Recherche/Quellenforschung am Beispiel der Biographie von Georg Heinrich Keppler (189

BerndHH

Aktives Mitglied
Guten Morgen,

mich würde einmal interessieren, wie Ihr in einem solchen Fall vorgehen würdet.
Als Beispiel habe ich die Biographie des SS-Offiziers Georg Heinrich Keppler verwendet, über den einiges aber nicht alles bekannt ist. Wo würdet Ihr ansetzen? Wie immer sind Hinweise auf seine Persönlichkeit und seinen Charakter sehr dünn bzw. überhaupt nicht vorhanden. Ich weiß, dass unter Euch Recherche-/Archivprofis sind, die da vielleicht wertvolle Hinweise haben.

Ziel: Da ich diese Figur in meinem Manuskript verwende, versuche ich mir anhand der Lebensumstände und des beruflichen Werdegangs Kepplers ein möglichst umfassendes Bild von ihm, seinem Elternhaus und seiner Zeit zu machen.

Georg Keppler [aus Wikipedia]
Georg Keppler (* 7. Mai 1894 in Mainz; † 16. Juni 1966 in Hamburg) war ein SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS und Ordnungspolizei, der sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg diente. Im Zweiten Weltkrieg befehligte er die 2. SS-Panzerdivision „Das Reich“, 3. SS-Division „Totenkopf“, das I. SS-Panzerkorps und das III. (germanische) SS-Panzerkorps, als Nachfolger von SS-Obergruppenführer Felix Steiner. Er wurde mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet.

Leben
Keppler wurde als Sohn des Oberst Otto Keppler am 7. Mai 1894 in Mainz geboren.
-> zur Personalie Oberst Otto Keppler, Stichworte Keppler - Mainz läßt sich überhaupt gar nichts finden, so als hätte es diese Person niemals gegeben. Um Georg Keppler zu verstehen, wäre es interessant, ein paar Anhaltspunkte über seinen Vater zu haben
Nachdem er sein Abitur 1913 bestanden hatte, begann er im Oktober desselben Jahres sein Studium an der Militärakademie von Glogau.
-> aha, also wollte Georg Keppler dem Beispiel seines Vaters folgen und eine Offizierskarriere einschlagen
Nach seinem Abschluss 1914 trat er in das Füsilierregiment Generalfeldmarschall Prinz Albrecht von Preußen (1. Hannoversches) Nr. 73 ein.
-> wo an der Westfront war diese Einheit eingesetzt und an welchen Schwerpunkten hat sie gekämpft?
Als junger Leutnant erlebte er den Ersten Weltkrieges und, bereits im August 1914 verwundet, und wurde nach der Genesung zur 19. Reserve-Division versetzt. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges wurde Keppler noch weitere zwei Male verwundet und mit beiden Klassen des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Nach dem Krieg verließ er die Armee und verlegte seinen Wohnsitz nach Hannover.
Am 31. Januar 1920 meldete sich Keppler freiwillig zur Schutzpolizei von Hannover.
-> Welchen Ruf hatte die Hannoveraner Schutzpolizei? Kam Keppler während seiner Polizeizeit mit dem Serienmörder Fritz Haarmann (um 1924) in Berührung?
1926 verließ er Hannover und wechselte zur Landespolizei Thüringen. Für die kommenden acht Jahre kommandierte Keppler als Offizier der Polizei verschiedenste Einheiten in Jena, Gotha und München. Nach insgesamt 14 Jahren in der Polizei entschied er sich, wieder zur Armee zurückzukehren und trat in das Infanterieregiment 32 ein. Von dort wechselte er am 10. Oktober 1935 zur SS-Verfügungstruppe.
-> Gibt es einen Hinweis für seine Motivation für den Wechsel zur SS-VT?
Als SS-Sturmbannführer erhielt er das Kommando über das I. Bataillon der SS-Standarte 1. Nach dem Anschluss Österreichs („Ostmark“) wurde er mit der Führung der SS-Standarte 3 beauftragt, welche kurz darauf den Ehrentitel „Der Führer“ erhielt und in ein Panzergrenadierregiment umstrukturiert wurde.
Im Oktober 1939 wurde das SS-Panzergrenadierregiment 4 „Der Führer“ Teil der SS-Verfügungsdivision. Er nahm am Westfeldzug teil, operierte am Balkan und in Russland. Im August 1940 wurde er von Paul Hausser zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes vorgeschlagen.
-> Begründung für die Verleihung? Einnahme der Grebbelinie? Kein Hinweis i.d. Literatur
Mitte Juli 1941 übernahm er kurzzeitig die 3. SS-Division „Totenkopf“, die er nach der Genesung des Kommandeurs Theodor Eicke wieder abgab um schließlich mit der Führung der 6. SS-Gebirgs-Division „Nord“ betreut zu werden. Gegen Ende des Jahres 1941 wurde bei ihm, nach stark auftretenden Kopfschmerzen, ein Gehirntumor festgestellt. Den Frühling 1942 verbrachte er unter medizinischer Aufsicht, ehe er, drei Monate nach seiner Beförderung zum SS-Gruppenführer im Januar 1942, mit dem Kommando über die 2. SS-Panzerdivision „Das Reich“ betreut wurde. Im Februar 1943, auf Anraten seiner Ärzte, gab er das Kommando über die Division wieder ab und übernahm verschiedenste administrative Positionen innerhalb der Waffen-SS, zuerst im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren, später in Ungarn. Nach seiner Beförderung zum SS-Obergruppenführer bekam er im August 1944 erneut ein Kommando und übernahm das I. SS-Panzerkorps, welches er vom 16. August bis zum 24. Oktober 1944, während der Kämpfe in der Normandie, befehligte. Am 30. Oktober 1944 wechselte zum III. (germanische) SS-Panzerkorps, das an der Ostfront kämpfe und das er bis zum 2. April 1945 führte. Anschließend wurde er der letzte Kommandeur des XVIII. SS-Armeekorps. Nach dessen Zerschlagung im Raum Donaueschingen - Schaffhausen schlug er sich mit einer kleinen Kampfgruppe bis nach Seebruck/Chiemsee zu seiner Familie durch, wo er sich den US-Streitkräften am 22. Mai 1945 ergab. 1948 wurde er aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und nahm seinen Wohnsitz in Hamburg, wo er als Industriekaufmann tätig war und 1966 verstarb.
-> Bei welcher Firma war er als Industriekaufmann tätig?
Über Hinweise würde ich mich sehr freuen,
Gruss,
Bernd
 
