Porträts von Frauen im Widerstand

ursi

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In der Folge stelle ich hier immer wieder Frauen die im Widerstand tätig waren vor. Ich beginne zuerst mit den Frauen der Harnack-Schulze-Boysen (Rote Kapelle). Der Grund ist, dass in dieser Widerstandsgruppe die meisten Frauen organisiert waren.

Den Anfang mache ich mit Greta Kuckhoff.

Greta Kuckhoff wurde als Margaretha Lorke am 14.12.1902 in Frankfurt an der Oder geboren. Sie besuchte die Kleist Schule in Frankfurt an der Oder und machte 1924 ihr Lehrerinnen Examen. Zwischen 1924 und 1927 studierte sie als Werkstudentin Volkswirtschaft und Soziologie in Berlin und Würzburg. Sie besuchte Vorlesungen von Werner Sombart und beschäftigte sich eingehend mit Max Weber. 1927 bekam sie eine Einladung der Universität Wisconsin, dort studierte sie bis 1929 Soziologie.

Professor John R. Commons organisierte an dieser Universität eine Freitagsabendgesellschaft, dabei lerne Greta Arvid Harnack und seine Frau Mildred kennen. Nach der Rückkehr aus den USA arbeitete sie als freiberufliche Sprachlehrerin und Übersetzerin für englisches und amerikanisches Wirtschaftsrecht. Unter anderem an der Enzyklopädie Wirtschaftsgeographie, die im Juni 1930 erschien.

Beim IV. internationalen Theaterkongress in Hamburg lernte sie ihren zukünftigen Mann Adam Kuckhoff kennen. 1930 bis 1932 arbeitete sie in Zürich beim dem Aktienrechtler R. Rosendorf. Danach wurde sie wissenschaftliche Sekretärin von Prof. Karl Mannheim am Frankfurter Institut für Sozialforschung.

In Berlin entschlossen Adam Kuckhoff und Greta gemeinsam in die Opposition gegen das NS-Regime zu gehen. 1933 traf sie Arvid Harnack wieder und begann in seinem Kreis mit der Widerstandstätigkeit. Sie schrieb Beiträge zu wirtschaftlichen und politischen Analysen, hielt Vorträge, beschaffte Literatur und versuchte weitere Regimegegner zu gewinnen. Bis 1942 war sie als freiberufliche Übersetzerin tätig. Durch die Arbeitsbeziehung zu Dr. James Murphy und dessen Kontakte zum Propagandaministerium und zum Rassenpolitischen Amt war sie unter anderem an der Übersetzung von Parteitagsreden und „Mein Kampf“ beteiligt. Diese Tätigkeit benutze sie um Informationen zu sammeln. Sie wollte die ungeschönten, nicht gekürzten Texte dem Ausland zugänglich machen. Dies war auch der Grund weshalb sie an der Übersetzung von „Mein Kampf“ mitarbeitete.

Am 28.8.1937 heiratete sie Adam Kuckhoff und am 8.1.1938 kam ihr Sohn Ule zur Welt.

1939 begegnete das Ehepaar Kuckhof Harro Schulz Boysen. Sie brachte Arvid Harnack und Harro Schulze Boysen zusammen. 1941 transportierte Greta Kuckhoff eines von Alexander Erdberg übergebenes Funkgerät und beteiligte sich an der Vorbereitung einer Nachrichtenübermittlung an sowjetische Stellen.

Am 12.9.1942 wurde sie in ihrer Wohnung verhaftet. Zu gleicher Zeit wurde ihr Mann* in Prag während seiner Arbeit verhaftet. Greta Kuckhof kam in das Polizeipräsidium am Alexanderplatz.

Sie schreibt:
"Unsere Fingerabdrücke wurden genommen. Dann Porträtaufnahmen. Mir
musste man nicht zureden, das Kinn hochzuhalten – das war sowieso
eine Unart von mir. Ich weiss nicht, ob man Rassenkunde mit unseren
Köpfen treiben wollte oder wozu man sonst die überscharfen Fotos von
vorn und jeweils von der linken und rechten Seite brauchte. (…) Es
geschah in einer entwürdigenden Weise. Sie zupften an meinem Ohr
herum, ich habe kein freihängendes Ohrläppchen, sie schienen es als
Bestätigung irgendeiner Theorie zu empfinden.“ 1


Vom 1. bis 3.2. 1943 fand ihr Prozess statt. Sie wurde wegen "Beihilfe zur Vorbereitung des Hochverrates und wegen Nichtanzeige eines Vorhabens der Spionage" zum Tode verurteilt. Am 4.5 1943 verfügte der Präsident des RKG, die Aufhebung dieses Urteils.

