Deutsche Ausbeutung des Donezbeckens 1941/43?

Kilon

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Es geht um das Donezbecken, v.a. während der (doch recht kurzen) Besatzungszeit der Deutschen. Desweiteren würde ich gerne über Erdöl im 3. Reich diskutieren, insofern, dass man dabei um das Thema "Hydrierwerke" ja eh nicht herum kommt. Kohle ist der Grundstoff für die Kohleverflüssigung in den Werken - womit wir wieder beim Donezbecken wären.

Eigentlich wollte ich beide Themen miteinander verknüpfen, da das Donezbecken bekanntlich zu den größten Kohlevorkommen Europas gehört und daher eigentlich ein idealer Ausgangspunkt für die synthetische Herstellung von Kraftstoff gewesen wäre.

Sogar ziemlich frontnah, immerhin war nicht nur Ölmangel ein Problem im 3. Reich sondern auch die langen Nachschubwege, das Donezbecken lag 1942 gute 2000? Kilometer (je nachdem welcher Abschnitt) näher an der Front als die heimischen Kohlebergwerke.

Da stellt sich dann nur die Frage, ob sowas auch im kleinen und "mobilen" Rahmen möglich ist oder nur in großen und anfälligen Anlagen. Ich verstehe unter "mobil", dass man die Anlagen zusammen packen und in den größten damals zur Verfügung stehenden LKW oder mit Hilfe von Bergepanzern oder sonstigem verlegen kann.

Die deutschen Hydrierwerke verwendeten glaub mehr das Fischer-Tropsch-Verfahren statt des Bergius-Pier-Verfahrens? Ich weiß, dass selbst Heute noch die Errichtung einer koventionellen Erdölraffinerie, zumindest einer größeren, sehr kostspielig und aufwändig ist.

Bitte aber in der Diskussion die Grausamkeiten die jeder Krieg mit sich bringt und die noch viel intensiveren von deutscher Seite aus in der Sowjetunion weg lassen. Sprich beim Thema bleiben.

Wäre es taktisch nicht eine Option gewesen sich im Donezbecken mit etwas Vorsprung einzubudeln und dort schnellstmöglich die Ressourcen zu nutzen? Also natürlich einen kleinen Teil der mehrere Hundert Kilometer langen Steppe nach Stalingrad sichern aber sonst erstmal dort Fuß fassen.

Fand überhaupt eine nennenswerte Kohle und Erzförderung dort statt? Wenn ja was passierte damit, wohin gingen die Transporte? In Fabriken und Anlagen im Generalgouvernement und Ostpreußen?
 
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Kohleförderung Donezrevier:

Dezember 1942: 500.000 t
Januar 1943: 750.000 t
Juli 1943: 800.000 t
Ende 1943: 900.000 t

Zahlen aus Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft

Die Russen haben beim Abzug ganze Arbeit geleistet. Es war der roten Armee gelungen Evakuierung und Zerstörung systematisch vorzubereiten und vollständiger als beispielsweise im Dnepr-Gebiet durchzuführen.
 
Ich stelle mal die Gegenfrage. War das Donezgebiet wirklich kriegswichtig?

Zitat Manstein (Verlorene Siege), Seite 443:

"In dem Gegensatz der Auffassungen, in dem Hitler den Standpunkt vertrat, dass die Preisgabe des Donezgebietes - ganz oder teilweise - ein empfindlicher Verlust für unsere Kriegswirtschaft und zugleich ein kriegsentscheidender Gewinn für die russische Seite sein würde, während ich [Manstein] immer wieder auf der operativen Notwendigkeit der Zurücknahme der Front bis an den Mius beharrte, blieb mir schließlich nur eine Trumpfkarte. Kurz vor meinem Flug nach Lötzen [zu Hitler] war der Vorsitzende des Präsidiums der Reichsvereinigung Kohle, Paul Pleiger, in meinem HQ gewesen. Diesen hatte ich über die tatsächliche Bedeutung des Donezgebietes für unsere, wie für die feindliche Kriegswirtschaft befragt. Er [Pleiger] hatte mir gesagt, dass der Besitz der Kohlevorkommen um Schachty, also in dem Teil des Donezbeckens, der ostwärts des Mius lag, in keiner Weise ausschlaggebend sein. Die dort gewonnene Kohle sei weder zur Verkokung geeignet, noch als Lokomotivkohle für uns brauchbar. Diesem Einwand hatte Hitler vom Standpunkt der Kriegswirtschaft nichts mehr entgegenzusetzen!

