds nutzen aber weiß halt nicht wie ich das am besten und passend zu der Frage formulieren soll um zu bekräftigen, dass man von der NS-Ideologie durchaus von einem neuen Weltbild sprechen kann.

danke im voraus.
 
Die geeignete kausale Verknüpfung Deiner Punkte wäre mMn die folgende

1. Rassenideologie, zu der der Antisemitismus gehörte, indem die Juden dort den niedersten Rang einnehmen und man selbst den höchsten.

2. Vergrößerung des Lebensraum wird mit der Rassenideologie begründet - die "höherwertigen" Völker sollen die "minderwertigen" verdrängen. Dies sehe ich als den Kern des NS-Weltbildes.

3. Eine hohe Geburtenrate wäre natürlich notwendig, um den zukünftig größeren Raum auch zu besetzten.
 
Die Rassenideologie in der nationalsozialistischen Ausprägung wurde von den Nazis nicht erfunden. Jung war sie aber noch. Sie nahm ihren Anfang in den Schriften des Franzosen Gobineau um 1850. Während frühe Rassenideologen (z.B. Chamberlain) noch eher kulturell argumentierten, setzte sich nach 1900 eine scheinbiologische Sichtweise durch. Auf jeden Fall waren viele der wichtigsten Rassenideologen des NS wie der so genannte "Rasse-Günther" (Hans F. K. Günther ? Wikipedia) schon in Zeiten der Weimarer Republik publizistisch sehr aktiv.
 
Also was ich z.B. für wichtig halte ist die Rassenideolgie , Die Neue/Antimoderen Rolle der Frau als "Gebärmaschine", der Antisemitismus und die Vergrößerung des Lebensraums

Wenn man es genau nimmt ist kein Teil der Nazi-Ideologie wirklich "neu" oder "originär"; man schreibt den NS ja auch grob gesprochen der politischen Rechten zu, und bei aller Problematik (bzw mathematisch gesagt: Eindimensionalität) des Rechts-Links-Begriffs: Die Rechte hats eher mit den "alten Werten", und die Nazis waren da keine Ausnahme.

Neben einer Neuzusammenstellung und Neugewichtung würde ich mich eher mit der Methodik, den Symbolen und den spezifischen Zielgruppen der NSdAP befassen; weniger, was sie sagten (das hast Du ja), sondern wie sie es sagten, und wem sie es v.a. sagten.
 
Auch über das Thema "Hitlers willige Landser" bin ich erneut auf das kulturelle Umfeld als Voraussetzung (Enabler) für die NS-Ideologie gestoßen.

In der Sichtweise von Seeckt, als einem profilierten Vertreter der traditionllen Eliten, kommt unter anderem der starke anti-Bolschewismus und der starke Nationalismus deutlich zum Ausdruck. Sichtweisen, die hervorragend in die NS-Ideologie integrierbar waren und auch wurden.

Und sich auch bereits hervorragend als Begründung des nächsten Krieges (1939) als Akt der "gerechtfertigten nationalen" Selbstverteidigung interpretieren lassen.

Sicherlich keine besonders originelle Einsicht, aber dennoch kann man auch an Seeckt die hohe wertemäßige Übereinstimmung zwischen den traditionellen Eliten und dem NS-Weltbild erkennen, gerade auch für die wichtige Phase der Machtergreifung. Auch erleichtert durch die ausgeprochen "schlichte" Argumentation, die von Seeckt benutzt und auch im Stil eine Entsprechung in der NS-Rhetorik findet.

Dabei akzentuiert die NS-Ideologie bestimmte Haltungen.

http://www.amazon.de/Gedanken-eines...L7VM/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1350394389&sr=8-1

(Bitte den Link auf amazon zu entschuldigen, wollte nur auf die günstige kindle-Version hinweisen, die problemlos mit einem App auf jedem PC gelesen werden kann.)
 
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Auch über das Thema "Hitlers willige Landser" bin ich erneut auf das kulturelle Umfeld als Voraussetzung (Enabler) für die NS-Ideologie gestoßen.

In der Sichtweise von Seeckt, als einem profilierten Vertreter der traditionllen Eliten, kommt unter anderem der starke anti-Bolschewismus und der starke Nationalismus deutlich zum Ausdruck. Sichtweisen, die hervorragend in die NS-Ideologie integrierbar waren und auch wurden.