Der zweite Prozess findet dann am 27.9.1943 statt, Urteil: 10 Jahre Zuchthaus, wegen "Beihilfe zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens und zur Feindbegünstigung".
Am 11.2.1944 kam sie in das Frauenzuchthaus Cottbus und am 4.2. 1945 in das Zuchthaus Waldheim. Am 8.5.1945 kann sie dort von der Roten Armee befreit werden.

Sie kehrte nach Berlin zurück und tritt in die KPD ein. Diese Mitgliedschaft wird dann später auf das Jahr 1935 zurückdatiert.

Greta Kuckhoff wurd Leiterin der Amtstelle für die entnazifizierten und herrenlosen Betriebe in Berlin. Gemeinsam mit andern Mitgliedern der Roten Kapelle versuchte sie mehrmals einen Prozess gegen den ehemaligen Generalrichter Dr. Manfred Roeder zu erreichen. 1946 wurde sie stellvertretende Leiterin der Abt. Ernähung beim Berliner Magistrat. Sie engagierte sich für die Chancengleichheit der Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen. Da sie immer wieder von den westlichen Alliierten bespitzelt und beobachtet wurde, siedelt sie in den Osten von Berlin über. 1950 ist sie Hauptabteilungsleiterin im Aussenministerium der DDR und Präsidentin der Deutschen Notenbank. 1958 tritt sie nach Konflikten mit der SED-Führung aus „gesundheitlichen Grüdnen“ zurück.
Sie war langjährige Vizepräsidentin des Deutschen Friedensrates und setzte sich für die Entwicklung der deutsch-britischen Beziehungen ein.

1973 erhält sie den Eherndoktor der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg. Am 11.11. 1981 stirbt sie in Berlin.

*Adam Kuckhoff wurde am 5.8.1943 durch das Fallbeil um 19.06 Uhr hingerichtet.

1 Greta Kuckhoff, Vom Rosenkranz zur Roten Kapelle, Ein Lebensbericht, Verlag
Neues Leben, Berlin, S. 334 - 335


Quellen:

Kuckhoff Greta: Vom Rosenkranz zur Roten Kapelle. Ein Lebensbericht
Verlag Neues Leben, Berlin, 1972

Griebel, Regina Coburger, Marlies Scheel Heinrich
Erfasst? Das Gestapo – Album zur Roten Kapelle.
Eine Foto – Dokumentation. Audioscop, Berlin, 1992

Greta Kuckhoff: Einführung
 
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Eva-Maria Buch

Eva-Maria Buch war 22 Jahre alt als sie am 5. August 1943 in Plötzensee hingerichtet wurde. Ihre Spur und der ihrer Eltern wurden erst vor wenigen Jahren wieder entdeckt.

Eva-Maria Buch kam am 31. Januar in Berlin Charlottenburg zur Welt und lebte mit ihren Eltern bis in die dreissiger Jahr in diesem Bezirk. Die Eltern erzogen ihre einzige Tochter nachdem Katholischen Glauben und versuchten ihr musische und schöngeistige Interessen weiterzugeben. Eva-Maria besuchte sechs Jahre die Ursulinen-Schule bis die NS-Führung 1936 die höheren katholischen Privatschulen abbauten. Die Schule zog dann nach Zehlendrof um und wurde am 31. Mai 1939 geschlossen. Eva-Maria verliess die Schule ohne Abitur und besuchte anschliessend ein Seminar für Sprach- und Dolmetscherwesen an der Auslandshochschule der Berliner Universität.

1940/41 arbeitete sie für einige Stunden in der Gsellius’schen Buch -, Antiquar- und Globenhandlung an der Mohren- Ecke Friedrichstrasse und lernte dort den Buchhändler Wilhelm Guddorf kennen. In dieser Buchhandlung arbeiteten Menschen, die wo anders keine Anstellung gefunden hätten, Guddorf war Redakteur der Roten Fahne und wurde 1934 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, neben ihm arbeitete noch eine Tochter eines Kommunisten und eine Frau jüdischer Herkunft.

