Deutsche Waffentechnik: Wurde der Krieg zu früh begonnen?

salvus

Aktives Mitglied
Sieht man sich die Entwicklung der Waffentechnik in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg an, so stellen sich diverse Fragen. Der polnischen Armee war man wohl überlegen. Aber im Krieg gegen Frankreich 1940 war es wohl vor allem die Taktik insbesondere der neuartige Einsatz der Panzer, welche u.a. entscheidend war.

Im Laufe des 2. Weltkriegs kam es waffentechnisch zu diversen Neuentwicklungen. Viele davon waren durchaus wegweisend. Im Panzerbereich waren Panther und auch der Tiger qualitativ sehr hochwertig. Aber hinsichtlich z.B. der V1 oder gar V2 gab es weltweit nichts vergleichbares. Auch hinsichtlich der Luftwaffe wurde sehr modern entwickelt, z.B. der Düsenantrieb. Es gibt diverse andere Beispiele, wenn auch vieles nicht zu Ende entwickelt wurde, bzw. überhaupt nicht über eine Art Vision hinauskam.

All das legt aber den Verdacht nahe, daß bezügl. der Entwicklung der Waffentechnik das deutsche Reich führend war. Nun kann man diskutieren, ob dies einem gewissen Druck im stattfindenden Krieg geschuldet war - als Beispiel sei der sowjetische T34 genannt, welcher durchaus eine Reaktion auf deutscher Seite zur Folge haben mußte.

Aber könnte man jetzt daraus schliessen, daß Hitler den Krieg zu früh begonnen hat?
Für die Blitzkriege gegen Polen oder Frankreich mag das nicht gelten, aber gegen die Sowjetunion? Die Stärke der Sowjetarmee hat man sicherlich unterschätzt. Auch der Kriegseintritt der USA war sicherlich so nicht eingeplant. Offensichtlich war sich Hitler seiner Sache zu sicher. Ich möchte auch hier nicht zu sehr spekulieren, aber die Frage ist sehr interessant.
 
Die Kriegsmarine rechnete m.W. mit einem Krieg frühstens 1944 und hatte ihre Pläne auf dieses Ziel gerichtet.
 
Rein technisch müssten Fachleute wie Silesia Dir relativ zügig Hinweise geben können, wann die Programme, an deren Ende die von Dir aufgeführten Entwicklungen standen, aufgelegt wurden und zu welchen Zeit- oder Wendepunkten im Krieg ihre Entwicklung beschleunigt, gebremst, oder umgelenkt wurde.

Ansonsten kommst Du mit Deiner Frage m. E. wieder an dem Punkt raus, ob denn selbst mit neuerer Waffentechnik der Krieg gegen die achsounüberwindliche zahlenmäßige Überlegenheit der vielen vielen Gegner zu gewinnen gewesen wäre. Vermutlich wäre der Ausgang dasselbe in grün gewesen. Die waffentechnische Entwicklung auf Seiten der Gegner stand bestimmt auch nicht still. Dazu kommt, was Du bereits angedeutet hast: viele Weiterentwicklungen gibt's erst auf Grund der jüngsten Kriegsereignisse.

Die Eignung des Geräts aus der Spätphase des Krieges für die (Miß-)Erfolge der ersten Jahre dürfte auch durchaus kontrovers sein. Stell Dir vor, Rommels Gespensterdivision, bzw. die ganze Panzerei wäre mit "Tigern" ausgestattet gewesen :)grübel:mit all ihren Vorzügen und Nachteilen und wahrscheinlich auch in entsprechend geringerer Stückzahl). Das hätte sicherlich den ganzen Charakter des Feldzugs geändert - womöglich nicht zum Besseren. Oder wäre der Galland glücklicher gewesen, wenn seine Kolbenjockeys mit Me 262 das (statische) Nahgeleit der Bomber über England hätten übernehmen müssen anstatt mit Me 109? Oder wenn Lütjens mit "Tirpitz" anstatt mit "Bismarck" in den Atlantikzugängen rumdilettiert hätte, weil B. gerade zur Zwischeninstandsetzung in der Werft steckte? Zusätzlich kommen für die frühen Kriegsjahre auch durchaus Überraschungserfolge (z. B. Norwegen) mit in Frage, die bei einem längeren Zuspitzen der Lage und entsprechender Vorbereitung der Gegner womöglich so nicht mehr erfolgreich möglich gewesen wären.

