Wahlrecht 3. Reich

zipeter

Neues Mitglied
Mir ist bekannt, dass sog. jüdische Mischlinge Berufsverbote erhielten, aber wie sieht es mit dem Entzug des Wahlrechts aus?
Betraf das nur "Volljuden" oder auch sog. "Mischlinge"?

Wo ist etwas darüber zu finden?

Danke
Peter
 
Mir ist bekannt, dass sog. jüdische Mischlinge Berufsverbote erhielten, aber wie sieht es mit dem Entzug des Wahlrechts aus?
Betraf das nur "Volljuden" oder auch sog. "Mischlinge"?

Wo ist etwas darüber zu finden?

Danke
Peter

Man muss schon einwenig suchen.

Zunächst im Reichsbürgergesetz vom 15. Sept. 1935.
Darin wurden die Juden zu Staatsangehörigen mit minderen Rechten erklärt und sie verloren ihr Wahlrecht.

Danach muss man den Begriff Geltungsjude näher anschauen. Geltungsjuden konnten kein Bürgerrecht erhalten und somit auch kein Wahlrecht.

Den "jüdischen Mischlingen" wurde laut Reichsbügergesetz das Wahlrecht und eine vorläufige Reichsbürgerschaft zugestanden.

Reichsbürgergesetz ? Wikipedia

Geltungsjude ? Wikipedia

Jüdischer Mischling ? Wikipedia

https://de.wikipedia.org/wiki/Nürnberger_Gesetze
 
Wie sah das eigentlich mit den "Ariern"aus die mit einem
Jüdischen Partner verheiratet waren? Waren die eigentlich auch
ausgeschlossen oder durften die Wählen?
Naja Wahlen im eigentlichen Sinne gab es ja damals glaub ich auch
gar nicht mehr oder?
 
In Ergänzung:

zu ursi.

Im Reichsbürgergesetz, hier insbesondere §2 (3).

Hier findest Du die gesetzlichen Bestimmungen:

Gesetz - Details

Entweder war der "Mischling" Reichsbürger, da gab es sicherlich auch willkürliche Auslegungen, oder nicht, danach bestimmte sich die Teilhabe am "Wahlrecht" im III. Reich.

.

Für die kommenden Tausend Jahre waren überhaupt keine Wahlen vorgesehen. was Juden und "jüdische Mischlinge" anging, konnten sich die Nazis nicht so recht einigen, und bei der berüchtigten Wannseekonferenz wurde eine Klärung dieser Frage vertagt. "Mischlinge" 2. Grades sollten nach Meinung des Staatssekretärs des Innenministeriums Stukart Reichsbürgern geleichgestellt bleiben, sofern nicht ein Bekenntnis zum mosaischen Glauben vorlag. Bei diesen "Geltungsjuden" wogen inkonsequenterweise religiöse Merkmale schwerer, als "rassische", denn wenn, was ja vor 1933, bzw 1935 vorkam, ein "arischer" ehepartner zum judentum konvertierte, wog das Bekenntnis schwerer, als die Abstammung, und Geltungsjuden wurden "Volljuden" gleichgestellt. 1942 begannen Deportationen aus dem reich, doch waren 1943 unter den gefangenen in der Rosenstraße die meisten Insassen "arisch versippt".
 
Für die kommenden Tausend Jahre waren überhaupt keine Wahlen vorgesehen.

So würde ich das nicht stehen lassen. Klar waren die Wahlen irrelevant, aber immerhin hat das nationalsozialistische Regime im November 33, 1936 und 1938 Reichstagswahlen (zeitgleich mit Referenden) abgehalten. Der Reichstag galt als Ehrengremium für langjährige Parteifunktionäre und alleine für die regelmäßige Nachbesetzung hätte man wohl alle paar Jahre Wahlen durchgeführt. Die Wahlperiode wurde 1943 zwar verlängert, aber 1947 wurde als Wahljahr festgesetzt.
 
So scheint die entscheidende Frage zu sein war ein Mischling (sowohl 1. als auch 2. Grades) Staatsangehöriger und Reichsbürger.
War ein Mischling (lediglich) Staatangehöriger oder Reichsbürger. Als reichsbürger standen ihm die politischen Rechte zu. Reichsbürgergesetz 15.09.1935 RGBlI 1935, S. 1146.

