Der Untergang der Heeresgruppe Mitte 1944

silesia

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Operation BAGRATION:

Im Sommer 1944 ereignete sich eine der größten militärischen Katastrophen Deutschlands, eine Schlacht von wenigen Tagen und Wochen, die rezeptiv trotz ihres Ausmaßes im Schatten der Niederlage von Stalingrad steht. Die zeitgleich stattfindenden Kämpfe um den alliierten Brückenkopf in der Normandie zogen in diesen Wochen im Sommer 1944 weitgehend die Aufmerksamkeit auch der deutschen Bevölkerung auf sich, so dass diese verheerende Niederlage an der Ostfront bis weit nach dem Krieg wenig bekannt geworden ist. Im Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte wurden 28 deutsche Divisionen zerschlagen, die Verluste betrugen rund 540.000 Mann an Gefallenen und Gefangenen. In der weiteren Folge wurden die Heeresgruppe Nord an der Ostsee abgeschnitten, die im August folgende sowjetische Offensive gegen die nun von allen Reserven entblößte Südfront führte u. a. zur Vernichtung einer weiteren Heeresgruppe in Rumänien.

Vorgeschichte:
Nach der fehlgeschlagen letzten deutschen Sommeroffensive 1943 bei Kursk war das Gesetz des Handelns endgültig auf die Rote Armee an der Ostfront übergegangen. In schweren Abwehrkämpfen mit Schwerpunkt im Süden der Ostfront, die sich über den Herbst 1943 bis zum Frühjahr 1944 hinzogen, wurden die deutschen Truppen weitgehend aus der Ukraine über den Dnjepr bis zum Dnjestr zurückgeworfen. Hier gelang eine Stabilisierung der Front im Frühjahr 1944, wobei sich die sowjetische Offensivkraft auch im Frühjahrsschlamm bei beiderseitigen hohen Verlusten weitgehend erschöpft zu haben schien. Die Mitte der Ostfront geriet dadurch in einen weit ausholenden, balkonartigen Vorsprung. Sie hatte zuvor während des Winters 1943/44 nur örtliche schwere Abwehrschlachten zu bestehen, während im Norden die Belagerung Leningrad aufgegeben werden musste. Bereits auf der Teheraner Konferenz Ende 1943 hatte Stalin eine große sowjetische Offensive zur Unterstützung der für den Mai 1944 angekündigten Invasion Frankreichs durch die Westalliierten in Aussicht gestellt. Dass sich die Lage 7 Monate nach Teheran dabei günstiger als angenommen darstellen sollte, war durch die schweren deutschen Verluste im Frühjahr 1944 in den Abwehrkämpfen vor Leningrad und in der Ukraine verursacht.

Nunmehr war auf deutscher Seite die Frage der weiteren sowjetischen Absichten entscheidend für die Verteilung der gepanzerten Reserven. Die Hitler unbequemen Befehlshaber im Süden, Manstein und Kleist, waren bereits gegen die auf harte Defensive ausgerichteten Schörner und Model ausgetauscht worden. Hitler und das OKH erwarteten auch für den Sommer 1944 den weiteren Schwerpunkt der Kämpfe im Süden. Befürchtet wurde eine „Ostseelösung“ mit Angriffsrichtung nördlich der Karpaten auf Warschau, oder eine „Balkanlösung“, die sich Mitte Mai 1944 durch die schweren Kämpfe in Nordrumänien angedeutet hatte. Dem entsprach die beobachtete Aufstellung von 5 der 6 bekannten russischen Panzerarmeen. Die Masse der deutschen Panzerkräfte wurde entsprechend dieser Prognosen hinter den Heeresgruppen Nord- und Südukraine im Süden der Ostfront aufgestellt. Für die Mitte der Ostfront wurden wie im Winter lediglich neue Fesselungskämpfe erwartet. Diese Heeresgruppe stand mit 36 Divisionen in vier Armeen in einem rd. 700 km langen Frontbogen, der sich von Witebsk nach Süden durch die Pripjetsümpfe in einem langen Halbkreis um Weißrussland zog. Ihre wesentlichen gepanzerten Reserven war im Frühjahr nach Süden gezogen worden.

Am 2. April 1944 verlangte Hitler erneut und ausdrücklich das unbedingte Halten der nun erreichten Front im Osten. Der Vorschlag des Rückzugs in die kürzeste Linie zwischen Riga und Odessa von Hitler abgelehnt. Auch der Rückzug hinter die panzersicheren größeren Flüsse im Bereich der Heeresgruppe Mitte als „kleine“ Lösung wurde untersagt. Für den Sommer 1944 wurde damit erneut ein Vabanque-Spiel eingeleitet, um in Ostgalizien unter Zusammenziehung aller verfügbaren Reserven erstmals seit dem Sommer 1943 bei einer sowjetischen Großoffensive wieder Schwerpunkt gegen Schwerpunkt zu setzen. Dieses entsprach auch Models Meinung, dessen Heeresgruppe Nordukraine von dem nun folgenden Angriff der Roten Armee zunächst nicht erfasst wurde.