Durch Guddorf kam sie in Verbindung mit der Roten Kapelle, wobei sie den gesamten Umfang der oppositionellen Aktivitäten nicht überblickt hatte. Eva-Maria nahm an ein paar Zusammenkünften teil. Dort wurde sie als die Braut von Guddorf vorgestellt. Ihre Widerstandstätigkeit war die Übersetzung von Aufrufen der Roten Kapelle an ausländische Zwangsarbeiter in den Rüstungsbetrieben ins Französische.

Anfangs Herbst 1942 schützte sie Wilhelm Guddorf vor der Entdeckung der Gestapo indem sie ihn in einer Laube versteckte. Seit dem 31. August 1942 wurden die Frauen und Männer der Roten Kapelle verhaftet, Eva-Maria erfasste die Verhaftungswelle am 11. Oktober 1942. Sie wurde in der elterlichen Wohnung ohne Haftbefehl und Erklärung verhaftet. Nach der Durchsuchung der Wohnung blieb die Gestapo bis zum 15. Oktober 1942 in der Wohnung die Eltern mussten auf eine Reise. Man wollte damit Guddorf auf die Spur kommen, die Beziehung zwischen Eva-Maria und Wilhelm war der Gestapo bekannt. Er wurde kurze Zeit später ebenfalls verhaftet.

Eva-Maria sass bis zu ihrem Prozess, der vom 1. bis 3. Februar 1943 durchgeführt wurde, in Untersuchungshaft und wurde dort mehrfach Verhört. Die Eltern durfte sie in dieser Zeit nicht sehen und der Gerichtstermin wurde den Eltern ebenfalls nicht mitgeteilt. Die Beschuldigte konnte ihre Verteidigung nicht vorbereiten weil man den Angeklagten den Wortlaut der Anklageschrift verschwieg.
Der Richter hatte Zweifel an dem Handeln von Eva-Maria und glaubte sie habe sich verleiten lassen. Er fragte sie folgendes: „Sie haben jetzt von den Ungeheuerlichkeiten gehört, die ihre Freunde gegangen haben. Hätten Sie, wenn Ihnen das bekannt gewesen wäre, die Tat nicht begangen und hätten Sie Anzeige erstattet?“ Entrüstet wies sie das Ansinnen von sich: „Anzeigen? Dann erst wäre ich so niederträchtig und verdorben, wie Sie mich hinstellen möchten.“ Darauf hin wurde sie am 3. Februar 1943 zum Tode verurteilt.

Zunächst blieb sie im Polizeigefängnis am Alexanderplatz und wurde zusammen mit den anderen zum Tode Verurteilen Frauen der Roten Kapelle am 30. März in das Gerichtsgefängnis nach Charlottenburg überführt. Am 13. Mai 1943 wurde Wilhelm Guddorf hingerichtet und damit zerbrach ihre Hoffnung. Nachdem sie in das Frauengefängnis überführt wurde durfte sie endlich ihre Eltern wieder sehen. Diese Versuchten alles um die Hinrichtung zu verhindern. Sie reichten ein Gnadengesuch ein, dieses wurde aber von Hitler persönlich am 21. Juli 1943 abgelehnt.

Am 5. August 1943 starb Eva-Maria Buch in Plötzensee.

Seit dem 6. November 1993 trägt die Tempelhofer Stadtbücherei den Namen Eva-Maria Buch-Bibliothek.

Literatur:
Hans Coppi
Die Rote Kapelle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus
 
Cato Bontjes van Beek

Cato Bontjes van Beek wurde am 14.11.1920 in Bremen geboren. Sie war das erste von drei Kindern des Keramikers Jan Bontjes van Beek und seiner Frau, der Tänzerin und späteren Malerin Olga Berling. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in Fischerhude, ab 1927 besuchte sie die Volksschule, später dann die Deutsche Schule in Amsterdam. 1933 kehrte sie nach Fischerhude zurück, im selben Jahr liessen sich ihre Eltern scheiden. 1934 wurde sie auf eigenen Wunsch hin getauft und 1935 machte sie ihren Schulabschluss, danach arbeitete sie das Pflichtjahr als Haushaltshilfe ab.

1937 folgte einen achtmonatigen Aufenthalt in Winchcombe England, wo sie als Haustochter arbeitete. Danach folgte eine Ausbildung als bürotechnische Angestellte, daneben nahm sie Segelflieg unterricht.

1938/39 arbeitete sie als Büroangestellte in der Firma Heise & Eschenburg in Bremen. Ihrer Interessen galten dem Literarischen, sie schrieb sehr viel, darunter auch einen Traum von ihrer eigenen Hinrichtung (1939). Sie wollte nach England auswandern, der Ausbruch des zweiten Weltkrieges hinderte sie daran.