Aber:

Reichsgesetzblatt, 1935, Nr. 100, S. 1146f.
Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz


Auf Grund des § 3 des Reichsbürgergesetzes vom 15. September 1935 wird folgendes verordnet:
§ 1
(1) Bis zum Erlaß weiterer Vorschriften über den Reichsbürgerbrief gelten vorläufig als Reichsbürger die Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes, die beim Inkrafttreten des Reichsbürgergesetzes das Reichtagswahlrecht besessen haben oder denen der Reichsminister des Inneren in Einvernehmen des Stellvertreter des Führers das vorläufige Reichsbürgerrecht verleit.
(2) Der Minister des Inneren kann im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers das vorläufige Reichsbürgerrecht entziehen.
§ 2
(1) Die Vorschriften des § 1 gelten auch für die Staatsangehörigen jüdischen Mischlinge.

Hiernach waren Mischlinge zwar keine Reichsbürger aber "bis zum Erlaß weiterer Vorschriften" besaßen sie wohl das Wahlrecht.

Wie ging es dann weiter?
 
...
Wie ging es dann weiter?

@zipeter

Ich bin da kein Experte, aber ich nehme an, daß neben den vielen Durchführungsverordnungen, wie oben verlinkt, es sehr viele Verwaltungsrechtsetzungen gab, z.B. durch Rundschreiben des RMdI.

Er wird ja ausdrücklich in §3 des Reichsbürgergesetzes zur verwaltungsrechtlichen Ausgestaltung des Gesetzes hierzu berechtigt. Diese Berechtigung zur verwaltungsrechtlichen Ausgestaltung konnte er auch an nachgeordnete Dienststellen delegieren z.B. auf das später entstandene RSHA.

Diese verwaltungsrechtlichen Vorschriften, sind dann auch nicht im RGBl. veröffentlicht.

Ob es da zusammenfassende Literatur zu derartigen verwaltungsrechtlichen Erlassen gibt, weiß ich nicht, vllt. weiß da ein Mitdiskutant mehr.

Schon die von Dir zitierte Durchführungsbestimmung bezieht sich auf diese verwaltungsrechtliche Ermächtigung.

Worauf ich Dich verlinken kann, sind die Archivbestände des RMdI im Bundesarchiv, ich habe mir erlaubt die entsprechenden Teilbestände hervorzuheben (Findbuch R1501).

R 1501
Reichsministerium des Innern

1919 Umbenennung des 1879 aus dem Reichskanzleramt hervorgegangenen und mit allen inneren Angelegenheiten des Reiches - soweit diese nicht in die Zuständigkeit anderer oberster Reichsbehörden fielen - befaßten Reichsamtes des Innern in Reichsministerium des Innern (RMdI); Übergang wichtiger Befugnisse vom Reichsamt des Innern bzw. vom Reichsministerium des Innern u.a. auf folgende neue Reichsbehörden: Kriegsernährungsamt (1916), Reichswirtschaftsamt (1917), Reichsarbeitsamt (1918), Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (1933), Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (1934) und Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten (1935); 1934 Vereinigung des RMdI mit dem Preußischen Ministerium des Innern; bis 1933 im Wesentlichen Beschränkung des RMdI auf die Gesetzgebung, seit 1934 zunehmende Entwicklung des RMdI zum exekutiven Lenkungsorgan in der Verwaltung; Ernennungen Heinrich Himmlers am 17.6.1936 zum Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern und am 20.8.1943 zum Reichs- und Preußischen Minister des Innern; Gliederung des RMdI am 15.1.1945: Zentralabteilung, Abteilung I: Verfassung, Verwaltung, Gesetzgebung (mit Staatsangehörigkeit, Personenstandswesen, kulturelle Angelegenheiten, Archiv- und Schriftgutwesen, Vermessungswesen); Abteilung II: Zivile Reichsverteidigung (mit Reichsverteidigung und Bevölkerungsschutz, Wehrrecht und Kriegsleistungen, Kriegs- und Volkstumsschäden); Abteilung III: Personalien und Beamtentum; Abteilung IV: Kommunalabteilung, Abteilung für Sport und Leibesübungen (Abt.Sp); Staatssekretariat für das Gesundheitswesen (mit Abteilungen Gesundheitssicherung, Gesundheitspflege, Veterinärwesen).