Ab Mai 1944 veränderte sich jedoch die vor der Heeresgruppe Mitte beobachtete Feindlage. Der Roten Armee war es außerdem gelungen, eine Panzerarmee von der deutschen Seite unbemerkt vor die Heeresgruppe Mitte zu ziehen. Beobachtet wurde jedoch eine schlagartige Vermehrung der Luftstreitkräfte auf rd. 4500 Flugzeuge (gegen 80 der Heeresgruppe Mitte), sowie das Auftreten weiterer großer russischer Panzerverbände in der Reserve. Die Heeresgruppe selbst rechnete ab Juni 1944 mit einer unmittelbar bevorstehenden sowjetischen Großoffensive, drang mit ihrer Ansicht im Oberkommando jedoch weiterhin nicht durch. Einer erneut beantragten Rückverlegung der Front mit einer bedeutenden Verkürzung der Linien um rund 250 km, etwa hinter die Beresina, wurde wieder die Zustimmung durch Hitler verweigert. Selbst der weitere eigenmächtige Ausbau rückwärtiger Linien durch die Armeen wurde von Hitler ausdrücklich untersagt, da dieses seiner Ansicht nach nur Rückzugsgedanken verstärken würde. Stattdessen wurde eine Reihe sog. Fester Plätze mit Witebsk, Orsha, Mogilew und Bobruisk vorgegeben. Solche „Festungen“ hatten bereits auf der Krim und in der Ukraine schwere Verluste gebracht hatten, ohne den Vormarsch der Roten Armee wesentlich aufhalten zu können. Am 14.6.1944 ergingen nochmalige eindringliche Warnungen über bedeutende sowjetische Kräftekonzentrationen vor der Heeresgruppe Mitte. Als einzige Reaktion wurde eine Panzerdivision hinter die Front der 9. Armee bei Bobruisk verlegt. Die Heeresgruppe musste die Entwicklung nun auf sich zukommen lassen, ohne rückwärtig ausweichen zu können.


Operation „Bagration“:
4 Fronten der Roten Armee eröffneten am 22./23./24.6.1944 ihre Offensive gegen den vermeintlichen Nebenkriegsschauplatz der mittleren Ostfront. Im Rücken der Heeresgruppe fanden zentral geleitete Aktionen mit rd. 240.000 Partisanen statt, die alle Versorgungs- und Rückzugslinien für die deutschen Armeen abschnitten. In der Nacht vom 19./20.6.1944 fanden über 10.000 Sprengungen statt, die alle Eisenbahnstrecken westlich Minsk unterbrachen und den Zugverkehr für Tage völlig lahm legten.

Im Zuge der begonnen sowjetischen Großoffensive wurden die Festen Plätze in wenigen Tagen aus der deutschen Front gebrochen und umschlossen. Über den die Entscheidung suchenden Charakter der Offensive konnte kein Zweifel bestehen, zumal die schnellen sowjetischen Verbände nach den Durchbrüchen in den Schwerpunkten zur Überraschung der deutschen Führung und entgegen dem bisherigen Verhalten rasch nach Westen vorstießen, ohne sich mit den eingekesselten deutschen Einheiten aufzuhalten. Bei dieser Wucht der sowjetischen Vorstöße konnte es sich keinesfalls mehr um die von Hitler, Model und dem OKH vermuteten Fesselungsangriffe handeln. Bereits nach 5 Tagen stand die deutsche Führung vor der Tatsache, dass die Front der gesamten Heeresgruppe unwiderruflich und vollständig zerbrochen war. Das Vorgehen der Roten Armee war dabei äußerst erfolgreich: die Masse der nördlich stehenden 3. Panzerarmee wurde im Frontbogen von Witebsk zerschlagen, die Masse der im südlichen Bogen stehenden 9. Armee um Bobruisk. Damit war zugleich die deutsche 4. Armee, die zunächst nur schweren Fesselungsangriffen ausgesetzt war, an beiden Seiten umfasst. In ihrem Rücken stießen die beweglichen sowjetischen Verbände von zwei Seiten auf Minsk zu.

Das Halten der Festen Plätze:
Hastig wurden Verstärkungen von der Südfront in die Lücke von 400 km geworfen, die nach den schnellen Einkesselungen zahlreicher deutscher Divisionen in Witebesk, Mogilew und Bobruisk und der sich abzeichnenden Katastrophe entstanden war. Noch am 25.6. hatte Hitler das Halten von Witebsk bis zur Entsetzung befohlen, wenig später auch für Bobruisk. Die Festen Plätze erwiesen sich allerdings als Phantomvorstellung der Obersten Führung. Die militärische Entwicklung zu einer Katastrophe hatte bereits alle Gegenmaßnahmen der Heeresgruppe schon überholt. Nochmals am 28.6. wurde das Halten der Festen Plätze mindestens für einige Tage verlangt, ohne Aussicht auf ihre Entsetzung. Die dort stehenden Verbände wurden damit im Zuge einer umfassenden Auflösung der ganzen Front der Vernichtung preisgegeben. Die sowjetische Operationsrichtung zielte in diesen Tagen bereits auf Minsk, das nur schwach besetzt war und am 3.7.1944 nach kurzer Gegenwehr schnell eingenommen wurde. Die sowjetischen Verbände stießen teilweise 50 bis 90 km am Tag vor. Im deutschen Rückraum entwickelten sich panikartige Zustände, auch die noch ostwärts stehenden Divisionen in Weißrussland flüchteten in riesigen Strömen auf die Beresina zu. Hier am Übergang über die Beresina-Brücken und bei Minsk wurde die Masse der einer Einkesselung entkommenen deutschen Verbände der 4. Armee vernichtet. 2 Wochen nach Eröffnung der Offensive war auch die sich verspätet, dann aber hastig zurückziehende 4. Armee in mehreren Kesseln östlich und südlich von Minsk untergegangen.

Nach der Einnahme von Minsk war klar, dass die beiden aus Weißrussland nach Westen verlaufenden Landbrücken gegen die schnell vordringenden Panzer- und Kavallerieeinheiten nicht zu halten waren. Der mit dem Oberbefehl auch über die Heeresgruppe Mitte beauftragte Model hatte dazu alle Reserven seiner Heeresgruppe Nordukraine in die entstandenen Lücken geworfen, konnte aber das Vordringen nur geringfügig abbremsen. Bereits im Juli 1944 verlagerte sich die Front in die offenen Ebenen Ostpolens, die Heeresgruppe Nord wurde wenig später an der Ostsee erstmalig abgeschnitten. Ein Rückzug der dort stehenden 2 deutschen Armeen wurde ebenfalls von Hitler untersagt. Erst an der Weichsel gelang es, die auslaufende sowjetische Offensive aufzuhalten. Allerdings gelang es dabei der Roten Armee, 2 große Weichsel-Brückenköpfe zu gewinnen, aus denen dann im Januar 1945 eine weitere Offensive nach Westen zur Oder vorgetragen wurde.