Will sagen: Taktik und Operationspläne orientieren sich in der Regel am vorhandenen Material (oder sollten dies zumindest tun - ein Grundsatz, der m. E. deutscherseits immer mehr aus den Augen (oder dem Hirn?) verloren wurde). Das hat für Polen ausgezeichnet geklappt, für Frankreich und Norwegen mit Glück, für England schon nicht mehr - allerdings auch, weil die gesamte Wehrmacht, die Rüstung sowie die deutsche Politik für eine Invasion der Inseln nicht geeignet waren. Polen war seit Ende des WK I der "Hauptgegner", weswegen man sich in jeder Hinsicht auf Krieg gegen Polen wohl am intensivsten vorbereitet haben dürfte, Frankreich kam irgendwann später während für Norwegen, ganz zu schweigen von England wahrscheinlich nur nachrangig geplant worden war. Womöglich galt ähnliches für eine Landnahme bis zum Ural...
 
Sieht man sich die Entwicklung der Waffentechnik in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg an, so stellen sich diverse Fragen. Der polnischen Armee war man wohl überlegen. Aber im Krieg gegen Frankreich 1940 war es wohl vor allem die Taktik insbesondere der neuartige Einsatz der Panzer, welche u.a. entscheidend war.
[...]Aber könnte man jetzt daraus schliessen, daß Hitler den Krieg zu früh begonnen hat?[,,,]

Also ich bin der Meinung, daß der Krieg selbst die Anforderungen der Kriegstechnik beeinflußt. So wird im Vorfeld eines Krieges die Technik auf die jeweils Strategie einer Armee ausgerichtet sein, aber im Krieg kann es dazuführen, daß neue Anforderungen entstehen, die vorher nicht erkennbar waren.
Daher ist es auch kaum möglich, zu sagen, wann die Kriegstechnik ausreichend ausgereift war (qualitativ wie quantitativ), um den Anforderungen nach z.B. 4 Jahren Krieg entsprechen, weil den Verlauf des Krieges niemand vorhersagen kann.

Somit könnte die Planung zur Aufrüstung nie wirklich als abgeschlossen gelten, so meine Meinung, weil diese Planung sich nur auf Annahmen bezieht.
 
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Ein Gegenbeispiel ist ja Italien, wie wir in einer anderen Diskussion gesehen haben. Die haben in den frühren dreissigern hochgerüstet und hatten damals eine sehr moderne Luftwaffe und Marine. Bei den Landstreitkräften war es sehr durchmischt, neben sehr altmodisch ausgerüsteten Infanterieeinheiten (z.T. mit Österreichsichen Beutewaffen ausgerüstet) hatten sie sehr moderne mechanisierte Kräfte.

Bei einme Krieg bis Mitte der Dreissiger wäre Italien ein ernsthafter faktor gewesen. Nach Abbesinnien und Spanien war aber die Puste raus und es gab keine Mittel um die Streitkräfte zu modernisieren, so dass sie mit altmodischen und verschlissenen Material in den Krieg zogen.
 
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Aber könnte man jetzt daraus schliessen, daß Hitler den Krieg zu früh begonnen hat?
Auch später wäre ein Krieg Deutschland gegen den Rest der Welt immer verloren gegangen.

Die Rüstung vor dem Krieg war geprägt von einer fast ausschließlichen Breitenrüstung, dem Aufholen in den vorher verbotenen Rüstungsbereichen (große Kampfschiffe, Panzer, Luftwaffe und U-Boote) und widersprechenden Planungen in Bezug auf Zeitlinie und Ressourcenverwendung. Viele im Krieg erfolreichen Konzepte (z.B. Gliederung und Verwendung von schnellen bzw. gepanzerten Kräften, Kampf der verbundenen Waffen usw.) waren vor dem Krieg noch unbekannt und wurden erst noch entwickelt. Ob dies bei einer längeren Vorbereitungszeit quasi am Schreibtisch gelungen wäre scheint mir doch sehr fraglich.
 
