Porträts von den Mitgliedern der Weissen Rose

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ursi

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Die Weisse Rose in München wird immer mit den Geschwister Scholl in Verbindung gebracht. Über Sophie Scholl gibt es zahlreiche Literatur. Vor allem die letze Biographie von Barbara Beuys, sei da erwähnt. Neben Sophie und Hans Scholl gab es aber noch mehr Mitglieder der Weissen Rose in München. Diese werden in der Geschichtsschreibung meist nur am Rande erwähnt. Deshalb soll zu Beginn dieses Thema die "unbekannten" Mitglieder vorgestellt werden und erst am Ende dann die Geschwister Scholl.

Das Thema bleibt solange geschlossen, bis alle Porträts verfasst worden sind. Es wird dann auch eine Ausführliche Bibliographie zum Thema weisse Rose erstellt. Dann werde ich das Thema öffnen. Wer zuvor über die weisse Rose diskutieren möchte, der tut das bitte in den entsprechenden Unterforen.
 
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Christoph Probst

Christoph Probst wird am 6. November 1919 in Murnau in Oberbayern geboren. Er wächst zusammen mit seiner Schwester Angelika und seinem Halbbruder Dieter in einem durch religiöse und kulturelle Offenheit geprägtes Elternhaus auf. Sein Vater Herman Probst ist Privatlehrer und Sanskritforscher. Er hat Kontakt zu den Künstlern, die im Nationalsozialismus als „entartet“ galten. Paul Klee und Emil Nolde gehören zum Freundeskreis der Eltern. Als Christoph Probst noch klein ist, trennen sich die Eltern und er lebt dann abwechslungsweise bei seiner Mutter Katharina und bei seinem Vater. Herman heiratet dann Elise Jaffée geb. Rosentahl. Dadurch dass Christoph Stiefmutter Jüdin ist, erlebt die Familie die Bedrohung durch die Nationalsozialisten unmittelbar.

Christoph Probst besucht ab 1932 die Internatsschule Marquartstein. 1934 tritt er in die Hitlerjugend ein, übernimmt aber keine Führungsaufgaben und mit dem Abitur 1937 endet seine Mitgliedschaft. 1935 wechselt er von der Internatsschule ans Neue Realgymnasium in München. Hier lernt er auch Alexander Schmorell kennen. Die beiden freunden sich an und gehen wandern, nehmen Fechtunterricht und beschäftigen sich mit Literatur. Nach dem sein Vater 1936 Selbstmord beging, wechselt er erneut die Schule und geht in das Landheim Schondorf, wo er auch 1937 das Abitur ablegt. Nachdem obligatorischen Arbeits- und Wehrdienst bei der Luftwaffe in Oberschleissheim, beginnt er 1939 ein Medizinstudium in München, Strassburg und Innsbruck. 1940 heiratet er Herta Dohrn, die Tochter von Harald Dohrn. Harald Dohrn stand dem NS-Regime kritisch gegenüber und kommt so ins Visier der Nationalsoziasten. 1945 beteiligt er sich an einem Aufruf der Freiheitsaktion Bayern. Er wird verraten und zusammen mit seinem Schwager Hans Quecke, am 29. April 1945, kurz vor Einmarsch der US-Streitkräfte, von der SS erschossen.

Christoph Probst kann das Medizinstudium als Soldat in der Studentenkompanie fortsetzen. 1940 und 1941 werden seine Söhne Michael und Vincent geboren. Katja das dritte Kind der Probst wird 1943 geboren.
1942 trifft er auf Willi Graf, Hans Scholl kennt er bereits durch Alexander Schmorell. Probst nimmt an den Lese- und Diskussionsabenden der Freunde teil und wird von Schmorell und Scholl in die Flugblatt-Aktion eingeweiht. Die Freunde wollen ihn aber, wegen seinen Kindern nicht in Gefahr bringen, Christoph Probst lässt sich aber nicht davon abhalten, an den Flugblatt-Aktionen teilzunehmen.

