ausländische Beteiligungen an deutschen Unternehmen und umgekehrt?

Rheinländer

Aktives Mitglied
Wie wurde in diesen Bereichen im 2. Weltkrieg agiert?

Es gab ja vor Kriegsausbruch sicherlich viele Anteilseigner ausländischer Herkunft im Deutschen Reich und umgekehrt, wie lief das ab?

Was geschah mit ganzen Konzernen wie Opel, die ja schon damals zu General Motors gehörten. Hat man da für beide Seiten produziert, siehe Opel Blitz?

Das war ab 41 mit Kriegserklärung ja relativ schwer. In Köln sagt man, die Ford-Werke seien von Bomben verschont geblieben.

Wieso wurden diese Firmen denn nicht enteignet. Das wäre ja eigentlich systemtypisch im totalen Krieg gewesen.
 
Sehr interessante Frage. Ich meine, in einem Buch über die Geschichte der deutschen Mineralölwirtschaft dazu etwas gelesen zu haben. Werde das über Silvester mal heraussuchen.
 
Sehr interessante Frage. Ich meine, in einem Buch über die Geschichte der deutschen Mineralölwirtschaft dazu etwas gelesen zu haben. Werde das über Silvester mal heraussuchen.

Würde mich freuen, denn diese Thematik ist ja eigentlich völlig im Dunkeln liegend, obwohl es eigentlich sehr interessant ist.
 
Die Frage ist in einer generellen Weise schwierig zu beantworten. Es gibt Einzelbeispiele, die auch hinreichend untersucht sind. Ich würde das in der Breite so sehen:

1. Die bei ausländischen Beteiligungen anzutreffenden Rechtsformen sind in der Masse Kapitalgesellschaften, also GmbHs und Aktiengesellschaften.

2. Eigentumsfragen spielten für die Kontrolle der Wirtschaft im nationalsozialisitischen Sinn kaum eine Rolle. Speziell Rüstung und rüstungsnahe Bereiche sowie kritische Engpaßbereiche unterlagen anderen Steuerungsmechanismen, die nicht auf das "Eigentum an den Gesellschaftsrechten", also auf Beteiligungen angewiesen waren (obwohl auch Beteiligung als Steuerungsmechanismus auftrat, siehe zB die SS-Wirtschaftsunternehmen oder die Ölgesellschaften für den Kaukasus).

Kahn, Die Steuerung der Wirtschaft durch REcht im nationalsozialisitschen Deutschland - Das Beispiel der Reichsgruppe Industrie, 2006. Mechanismen: Preisvorgaben, Devisenzwangsbewirtschaftung, Zwangskartelle, Produktionsanweisungen, Rohstoffkontingentierung usw.

Eine Besonderheit bilden lediglich Enteignungen des jüdischen, damit auch des ausländischen jüdischen Eigentums.

3. Bzgl. der Aktiengesellschaften - soweit an Kapitalmärkten gehandelte und notierte Anteile - wurden die Eigentumsverhältnisse idR als nachrangig angesehen. Das hatte einen Hintergrund: Entscheidend war hier die Steuerung der AG durch den Vorstand, die nach der Aktienrechtsreform 1937 nationalsozialistische Führerprinzipienen übernahm. Das - die Übernahme des NS-Gedankengutes in die Aktienrechtsreform - wird zB sehr prägnant erläutert in der zeitgenössischen Dissertation von Löhr, Joseph: Die Verwaltung der Aktiengesellschaft insbesondere unter Berücksichtigung des Führerprinzips, 1940.

Im Kern sollte die Hauptversammlung entmachtet werden, die Stellung des Vorstands gestärkt werden. Damit waren zugleich die Voraussetzungen für die Gleichschaltung der Wirtschaft geschaffen. Die AG als kapitalistische Rechtsform war von NS-Größen ohnehin als "suspekt" angesehen: ein Grund, warum zB Blohm&Voss von der AG in eine Personengesellschaft rückumwandelte.

4. Die GmbHs mit ausländischer Beteiligung spielten ebenfalls eine Rolle, allerdings reichte es auch hier während des Krieges, auf die Geschäftsführung und die oben beschriebenen Steuerungsmechanismen für die Kriegsinteressen zugreifen zu können.

Das statistische Jahrbuch des DR 1939/40 enthält einige Zahlen für den Status vor dem Krieg: rd. 6,4% des Kapitals bei GmbHs (rd. 294 Mio. RM) waren in Auslandsbesitz. Betrachtet man das nach Branchen, sind nur wenige wesentlich: Metallhütten/Metallhalbzeuge (40,6%), Chemische Industrie (16,7%), Maschinen- und Apparatebau (14,3%), Nahrungs- und Genußmittelgewerbe (12,1%).

Diese Zahlen erfassen nicht die vorhandenen AGs am 31.12.1939: rd. 5.400. mit rund 21 Mrd. RM Aktienkapital.
 
Die Frage ist in einer generellen Weise schwierig zu beantworten. Es gibt Einzelbeispiele, die auch hinreichend untersucht sind. Ich würde das in der Breite so sehen:

1. Die bei ausländischen Beteiligungen anzutreffenden Rechtsformen sind in der Masse Kapitalgesellschaften, also GmbHs und Aktiengesellschaften.