Die Schlacht hatte eine entscheidende Schwächung der deutschen Ostfront gebracht. Unter Einbeziehung der Reserven erlitten die deutschen Verbände insgesamt Verluste von 540.000 Mann an Gefallenen, Verwundeten und Gefangenen. Die Katastrophe der Heeresgruppe Mitte fiel zeitlich zusammen mit dem Attentat des 20. Juli 1944, weswegen im Umfeld von Hitler der Zusammenbruch mit Verrat begründet wurde.

Wenige Tage nach Auslaufen der russischen Offensive gelang den westalliierten Truppen der Ausbruch aus dem Brückenkopf in der Normandie.

Überblickskarte:
http://www.dean.usma.edu/history/web03/atlases/ww2 europe/ww2 europe pages/ww2 europe map 30.htm
Die sowjetischen Bewegungen im Detail:
http://rkka.ru/maps/tv16.gif

http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Bagration
 
Im Zuge der sowjetischen Offensive sind sehr früh drei deutsche Kessel entstanden, die auf die drei von Hitler befohlenen "Festen Plätze" Witebsk, Mogilew und Bobruisk zurückzuführen waren.

Niepold, Mittlere Ostfront Juni 1944, beschreibt den Verlauf bei Bobruisk aus deutscher Sicht anhand der Kriegstagebücher, eine militärische Katastrophe, die sich in 5 Tagen vollzieht und die - verglichen mit dem Untergang der 6. Armee in Stalingrad - kaum wahrgenommen wurde:

Die 9. Armee verteidigte einen 220-km-Sektor von Bykhov zum Pripjet mit 10 Divisionen, rd. 150.000 Mann. In einem Halbkreis um Bobruisk waren am 23.6.1944 das XXXV: AK (134., 296., 6., 383., 45. ID) sowie nach Süden anschließend das XXXXI. PK (36., 35., 129. ID) aufgestellt. Als Reserven standen an der Naht zur 4. Armee im Norden hinter der dortigen 57. ID ein Regiment der 707. Sicherungsdivision, ein weiteres Regiment stand direkt südlich Bobruisk hinter der Beresina. Wenige Tage zuvor war die 20. Panzerdivision direkt östlich Bobruisk um Titovka versammelt worden.

24.6. Artilleriefeuer ab 3.oo beim XXXV. AK, ab 4.oo beim XXXXI. PK. An der Naht zur 4. Armee/57. ID beim nördlichen Schwerpunkt gelingt umgehend ein 10 km tiefer sowjetischer Einbruch. Die Truppen in der Lücke werden der 9. Armee unterstellt, die 707. ID wird aus der Armeereserve für die Abriegelung des Einbruchs freigegeben. Die 20. Panzerdivision soll vorsorglich hinter den Einbruch geführt werden.

Die Lage an der südlichen Schwerpunktstelle verschärft sich im Laufe des Tages, ein Abfangen an der Artillerieschutzstellung wird beim XXXXI. Panzerkorps noch erhofft. Die 9. Armee sieht nun den Einsatz der 20. PD an der südlichen Einbruchsstelle für notwendig an. Die gepanzerte Gruppe der Division soll zwar noch nördlich Bobruisk an der Durchbruchsstelle eingesetzt werden, danach aber in den Süden verlegt werden. Die Lage am nördlichen Schwerpunkt entschärft sich, zumal auch das erste Regiment der 707. ID dort eingreift. Um 20.oo wird nun doch der Entschluß gefasst, die 20. PD sofort zum südlichen Einbruch zu verlegen. Das nächtliche Vordringen sowjetischer gepanzerter Teile im Süden ist aber kaum noch aufzuhalten, der Einbruch beträgt bereits mindestens 20 km Tiefe. Dort wurde die 35. ID mehrfach durchstoßen.

25.6. Beim nördlichen XXXV. AK konnten auch während der Nacht alle Angriffe abgewiesen werden, die Front hält noch zusammen. Bei der südlichen Gruppe ist die 35. ID durch die Angriffe bereits zersplittert, die 36. ID zieht sich zurück. Oberbefehlshaber Busch äußert: „wahrscheinlich ist alles nicht so doll.“ Glussk wird durch die KoRück 532 zur Verteidigung vorbereitet. Die 20. Panzerdivision, nach Süden geworfen, trifft nachmittags bei 36. ID ein, und zerschlägt vorrückende sowjetische Truppenteile im Vordringen auf Paritschi. Die Ausgangsstellung für den beabsichtigten Gegenangriff ist jedoch verloren, der linke Flügel der 36. ID ist bereits zerbrochen. Weiter im Süden ist die 129. ID mit noch 1/3 Stärke an 5 Stellen durchbrochen, die sich anschließende 292. ID wird zurück gebogen.
Auch beim XXXV. AK wird die Lage nun kritisch, eine 15 km breite Lücke ist nicht mehr zu schließen. Russische Kräfte sind nachmittags über den Fluß Drut vorgebrochen. Die 20. Panzerdivision meldet der 9. Armee noch Erfolge von 60 abgeschossenen Panzern, der Angriff soll nachts wieder fortgesetzt werden, um den russischen Stoß auf Bobruisk abzulenken, es gelingt aber nicht mehr, die Lücke schließen.

Nun wird bei der 9. Armee überlegt, die 383. ID aus der Mitte herauszulösen und die inneren Flügel der 6. und 45. ID zusammen zu ziehen auf Bobruisk zurück zu ziehen.


Die Gefahr einer Einschließung wird erstmalig klar erkannt. Der Chef des Generalstabes AOK 9 schlägt den sofortigen Rückzug auf Bobruisk vor. Die 20. Panzerdivision verfügt abends noch über 40 Panzer (statt 160), die gegen 300 Panzer und ein Kavallerie-Korps in der südlichen Durchbruchsstelle stehen.