Ein ganz wichtiger Punkt, der einen bestimmten Teil des Führungskorps der Wehrmacht angeleitet hat.

Drei Überlegungen:

1. ist der beschriebene Antibolschewismus und Nationalismus (und die klare Einstellung in der Reichswehr/Wehrmacht zur "Ostrevision" der Nachkriegsordnung des Ersten Weltkrieges) in seiner Wirkung auf den Feldzug zu relativieren, weil sich eine ganz pragmatische, vertrauliche und von Teilen befürwortete Zusammenarbeit mit der Roten Armee ergeben hat?

2. Sind die ex-ante-Hemmungen zum Kommissarbefehl (die sich mit Feldzugsbeginn aufweichten) - "das hätte es im Alten Reich nicht gegeben" - gerade der älteren Militäreliten nicht ein Widerspruch bzw. stellen die Übertragbarkeit dieser Gedanken auf die Kriegspraxis 1941 in Frage? Besteht hier eine Spirale vom Polenfeldzug über den Balkanfeldzug (mit gewissen und bekannten Ausnahmen wurde der Westfeldzug vergleichbar 1914 geführt) zum Ostfeldzug? Mehrere Studien weisen auf eine nochmalige Brutalisierung der Kriegführung im Verlauf der Wochen ab 22.6.1941 hin, die wehrmachtseitig im Scheitern des Blitzkrieges kulminierte.

3. Inwieweit wurde die Wehrmacht durch Mittäterschaft, Mitwissen, Deckung und Hilfestellung bei den Massenmorden im Osten "korrumpiert", die übrigens ihrerseits im Laufe der Wochen in dem Sinne "eskalierten" (wenn man das überhaupt so ausdrücken kann), dass zunächst männliche Zivilisten, erst später dann auch gezielt Frauen und Kinder dem Massenmord zum Opfer fielen?
 
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Insgesamt muss man sich wohl davor hüten, eine "überstrukturalistische" Erklärung vorzunehmen. Nach dem Motto, wer im Kaiserreich aufgewachsen ist, ist der Träger der Werte dieser Zeit. Ähnlich Argumentationen ließen sich auch für die Sozialisation in der WR und im 3. Reich vortragen.

Ihr Defizit ist, wie im Rahmen der "Totalitarismusforschung" insgesamt, dass die rivalisierenden Einflüsse von Subkulturen, beispielsweise der Arbeiterkultur, der bürgerlichen - selbstandigen - Mittelschicht oder der aristokratischen Schicht und ihrer Zugehörigkeit zum Beamtenapparat, unterschlagen werden.

Vor diesem Hintergrund sind es sicherlich eine Vielzahl sehr individueller Ereignisse und auch die Bewertungen, warum einzelne Personen aus den gleichen Familien zu überzeugten NS-Anhängern wurden und andere nicht.

Das Spektrum kann man sicherlich an den Personen eines von Seeckt und eines von Hammersteins und auch seiner Kinder deutlich machen.

Kurt von Hammerstein-Equord ? Wikipedia

Letztendlich ist es die individuelle Entscheidung gewesen, mit Machen zu wollen, sich dem Druck zu beugen und den Weg des geringsten Widerstands gehen zu wollen. Die individuelle Karriere wurde verbunden mit dem Dienst am Vaterland und seinem Aufstieg. Wie beispeilsweise im Fall des GQM Wagner.

Eduard Wagner (General) ? Wikipedia

Und in diesem Sinne wird vermutlich jeder einzelne für sich die 3 Fragen, @Silesia, individuell beantwortet haben. Eingeschränkt in seiner Urteilsfindung durch die eskalierende Gewaltspirale eines totalen Krieges.
 
Ein ganz wichtiger Punkt, der einen bestimmten Teil des Führungskorps der Wehrmacht angeleitet hat.

Drei Überlegungen:

1. ist der beschriebene Antibolschewismus und Nationalismus (und die klare Einstellung in der Reichswehr/Wehrmacht zur "Ostrevision" der Nachkriegsordnung des Ersten Weltkrieges) in seiner Wirkung auf den Feldzug zu relativieren, weil sich eine ganz pragmatische, vertrauliche und von Teilen befürwortete Zusammenarbeit mit der Roten Armee ergeben hat?