Nach der deutschen Niederlage von Stalingrad verfasst Probst einen Flugblattentwurf, darin geht er auf die Kriegsereignisse ein. Er schreibt: „Hitler und sein Regime müssen fallen, damit Deutschland lebt!“ Diesen Entwurf gibt er Hans Scholl. Am 20. Februar 1943 wird Christoph Probst in Innsbruck verhaftet. Hans Scholl hatte bei seiner Verhaftung am 18. Februar 1943, den Entwurf von Probst in der Tasche. Dieser Entwurf ist das einzige Beweisstück das die Gestapo gegen ihn in der Hand hat.

Christoph Probst sagt im Verhör, er habe es im Schock von Stalingrad und der Krankheit seiner Frau (sie erkrankte nach der Geburt der Tochter an Kindbettfieder), im Zustand einer Depression geschrieben. Im Grunde sei er ein unpolitischer Familienmensch. Die Verhandlung findet am 22. Februar 1943 im Volksgerichtshof statt. Christoph Probst und die Geschwister Scholl werden zum Tode verurteilt und am selben Tag durch das Fallbeil hingerichtet. Probst lässt sich noch im Gefängnis katholisch taufen.
Zeit für den Abschied von Frau und Kinder hat er nicht mehr. Er stirbt am 22. Februar in München-Stadelheim.

Zitat von Christoph Probst:

„Auch im schlimmsten Wirrwarr kommt es darauf an, dass der Einzelne zu seinem Lebensziele kommt, zu seinem Heil kommt, welches nicht in einem äusseren Erreichen gegeben sein kann, sondern nur in der inneren Vollendung seiner Person.“ August 1942



Auswahl Quellen:

Bundeszentrale fr politische Bildung - Druck-Version: Christoph Probst - Biografie
Christoph Probst ? Wikipedia
Harald Dohrn ? Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Quecke_(Politiker)


Literatur zu Christoph Probst:
Christiane Moll
Alexander Schmorell, Christoph Probst
Gesammelte Briefe
Lukas Verlag 2010. 944 Seiten

Zu den Bildern:

Christoph Probst und seine Frau Herta
 

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Willi Graf

Willi Graf wurde am 2. Januar 1918 in Kuchenheim bei Euskirchen geboren. Als der erfolgreiche Vater 1922 die Geschäftsführung einer Weingroßhandlung übernahm, übersiedelte die Familie 1922 nach Saarbrücken. Willi Graf wuchs zusammen mit seinen beiden Schwestern in einem unpolitischen allerdings streng katholischen Elternhaus auf. Willi Grafs Kindheit und Jugend war stark vom Katholizismus geprägt. Er war Messdiener und sobald es ihm mit dem Besuch eines Gymnasiums möglich war, trat er in den katholischen "Bund Neudeutschland" ein. Mit Erstarken der Hitlerjugend ab 1933 übten die Eltern Willi Grafs zunehmenden Druck aus, damit er der Hitlerjugend beitritt. Er weigerte sich hingegen, strich als 14jähriger sogar die Namen von Freunden mit dem Vermerk "ist in der HJ" aus seinem Adressbuch und trat 1934 aus Protest in den Grauen Orden ein. 1937 wurde Willi Graf im Rahmen einer Verhaftungswelle wegen "bündischer Umtriebe" verhaftet und angeklagt. Das Verfahren wurde anlässlich des Anschlusses Österreichs im Rahmen einer Amnestie im Mai 1938 eingestellt. Ebenfalls 1937 machte Willi Graf Abitur, leistete seinen Reichsarbeitsdienst und begann in Bonn Medizin zu studieren.