Die Heeresgruppe lehnt den Rückzug der Divisionen im sich abzeichnenden Kessel ab und ordnet das Halten von Shlobin bis zur Genehmigung durch OKH zum Rückzug an. OKH/Zeitzler hoffen dabei auf eine morgige Angriffspause der Roten Armee, das XXXV. AK soll ebenfalls stehen bleiben. Dort ist nach der aktuellen Lage der Nordflügel abends bereits zerrissen, mit dem Durchbruch starker Panzerverbände auf Bobruisk am Folgetag wird von der Armeeführung gerechnet.

Am 26.6. stehen russische Panzerspitzen im stetigen Angriff 20 km südwestlich Bobruisk. Dort ist vor der Stadt ein schwacher Abwehrriegel aufgebaut worden. Die 20. PD soll nun wieder kehrtmachen und den Stoß südwestlich Bobruisk abfangen. Die 383. ID soll mit LKW schnellstmöglich nach Bobruisk transportiert werden. Der Grundfehler des zu frühen Einsatzes der 20. PD am Nordflügel wird von der Armee nun voll erkannt.

Am Nordflügel kämpfen die letzten Teile der 707. ID um Buda ohne Anschluß nach links und rechts. Die 134. ID ist so gut wie aufgerieben, ihre Reste gehen fluchtartig zurück. Die Straße Rogatschew-Bobruisk ist durch schwere russische Panzer besetzt, die 20. Panzerdivision wird auf dem Marsch nach Westen auseinander gerissen. Die Masse staut sich auf dem Ostufer der Beresina. Hinter ihr staut sich die Masse der 4 fzurück gehenden Divisionen (60.000 Mann). Die Absicht der Armee, auf Bobruisk zu gehen, wird dagegen erneut vom OKH abgelehnt.

Da am 26.6.1944 immer noch keine Entscheidungen aus dem OKH bei Heeresgruppe Mitte eintreffen, fliegt der Oberbefehlshaber Busch zum Obersalzberg, um bei Hitler die nötigen Entscheidungen einzuholen. Im Lagevortrag wird festgehalten: Erfolgt ist ein konzentrischer sowjetischer Angriff auf Bobruisk mit gleichzeitigem Stoß von Teilkräften nach Westen Richtung Sluzk. Hitler genehmigt ein schrittweises Ausweichen auf die Brückenkopfstellung Bobruisk.

Nachts wird die Fernmeldestelle der 9. Armee bei heftigen Bombenangriffen auf Bobrusik und Osipovichi zerschlagen. Damit ist der Nachrichtenverkehr eingeschränkt. Ebenfalls nachts sperren 40 russische Panzer bei Titovka den Rückzugsverkehr nach Bobruisk hinein. Weitere Panzer stehen nordwestlich Bobruisk, andere Teile stehen an der Beresina bei Shatkovo und bei Yasen an der Eisenbahn. Der Kessel um die 9. Armee ist geschlossen.

Am 27.6. setzt die Armee morgens Teile der 383. ID sowie Teile der 20. PD auf Titovka angriffsweise an. Den Angriff leitet persönlich der kommandierende General des XXXXI. PK, Genlt. Hoffmeister. Ca. russische 20 Panzer werden abgeschossen, der Zugang zur Beresina-Brücke bleibt jedoch weiter versperrt. 296., 6. und 45. ID kämpfen sich auf die Brückenkopfstellung 4 km östlich Bobruisk zurück, die Reste der 134. ID wehren sich zwischen den Rollbahnen Bobruisk-Mogilew-Rogatschew. Die nördlich des Kessels stehenden Reste der 134. ID und die 707. ID werden weiter abgedrängt. Um 9.00 trifft ein Kurier der Heeresgruppe Mitte ein: Die Aufgabe der 9. Armee sei es, die Lücke südöstlich Bobruisk zu schließen, die 20. PD sei nochmal zum Angriff anzusetzen. Befehlte, die völlig an den Realitäten vorbei gehen.

Das AOK 9 sieht die Befehle als überholt an und befiehlt, alle Kräfte des XXXV. Und XXXXI. Korps zum Freikämpfen auf Osipovichi nach Westen anzusetzen und aus dem Kessel auszubrechen. Der Feste Platz Bobruisk sei gemäß des Führerbefehls noch durch die 383. ID zu halten. Das AOK 9 unterrichtet Heeresgruppe, dass das XXXV. AK nunmehr tortenförmig aufgespalten sei.

Im nochmaligen Angriff gelingt es der 383. ID und 20. Panzerdivision, die Eisenbahnbrücke freizukämpfen, ein Strom der zurückfließenden Infanteriedivisionen mit zehntausenden Soldaten geht nach Bobruisk hinein. Um 16.05 kommt neuer Befehl aus OKH: Rückzug auf Linie Osipovichi-Stary Ostrov, dort sei eine neue Abwehrlinie aufbauen. General Hamann hat mit 383. ID weiter den "Festen Platz Bobruisk" zu halten. Das XXXV. AK meldet nun die Absicht, wegen der Sperrung bei Titovka zu den Resten der 707. ID und 134. ID nach Nordwesten durchzubrechen.

In einem letzten Versuch, die gesperrte Straßenbrücke über die Beresina zu öffnen, geht die Masse der letzten gepanzerten Teile der 20. Panzerdivison unter. Westlich der Beresina ist es noch gelungen, die Randstellung um Bobruisk schwach zu besetzen.

28.6. Eintrag im Kriegstagebuch des AOK 9: Die 9. Armee hat als Kampfverband praktisch zu bestehen aufgehört. Die Armee hat keinen einsatzfähigen Verband mehr. Um 8.50 Bericht Busch an Zeitzler: "9. Armee in der Masse im Raum von Bobruisk zerschlagen, erbitte Freiheit für Bobruisk."