Also ich bin der Meinung, daß der Krieg selbst die Anforderungen der Kriegstechnik beeinflußt. So wird im Vorfeld eines Krieges die Technik auf die jeweils Strategie einer Armee ausgerichtet sein, aber im Krieg kann es dazuführen, daß neue Anforderungen entstehen, die vorher nicht erkennbar waren.
Daher ist es auch kaum möglich, zu sagen, wann die Kriegstechnik ausreichend ausgereift war (qualitativ wie quantitativ), um den Anforderungen nach z.B. 4 Jahren Krieg entsprechen, weil den Verlauf des Krieges niemand vorhersagen kann.

Somit könnte die Planung zur Aufrüstung nie wirklich als abgeschlossen gelten, so meine Meinung, weil diese Planung sich nur auf Annahmen bezieht.

Zustimmung!:winke:
Die Ereignisse im Krieg beeinflussen natürlich die weitere Entwicklung der Waffentechnik. Gutes Beispiel hierfür ist die Entwicklung der Panzerfahrzeuge, welche ich in einem anderen Thread schon thematisiert habe.

Interessant ist vieleicht eine These, daß die Wehrmacht ab einem bestimmten Zeitpunkt immer nur gegen eine quantitative Übermacht anzutreten hatte. Das war wohl schon zu Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion so, aber der eigentliche Einschnitt war in diesem Punkt wohl der Kriegseintritt der USA. Bleribt die Frage, ob dieser wirklich überraschend für Hitler kam. Vieleicht nicht wirklich, aber zu diesem Zeitpunkt schon. Die Wehrmacht konnte vieleicht durch bestimmte "deutsche Tugenden" und der Qualität ihrer Waffen die Quantität der Gegner ein wenig ausgleichen. Irgendwann aber nicht mehr.

Ich möchte natürlich auch nicht zu spekulativ werden.:grübel:
Aber sieht man sich die deutsche Waffentechnik so an, insbesondere hinsichtlich der sg. V-Waffen, also Raketentechnik oder auch die Forschung hinsichtlich Düsenflugzeuge, dann stellt sich die Frage nach einem übereilten Krieg schon. Aber hier spielt auch die materielle und personelle Unterschätzung insbesondere der Sowjetarmee wohl eine wichtige Rolle.
Oder war man sich insbesondere nach dem schnellen Sieg gegen Frankreich seiner Sache zu sicher?
Aber mußte man davon ausgehen, daß bei all dem die USA sich heraushalten würden? Und Hitler mußte sich im klaren darüber sein, daß er der Wirtschaftmacht USA nichts entgegensetzen konnte. Zumindest quantitativ nichts. Da stellt sich aber wieder die Frage nach der Qualität.
 
Die Wehrmacht war bereits im Frankreichfeldzug materiell (quantitativ und qualitativ) nicht überlegen, vgl. zB die Darstellung bei Frieser, Blitzkrieg-Legende, oder Ellis, The War in the West 1939-40, HMSO.
 
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All das legt aber den Verdacht nahe, daß bezügl. der Entwicklung der Waffentechnik das deutsche Reich führend war. Nun kann man diskutieren, ob dies einem gewissen Druck im stattfindenden Krieg geschuldet war - als Beispiel sei der sowjetische T34 genannt, welcher durchaus eine Reaktion auf deutscher Seite zur Folge haben mußte.

Das Deutsche Reich war sicherlich in manchen Bereichen der Waffentechnik führend, aber wohl nicht in allen. Z. B. war England im Bezug auf Jagdflugzeuge sicherlich auf Augenhöhe und in der Radartechnik nach meiner Einschätzung Deutschland voraus. Und selbst moderne Schlachtschiffe waren nicht die Überwaffen (Bismarck oder Tirpitz), über Flugzeugträger verfügte man nicht.

Aber könnte man jetzt daraus schliessen, daß Hitler den Krieg zu früh begonnen hat?
Für die Blitzkriege gegen Polen oder Frankreich mag das nicht gelten, aber gegen die Sowjetunion?

Das dürfte wohl der Kern des Problems sein. Solange man einen Gegner schnell besiegen konnte, war man überlegen, wenn das aber nicht gelang, wie bei der Sowjetunion, dann machten sich die Schwächen in der Rüstung und der Kriegswirtschaft deutlich bemerkbar.

Die Stärke der Sowjetarmee hat man sicherlich unterschätzt.

Diese Meinung teile ich voll und ganz

Auch der Kriegseintritt der USA war sicherlich so nicht eingeplant. Offensichtlich war sich Hitler seiner Sache zu sicher. Ich möchte auch hier nicht zu sehr spekulieren, aber die Frage ist sehr interessant.

