Estland im 2. Weltkrieg

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Räpse

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Hallo liebes Forum

Mich würde Estlands Rolle im 2 Weltkrieg interessieren, vor allem was die Kooperation mit den Besatzern betrifft oder warum die Esten als rassisch wertvoller galten als z.B. die Letten?

Ich wäre froh über Buchempfehlungen, Links, oder Antworten.

Danke viel mal für die Hilfe.
 
Hallo liebes Forum

Mich würde Estlands Rolle im 2 Weltkrieg interessieren, vor allem was die Kooperation mit den Besatzern betrifft oder warum die Esten als rassisch wertvoller galten als z.B. die Letten?

Ich wäre froh über Buchempfehlungen, Links, oder Antworten.

Danke viel mal für die Hilfe.


War das so? Das ist das erste mal. dass ich das vernehme. Hast du dazu irgend eine Quelle?
 
Mich würde Estlands Rolle im 2 Weltkrieg interessieren, vor allem was die Kooperation mit den Besatzern betrifft oder warum die Esten als rassisch wertvoller galten als z.B. die Letten?

Siehe hier:

Litauen/Estland:
Die deutsche Herrschaft in den ... - Robert Bohn - Google Bücher

Die Sicherheitspolizei in Estland ... - Ruth Bettina Birn - Google Bücher

Die deutsche Ordnungspolizei und der ... - Wolfgang Curilla - Google Bücher

Daneben gab es die estnische Division der Waffen-SS:
http://de.wikipedia.org/wiki/20._Waffen-Grenadier-Division_der_SS_(estnische_Nr._1)

Hjalmar Mäe ? Wikipedia

Zwischen Esten und Letten wurden mW keine wesentlichen Unterschiede durch die NS-Besatzung gemacht. Ziel im "Generalplan Ost" war die völlige Eindeutschung des Landes, wie auch im Falle Lettlands.
 
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War das so? Das ist das erste mal. dass ich das vernehme. Hast du dazu irgend eine Quelle?

"Die Esten begrüssten die Deutschen als Befreier, und diese wiederum betrachteten die Esten nicht nur als rassisch wertvoller als die Juden, sondern auch als die anderen baltischen Völker."
Meine Quelle: Bloodlands von Timothy Snyder S.205

Im Buch wird folgendes als Quelle angegeben: Weiss-Wendt, Estonians, S.39,40,45,90,94-105
 
Kein Wunder, dass die Deutschen anfänglich als Befreier gesehen wurden. Die baltischen Staaten hatten ihre Unabhängigkeit letztlich der Niederlage des Zarenreichs gegen Deutschland im vorausgehenden Weltkrieg zu verdanken. Allerdings wurde diese Unabhängigkeit durch den Deutsch-Sowjetischen Freundschafts- und Nichtangriffspakt letztlich untergraben, als sich Hitler mit Stalin auf gegenseitige Interessensphären im Osten einigten. Kernpunkt war vor allem die Zerschlagung und Teilung Polens und die Anerkennung des Baltikums als sowjetische Interessensphäre. Zwischen 1939 und 1940/41 konnte auf diese Weise die UdSSR die bislang unabhängigen Staaten annektieren. Mit dem Überall auf die UdSSR witterten die Balten verständlicherweise eine Chance, die ungeliebte sowjetische Oberherrschaft wieder abzustreifen. Durch aktiven Einsatz auf deutscher Seite glaubten dortige Patrioten das weitere Schicksal ihrer Länder unter deutscher Vorherrschaft verbessern, und sich ein Anrecht auf Freiräume erkämpfen zu können. Allerdings hatte das geringste Auswirkungen auf die Pläne in Berlin, die Silesia bereits aufgezeigt hat.