Ca. 15.000 Mann gelingt es, aus dem Kessel von Bobruisk auszubrechen. Die 9. Armee wurde später, wieder aufgestellt, für die Verteidigung von Berlin verwendet.


Der schnelle Untergang der Heeresgruppe Mitte wurde anschließend von Hitler mit Verrat erklärt, eine Armee könne sich nicht in wenigen Tagen auflösen, wohl auch unter dem Eindruck des Attentats vom 20. Juli 1944.
 
Da hast du dir ja viel Mühe gegeben (soll auch belohnt werden). War auch interessant zu lesen. Dient das einer Diskussionsgrundlage?
 
Dient das einer Diskussionsgrundlage?
Gerne!

Ausgangspunkt war vor einem halben Jahr eine Diskussion mit Scorpio, der mir einmal die Erlebnisse seines Großvaters im Mittelabschnitt geschildert hatte. Ich wollte dazu etwas vom Hintergrund darstellen, insbesondere die starre Haltung Hitlers zur Frage der Frontverkürzung. Der zweite Beitrag diente nur zur Abrundung, in kleinerer Perspektive, da ich gesehen habe, dass auf den ersten Beitrag so viele Zugriffe erfolgt sind.

In der Literatur wird Busch eine Mitschuld an der Katastrophe gegeben.

Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte steht außerdem in Verbindung mit dem Attentat vom 20. Juli 1944. Mit den Ereignissen mußte dem letzten Mann in der Generalität klar sein, dass der Krieg verloren war. Unbeeindruckt blieben davon Leute wie Model, Schörner etc, wodurch sich deren Verhalten an der Ostfront deutlich von dem Vermerk Rommels zur Westfront aus gleicher Zeit abhebt, den Krieg sofort zu beenden.
 
Silesia schrieb:
Ausgangspunkt war vor einem halben Jahr eine Diskussion mit Scorpio, der mir einmal die Erlebnisse seines Großvaters im Mittelabschnitt geschildert hatte.

Mein Großvater kämpfte auch bei der Heeresgruppe Mitte, und er gehörte zu den kleinen Trupps, die sich 1944 im "Wanderkessel" auf eigene Faust und zu Fuß nach Westen durchschlugen. Leider starb er, als ich noch klein war, und so weiß ich nicht, was er en detail erlebt hat - ich erinnere mich nur noch, dass er nachts oft die Ziegenmelker (ein Vogel) singen hörte und dies ihm schaurige Gefühle einjagte.
 
Es muss ein heilloses Chaos geherrscht haben. Kilometerweit ausgebrannte Dörfer, Lastwagen, Tanks, Kadaver von Menschen und Pferden, die einen infernalischen Gestank verbreiteten. Auf deutscher Seite keine Reserven, keinen Sprit, keine Munition, keine Perspektive.

Mein Großvater fuhr mit drei Mann 200 km durch Partisanengebiet, um in Minsk Benzin zu organisieren. Innerhalb von wenigen Tagen waren bei Minsk und Bobruisk die deutschen Einheiten eingekesselt.

Als wandernder Kessel zog die Truppe meines Großvaters (Teile der 129. hessisch- thüringischen Division9 schlug sich quer durch die Pripjetsümpfe bis zum Urwald von Bialowice durch.
 
Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Sommer 1944 war zwangsläufig und lässt die Frage nach dem Verschulden einzelner Befehlshaber nicht zu.

Die deutsche Wehrmacht hatte 1941 aufgrund des Einschwenkens auf Kiew anstelle dem Durchbruch nach Moskau die Ziele des Plans "Barbarossa" nicht erreicht, wobei offen bleiben soll ob der Plan hätte erfolgreich durchgeführt werden können.

Indem 1941 die Krim nicht vollständig erobert wird, ist damit die Grundlage für die Überspannung der Front zur Sommeroffensive 1942 gelegt.

In Stalingrad verlor die Wehrmacht dann die Möglichkeit, den Krieg im Osten zu gewinnen.

Durch die Kämpfe in und um Kursk verlor man die Fähigkeit zur Initiative, während man in den Winterschlachten 1943/44 die Möglichkeit zum "unentschieden" aus der Hand gab.

Spätestens mit der Verlegung der Panzerdivisinen nach Frankreich (LAH; Reich; PzLehr sowie 2. und 116. PzDiv.) war auch das Schicksal der Ostfront besiegelt, da diese deutschen Panzerdivisonen bei einem russischen Vormarsch in der Masse der Sommeroffensive 1944 zumindest eine Bedrohung der Flanken hätten herbeiführen können.

Indem die Front jedoch weitgehend von Panzerdivisionen entblößt und nur noch auf eine Verteidigung mit Panzerabwehr eingerichtet war, konnte sich die Rote Armee den Ort für den Durchbruch und das Ziel des angriffs aussuchen. Dass es Stalin gelang, Hitler an die galizische Lösung glauben zu lassen und dazu noch das Attentat vom 20. Juli kam, begünstigte die Operation "Bagration" nur.

Das einzige, was aus heutiger Sicht verwundert, ist die Tatsache, dass der Vormarsch seinerzeit in Polen ins Stocken geriet und eine neue Front errichtet werden konnte. Ansonsten hätte die Rote Armee Weihnachten 1944 auch schon in Berlin sitzen können.
 
