Roosevelts Telegramm an Hitler

hrubesch

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Hallo Forumsfreunde,

kennt von Euch jemand den Wortlaut des Roosevelt'schen Telegramms an Hitler, welches letzterer in seiner Reichstagsrede vom 28.04.1939 beantwortete?

Ich wäre für ein Posting sehr dankbar!

Schönes WE, Euer Hrubesch
 
Hallo Forumsfreunde,

kennt von Euch jemand den Wortlaut des Roosevelt'schen Telegramms an Hitler, welches letzterer in seiner Reichstagsrede vom 28.04.1939 beantwortete?

Ich wäre für ein Posting sehr dankbar!

Schönes WE, Euer Hrubesch

Es ist ein Telegramm Roosevelts an Hitler vom 14.04.1939. Original ist mir unbekannt. Es gibt einzelne Fragmentzitate im Netz. Die Links dazu gebe ich hier nicht.
 
Telegramm gemäß U.S. Diplomatic Mission to Germany:
http://usa.usembassy.de/etexts/ga3-390414.htm


Der Wortlaut entspricht bis auf kleinere Abweichungen dem Abdruck in Akten der Auswärtigen Deutschen Politik (ADAP), Serie D, Band VI, S. 202ff. Dort ist der Eingang unter dem 15.4.1939 verzeichnet. Mussolini hat die Botschaft am gleichen Tage bekommen.

Roosevelt fordert Hitler in dem Appell auf, die Zusicherung abzugeben, dass er die genannten unabhängigen Nationen Europas und des Nahen Ostens nicht angreifen werde. Nach den Zusicherungen sollen Besprechungen über allgemeine Abrüstung und über den Ausbau des internationalen Handels geführt werden.
 
Interessant ist vielleicht noch die sofortige deutsche diplomatische Reaktion auf das Telegramm. Am 17.4. veranlaßte Ribbentrop sämtliche Botschaften in den angesprochenen Ländern, folgende Erklärungen der Außenminister mündlich aber formell einzuholen:

1. ob sich das betreffende Land von Deutschland bedroht fühle?
2. ob die dortige Regierung Roosevelt zu seinem Vorschlag autorisiert oder diesen sonst veranlaßt habe?
(ADAP D VI, S. 220)

Antworten bis 22.4.1939:
Schweiz: Nr.1: vertraut auf ihre allseits respektierte Neutralität, Nr.2: nein
Rumänien: Nr.1: "ausweichend", Nr. 2 wird verneint
Lettland: Nr.1: "ausweichend", Nr. 2 wird verneint
Ägypten: "hat mit viel Umschweifen beide Fragen verneint."
Irak: Nr.1: weist auf die allgemeinen Gefahren des "Überschlucktwerdens" kleiner Staaten durch große Staaten hin, Nr. 2: wird verneint.
Saudi-Arabien: beide Antworten stehen aus.
alle übrigen: haben beide Fragen verneint.
(ebenda, S. 257-258)
 
Am 28.04.1939 beantwortete Hitler die Initiative von FDR mit seiner Rede vor dem eigens dazu einberufenen Reichstag.

Dabei verwendete Hitler die Ergebnisse seiner „Umfrage“ unter den Staaten, die FDR in seinem Telegramm genannt hatte. Mit beißendem, verletzenden Spott kürte sich Hitler zum Sieger eines erbitterten Wortgefechts. Die USA, die den amerikanischen Doppelkontinent unter Berufung auf die Monroe-Doktrin vor jeder fremden Intervention abschirmten, hätten keinen deutschen Angriff auf ihnen räumlich nahestehende Staaten zu befürchten; aus den europäischen Verhältnissen hätten sie sich gefälligst herauszuhalten.

Hitler mochte sich als Sieger der Kontroverse vorkommen. In der Meinung der internationalen Öffentlichkeit prägte sich aber ein,
  • dass Hitler die sofortige und uneingeschränkte Aussage vermied, keinen der von Roosevelt genannten Staaten angreifen zu wollen,
  • dass Hitler im Laufe seiner Rede trotz aller rhetorischen Friedensbeschwörungen den 1934 mit Polen unterzeichneten Nichtangriffspakt und das 1935 mit GB abgeschlossene Flottenabkommen kündigte, und
  • dass die USA im Ernstfall an der Seite der westlichen Demokratien, also bei Hitlers Gegnern, stehen werden.
 
@Gandolf: sehr richtig!

In den Tagen dazwischen bis zur Hitler-Rede war die US-Öffentlichkeit sehr gespannt, beinahe positiv erwartend eingestellt. Die Einberufung des Reichstages wurde in den Zeitungen und bei politischen Stellen so interpretiert, dass ja nun wohl kein klares "Nein!" folgen könne. Roosevelts Schritt wurde eine gewisse Spontanität zugebilligt, er sei ungewöhnlich, aber durchaus angemessen vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklung (des Wortbruches zur Rest-Tschechei). Allgemein wurden auch innenpolitische Gründe unterstellt, um mit diesem Schritt die zerstrittene US-Meinung zu den Vorgängen in Europa, Afrika und China (die Aggressorstaaten) zu einigen.

Um so größer die politische Enttäuschung. Für Hitlers Reaktion entscheidend im Hinblick auf die Kündigung der Abkommen war wohl die von Chamberlain ausgesprochene britische Garantie für Polen als Reaktion auf den Wortbruch. "Fall Weiss" war schon entworfen.
 
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