Zuletzt bearbeitet:
@BerndHH

Deine Fragen sind nicht naiv, sondern eher schwer zu beantworten bzw. überhaupt befriedigende Antwortansätze zu finden, da kann es nur Teilschritte geben.

Offiziersausbildung in Preußen bzw. dem DR.

Georg mußte ersteinmal in ein Regiment eintreten, wie das funktionierte, lies von Ludwig Renn "Adel im Untergang", ist nicht gerade hohe Literatur, beschreibt aber den CV eines jungen Offiziers in der Vorkriegszeit recht anschaulich und genau. Dann nach ca. sechs Monaten wurde der Offiziersanwärter (Dienstgrad "Fahnenjunker" oder "Fähnrich") auf eine Kriegsschule versetzt, die Ausbildung dort berechtigte zur Offiziersprüfung.

Kriegsschule ? Wikipedia

Militärakademien gab es nicht, vllt. in der Umgangssprache. Es gab in Berlin die Kriegsakademie, aber um die zu besuchen, mußte man bereits Offizier sein und die bereitete Offiziere auf die Generalstabslaufbahn vor.

Preußische Kriegsakademie ? Wikipedia

Georg war also auf der Kriegsschule in Glogau, wahrscheinlich mit dem Dienstgrad "Fähnrich", da er offensichtlich das Abitur hatte.

Zum Vater.

Die Akten des Militärkabinettes der preußischen Armee sind im wesentlichen 1945 untergegangen. Hier könnten Dir die Ranglisten der preußischen Armee weiterhelfen. Zumindestens die Beförderungen und Dienststellungen/Dienstorte. Die sollten in jeder einigermaßen gut sortierten wissenschaftlichen Bibliothek zur Verfügung stehen.

Vergl.:

Rangliste (Armee) ? Wikipedia

Vollständige Dienstaltersliste(anciennetätsliste) der Offiziere des ...

Das ist nur ein Beispiel, m.w. gab es diese Ranglisten bis 1914, da der Vater Oberst war, sollte er dort zu finden sein, und zwar Jahr für Jahr.

Das ist aber mühselig. ;)

Mit Georg selbst geht es weiter.

M. :winke:

P.S.: Nur so als Anmerkung, erhoffe Dir nicht zuviel aus den Archivbeständen.
 