Die deutsche Wehrmacht hatte 1941 aufgrund des Einschwenkens auf Kiew anstelle dem Durchbruch nach Moskau die Ziele des Plans "Barbarossa" nicht erreicht, wobei offen bleiben soll ob der Plan hätte erfolgreich durchgeführt werden können.
Das wäre ein eigenes Thema :cool:

Indem 1941 die Krim nicht vollständig erobert wird, ist damit die Grundlage für die Überspannung der Front zur Sommeroffensive 1942 gelegt.
Die Krim hat mit der Überspannung 1942 mE nichts zu tun, aus zwei Gründen:
1. wegen der für die gesamte Ostfront unbedeutenden eingesetzten deutschen Kräfte Ende 1941 (zu denen noch rumänische Divisionen kamen)
2. wegen der Beseitigung als Rand-Kriegsschauplatz im Mai 1942, vor und als Auftakt der Sommeroffensive im Süden durch die Operationen Störfang und Trappenjagd. Der Konzeption der Sommeroffensive 1942 lag diese Voraussetzung zugrunde, siehe Unternehmen Blücher: Übersetzen der 11. Armee zum Kaukasus.

Die Überspannung ergab sich durch das Ende des Bewegungskrieges vor dem Winter 1941, während für die erstarrten Fronten die Truppenkörper zwischen Mius und Leningrad mit diversen Durchbiegungen wie Rshew schon zahlenmäßig nicht mehr ausreichten. Die Operationsstudien vor dem Krieg hatten das bereits ergeben: die Rote Armee ist nicht mehr zu schlagen, wenn sich der Operationsraum hinter der Düna-Dnjepr-Linie trichterförmig öffnet, auf Frontlängen über 3000 km.

Die Überdehnung kam dann vor Stalingrad: während bei Beginn die Frontlinie der HG Süd rd. 800 km betrug, öffnete sie sich durch die exzentrische gleichzeitige Operation auf Stalingrad und den Kaukasus auf über 2500 km! Die Lücken wurden durch verbündete Truppen "auf der Karte" ausgefüllt.

In Stalingrad verlor die Wehrmacht dann die Möglichkeit, den Krieg im Osten zu gewinnen.
Die verlor sie in der Winterschlacht 1941/42.
1942 gab es keine Möglichkeit mehr.

Durch die Kämpfe in und um Kursk verlor man die Fähigkeit zur Initiative, während man in den Winterschlachten 1943/44 die Möglichkeit zum "unentschieden" aus der Hand gab.
Sehr verwegen. Nach Kursk befand sich die Wehrmacht in aussichtsloser Defensive, bei gigantisch steigenden Verlusten.

Spätestens mit der Verlegung der Panzerdivisinen nach Frankreich (LAH; Reich; PzLehr sowie 2. und 116. PzDiv.) war auch das Schicksal der Ostfront besiegelt, da diese deutschen Panzerdivisonen bei einem russischen Vormarsch in der Masse der Sommeroffensive 1944 zumindest eine Bedrohung der Flanken hätten herbeiführen können.
Die PLD wurde nicht verlegt, sondern in Frankreich aufgestellt. Die LSSAH war eine ausgebrannte Hülle, als sie vom Osten zur Auffrischung (besser Neuaufstellung) verlegt wurde. Die 2. PD: ebenso. Die 116. PD ist Neuaufstellung der bis März 1944 vernichteten 16. PGD.

Schau Dir mal oben die Kräfterelationen zwischen HG Mitte und den 4 sowjetischen Fronten an.

Das einzige, was aus heutiger Sicht verwundert, ist die Tatsache, dass der Vormarsch seinerzeit in Polen ins Stocken geriet und eine neue Front errichtet werden konnte. Ansonsten hätte die Rote Armee Weihnachten 1944 auch schon in Berlin sitzen können.
Nach 400-500 km ist das ein logistischer Zwang, unvermeidbar für bewegliche Kräfte 1944. Divisionen lassen sich nur auf Karten problemlos weiter nach vorn verschieben; die gleiche Erfahrung machte übrigens 1941 die Wehrmacht an der Dnjepr-Düna-Linie (wie prognostiziert).
 
62-64-78
Das einzige, was aus heutiger Sicht verwundert, ist die Tatsache, dass der Vormarsch seinerzeit in Polen ins Stocken geriet und eine neue Front errichtet werden konnte. Ansonsten hätte die Rote Armee Weihnachten 1944 auch schon in Berlin sitzen können.
@Silesia hat es schon gesagt. Die Rote Armee hatte ja auch enorme Verluste erlitten. Für einen weiteren Vormarsch mussten erst einmal die Truppen aufgefüllt werden, Feldflugplätze angelegt werden, Eisenbahnlinien instand gesetzt werden (auch Umnageln auf russische Breitspur), Treibstoff und Munition nachgeführt werden und, und, und.
Die Russen Weihnachten 1944 in Berlin ist eine Illusion von Stammtischstrategen.
 
Die Krim hat mit der Überspannung 1942 mE nichts zu tun, aus zwei Gründen:
1. wegen der für die gesamte Ostfront unbedeutenden eingesetzten deutschen Kräfte Ende 1941 (zu denen noch rumänische Divisionen kamen)
2. wegen der Beseitigung als Rand-Kriegsschauplatz im Mai 1942, vor und als Auftakt der Sommeroffensive im Süden durch die Operationen Störfang und Trappenjagd. Der Konzeption der Sommeroffensive 1942 lag diese Voraussetzung zugrunde, siehe Unternehmen Blücher: Übersetzen der 11. Armee zum Kaukasus.
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Soweit man die spätere Verlegung der 11. Armee nach Leningrad sowie die Herausnahme der PzGrenDiv LAH und der ID (mot) GD aus der Südfront zu Grunde legt, mag das stimmen. Meine These fusst jedoch darauf, dass zumindest Manstein´s 11. Armee mit einer 1941 besetzten Krim schon von Anbeginn des Jahres 1942 die 6. Armee hätte unterstützen können. Dann wäre zumindest die Katastrophe von Stalingrad in ihrem gesamten Ausmass vermeidbar gewesen.