Wer aber glauben sollte, dass er [Hitler] sich nunmehr geschlagen gegeben hätte, der unterschätzt die Zähigkeit dieses Mannes..." Zitat Ende


Die Rechtschreibfehler sind eine Eigenleistung.
 
Ich stelle mal die Gegenfrage. War das Donezgebiet wirklich kriegswichtig?

Zitat Manstein (Verlorene Siege), Seite 443:

"In dem Gegensatz der Auffassungen, in dem Hitler den Standpunkt vertrat, dass die Preisgabe des Donezgebietes - ganz oder teilweise - ein empfindlicher Verlust für unsere Kriegswirtschaft und zugleich ein kriegsentscheidender Gewinn für die russische Seite sein würde, während ich [Manstein] immer wieder auf der operativen Notwendigkeit der Zurücknahme der Front bis an den Mius beharrte, blieb mir schließlich nur eine Trumpfkarte. Kurz vor meinem Flug nach Lötzen [zu Hitler] war der Vorsitzende des Präsidiums der Reichsvereinigung Kohle, Paul Pleiger, in meinem HQ gewesen. Diesen hatte ich über die tatsächliche Bedeutung des Donezgebietes für unsere, wie für die feindliche Kriegswirtschaft befragt. Er [Pleiger] hatte mir gesagt, dass der Besitz der Kohlevorkommen um Schachty, also in dem Teil des Donezbeckens, der ostwärts des Mius lag, in keiner Weise ausschlaggebend sein. Die dort gewonnene Kohle sei weder zur Verkokung geeignet, noch als Lokomotivkohle für uns brauchbar. Diesem Einwand hatte Hitler vom Standpunkt der Kriegswirtschaft nichts mehr entgegenzusetzen!

Wer aber glauben sollte, dass er [Hitler] sich nunmehr geschlagen gegeben hätte, der unterschätzt die Zähigkeit dieses Mannes..." Zitat Ende


Die Rechtschreibfehler sind eine Eigenleistung.


Hierzu stelle ich eine Frage: Hälst du Manstein für eine zuverlässige Quelle?
 
@Turgot

Manstein war kein Wirtschaftsfachmann und die Frage nach den Synthetischen Treibstoffen hat er auch nicht beantwortet.

Warum sollte er die Sache mit Paul Pleiger erfinden? :grübel:

Natürlich ist Manstein keine sonderlich moralische Figur, aber was die strategische Planung anging, war er sicherlich ein Fachmann. Und die Frage ob es Sinn macht ein Gebiet zu halten oder nicht fällt nunmal genau in diesen Bereich hinein.
 
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@Turgot

Ich sehe ihn kritisch, was sein persönliches Verhalten angeht. Aber als Quelle halte ich ihn in diesem Fall für akzeptabel.
 
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@Turgot

Manstein hat sich immer nur als Soldat gesehen,aber das genügte freilich in seiner Position nicht. Man kann ihn sehr leicht verurteilen (und zu Recht) wenn er leugnet von den Aktionen der Einsatzgruppen nix gewusst zu haben - völlig richtig.

Das Problem bei Manstein ist, dass bei ihm der Riß einmal quer durch den Körper geht - auf der einen Seite ein sachlich fundierter Kopf, der hervorragend argumentieren kann, auf der anderen Seite ein Verdränger par excellence.

Und dies ist auch der Grund warum so viele mit Manstein ein (gewaltiges) Problem haben, eben weil diese Trennung bei ihm so "krass" ist.


Kennst du das Werk Oliver von Wrochem:

Erich von Manstein: Vernichtungskrieg und Geschichtspolitik?

Nein, kenn ich nicht
 
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Mansteins ausgeprägtes Karrieredenken, seine grundlegendes innen- wie außenpolitische Übereinstimmung mit dem Nationalsozialismus, seine ausgeprägte Loyalität gegenüber Hitler und sein Auftreten, Verhalten und Aussagen im Zuge der Kriegsverbrecherprozesse machen von Manstein nicht gerade zu einen glaubwürdigen Zeugen. Und schon als Reichswehroffizier hat er es mit dem Recht nicht so genau genommen.
 
@Turgot
Und schon als Reichswehroffizier hat er es mit dem Recht nicht so genau genommen.

Welche Geschichte meinst du damit? Ich kenn die noch nicht.