Melchior,
Du bist wie immer bestens unterrichtet!! Herzlichen Dank für Deinen Denkansatz bzw. Tipp bzgl. Vorgehensweise.

Zumindest zum Füsilier-Regiment Feldmarschall Prinz Albrecht von Preußen (Hannoversches) Nr.73
(http://wiki-de.genealogy.net/FR_73) gibt es etwas.
Garnison und Unterstellung 1914: Hannover, X. Armeekorps, 1914-1918 der 19. ID bzw. 111. ID unterstellt. Auf einer vielleicht nicht so ganz ernst gemeinten Webseite (http://ir29.de/einheiten_fr73.php) habe ich ein paar Annekdoten gefunden. " Gibraltar, das ist euer Zeichen, und fürwahr, ihr habt gestanden wie der Fels im brandenden Meer ". So begann der Pfarrer die Ansprache zur Beerdigung von 39 Kameraden der 73er,wie Ernst Jünger in seinem Buch " In Stahlgewittern schreibt. Er selbst hat als Leutnant abwechselnd in der 7., 8. und 4. Kompagnie gedient. Das Füsilierregiment 73 hat den ganzen Krieg an der Westfront verbracht, meistens im Kampf gegen Engländer. Der Erkennungsruf war " Lütje Lage", d.h. eine kleine Lage, nämlich ein Bier und ein Korn , was in Niedersachsen untrennbar zusammengehört. Ein weiterer prominenter Angehöriger des Regimentes war der berühmte Heidedichter Hermann Löns, der den Krieg aber im Gegensatz zu Ernst Jünger nicht überlebte. Er starb bei seinem ersten Sturmangriff (gegen französische Truppen) bei der Zuckerfabrik von Loivre, etwa 10 km nördlich von Reims. Jünger hingegen starb hochdekoriert am 17.Februar 1998 im Alter von 102 Jahren als letzter Träger beider Pour-Le-Merite-Klassen. Seltsame Menschen scheinen in diesem Regiment gedient zu haben : So berichtet E. Jünger von einem Leutnant Pook, um dessen etwas abseits gelegenen Unterstand alle einen weiten Bogen schlugen da er sämtliche in der Nähe gefundenen Blindgänger dort auseinanderschraubte um deren Funktionsweise zu erforschen ! Wie schon oben erwähnt trugen die Angehörigen des Reg. in Erinnerung an ihr Stammregiment ein blaues Ärmelband mit der Aufschrift " Gibraltar", dieses war gestiftet worden zur erfolgreichen Verteidigung des Felsens am Mittelmeer während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Georg III. , in Personalunion Kurfürst von Hannover und König von England , hatte seine Rotröcke nach Amerika geschickt. Die Spanier und Franzosen witterten hier ihre Chance um Gibraltar wieder in ihren Besitz zu bringen. Georg aber setzte ihnen drei Bataillone aus Hannover vor die Nase, mit dem Erfolg, dass Gibraltar auch heute noch Englisch ist.
An größeren bekannten Schlachten finde ich: Aisne (1914), Arras (1915), Erkundigungs- und Demonstrationsgefechte der 6. Armee, im Zusammenhange mit der Schlacht an der Somme (1916), Siegfriedstellung (1917), Flandern (1917) und Cambrai (1918). Gut, das war also Georg Kepplers militärische Heimat, hier hatte er seine Front- bzw. Stabserfahrung gemacht.
Gibt es auch eine Möglichkeit etwas mehr über den Polizeidienst in Hannover (Preußische Polizei) zu erfahren? Was könnte Keppler in der Zeit gepägt haben. Gibt es öffentliche Führungsbeurteilungen von ihm?
Gruss,
Bernd
 
@BerndHH

Der Georg hat wahrscheinlich eine Akte im Sonderbestand des Bundesarchives "exBDC-Archiv". Diese Akten sind verfilmt und relativ schnell zugänglich.

Der Aktenbestand dort ist i.d.R. streng alphabetisch gegliedert. Zu einem Obergruppenführer findest Du dort bestimmt etwas, eventuell auch "Führungsbeurteilungen" - wenn, Du Glück hast.

Bundesarchiv - Unterlagen des ehemaligen BDC

Für seine Zeit als Polizeioffizier in der WR, das wird schwierig, da man dabei zwischen mehreren Innenministerien bzw. Archivbeständen "springen" müßte.

"...Führungsbeurteilungen von ihm..."

Da mußt Du selbst nachlesen, und zwar in den exBDC Verfilmungen.