Die Überspannung ergab sich durch das Ende des Bewegungskrieges vor dem Winter 1941, während für die erstarrten Fronten die Truppenkörper zwischen Mius und Leningrad mit diversen Durchbiegungen wie Rshew schon zahlenmäßig nicht mehr ausreichten. Die Operationsstudien vor dem Krieg hatten das bereits ergeben: die Rote Armee ist nicht mehr zu schlagen, wenn sich der Operationsraum hinter der Düna-Dnjepr-Linie trichterförmig öffnet, auf Frontlängen über 3000 km.

Die Überdehnung kam dann vor Stalingrad: während bei Beginn die Frontlinie der HG Süd rd. 800 km betrug, öffnete sie sich durch die exzentrische gleichzeitige Operation auf Stalingrad und den Kaukasus auf über 2500 km! Die Lücken wurden durch verbündete Truppen "auf der Karte" ausgefüllt.

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Das ist grundsätzlich richtig. Hinter Rostow wird Russland seeeeeehr breit.


Die verlor sie in der Winterschlacht 1941/42. 1942 gab es keine Möglichkeit mehr.

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Auch insoweit mag das schon stimmen. Die von mir genannten Ereignisse stellen für mich den jeweils spätesten Zeitpunkt dar, der den endgültigen Verlust der Optionen bedeuten soll und ist vor dem Hintergrund der Entwicklung bis zur Sommeroffensive 1944 zu sehen. Insoweit ist es dann unwichtig, wann ein Sieg endgültig unmöglich wurde und die Option eines Patt nicht mehr zu realisieren war.


Sehr verwegen. Nach Kursk befand sich die Wehrmacht in aussichtsloser Defensive, bei gigantisch steigenden Verlusten.

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So war es auch von mir gemeint. Zu Beginn der Schlacht um Kursk hatte die Wehrmacht noch die Möglichkeit zur Initiative; Kursk selbst stellt letztlich eine solche auch dar. In der Schlacht selbst wurde diese Fähigkeit zur Initiative durch die gigantischen Verluste an Panzern und vor allem -besatzungen endgültig verloren.

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Die PLD wurde nicht verlegt, sondern in Frankreich aufgestellt. Die LSSAH war eine ausgebrannte Hülle, als sie vom Osten zur Auffrischung (besser Neuaufstellung) verlegt wurde. Die 2. PD: ebenso. Die 116. PD ist Neuaufstellung der bis März 1944 vernichteten 16. PGD.


Nach meinen Informationen wurde die PLD zwar in Frankreich aufgestellt, zumindest aber im März 1944 nach Wien verlegt um am Einmarsch nach Ungarn teilzunehmen, von wo sie im Mai dann wieder nach Frankreich zurück verlegt wurde. Auch wenn die übrigen Divisionen im Frühjahr 1944 neu aufgestellt oder aufgefrischt wurden, so hätte deren gesamte Kampfkraft im Sommer 1944 eine Bedrohung der Flanken der russischen Sommeroffensive darstellen können, ohne die die sowjetischen Panzerspitzen keinerlei Gefahr mehr liefen, abgeschnitten zu werden.



Nach 400-500 km ist das ein logistischer Zwang, unvermeidbar für bewegliche Kräfte 1944. Divisionen lassen sich nur auf Karten problemlos weiter nach vorn verschieben; die gleiche Erfahrung machte übrigens 1941 die Wehrmacht an der Dnjepr-Düna-Linie (wie prognostiziert).


Ich bin mir da nicht sicher. Der Halt der sowjetischen Truppen vor Warschau im Sommer 1944 hatte wohl nicht nur militärische Gründe. Inwieweit ein Durchbruch bis Berlin tatsächlich möglich war, entzieht sich meiner Kenntnis - zumindest waren die deutschen Kräfte völlig am Ende.
 
Der Halt der sowjetischen Truppen vor Warschau im Sommer 1944 hatte wohl nicht nur militärische Gründe. Inwieweit ein Durchbruch bis Berlin tatsächlich möglich war, entzieht sich meiner Kenntnis - zumindest waren die deutschen Kräfte völlig am Ende.
Das wird immer behauptet - Stalin ließ halten, damit er die polnische AK (Polnische Heimatarmee - Wikipedia) los wird, die Drecksarbeit machten die Deutschen.
Aber: Auch die Russen waren erstmal am Ende. Einen Fluss wie die Weichsel forcieren und im Anschluss eine Millionenstadt wie Warschau zu kassieren, überstieg ihre Möglichkeiten nach dieser Offensive. Auch die Rote Armee war kein Klub der Supermänner.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber: Auch die Russen waren erstmal am Ende. Einen Fluss wie die Weichsel forcieren und im Anschluss eine Millionenstadt wie Warschau zu kassieren, überstieg ihre Möglichkeiten nach dieser Offensive.

Genau richtig,
und dafür sprechen zwei gewichtige Faktoren:
1. der Untergang eines sowjetischen Panzerkorps vor Warschau östlich der Elbe durch Gegenangriffe mehrerer herbeigeschaffter Panzerdivisionen, u.a. der 3. SS-Panzerdivision.
http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Wolomin_Battlefield.png

2. die Splittung der Kräfte schon während der Frühphase der Offensive: Der Roten Armee ging es im August um das wichtige Ziel der Abschneidung der gesamten Heeresgruppe Nord bei Riga, die gegen die Ostsee gedrückt wurde, sowie der Vernichtung der beiden Heeresgruppen Nord- und Südukraine (bei letzterer gelang das fast vollständig). Es entwickelten sich im Süden mehrere Kesselschlachten, Kishinew bis Brody. Auch der südliche Vorstoß der Roten Armee auf Warschau endete in Brückenköpfen über die Weichsel (Baranow bis Magnuszew), die von beachtlichen deutschen Gegenangriffen gegen die vorgeschobenen russischen Kräfte eingedrückt werden sollten. Die Schlacht um den Magnuszew-Brückenkopf tobte wochenlang
 
@Silesia hat es schon gesagt. Die Rote Armee hatte ja auch enorme Verluste erlitten. Für einen weiteren Vormarsch mussten erst einmal die Truppen aufgefüllt werden, Feldflugplätze angelegt werden, Eisenbahnlinien instand gesetzt werden (auch Umnageln auf russische Breitspur), Treibstoff und Munition nachgeführt werden und, und, und.
Die Russen Weihnachten 1944 in Berlin ist eine Illusion von Stammtischstrategen.