2. Sind die ex-ante-Hemmungen zum Kommissarbefehl (die sich mit Feldzugsbeginn aufweichten) - "das hätte es im Alten Reich nicht gegeben" - gerade der älteren Militäreliten nicht ein Widerspruch bzw. stellen die Übertragbarkeit dieser Gedanken auf die Kriegspraxis 1941 in Frage? Besteht hier eine Spirale vom Polenfeldzug über den Balkanfeldzug (mit gewissen und bekannten Ausnahmen wurde der Westfeldzug vergleichbar 1914 geführt) zum Ostfeldzug? Mehrere Studien weisen auf eine nochmalige Brutalisierung der Kriegführung im Verlauf der Wochen ab 22.6.1941 hin, die wehrmachtseitig im Scheitern des Blitzkrieges kulminierte.

3. Inwieweit wurde die Wehrmacht durch Mittäterschaft, Mitwissen, Deckung und Hilfestellung bei den Massenmorden im Osten "korrumpiert", die übrigens ihrerseits im Laufe der Wochen in dem Sinne "eskalierten" (wenn man das überhaupt so ausdrücken kann), dass zunächst männliche Zivilisten, erst später dann auch gezielt Frauen und Kinder dem Massenmord zum Opfer fielen?

@silesia

Erlaube mir bitte kursorisch zu antworten, denn alle drei Teilfragen wären nur mittels Dissertationen fundiert beantwortbar.

ad 1)

Antibolschewismus und Nationalismus waren die Schnittmengen, auf die sich die alten Eliten und die neuen Eliten des ns Regimes einigen konnten, inkl. der Revision des VV.

ad 2)

Ja, eine solche "Brutalisierungssprirale" kann konstatiert werden, auch in der von Dir angenommenen Reihenfolge Polenfeldzug => Balkankrieg => Krieg gegen die UdSSR. Diese "Brutalisierungsspirale" innerhalb der Wehrmacht wurde auch innenpolitisch flankiert.

ad 3)

Mal abgesehen von dem banalen Hinweis, daß ohne die anfänglichen Erfolge der Wehrmacht, die von Dir angesprochenen Verbrechen nicht möglich gewesen wären. Müßte ich das Thema bearbeiten, ich würde die Telex-Verteillisten und Rundschreiben-Verteilerlisten auswerten und da käme einiges zusammen:

Ab Division aufwärts:

- die Kommandeure
- die Ia, Ib, Ic, Id, inkl. ihrer Mitarbeiter
- die Feldgendarmerie
- die GFP
- alle Verbindungsoffiziere (zur Polizei, SS, SD, zivilen Dienststellen)
- Feldkommandanturen und nachgeordnete Einheiten bzw. Dienststellen
- OKW, OKH, OKL (bzw. RLM), SKL bzw. OKM und alle nachgeordneten Dienststellen und Einheiten
- die Nachrichtentruppe
- tw. die Militärjustiz

Es sind nicht wenige, die auch innerhalb der WM Informationen hatten.


M. :winke:
 
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Wahrscheinlich ist dieser Punkt hier schon einmal angesprochen worden, aber ich glaube, dass Manfred Messerschmidt das Verhältnis zwischen der Militärelite und dem NS-Regime mit dem Begriff der "Teilidentitäten" sehr gut beschrieben hat. Aber auch hier muss man wohl unterscheiden: Die jüngeren Soldaten der Wehrmacht in der Endphase des Krieges hatten schon Hitler-Jugend und RAD hinter sich. Ein Major Rommel in Goslar hingegen war 1933 wohl eher von den Möglichkeiten der Aufrüstung fasziniert.

Der sozialdarwinistisch geprägte Antisemitismus gewann nach 1890 im Kaiserreich Anhänger. Eine fatale Rolle spielten die sogenannten "Vereine Deutscher Studenten". Das waren Studentenverbindungen, in denen angehende Akademiker lernten, dass Juden eben Staatsbürger zweiten Ranges waren. Das bedeutete nicht, dass hier eine Einbahnstraße eingeschlagen wurde, die im Holocaust endete (sie gehörten ja noch dazu, aber nur am Rande, was schlimm genug war.). Antisemitismus war auch in Teilen des Bildungsbürgertums nicht mehr tabu. Vielleicht führten solche Prägungen dazu, dass ein in dieser Korporation sozialisierter konservativer Jurist oder Lehrer dann 1933/34 den Antisemitismus der NSDAP nicht so verwerflich fand; allenfalls beklagte man den als vulgär empfundenen Umgangston von Robert Ley und Konsorten.
 
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