Wenn ich das richtig im Kopf habe, dann hat Hitler nach Pearl Harbour den USA den Krieg erklärt. Ob das einfach nur Größenwahn war oder ob sich Hitler tatsächlich von dieser Aktion etwas versprochen hat, wäre wirklcih interessant.

Aber zum Kern der eigentlichen Frage: Jeder Krieg gegen einen Gegner, den man nicht im "Blitzkrieg" besiegen konnte, wäre für Deutschland zu früh gekommen, egal wann er begonnen hätte.

Die Wirtschaft des Deutschen Reichs war auf einen längeren Krieg gar nicht eingestellt. Zwar haben die Nationalsozialisten durch eine entsprechende Umgestaltung des gesamten Wirtschaftsrecht schon sehr schnell sichergestellt, dass sie und nicht die Unternehmer die maßgeblichen Entscheidungen treffen konnten und so auch die enorme Rüstung des Deutschen Reichs vor dem Krieg erst ermöglicht. Aber dies geschah um den Preis einer ausufernden ineffizienten Bürokratie, wobei den ideologischen Vorstellungen der Nazis oft der Vorrang vor wirtschaftlichen Notwendigkeiten eingeräumt wurde.

Die Wirtschaftsgesetzgebung der Nazis ist durch eine Vielzahl von Einzelvorschriften geprägt; auf abstrakt generelle Gesetze wurde größtenteils verzichtet, stattdessen wurde jedes auftretende Problem mit einer eigenen Weisung oder Verordnung angegangen. Dass sowas schnell unübersichtlich wird und zur Ineffizienz führt, liegt auf der Hand.

Dazu kam, dass Organisationsstrukturen, die sich als ineffizient erwiesen hatten, nicht beseitigt wurden. Dann wurden lieber neue Organisationen und Verbänder geschaffen, die die vorhandenen Probleme regeln sollten. Gleichzeitig wurden die Kompetenzen der verschiedenen Verbände kaum oder nicht voneinander abgegrenzt, so dass diese dann in Konkurrenz zueinander unterschiedliche Regelungen treffen konnten, worauf dann bisweilen eine dritte, übergeordnete Instanz eingerichtet wurde, die abschließend entscheiden sollte.

Eine echte Kriegswirtschaft, bzw. ernsthafte Versuche, die Wirtschaft auf den Krieg auszurichten gab es erst unter Albert Speer. Da war es aber schon längst zu spät. Solange man mit Polen, Frankreich etc. schnell fertig wurde und sich gegenüber England in der Offensive sah, bestand kein Anlass, die Wirtschaft auf die Erfordernisse des Kriegs auszurichten. Die Nazis waren sich durchaus bewusst, dass der erste Weltkrieg auch deshalb verloren ging, weil die Zivilbevölkerung die Entbehrungen nicht länger erdulden wollte oder konnte. Auch deshalb räumte man der Versorgung der Bevölkerung einen hohen Stellenwert ein und suchte diese ausreichend mit Gütern zu versorgen, die man zunächst eben selbst erwirtschaftete und dann zusätzlich aus den besetzten Gebieten abzog.

Um wirklich eine Chance haben zu können, hätte man die Lenkung der Wirtschaft viel effizienter organisieren müssen und viel früher auf eine echte Kriegswirtschaft umstellen müssen. Aber solange Deutschland erfolgreich zu sein schien, konnte Göring noch mit Vierjahresplänen herumdilettieren, ohne dass man Änderungsbedarf sah. Erst als es schon Spitz auf Knopf stand, versuchte Speer das Ruder herumzureißen. Aber da war es dann - trotz aller Anstrengungen und auch Erfolge - längst zu spät.

Viele Grüße

Bernd
 
[...]Und selbst moderne Schlachtschiffe waren nicht die Überwaffen (Bismarck oder Tirpitz), über Flugzeugträger verfügte man nicht.
[...]