Überlieferung
...(105) Registraturhilfsmittel 1913-1944 (49) Personalakten (7868) Findbuch (17 Bde.), Karteien Teil 2: 1844-1951 (-1977) (7630) Büro des Ministers Zentrale Angelegenheiten: Pressestelle für das Gesamtministerium 1933-1943 (3) Verfassung und Gesetzgebung: Partei und Staat 1933-1942 (3), Partei und Wissenschaft, Kunst und Kultur 1933-1944 (13), NSDAP mit Gliederungen und angeschlossenen Verbänden (1918, 1924, 1932) 1933-1943 (12), Organisation und Durchführung der Reichs- und Landesverwaltung 1933-1944 (7), Kirche und Staat 1930-1938 (1), Gesetzgebung und Sekretariatsvorlagen 1930-1942 (7), Blutschutzgesetz, Rasserecht und Rassepolitik 1933-1939 (1) Beamtenangelegenheiten: Personalangelegenheiten der Beamten, Angestellten und Lohnempfänger des Ministeriums 1933-1944 (8), Personalangelegenheiten der Beamten, Angestellten und Lohnempfänger der nachgeordneten Reichs- und Landesbehörden sowie der allgemeinen und landrätlichen Verwaltung 1933-1940 (7), Deutsches Beamtengesetz 1933-1937 (1), Wartestands- und Ruhestandsbeamte 1933-1945 (1) Fürsorgeangelegenheiten: Öffentliche Fürsorge und freie Wohlfahrtspflege 1933-1943 (7) Deutschtum und Sport: Deutschtum, Grenzlandfürsorge, Osthilfe 1933-1942 (2), Sport und Leibesübungen 1933-1943 (10) Reichsarbeitsdienst 1933-1943 (2) Polizei: Hauptamt Ordnungspolizei (1931) 1933 (1) Privatkorrespondenzen: Minister Dr. Frick 1933-1945 (20), Ministerialrat Metzner 1929-1942 (6), Ministerialrat Langsdorff 1941-1943 (4) Adjutantur des Ministers Zentrale Angelegenheiten: Haushaltsangelegenheiten 1935-1943 (27), Geschäftsverteilungspläne und innerer Geschäftsverkehr 1937-1943 (3) Verfassung und Gesetzgebung: Partei und Staat 1935-1942 (6), NSDAP mit Gliederungen und angeschlossenen Verbänden 1935-1938 (1), Organisation und Durchführung der Reichs- und Landesverwaltung 1933-1943 (14), Staatsbesuche, Dienstreisen des Ministers 1933-1943 (32), Sekretariatsvorlagen, Bittgesuche 1934-1943 (4), Reichsbürgerrecht, Staatsangehörigkeit 1933, 1937-1943 (4), Blutschutzgesetz, Rasserecht und Rassepolitik 1937-1943 (1) Beamtenangelegenheiten: Personalangelegenheiten der Beamten, Angestellten und Lohnempfänger der nachgeordneten Reichs- und Landesbehörden 1933-1943 (7), Uniformierung der Beamten 1937-1943 (1) Kommunale Angelegenheiten 1941-1943 (1) Fürsorgeangelegenheiten 1936-1942 (1) Büro des Staatssekretärs (Pfundtner) Zentrale Angelegenheiten: Haushaltsangelegenheiten 1933-1943 (3), Pressestelle für das Gesamtministerium 1924-1940 (3), Geschäftsverteilungspläne und innerer Geschäftsverkehr 1933-1943 (4), Kabinettsachen 1936-1938 (1) Verfassung und Gesetzgebung: Partei und Staat 1932-1943 (5), NSDAP mit Gliederungen und angeschlossenen Verbänden sowie andere Organisationen, Verbände und Vereine (1927, 1930) 1932-1943 (27), Reichstag, Reichstagswahlen und Abstimmungen 1933-1943 (4), Organisation und Durchführung der Reichs- und Landesverwaltung 1929-1943 (56), Reichsreform, allgemeine Fragen der Verwaltung und Verwaltungsreform 1927-1943 (21), Staatsbesuche, Dienstreisen des Staatssekretärs 1936-1943 (17), Kirche und Staat 1933-1941 (2), Wehrmacht und Reichsverteidigung (1916) 1933-1943 (6), Titel, Orden, Ehrenzeichen 1933-1942 (5), Gesetzgebung 1933-1943 (11), Sekretariatsvorlagen 1933-1941 (12), Reichsbürgerrecht, Staatsangehörigkeit 1933-1943 (4), Blutschutzgesetz, Rasserecht und Rassepolitik 1935-1943 (8), Reichsverwaltungsgericht, Verwaltungsgerichtsbarkeit 1935, 1938-1943 (3) Beamtenangelegenheiten: Personalangelegenheiten der Beamten, Angestellten und Lohnempfänger des Ministeriums 1933-1943 (5), Personalangelegenheiten der Beamten, Angestellten und Lohnempfänger der nachgeordneten Reichs- und Landesbehörden 1933-1943 (10), Personalangelegenheiten von Personen außerhalb des öffentlichen Dienstes, Arbeitsgesuche (1931) 1932-1943 (7), Deutsches Beamtengesetz 1933-1943 (11), Besoldungsrecht 1933-1943 (5); Beamtenorganisationen 1933-1938 (2), Laufbahnregelungen, Uniformierung, Ausbildung und Kriegseinsatz der Beamten 1935-1943 (4), Dienststrafrecht 1932-1942 (3) Volksgesundheit: Gesundheitsführung 1933-1943 (9), Vereinheitlichung des Gesundheitswesens 1934-1942 (4), Erb- und Rassenpflege 1935-1940 (4), Veterinärwesen 1933-1942 (8) Kommunalangelegenheiten 1933-1943 (3) Fürsorge 1933-1943 (4) Deutschtum und Sport: Deutschtum, Grenzlandfürsorge, Osthilfe 1933-1943 (5), Sport und Leibesübungen, Olympiade 1936 1933-1941 (13) Reichsarbeitsdienst 1933-1942 (6) Polizei: Hauptamt Ordnungspolizei 1932-1943 (9), Hauptamt Sicherheitspolizei 1933-1943 (5) Privatkorrespondenz Pfundtner 1933-1943 (7) Staatssekretariat des Innern Handakten des Staatssekretärs Dr. Stuckart 1939-1944 (4) Generalbevollmächtigter für die Reichsverwaltung (GBV) 1939-1945 (4) Zentralabteilung: Innerer Geschäftsverkehr, Geschäftsverteilung, Hausverwaltung 1919-1945 (63), Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen (Allgemeines) 1927-1945 (37), Haushaltsangelegenheiten des Reichs und des Ministeriums 1857-1945 (100), Haushaltsangelegenheiten nachgeordneter oberer Reichsbehörden 1934-1945 (39), Haushaltsangelegenheiten der Reichsstatthalter des Altreichs, Hamburgs und des Saarlandes 1933-1945 (142), Haushaltsangelegenheiten der allgemeinen Landesverwaltung Preußens 1921-1945 (81), Haushaltsangelegenheiten der eingegliederten und besetzten Gebiete (Reichsgaue, Protektorat, Generalgouvernement, Zivilverwaltungen) 1938-1945 (131), Bücherei und Amtsblätter (1906) 1907-1945 (3), Bürokasse und Zahlstelle 1844-1945 (36), Registraturhilfsmittel 1943-1945 (5) Verfassung, Verwaltung, Gesetzgebung (Abteilung I): Verfassung, Verwaltung, Gesetzgebung (Unterabteilung I A) (1921) 1925-45 (114), Staatsangehörigkeit, Personenstandswesen, ..."