Im Herbst 1939 zog sie nach Berlin um in der väterlichen Werkstatt eine Ausbildung als Keramikerin zu machen. Ab dem Herbst 1940 arrangierte sie mit der Schwester Mietje und deren Freundinnen regelmässige Kontakte zu französischen Kriegsgefangenen im Berufsverkehr der Berliner S-Bahn. Sie organisierten auch Hilfsaktionen für jüdische Mitbürger. Im Herbst 1941 lernt sie Libertas Schulze-Boysen kennen. Die beiden Frauen freundenden sich an und sie traf 1941/42 auch Libertas Mann Harro Schulze-Boysen und seine Freunde John Gaudenz, Fritz Thiel und Ernst Happach. Das waren alles Mitglieder der Widerstandsgruppe Rote Kapelle (Name wurde von der Gestapo gegeben). 1942 zog sie mit Heinz Strelow in eine gemeinsame Wohnung in Berlin. Zusammen mit den Mitgliedern der roten Kapelle war sie an der Herstellung der Schrift AGIS ("Die Sorge um Deutschlands Zukunft geht durch das Volk") beteiligt. Danach trennten sie sich von der Gruppe Schulze-Boysen, vermutlich schrieb sie noch weitere Flugblätter zusammen mit ihrem Freund Strelow.

Am 20.9.1942 um 8.00 Uhr wurde sie in der väterlichen Wohnung, zusammen mit ihrem Vater von der Gestapo verhaftet. Danach wurde sie ins Polizeipräsidium am Alexanderplatz eingeliefert. A. 14./15. und 18.1.1943 fand der Prozess gegen Cato statt. Das Urteil lautete: Todesstrafe wegen Beihilfe zur Vorbereitung des Hochverrats und zur Feindbegünstigung. Eine Begnadigung wurde von Hitler am 21.7.1943 abgelehnt. Nach ihrem Prozess war sie noch in folgenden Gefängnissen, im Gerichtsgefängnis Charlottenburg und ab dem 8.5.1943 im Frauenstrafgefängnis an der Barinstrasse 10.

Am 5.8.1943 wurde sie in Plötzensee um 19.42 durch das Fallbeil hingerichtet. An diesem Tag starben 16 Mitglieder der Roten Kapelle in den drei Minutentakten durch das Fallbeil. Cato war die zweitletzte die ermordet wurde.

Wenn dich das Leben von Cato interessiert, dann empfehle ich dir folgende Bücher:

Hermann Vinke
Cato Bontjes van Beek
Ich habe nicht um mein Leben gebettelt

und

Mietje Bontjes van Beek
Verbrennt diese Briefe
 
Hannah Szenes

Im Buch „Salziger Kaffee“ berichtet Ibolya Scheer das Zusammentreffen mit der jüdischen Widerstandskämpferin Hannah Szenes im Gefängnis in der Conti utca in Budapest im Jahr 1944. Ibolya kam in eine Zelle mit 14 weiteren Frauen, sie war die 15. Die Gruppe bestand aus ungarischen Kommunistinnen, serbischen und slowenischen Partisaninnen, Widerstandskämpferinnen aus der Batschak und russische Fallschirmjägerinnen. Im September 1944 kam die 16. Gefangene dazu, das war Hannah Szenes, eine englische Offizierin aus der freiwilligen palästinensischen Armee. Hannah Szenes wurde am 17. Juli 1921 in Budapest geboren. Während ihrer Schulzeit wurden die Antisemitischen Einflüsse in Budapest immer stärker, deshalb begann sie sich für ihre jüdische Herkunft zu interessieren. Sie erzählte im Gefängnis ihren Mithäftlingen von ihrem Leben:

„Sie erzählte, dass ihr Vater Béla Szenes, ein angesehener Journalist war. Er starb vor Hannes Alija. Nur ihre Mutter war noch am Leben. Sie sah die Arme zum letzten Mal im Gefängnis in der Gyorskocsi utca und machte sich grosse Sorgen um sie.“

Nach der Schule schloss sich Hanna den Maccabea an. 1939 emigrierte sie nach Palästina. Ihre Familie blieb in Budapest zurück. 1943 meldete sie sich bei der Britischen Armee zu einem freiwilligen Einsatz in Europa. Dazu wieder ein Zitat aus dem Buch „Salziger Kaffee“:

„Sie lebte in einem Kibbuz bei Cesaria und herhielt hier eine militärische Ausbildung. Für die Aufgabe in Ungarn meldete sie sich mit drei Kameraden freiwillig. Ihre Aufgabe wäre gewesen, nach Ungarn zu kommen, zu den antifaschistischen Kräften Kontakt aufzunehmen und ihnen zu helfen, den Widerstand zu organisieren. Auf diese Weise hätte sie auch bei der Rettung der ungarischen Juden helfen können. Leider war der Absprung nicht erfolgreich. Sie landete in der Nähe von Pécs. Einer ihrer Kameraden verletzte sich dabei. Die Bewohner des Dorfes meldeten der Dorfgendarmeier, dass englische Spione ins Dorf gekommen seien. So geriet sie in Gefangenschaft. Sie wurde von der Budapester Spionageabwehr verhört. Nicht als Kriegsgefangene sondern als Spionin. Sie wurde stark gefoltert. Sie legte aber kein Geständnis ab“.

Die Wikipedia-Seite über Hannah Szenes widerspricht dieser Aussage ein wenig. Laut Wikipedia wurde Szenes in Ägypten ausgebildet um mit 33 ausgewählten Personen hinter die Feindlichen Linien abzuspringen. Sie sprang im März 1944 über Jugoslawien ab und verbrachte drei Monate mit Titos Partisanen. Im Mai 1944 überquerte sie die Grenze nach Ungarn und wurde einen Tag später aufgrund einer Denunziation verhaftet. Das sie schwer gefoltert wurde, geht aus den Akten der ungarischen Regierung hervor. Auch das sie, trotz der Drohung ihre Mutter würde auch gefoltert, kein Geständnis ablegte, geht daraus hervor.
Im Oktober 1944 begann ihr Prozess. Sie verteidigte ihre Aktivitäten und verweigerte eine Entschuldigung. Am 7. November 1944 wurde sie erschossen.

„Am 6. November 1944 am Tag nach dem Abendessen mit den Schupfnudeln, öffnete sich die Zellentür. Zwei Gefängnisaufseher riefen Hanna Szenes. All ihre Sachen haben sie zusammengepackt. Ihre Hände legten sie in Handschellen. Wir erschraken. Sie sagte, dass sie ins Gefängnis am Margit körút bringen würden. Dort würde ihre Verhandlung stattfinden. Ach, es herrschte doch Standrecht! Notgericht! (…) Die beiden Gefängnis Wächter nahmen sie in die Mitte.
Am nächsten Tag, dem 7. November, gab uns der Wächter durch das kleine Fenster das Frühstück rein. Es sagte nicht, obwohl es sonst immer so geschwätzig war. Als das Mittagessen verteilt wurde, hörten wir, dass Hanna Szenes vom Militärgericht zum Tode verurteilt und drei Stunden später hingerichtet worden war. Wir trauerten auf jüdische Art, auf dem Boden sitzend. (…) Am 9. November wurde das ganze Gefängnis innerhalb einer Stunde geleert und wir, ungefähr 200 politischer Gefangener – nicht nur die Juden – wurden nach Deutschland ins Konzentrationslager transportiert. Darüber rede ich nicht. Das ist alles bekannt. Ich habe überlebt, und das verdanke ich Hanna Szenes sie gab mir Kraft".


Die Gebeine von Hannah Szenes wurden 1950 nach Israel überführt und dort auf dem Militärfriedhof Har Herzl beigesetzt.

Nach ihrem Tod wurden ihre literarischen Arbeiten entdeckt, darunter ihr Tagebuch. Das auch veröffentlicht wurde.

Die Zitate stammen aus dem Buch (ich habe in den Zitaten die Schreibweise ohne H wie im Buch auch verwendet):

Katalin Pécsi. Salziger Kaffee. Unerzählte Geschichten jüdischer Frauen. S. 28 - 35: Ibolya Scheer: Die sechzehnte Gefangene.