---

Aber das Manstein ein Opportunist war ist nichts Neues, das hat Guido Knopp schon 1999(?) in seiner Reihe "Hitlers Krieger" deutlich gemacht. Jetzt zerreiß mich aber bitte nicht wegen Guido Knopp ;)
 
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Eigentlich wollte ich beide Themen miteinander verknüpfen, da das Donezbecken bekanntlich zu den größten Kohlevorkommen Europas gehört und daher eigentlich ein idealer Ausgangspunkt für die synthetische Herstellung von Kraftstoff gewesen wäre.

Sogar ziemlich frontnah, immerhin war nicht nur Ölmangel ein Problem im 3. Reich sondern auch die langen Nachschubwege, das Donezbecken lag 1942 gute 2000? Kilometer (je nachdem welcher Abschnitt) näher an der Front als die heimischen Kohlebergwerke.

Da stellt sich dann nur die Frage, ob sowas auch im kleinen und "mobilen" Rahmen möglich ist oder nur in großen und anfälligen Anlagen. Ich verstehe unter "mobil", dass man die Anlagen zusammen packen und in den größten damals zur Verfügung stehenden LKW oder mit Hilfe von Bergepanzern oder sonstigem verlegen kann.

Erstaunlicherweise gehen wichtige Publikationen von Tooze, Petzina, Milward oder Volkmann auf die Nutzung der Vorkommen im Donezk-Beckens nicht systematisch ein, soweit ich das beim systematischen Durchsehen erkennen konnte.

Insgesamt ist natürlich zu berücksichtgen, dass diese Gebiete vergleichsweise kurz unter der Kontrolle der Wehrmacht standen. Auch zu kurz, um zu planen und um es umzusetzen.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand:

- Große Bereiche der Gruben wurden durch die RKKA noch nachhaltig zerstört. Teilweise liefen sie voll.

- Die entsprechende Infrastruktur, E-Werke etc. wurde ebenfalls beschädigt.

Somit:
- 1. Es hätte die notwendige Infrastuktur (Schienen, Straßen, E-Werke etc.) geschaffen werden müssen, um überhaupt die Voraussetzung für entsprechende Bergbau- bzw. Schwerindustrie zur Ausbeutung des Donezk-Becken zu schaffen

- 2. Phase: Es konnnten nicht ausreichende Spezialisten aus dem "Reich" in diese Gebiete versetzt werden, um sie Instand zu setzen. Es fehlten dabei nicht nur die Spezialisten, sondern Arbeitskräfte insgesamt.

- 3. Phase: Die Instandsetzung wäre die notwendige Voraussetzung für massivste Investitionen gewesen, die hätten getätigt werden müssen, um entsprechende industrielle Großprojekte für die Hydrierung im Osten (Ukraine oder Rumanien) aufzubauen

Also:
- zu wenig Zeit für eine Nutzung
- zu wenig qualifiziertes Personal
- nicht ausreichendes Know how für eine schnelle, "mobile" Nutzung
- zu wenig Kapital für Investitionen

Fazit:
Militär-ökonomisch wäre das Gebiet mittelfristig sehr wichtig für die Autarkiepolitik geworden. Für den Ausgang des WW2 spielte es überhaupt keine Rolle. Nicht zuletzt, da 1942 das entscheidende Jahr war für den "Turn-Around" und zu diesem Zeitpunkt dürfte die Nutzung sehr gering gewesen sein (die Statistiken sind da nicht so präzise, z.B. bei Wagenführ).
 
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Thristan schrieb:
Welche Geschichte meinst du damit? Ich kenn die noch nicht.

Die deutsche Heereselite befand sich zum Zwecke der nationalen Machterweiterung in einem von der Reichsregierung und den demokratischen Parteien sanktionierten fortgesetzten Rechtsbruch bereit illegale, gegen den als Reichsgesetz geltenden Versailler Vertrag verstoßende Maßnahmen zu ergreifen und ensprechende Aktionen untergeordenter Instanzen zu decken.(1)

Manstein war zu diesem Zeitpunkt immerhin Oberstleutnant.

Wrochem, Erich von Manstein, S.36-37
 
@Turgot
Die deutsche Heereselite befand sich zum Zwecke der nationalen Machterweiterung in einem von der Reichsregierung und den demokratischen Parteien sanktionierten fortgesetzten Rechtsbruch bereit illegale, gegen den als Reichsgesetz geltenden Versailler Vertrag verstoßende Maßnahmen zu ergreifen und ensprechende Aktionen untergeordenter Instanzen zu decken.(1)

Manstein war zu diesem Zeitpunkt immerhin Oberstleutnant.