Erschließungszustand (Kommentar) Publikationsfindbuch (Bde. 1-3) (1995), Findbuch (17 Bde.), Karteien


Amtliche Druckschriften
Zusammenstellung von Vorschriften, die für den Dienstbetrieb im Reichsamt des Innern von allgemeiner Bedeutung sind. Nur für den Dienstgebrauch. Vertraulich, Hrsg.: Reichsamt des Innern, 1912 [RD 17/40]
Ministerial-Blatt des Reichs- und Preussischen Ministeriums des Innern. Mit Zeitfolge-, Sach- und Personen-Verzeichn., Jg. 1.1936 bis 10.1945 [RD 17/2] Ministerialblatt des Reichs- und Preußischen Ministeriums des Innern. Sachverzeichnis für die Jahrgänge 9.1944-10.1945, nichtamtlich, maschinenschriftlich vervielfältigt [RD 17/2a]


Literatur
Josef Henke, Gregor Verlande: Reichsministerium des Innern (Bestand R 1501), Teil 2 in 3 Teilbänden (Findbücher zu Beständen des Bundesarchivs Bd. 54), Koblenz 1996.
Franz Albrecht Medicus: Das Reichsministerium des Innern, Berlin 1940. Dieter Rebentisch: Führerstaat und Verwaltung im Zweiten Weltkrieg. Verfassungsentwicklung und Verwaltungspolitik 1939-1945, Stuttgart 1989. Günter Neliba: Wilhelm Frick. Der Legalist des Unrechtstaates. Eine politische Biographie, Paderborn 1992. Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates, hrsg. von Heinz Boberach, München 1991/1995, Teil 1 S. 57-62, Teil 2, S. 45 f.
1258 lfm, ca. 49 426 AE 1815-1951
http://startext.net-build.de:8080/b...ndex.htm?kid=A330E2AD2C1A44AA8B7B6A2E8BF62702


o.t.

M.E. kommt in dem Text dieser Durchführungsbestimmung die Willkürlichkeit durch zwei Verben zum Ausdruck, und zwar "verleit" und "entzieht".

M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Weil die verbalen Vorschriften für den Alltagsgebrauch einfacher Beamter offenbar zu unpraktikabel waren, gab es ein Schaubild für die Einordnung der verschiedenen "Mischlinge".

In Heft 57 von "Geo-Epoche" ist es abgebildet. Falls er als Werbung gilt, kann der Hinweis gelöscht werden.
 
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