Im Januar 1940 wurde er als Sanitäter zur Wehrmacht eingezogen und war zunächst auf dem Westfeldzug eingesetzt. Anschließend wurde er erst auf den Balkan und dann nach Polen versetzt und erlebte den Einmarsch der Wehrmacht in die Sowjetunion mit. In seinen Briefen nach Hause deutete er immer wieder an, wie sehr ihm die Kriegserfahrungen zu schaffen machen, so schrieb er an seine jüngere Schwester Anneliese im Februar 1942 aus Russland: "Ich wünschte ich hätte das nicht sehen müssen, was ich alles in dieser Zeit mit anschauen musste. Doch so etwas darf man sich nicht wünschen, denn schließlich hat alles Erlebte seinen Sinn, das wir ertragen müssen. Ich mag dir das nicht im Einzelnen erzählen, du wirst dich ja doch nicht in meine Situation hineindenken können, weil sie so völlig anders ist, als alles bisher mir Zugetragene. Der Krieg, gerade hier im Osten führt mich an Dinge, die neuartig und fremd wie nichts bisher Bekanntes sind. Und das muss man alles verarbeiten, obwohl kaum jemand da ist, mit dem man darüber reden könnte." Im April 1942 wurde Willi Graf zur Studentenkompanie nach München abkommandiert, um sein Medizinstudium fortzusetzen, doch auch dort fand er nicht die Gesprächspartner, die er sich erhofft hatte. Seine Anfangszeit in München ist trotz etlicher sozialer Kontakte geprägt von Einsamkeit und dem Fehlen eines wirklichen Gesprächspartners, der auch hören wollte, was er zu erzählen hatte.

Im Juni des Jahres lernte er Hans Scholl kennen, der ihn bald mit Alexander Schmorell und Christoph Probst bekannt machte. Zunächst traf sich Willi Graf mit ihnen nur zum Reden, gemeinsamen Literatur- und Diskussionsrunden und natürlich auch zum Feiern. Im Juli 1942 wurde die Studentenkompanie der Wehrmacht zur "Frontfamulatur" an die Ostfront abkommandiert. Von den vier neuen Freunden blieb lediglich Christoph Probst, der in der Studentenkompanie der Luftwaffe in München diente, zurück in München. Auf ihrem Weg nach Russland erlebten die drei Studenten die Räumung des Warschauer Ghettos. Auch die Fronterfahrungen auf den Verbandsplätzen sollten in den späteren Flugblättern noch ihren Niederschlag finden.

Nach der Rückkehr im November 1942 nach München, wurde Willi Graf in die Aktivitäten der Weißen Rose eingebunden. Ab Dezember 1942 begann er an der Verteilung der Flugblätter der Weißen Rose mitzuwirken und erweiterte dank seiner Kontakte nach Saarbrücken, Freiburg im Breisgau, Köln und Bonn den Verteilerkreis. Zudem war er beim Anbringen der Aufschriften an verschiedenen Gebäuden in München (u.a. an der Universität sowie an der Feldherrenhalle) beteiligt. Zur gleichen Zeit zog auch seine Schwester Anneliese nach München, um dort ihr Studium aufzunehmen. Auch sie nahm an den Treffen der Freunde teil, merkte nach eigenen Angaben jedoch nichts von den Widerstandsaktivitäten. Willi Graf wurde nach der Verhaftung der Geschwister Scholl am 18. Februar 1943 am Abend bereits von der Gestapo in seiner Wohnung erwartet und zusammen mit seiner Schwester verhaftet.

Willi Graf wurde im 2. Weiße-Rose-Prozess im April 1943 vor dem Volksgerichtshof zum Tode durch das Fallbeil verurteilt. Er wurde am 12. Oktober 1943 im Gefängnis München-Stadelheim hingerichtet.

"Du weißt, dass ich nicht leichtsinnig gehandelt habe, sondern dass ich aus tiefster Sorge und im Bewusstsein der ernsten Lage gehandelt habe."
Willi Graf im Abschiedsbrief an seine Schwester

Literatur:
Knoop-Graf, A.: "Willi Graf - Briefe und Aufzeichnungen"
Goergen, P.: "Willi Graf - ein Weg in den Widerstand"

Links:
Willi Graf ? Wikipedia
Bundeszentrale für politische Bildung - Druck-Version: Willi Graf - Biografie
 

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