Wrochem, Erich von Manstein, S.36-37

Naja, das war dann in der Zeit 1931-1933 in seiner Zeit als Bataillonskommandeur im Inf.Reg 4.

Ob ein Bataillonskommandeur schon zur Elite des Heeres zählt oder ob hier nicht von Wrochem die spätere Entwicklung vorweggenommen wurde, kann ich schwer beurteilen. Aber zumindest Mansteins persönliche Mit-Verantwortung für das Grauen an der Ostfront ist unzweifelhaft.
 
Aber als Quelle halte ich ihn in diesem Fall für akzeptabel.

Um dazu quellenkritisch etwas anzumerken: Auch hier mag die Selbststilisierung Mansteins zu jemandem, der sich "immer nur als Soldat gesehen" hat, eine Rolle gespielt haben. Er wird sich sicher bewusst darüber gewesen sein, dass er, wie Du schreibst, "keine sonderlich moralische Figur" während des Zweiten Weltkrieges abgegeben hat.

Dass er bemüht war, dies nach Ende des Krieges zu verschleiern, kann als gesichert betrachtet werden. Und eben deswegen hat er sich in seinen Erinnerungen womöglich auch als einen lediglich strategisch und nicht ideologisch denkenden Fachmann präsentiert, der - und das ist der Clou - in diesen Fragen sogar gegen Hitler opponiert habe.

In diesem Licht betrachtet sind Mansteins Aussagen über die Operationen im Donezbecken ohne Gegenprüfung dann auch als Quelle von fragwürdiger Qualität.
 
Das ist doch jetzt ausweichend. Wir diskutieren gerade über die quellenkritische Einschätzung Mansteins. Du übergehst diese Diskussion und bringst statt dessen Pleiger ins Spiel, den man sicherlich auch kritisch sehen kann.

Anstatt aber darauf einzugehen, möchte ich mir erlauben Dich zu fragen, ob es Dir wirklich um eine geschichtswissenschaftliche Klärung der von Dir angesprochenen Angelegenheite geht. Das Gefühl habe ich nämlich nicht, weil Du, wie angedeutet, einfach relevante Diskussionspunkte übergehst.
 
@Turgot


Naja, das war dann in der Zeit 1931-1933 in seiner Zeit als Bataillonskommandeur im Inf.Reg 4.

Ob ein Bataillonskommandeur schon zur Elite des Heeres zählt oder ob hier nicht von Wrochem die spätere Entwicklung vorweggenommen wurde, kann ich schwer beurteilen. Aber zumindest Mansteins persönliche Mit-Verantwortung für das Grauen an der Ostfront ist unzweifelhaft.


Was heisst hier na ja? Außerdem hat Manstein sein Eid, den er als Reichswehroffizier geleistet hat, gebrochen.

floxx78 schrieb:
Das ist doch jetzt ausweichend. Wir diskutieren gerade über die quellenkritische Einschätzung Mansteins. Du übergehst diese Diskussion und bringst statt dessen Pleiger ins Spiel, den man sicherlich auch kritisch sehen kann.

Anstatt aber darauf einzugehen, möchte ich mir erlauben Dich zu fragen, ob es Dir wirklich um eine geschichtswissenschaftliche Klärung der von Dir angesprochenen Angelegenheite geht. Das Gefühl habe ich nämlich nicht, weil Du, wie angedeutet, einfach relevante Diskussionspunkte übergehst.

Dem schließe ich mich an.
 
Kohleförderung Donezrevier:

Dezember 1942: 500.000 t
Januar 1943: 750.000 t
Juli 1943: 800.000 t
Ende 1943: 900.000 t

Zahlen aus Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft


Ich stelle mal die Gegenfrage. War das Donezgebiet wirklich kriegswichtig?

@Turgot: Wie bewertet denn Eichholtz den Umfang und den Zeitpunkt, zu dem die Lieferungen aus dem Gebiet zur Verfügung standen. Sagt er etwas über die Qualität oder die Verwendung?

In welchem Umfang standen die Fördermengen der Kriegswirtschaft zur Verfügung?
 
Die deutschen (rüstungs-)wirtschalftlichen Aktivitäten in der Ostukraine sind ein ziemlich zersplittertes Feld in der Literatur. Das muss man sich zusammensuchen aus verschiedenen Untersuchungen, die Teilaspekte behandeln (Logistik, Betriebe, Arbeitskräftebeschaffungen, militär-historische Darstellungen usw.).