Dem ist voll zuzustimmen, die Verluste der Russen waren ja ebenfalls fürchterlich.

Dasselbe dann wieder an der Oder, wo die Russen wieder für 2 Monate halt machen mussten. Bei überaus heftigen Brückenkopfkämpfen. Wo sogar die Infanterie "knapp" wurde.
 
Ich bin mir da nicht sicher. Der Halt der sowjetischen Truppen vor Warschau im Sommer 1944 hatte wohl nicht nur militärische Gründe. Inwieweit ein Durchbruch bis Berlin tatsächlich möglich war, entzieht sich meiner Kenntnis - zumindest waren die deutschen Kräfte völlig am Ende.
Natürlich waren die deutschen Kräfte am Ende, aber die Reste reichten dann doch für eine Verteidigung. Denn neben der Abnutzung der sowjetischen Truppen ist vor allem der Nachschub ein Problem. Die Panzer brauchen Sprit, alles braucht Munition und die Flugzeuge brauchen nachrückende Flugplätze. Bis auf relativ wenige Tanklaster ist alles andere deutlich langsamer als die Panzerspitzen und braucht Monate um mehrere 100km nachzurücken. Die von den Kämpfen zerstörte Gegend machte es für die Sowjets noch schwerer als es 1941 für die Deutschen war. Und auch da wurde im Führerhauptquartier zu wenig auf den Nachschub geachtet.

Dasselbe dann wieder an der Oder, wo die Russen wieder für 2 Monate halt machen mussten. Bei überaus heftigen Brückenkopfkämpfen. Wo sogar die Infanterie "knapp" wurde.
Wobei der Oder-Warthe-Bogen mit den ausgebauten Stellungen ein ausgesprochen heftiges Hindernis war. Die Seelower Höhen galten deshalb auch als letztes Hindernis vor Berlin. Wenn auch die Schlacht(en) wegen der großen Übermacht relativ kurz waren, so waren die Verluste für die Angreifer außerordentlich groß.

Solwac
 
Wobei der Oder-Warthe-Bogen mit den ausgebauten Stellungen ein ausgesprochen heftiges Hindernis war. Die Seelower Höhen galten deshalb auch als letztes Hindernis vor Berlin. Wenn auch die Schlacht(en) wegen der großen Übermacht relativ kurz waren, so waren die Verluste für die Angreifer außerordentlich groß.

Solwac


Jetzt dachte ich, dass der "Ostwall" Oder-Warthe-Bogen gar kein Hindernis war, da weder armiert, noch besetzt, die Russen innerhalb 24 Stunden weiter waren.

Schau ich heute Abend mal nach.
 
Der Ostwall war nicht so ausgebaut, wie er es ursprunglich hätte sein sollen. Und es wurden sogar teilweise Installationen abgebaut und im Westen verwendet. Dennoch wurden die Bauten natürlich soweit wie möglich im Abwehrkampf genutzt.

Ich kann nicht beurteilen, wie groß der Einfluß der Bauten auf die Kämpfe war oder ob nicht einfach die geografischen Gegebenheiten schon ausreichend Hilfe für die Verteidigung bot.

Wobei wir hier schon ein paar Monate nach Operation Bagration sind... :friends:

Solwac
 
In die andere Richtung genau soweit weg....:D

Die 10. Panzerdivision als Beispiel, ist zwischen Dezember 1941 und April 1942 zwischen Moschaisk, Gschatsk und Juchnow in Kämpfen um Dörfer die keine Mensch kennt und kannte, buchstäblich verblutet.
Im April wurde sie nach Frankreich verlegt und bis Herbst 1942 faktisch neu aufgestellt. (bevor sie in Tunesien endgültig unterging)
Das war aber bestimmt nicht der einzige Verband.

Dem Ostheer ist in den Winterkämpfen 41/42 bereits das Rückgrat gebrochen.
Alles danach ist nur noch als Verzögerung des Zusammenbruchs zu sehen.
 
In die andere Richtung genau soweit weg....:D
Das war aber bestimmt nicht der einzige Verband.
Dem Ostheer ist in den Winterkämpfen 41/42 bereits das Rückgrat gebrochen.
Alles danach ist nur noch als Verzögerung des Zusammenbruchs zu sehen.
:D
Es sind faktisch alle Panzerdivisionen in Nord und Mitte von einem ähnlichen Schicksal im Winter 1941/42 betroffen:
1., 2., 3., 4., 5., 6., 8., 9., 10., 12., 17., 18., 19., 20. Panzerdivison, so überschlägig.
Durch die sowjetische Gegenoffensive wurden sie zerstückelt in alle Richtung geworfen, in Kleinverbänden, meist ohne die Instandsetzungseinheiten den Infanteriedivisionen und Kampfgruppen zugeteilt, und nahezu aufgerieben. Die gesamte Ostfront hatte mE im Januar 1942 auf 3000 km noch weniger als 200 Panzer zur Verfügung.

Für die Sommeroffensive 1942 wurden nur die PDs im Süden aufgefrischt und wieder der Front zugeführt. Einige der oben genannten wurden erst 1942/43 wieder hergestellt (zB für Zitadelle 1943).
 
Durch die Kämpfe in und um Kursk verlor man die Fähigkeit zur Initiative, während man in den Winterschlachten 1943/44 die Möglichkeit zum "unentschieden" aus der Hand gab.
Sehr verwegen. Nach Kursk befand sich die Wehrmacht in aussichtsloser Defensive, bei gigantisch steigenden Verlusten.

Hat da einer Mansteins' "Verlorene Siege" gelesen?
 
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