Zum Thema Flugzeugträger sei gesagt, für den Seekrieg rund um die britischen Inseln plus französische Atlantikküste bis Spitzbergen, total überflüssiger Schiffstyp für die Kriegsmarine.
Da zeigt es auch wieder auf, daß ein Plan zur Aufrüstung sich meist an einer eigenen Strategie und der des Möglichen Gegners orientiert, somit werden auch Waffengattungen aufgenommen, die in der Direktheit eines Krieges nicht mehr nützlich erscheinen.
Nicht umsonst, lief die Uboot Planung erst im Krieg auf Hochtouren und nicht schon vor dem Krieg. Der Bau der Graf Zeppelin war somit eine Fehlplanung und wurde nur gebaut, weil die allgemeine Vorstellung einer strukturieren Marine diesen Schiffstyp verlangte.
 
Also war sie (die Wehrmacht) taktisch überlegen?

Ja, und waffentechnisch natürlich auch. Und was die "deutschen Tugenden angeht" selbstverständlich ebenso.

Es hat an Hitler gelegen. Oder an Göring maximal. Sonst hätten wir den Krieg sicher gewonnen!

Mal ernsthaft: Was soll dieser Quatsch? Allein die Frage nach dem Kriegsbeginn an der Waffentechnik festzumachen, blendet schon die Frage nach weiteren Faktoren aus. Welche Rolle spielten ideologische Gründe? Welche wirtschafts- und sozialpolitische? Welche außenpolitische?

Dazu gibt es Forschungsarbeiten, Cephalotus hat erste wichtige Hinweise gegeben. Das Thema für sich und nicht im Kontext zu betrachten, erinnert mich an die bedauernswerten Versuche von Veteranen, den Krieg aus ihrer Sicht doch noch zu einem für sie erfolgreichen Ende zu führen. Verständlich und traurig, aber dennoch unwissenschaftlich.
 
Aus waffentechnischer Sicht wäre jeder Kriegsbeginn zu früh gewesen,um den Krieg zu gewinnen.Denn die anderen Staaten haben ja auch nicht geschlafen, aus heutiger Perspektive war der Kriegsbeginn glücklicher weise sehr früh, man stelle sich die damaligen deutschen Befehlshaber mit ner Atombombe vor oder auch nur eine spätere Kapitulation des DR.
Ansonsten kann man nur Kriege gewinnen, wenn man ein Kriegsziel hat und auch aufhört, wenn das Ziel erreicht wurde.
 
Also war sie (die Wehrmacht) taktisch überlegen?

Das ist jedenfalls Meinung von Frieser und anderen, auch nachvollziehbar anhand von Beispielen. Ob das entscheidend war, ist eine ganz andere Frage.

Für den so definierten Erfolg des Westfeldzuges, Waffenstillstand mit Frankreich, kann man wohl (a) den Operationsplan und (b) die operativen Fehler der Westalliierten im Frühjahr 1940 unter den gegebenen materiellen Verhältnissen nicht ohne Beachtung lassen.
 
Wenn man Friesers Argumenten glauben will, und ich habe bisher noch keinen Grund gefunden, das nicht zu tun, war ja der Sieg im Westfeldzug auch für den deutschen Generalstab eher überraschend. Deutschland hat erst seit 1935 angefangen, ernsthaft aufzurüsten und war 1939 auch bei optimistischer oder verbrecherisch-leichtsinniger (aka Hitler) Einschätzung nicht in der Lage, einen Krieg gegen Frankreich und Großbritanniens (immer noch eine Weltmacht) zu führen. Der nahe vor der Durchführung stehende Putschplan 1938 führender Militärs beruhte meines Erachtens vor allem auf der Einsicht, daß ein Krieg selbstmörderisch gewesen wäre. Der Krieg kam also zu früh, da aber Großbritannien und Frankreich ab 1938 auch stark aufrüsteten, wäre er später auch nicht zeitiger gekommen.

Das Ganze war meines Erachtens ein Gewurstel, ohne verläßliche Situationsanalyse und Planung. Auch wenn Hitler grundsätzlich den Krieg wollte, scheinbar war er ja 1938 nach München enttäuscht über das Einlenken der Westmächte, wollte er ihn im großen Stil vielleicht noch nicht 1939. Wenn es stimmt, daß nach dem Polenfeldzug im Schnitt der Divisionen noch für ca. 14 Tage Munition vorhanden war, aber trotzdem der Angriffsbefehl von Hitler gegen Frankreich kam, muß man sich über die Beurteilungsfähigkeit des Herren schon wundern. Ich glaube jedenfalls, zumindest halb haben Hitler und Konsorten 1939 damit gerechnet, in Polen ähnlich durchzukommen wie in der Tschechoslowakei, also ohne Eingreifen der Westmächte. Die Kriegserklärung der beiden gegen Deutschland muß ein ziemlicher Schock für die Pokerspieler in Berlin gewesen sein.
 