Um zunächst auf die Bemerkungen Mansteins einzugehen: die Kontroverse hat einen Hintergrund, der sich aus den Quellen Ende 1942 bis Zitadelle 1943 und der sowjetischen Sommeroffensiven 1943 bis zum Rückzug hinter den Dnjepr ergibt. Schwarz (Stabilisierung der Ostfront nach Stalingrad), aber auch weitere Literatur bezieht sich auf die Hitler-Manstein-Kontroverse. Bei mehreren Ereignisse trat der Gegensatz zwischen operativen Erfordernissen (Vorschläge zur Räumung des Gebiets) und den sehr oberflächlichen Bemerkungen zur rüstungswirtschaftlichen Relevanz des Gebietes auf. So bei der Gegenoffensive ab Frühjahr 1943, dann wieder bei der Frage der deutschen Sommeroffensive 1943, dann bei der sowjetischen Gegenoffensive. Die Bemerkungen von Manstein finden durchaus einen Nachweis in den Quellen zB der Heeresgruppe Süd. Das Gebiet der Ostukraine ist auch ein belegter Fall des operativen Streits bzw. "Schlagen-aus-der-Nachhand"-Kontroverse. Manstein schlachtete das in der Nachkriegsliteratur aus, Carell sprang auf den Zug auf, und die ganze Diskussion über die "Erfolgsaussichten" ist natürlich rein hypothetisch.

Völlig davon zu trennen ist die tatsächliche rüstungswirtschaftliche Bedeutung. Turgot hat Zahlen genannt (die Kohle dürfte vor Ort in Stahl- und Kraftwerken verwendet worden sein), thanepower hat sich zu der rüstungswirtschaftlichen Perspektive für das Deutsche Reich geäußert: das Gebiet war industriell geräumt, durch Kampfhandlungen Ende 1941, dann wieder im Sommer 1942, im Frühjahr 1943 zT zerstört.

Relevante Bedeutung für die deutsche Kriegswirtschaft erlangte es nie, obwohl schon einige Wochen nach der ersten Besetzung Betriebe wieder in bescheidenem Umfang ihre Tätigkeit aufnahmen. Das hatte neben den Zerstörungen und der Arbeitskräfteproblematik (Abzüge ins Deutsche Reich, Rekrutierungen, Vertreibungen, Massenmorde) mehrere Gründe, die thanepower schon für das Gebiet mit Kohle-Stahl-Chemie-weitere Bodenschätze andeutete:

- bis weit nach 1942 hinein gab es das Problem der Eisenbahnanbindungen durch Zerstörungen des Schienennetzes, der Brücken, der Schienenausrüstungen und Mangel an rollendem Material

- Industrie braucht Energie: Kraftwerke waren ebenso wie Staudämme (Beispiel Maschinenanlagen und Sprengungen Saporoshje) und Leitungsnetze zT zerstört. Die Eisenbahn schaffte so weit vorwärts des Deutschen Reichs kaum die Versorgung für die Truppe.

- die Investitionskapazitäten des Reichs an theoretisch in die Ukraine (um-)steuerbaren Ausrüstungsinvestitionen waren limitiert, solche ressourcen für die Ostukraine nicht verfügbar. Der Aufbau einer Hydrierindustrie mit ausreichender Energieversorgung und Outputmengen des Bergbaus vor Ort wäre eine utopische Vorstellung.

- Steuerungswirrwarr und Partikularinteressen im deutschen Industrie- und Rüstungssektor. Das kann man zB an der Historie der Flick-Aktivitäten in der Ostukraine beispielhaft nachlesen.

Auf die Aspekte hatte auch thanepower schon treffend hingewiesen.

Noch eine Bemerkung zum theoretischen "Einigeln" und Halten des Gebiets: Mit einigem Abstand war das nur vorwärts des Donez an der Don-Linie denkbar. In dem Bereich ab Woronesch befand sich die Wehrmacht ab Sommer 1942 nur für rd. 6 Monate. Die Ostukraine ging im Verlauf der Winteroffensive 1942/43 weitgehend an die Rote Armee verloren, und wurde durch Mansteins Stabilisierung der Ostfront nach Stalingrad teilweise im Frühjahr 1943 zurückerobert, um dann im August 1943 wieder verloren zu gehen. Dazwischen tobten zwischen Isjum und Mius mehrere Schlachten.
 
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