Zu seiner Dienstzeit in der preußischen Armee wird es vorhersehbar fast keine Unterlagen geben.

Zu seiner Dienstzeit in der "SS", ja, es gibt Unterlagen des SS-Personalhauptamtes, die liegen hier:

http://startext.net-build.de:8080/b...ndex.htm?kid=A0FC981BE319453C9CC1C0C18698F9F0

Über den Bestand kann ich nichts schreiben, da ich in ihm noch nie gearbeitet habe, im Gegensatz zum exBDC-Bestand. Vllt. findest Du etwas.

M.
 
Hallo Melchior,
sehr gute Idee. Wollte mich schon lange an BCD berlin@bundesarchiv.de wenden.
Die Frage ist nur, ob die Begründung "Romanprojekt" ausreicht, um an persönliche Informationen zu kommen.

Gruss,
Bernd
 
Hallo Melchior,
sehr gute Idee. Wollte mich schon lange an BCD berlin@bundesarchiv.de wenden.
Die Frage ist nur, ob die Begründung "Romanprojekt" ausreicht, um an persönliche Informationen zu kommen.

Gruss,
Bernd

@Bernd

Die persönlichen Informationen des exBDC-Bestandes sind für die wissenschaftliche Nutzung freigegeben. Schreibe in den Antrag "wissenschaftliche Recherche zu einem Buchprojekt über SS-Obergruppenführer Keppler", da sollte es keine Probleme geben.

Für Georgs Zeit als Polizeioffizier, da hast Du mehrere Stationen aufgeführt:
Hannover
Thüringen
München

Also könntest Du Personalunterlagen in den Archiven in Berlin-Dahlem, Weimar und München finden.

Zum Fall "Haarmann", der ist historisch sehr gut aufgearbeitet, ich glaube nicht, daß ein Schupo-Offizier da direkt involviert war. Mein Tipp, es gibt, wie Du weißt, einen Film, der sich relativ stringent an die Vernehmungsprotokolle hält, der Drehbuchautor muß also in den Ermittlungsakten recherchiert haben, ruf doch Deinen Kollegen einfach und frage ihn, ob er Georgs Name erinnert.

M.
 
Moin Melchior,
die Anfrage an Berlin ist gestartet.
Ich glaube auch nicht, dass Keppler auf irgendeine Weise im Fall Haarmann involviert war. Das wäre dann doch ein großer Zufall.
Die Akte Haarmann ist insofern interessant, da sie die damalige Sittengeschichte der 1920er Jahre beleuchtet. Das damalige Hannover hatte doch etliche Schattenseiten abseits des Kröpckes. Aber mit Sicherheit nicht die Welt, in der sich ein aufstrebender Keppler bewegte.

Gruss,
Bernd

Gruss,
Bernd
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich das richtig sehe, dann bekommt man vom Bundesarchiv natürlich keine "Informationen zugeschickt", sondern man muss den Benutzerantrag ausfüllen, nach Berlin schicken und bekommt dann die Erlaubnis zu einem bestimmten Termin das Archiv vor Ort zu benutzen. Das Ganze ist dann auch noch mit Gebühren verbunden...ich glaube so weit war ich doch schon mal.

Dann muss ich das vertagen und irgendwann einmal für einen Berlin-Kurzurlaub planen.

Ich glaube, jemand sagte das schon einmal. Wer einen historischen Roman (i.d. Fall zeitgenössisch) schreibt, der wird sehr viel Zeit in Archiven verbringen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich das richtig sehe, dann bekommt man vom Bundesarchiv natürlich keine "Informationen zugeschickt", ...
...

@Bernd

Das siehst Du richtig. Mein Tipp, ruf an und frage Dich bis zum Benutzersaal durch, vereinbare einen Termin, der Antrag ist mehr oder weniger eine Formalie, ich schrieb es schon w.o., das key word ist immer "wissenschaftlich" u.a. wegen der Kosten.

Versuch den verantwortlichen wissenschaftlichen Archivar für den fraglichen Bestand an das Telefon zu bekommen, die sind wirklich sehr hilfsbereit und kompetent.

Es gibt natürlich Recherchedienste, aber die sind kommerziell, ziemlich teuer und können logischerweise keinen Rechercheerfolg garantieren.

M. :winke:
 
Melchior, das ist ein guter Plan.
Nur wann komme ich mal wieder nach Berlin? Muss ich vorerst vertagen.
 
Zurück
Oben