Wenn es stimmt, daß nach dem Polenfeldzug im Schnitt der Divisionen noch für ca. 14 Tage Munition vorhanden war, aber trotzdem der Angriffsbefehl von Hitler gegen Frankreich kam, muß man sich über die Beurteilungsfähigkeit des Herren schon wundern.

Im Winter 93/40 gab es eine heftige Diskussion, wie die zu geringen Reserven für die Produktion von Militär-Hardware eingesetzt werden sollten.

Das betraf unter anderem auch die im Voraus für den Westfeldzug zu produzierenden Arten und Mengen an Munition für die Artillerie.

Laut Tooze schaltete sich Hitler in diesen Konflikt ein und priorisierte die Produktion von Artillerie-Munition. Dieses Detail verweist darauf, dass Hitler den Konflikt zu diesem Zeitpunkt eher in den Szenarien des WW1 dachte.

Und zeigt, dass er durch das Ergebnis bzw. den schnellen Erfolg im Westen mehr als überrascht worden ist.

Ökonomie der Zerstörung: Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus - J. Adam Tooze - Google Books
 
Irgendwie habe ich den Eindruck, das über die ganzen tollen Panzer, Munitionsvoräte etc. ein singulares Ereignis vergessen wird.
Geschichte der Atombombe
Ich denke mal, hätte das DR auch nur 5 Monate länger durchgehalten, oder ein Jahr länger durchhalten können, würden wir hier jetzt nicht diskutieren.
 
Im Winter 93/40 gab es eine heftige Diskussion, wie die zu geringen Reserven für die Produktion von Militär-Hardware eingesetzt werden sollten.

Das betraf unter anderem auch die im Voraus für den Westfeldzug zu produzierenden Arten und Mengen an Munition für die Artillerie.

Laut Tooze schaltete sich Hitler in diesen Konflikt ein und priorisierte die Produktion von Artillerie-Munition. Dieses Detail verweist darauf, dass Hitler den Konflikt zu diesem Zeitpunkt eher in den Szenarien des WW1 dachte.

Und zeigt, dass er durch das Ergebnis bzw. den schnellen Erfolg im Westen mehr als überrascht worden ist.

Die Darstellung ist wohl Konsens.

Die Grundidee des operativen Feldzugplanes im Westen 1940, wie realisiert, war eine Falle, in die der Aufmarsch wesentlicher Kräfte der Westalliierten in Belgien und Nordfrankreich hineintappen mussten, um erfolgreich zu sein. Dieses "Hineintappen" war zwar antizipiert worden (sonst macht das Ganze keinen Sinn und würde im Stellungskrieg in Nordfrankreich analog 1914 enden), aber sicher war man sich eben nicht.

Die geradezu euphorische Reaktion auf die Allierten Bewegungen Richtung "Falle" kann im KTB Bocks (HGr C) nachlesen. Er konnte es nicht fassen, dass der Plan funktioniert. Auch bei Halder wird ab dem 10.5. kommentiert, wie die Allierten reagieren.

Es zeichnete sich dann ab, dass vorbehaltlich einzelner Krisenlagen die antizipierte Einkesslung plangerecht funktionieren würde. Auch über das Ausmaß war man sich zunächst aber nicht im Klaren, sondern überrascht. Der Haltebefehl ist neben dem persönlichen Kompetenzstreit den Krisenlagen geschuldet, was hier im Forum schon einmal ausführlich diskutiert worden ist. Im Ergebnis war allerdings eine Lage herbeigeführt, die eine schnelle Besetzung Restfrankreichs eröffnete.
 
Es dürfte Konsens gewesen sein, dass nach dem Polenfeldzug kein Stellungskrieg im Westen folgen durfte. Die Breitenrüstung legte den Fokus auf einen Bewegungskrieg, dieser wurde dann überraschend deutlich mit Erfolg geführt. Damit waren aber auch die Grenzen des Möglichen erreicht. Die nächsten Operationen in Afrika und auf dem Balkan waren noch zu stemmen, aber selbst mit dem sowjetischen Material konnte die Rüstung nicht entscheidend verbessert werden. Die benötigten Ressourcen für den Ersatz verlorenen und die Verbesserung veralteten Materials ließen nur wenig für die Aufstellung weiterer Truppen, die nötige Vorratshaltung und den Ausbau der Rüstungsindustrie übrig. Die Vermehrung motorisierter Truppen erfolgte im wesentlichen auf dem Papier, da die Panzerdivisionen nur noch ein statt vorher zwei Panzerregimenter enthielten.