Wikipedia- Hannah Szenes

Englische Wiki-Seite


Artikel aus der Welt Online, der sich kritisch mit der Erinnerungskultur befasst:

Hannah Seznes

Marge Piercy (Hrsg).
Hannah Senesh: Her Life And Diary, the First Complete Edition
Jewish Lights Publishing
2004. 315 Seiten
 
Hildegard Lowey

Hildegard Loewy wurde am 4. August 1922 in Berlin geboren. Sie wuchs zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Eva an der Luitpoldstrasse 40 in Berlin W 30 auf. Ihre Eltern waren Erich Loewy und Käte Igel. Mit sechs Jahren wurde sie eingeschult und besuchte bis zu ihrem zehnten Lebensjahr die Volksschule und die städtischen Studienanstalt. Danach kam sie in die Mittelschule und wechselte später an die Jüdische Oberschule in der Wilsnacker Strasse und machte 1940 ihr Abitur. Im Juli 1940 begann sie ein Studium an der Jüdischen Schule für Gebrauchsgraphik und Dekoration. Das Studium musste sie nach neun Monaten aufgeben, da der Schulbetrieb am 22. April 1941 auf Anordnung der Gestapo eingestellt werden musste. Hildegard arbeitete anschliessend ehrenamtlich bei der Jüdischen Kultusvereinigung zu Berlin, diesen Namen musste die Jüdische Gemeinde seit dem 2. April 1941 tragen als Hilfskraft im Büro. Am 13. Juli 1942 trat sie eine Stelle als Büroangestellte in der Firma Wolfgang Schulz, Kulmacherstrasse 5 in Berlin an. Hildegard Loewy war von 1937 bis 1938 Mitglied des zionistischen Jugendbundes Haschomer Hazair. Ellen Schwarz , eine Leiterin der Mädchen-Gruppe, erinnerte sich, dass Hildegard an der Universität in Jerusalem Medizin studieren wollte. Die Auswanderungspapiere nach Palästina wurden ihr aufgrund ihrer Behinderung - sie trug, seit sie als Kind einen Strassenbahnunfall hatte, eine Prothese am rechten Arm - verwehrt. Der zuständige Arzt verwehrte ihr die Zulassung zur Hachscharah, denn nur gesunde Jugendliche durften nach Palästina auswandern. Dazu kam, dass ihre Eltern nicht wohlhabend genug waren, um ihrer ältesten Tochter die Ausreise zu finanzieren, und dass ihr Vater, ein ehemaliger jüdischer Frontsoldat, Deutschland nicht verlassen wollte. Im Frühling 1941 lernte sie Heinz Joachim, den Ehemann von Marianne Joachim, kennen. Zusammen mit ihrem Bekannten Lothar Salinger schlossen sie sich der Gruppe Joachim an. Es gab innerhalb der Gruppe Differenzen, die dazu führten, dass die Gruppe geteilt wurde und dass Sala Kochmann im Februar 1942 die Leitung der Gruppe Joachim übernahm. Hildegard nahm an den politischen Diskussionen teil und wollte gerne wissenschaftliche Vorträge halten, was die Gruppe aber nicht wollte. Am 15. Juli 1942 wurde Hildegard Loewy im Zusammenhang mit dem Brandanschlag vom 18. Mai 1942 verhaftet. Hildegard wurde ins Untersuchungsgefängnis nach Alt Moabit gebracht, wo sie am 2. Dezember 1942 einen Fluchtversuch unternahm. Den Entschluss dafür fasste sie, als man ihr die Anklageschrift überreichte. Sie rechnete mit dem Todesurteil und wollte sich mit dem Fluchtversuch retten. Sie nähte Laken zusammen und befestigte sie am Fenster, wo sie zuvor die Fensterscheibe herausgeschlagen hatte. Hildegard versuchte, durch das Fenster ins Freie zu kommen. Die Lakenstreifen wurden entdeckt, der Versuch scheiterte, und sie wurde in eine Beruhigungszelle gebracht . Die Verhandlung gegen Hildegard Loewy fand dann am 10. Dezember 1942 vor dem 2. Senat des Volksgerichtshofs statt. Der Prozess endete mit dem Todesurteil, welches am 4. März 1943 in Berlin-Plötzensee vollstreckt wurde.

Quelle: Auszug aus einer unveröffentlichen Arbeit von mir.

Literatur:

Löhken, Wilfried. Vathke, Werner (Hrsg.): Juden im Widerstand. Drei Gruppen zwischen Überlebenskampf und politischer Aktion. Berlin 1939 – 1945. Edition Hentrich Berlin. 1993.

Paucker, Arnold: Deutsche Juden im Kampf um Recht und Freiheit. Hentrich & Hentrich
Verlag Teez. 2. Auflage. 2004.

Scheer Regina: Im Schatten der Sterne. Eine jüdische Widerstandsgruppe. Aufbau Verlag Berlin. 2004.

Verwendete Quellen: BArch NJ 1642 Band 2. Justizakten zur „Herbert-Baum-Gruppe“.
 
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