2. Eigentumsfragen spielten für die Kontrolle der Wirtschaft im nationalsozialisitischen Sinn kaum eine Rolle. Speziell Rüstung und rüstungsnahe Bereiche sowie kritische Engpaßbereiche unterlagen anderen Steuerungsmechanismen, die nicht auf das "Eigentum an den Gesellschaftsrechten", also auf Beteiligungen angewiesen waren (obwohl auch Beteiligung als Steuerungsmechanismus auftrat, siehe zB die SS-Wirtschaftsunternehmen oder die Ölgesellschaften für den Kaukasus).

Kahn, Die Steuerung der Wirtschaft durch REcht im nationalsozialisitschen Deutschland - Das Beispiel der Reichsgruppe Industrie, 2006. Mechanismen: Preisvorgaben, Devisenzwangsbewirtschaftung, Zwangskartelle, Produktionsanweisungen, Rohstoffkontingentierung usw.

Eine Besonderheit bilden lediglich Enteignungen des jüdischen, damit auch des ausländischen jüdischen Eigentums.

3. Bzgl. der Aktiengesellschaften - soweit an Kapitalmärkten gehandelte und notierte Anteile - wurden die Eigentumsverhältnisse idR als nachrangig angesehen. Das hatte einen Hintergrund: Entscheidend war hier die Steuerung der AG durch den Vorstand, die nach der Aktienrechtsreform 1937 nationalsozialistische Führerprinzipienen übernahm. Das - die Übernahme des NS-Gedankengutes in die Aktienrechtsreform - wird zB sehr prägnant erläutert in der zeitgenössischen Dissertation von Löhr, Joseph: Die Verwaltung der Aktiengesellschaft insbesondere unter Berücksichtigung des Führerprinzips, 1940.

Im Kern sollte die Hauptversammlung entmachtet werden, die Stellung des Vorstands gestärkt werden. Damit waren zugleich die Voraussetzungen für die Gleichschaltung der Wirtschaft geschaffen. Die AG als kapitalistische Rechtsform war von NS-Größen ohnehin als "suspekt" angesehen: ein Grund, warum zB Blohm&Voss von der AG in eine Personengesellschaft rückumwandelte.

4. Die GmbHs mit ausländischer Beteiligung spielten ebenfalls eine Rolle, allerdings reichte es auch hier während des Krieges, auf die Geschäftsführung und die oben beschriebenen Steuerungsmechanismen für die Kriegsinteressen zugreifen zu können.

Das statistische Jahrbuch des DR 1939/40 enthält einige Zahlen für den Status vor dem Krieg: rd. 6,4% des Kapitals bei GmbHs (rd. 294 Mio. RM) waren in Auslandsbesitz. Betrachtet man das nach Branchen, sind nur wenige wesentlich: Metallhütten/Metallhalbzeuge (40,6%), Chemische Industrie (16,7%), Maschinen- und Apparatebau (14,3%), Nahrungs- und Genußmittelgewerbe (12,1%).

Diese Zahlen erfassen nicht die vorhandenen AGs am 31.12.1939: rd. 5.400. mit rund 21 Mrd. RM Aktienkapital.


Vielen Dank für die fundierten Erläuterungen.

Die Frage ist in einer generellen Weise schwierig zu beantworten.

Da allerdings bin ich anderer Meinung.:friends:
Nur generell ist hier eine Aussage zu treffen:
Die Unternehmen deren Eigentümer im "Feindesland" hockten wurden ebenso in die Kriegswirtschaft eingebunden, oder auch nicht, wie die entsprechenden "deutschen". Es wurden mW nie! irgendwelche Aussagen getätigt, was nach dem angestrebten "Endsieg" mit diesen Unternehmen geschehen würde.
 
Der Patenttausch DuPont/IG Farben Perlon/Nylon ist ja soweit bekannt.
Nach dem Krieg war der obsolet. Nylon war DuPont Eigentum, Perlon Kriegsbeute
Als Reparationen "verbucht."

Wie haben die Amis aber zB einen Fall wie AmbiBudd gehandhabt?
Der Betrieb wurde demontiert und, ausgenommen die Preßwerkzeuge für die BMW-Typen die nach Eisenach gingen, in die Sowjetunion verfrachtet.
Mehrheitseigentümer aber Budd USA.

Wie hat die US-Regierung hier Budd entschädigt?
Nur mal als Beispiel für viele andere Fälle.
 
Die Unternehmen deren Eigentümer im "Feindesland" hockten wurden ebenso in die Kriegswirtschaft eingebunden, oder auch nicht, wie die entsprechenden "deutschen". Es wurden mW nie! irgendwelche Aussagen getätigt, was nach dem angestrebten "Endsieg" mit diesen Unternehmen geschehen würde.

Nicht nur die Eigentümer könnte man bzgl. des Auslandes anführen, sondern sogar die Unternehmen selbst.

Beispiel Frankreich: ... Einbindung der rüstungsrelevanten französischen Unternehmen in die deutsche Kriegswirtschaft 1940-44, ohne Problematik der Eigentumsfragen bzw. Beteiligungsverhältnisse.
 
Nicht nur die Eigentümer könnte man bzgl. des Auslandes anführen, sondern sogar die Unternehmen selbst.

Beispiel Frankreich: ... Einbindung der rüstungsrelevanten französischen Unternehmen in die deutsche Kriegswirtschaft 1940-44, ohne Problematik der Eigentumsfragen bzw. Beteiligungsverhältnisse.


Gutes Beispiel:
Renault. Man war wohl der Meinung, dass Herr Renault etwas zuviel mit den Deutschen kollaboriert hätte.
Er wurde enteignet und eingesperrt, und starb dann auch im Gefängnis.
 
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