Die Entwicklung bis 1944 (Speer) zeigt zwar welches Potenzial noch da war, aber auch diese hätte letztlich den Krieg nur verlängern und nicht gewinnen können. Eine zusätzliche Einschränkung der persönlichen Freiheit durch eine striktere Wehrwirtschaft wurde von den Nazis aus zwei Gründen zu Beginn des Krieges verworfen: Zum einen waren die Reaktionen der Bevölkerung 1914-1018 noch gut in Erinnerung und zum anderen fehlte das Verständnis für die Notwendigkeit der Tiefenrüstung. Das Aufstellen weiterer Einheiten verblendete und galt als wichtiger, die altbekannte Logik der Generalstäbler galt im Zeitalter der Blitzkriege nicht mehr so viel.

P.S. Eines noch zum Strangtitel, die Antwort kann meiner Meinung nach nur lauten: Der Krieg hätte unabhängig von der Rüstungslage nicht begonnen werden dürfen. Weder 1939 noch 1940 oder 1950.
 
Die Grundidee des operativen Feldzugplanes im Westen 1940, wie realisiert, war eine Falle, in die der Aufmarsch wesentlicher Kräfte der Westalliierten in Belgien und Nordfrankreich hineintappen mussten, um erfolgreich zu sein. Dieses "Hineintappen" war zwar antizipiert worden (sonst macht das Ganze keinen Sinn und würde im Stellungskrieg in Nordfrankreich analog 1914 enden), aber sicher war man sich eben nicht.

Das verweist mit der "Grundidee" m.E. auf die zentrale Problematik. Die Fragestellung des Thread macht deutlich, dass es eine Überbetonung der Technik als zentrals Merkmal für den militärischen Erfolg gibt.

Im Prinzip ist es die optimale Balance zwischen Material, Menschen und geteilten Ideen. Einzelne Panzertypen des WM waren bereits zu Beginn des Westfeldzuges unter technischen Aspekten veraltet, aber effektiv zu benutzen im Rahmen der militärischen Doktrin. Insofern spielte die technische Seite einzelner Waffensysteme eine untergeordnete Rolle im Jahr 1939 und 1940. Auch noch in den ersten Monaten nach dem Angriff auf die SU, wenngleich es auch teilweise zu Panikreaktionen bei Verbänden der WM kam, sofern sie auf KW-Panzer trafen (vgl. Glantz: The initial Period of War on the Eastern Front).

In einem umfassenden Sinne waren vor allem zu Beginn des Krieges die Ideen relevant und die Menschen, die sie umgesetzt haben.

Es war die Idee der kombinierten Kriegsführung in die Tiefe des Raumes, ausgeführt durch sehr einseitig hoch spezialisierte und sehr kompetente Militärs im Bereich der operativen Kriegsführung. In Kombination mit Feldzugsplänen, die eine für den Gegner "überraschende Originalität" aufwiesen.

Und in diesem Bereich wies die WM in 1939, in 1940 und teilweise noch in 1941 einen temporären, "komparativen Wettbewerbsvorteil" auf. Insofern war das Zeitfenster, um diesen Vorteil für die Kriegsführung nutzen zu können, für die hitlersche Kriegsführung maximal bis 1942 offen.

Das maximale "Verwundbarkeitsfenster" für die UdSSR galt ca. bis Ende 1942, so Molotov (Molotov Remembers). In disem Sinne wäre der Sommer der "letzte" Zeitpunkt gewesen, eine UdSSR anzugreifen, die aus einer Reihe von Gründen geschwächt war.

Der Verlust des "komparativen Wettbewerbsvorteils" bis Ende 1942 durch die WM veränderte die Zusammensetzung der Erfolgsfaktoren und die materiellen und ökonomischen Aspekte gewannen an Bedeutung.

Aber nicht als einzelnes "überlegenes System" einer Wunderwaffe, sondern in der Summe der Systeme, die zum Einsatz kommen.
 
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