Dass die Esten etwas besser angesehen waren als die Letten oder Litauer hat wohl mit „historischem Gedächtnis“ zu tun. Als im Rahmen des 1.Weltkrieges die baltischen Staaten unabhängig wurden, folgte bald der deutsche Zusammenbruch und die Kämpfe mit/gegen russische Revolutionstruppen; letztlich vor allem gegen die Rote Armee, während die „Weißen“ und auch deutsche Verbände an der Seite der Balten weiter kämpften. Hieraus ging vor allem die berühmte „Eiserne Division“ hervor (in welcher der spätere Panzergeneral Heinz Guderian zeitweise diente), welche trotz deutscher Kapitulation aus reichsdeutschen Freiwilligen bestand. Die Eiserne Division, deutsche Freikorps und die „baltische Landeswehr“, welche nicht zuletzt aus der durchaus einflussreichen und relativ kopfstarken deutschen Minderheit Lettlands gebildet worden war wurden ein bedeutender militärischer Machtfaktor dabei. Während das [deutsche] Verhältnis zu den Esten relativ entspannt blieb, kam es letztlich zu Auseinandersetzungen um die Zukunft Lettlands zwischen Einheimischen und „Deutschen“ (aller Couleur), was im Reich nicht ganz vergessen geblieben war.


Den Litauern verübelte man unter anderem bleibend, den rund 500 Jahre zurückliegenden Sieg einer polnisch-litauischen Streitmacht bei Tannenberg gegen den Deutschen Orden im Jahre 1410.
Letztlich also wenig „Realpolitik“ auf deutscher Seite, als ideologisch vereinnahmtes Geschichtsverständnis. Wichtig für die Tradierung solcher Ansichten auf deutscher Seite sind nicht zuletzt ehemalige deutsche Baltikumkämpfer im Rahmen der Freikorps, die im 2.WK teils in der Wehrmacht dienten. Noch mehr aber jener Teil der Freikorps, die eine unheilvolle Rolle bei der Entstehung des Nationalsozialismus in Deutschland spielten - wobei beide Teile nicht sauber zu trennen sind...

Nett abzulesen in üblichen Wiki-Artikeln
Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt ? Wikipedia
Baltische Landeswehr ? Wikipedia
Baltenregiment ? Wikipedia
Eiserne Division ? Wikipedia
 
"Die Esten begrüssten die Deutschen als Befreier, und diese wiederum betrachteten die Esten nicht nur als rassisch wertvoller als die Juden, sondern auch als die anderen baltischen Völker."
Meine Quelle: Bloodlands von Timothy Snyder S.205

Im Buch wird folgendes als Quelle angegeben: Weiss-Wendt, Estonians, S.39,40,45,90,94-105

Man kann die für den "Dienstgebrauch" bestimmte Abhandlungsreihe "Das Kurzthema" zugrunde legen, das vom Gauschulungsamt Wien herausgegeben wurde.

Bei den Themen "Rasse und Umvolkung" wurde den Litauern die größte Nähe zu den Polen zugewiesen, weniger schon den Letten und noch weniger den Esten. Hier wurde in der Abstufung die Nähe zur nordisch-germanischen Rasse und die Möglichkeit der Umvolkung definiert.

Das war aber nur die Theorie. In der Praxis der Besatzungsherrschaft und den Eindeutschungsplänen wurden zwischen Letten und Esten keine wesentlichen Unterschiede gemacht.

Schaller: Der Nationalsozialismus und die slawische Welt.
 
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Ein Buchtip auf Englisch:

Besten Dank für die Ergänzung. Das Buch kannte ich noch nicht, die Rezension klingt allerdings interessant, wenn auch in Teilen kritisch.

Beim dem Vorwurf "holzschnittartig" (-> "perfekte Kollaboration") liegt vermutlich das Problem der Detailstudie zugrunde, dass

a) ein Vergleich mit anderen Regionen und auch Besatzungszeiten nur eingeschränkt möglich ist
c) umgekehrt die Besonderheiten Estlands schwierig zu greifen sind.

Bei 4-6 Wochen Differenz von "späterer Besatzung" zu schreiben, ist sicher problematisch. Viel gravierender ist jedoch die Besonderheit, dass

- Teile sich im Rückraum- und Befehlsgebiet der Heeresgruppe Nord befanden
- die Partisanenkämpfe hier im Rückraum 1941/42 sehr früh und sehr massiv auftraten (u.a. wegen der Lückenhaftigkeit des "Luga-Kessels")
- die Besatzungsherrschaft unter dem Aspekt begann, dass große Teile der jüdischen Bevölkerung vor der Besetzung evakuiert werden konnten.

Auf die Kollaboration mit der SiPo, dargelegt in der Studie von Birn, ist ja schon hingewiesen worden.
 
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In Estland waren Jugendliche dienstpflichtig als Luftwaffenhelfer. Sie dienten bei deutschen Flakeinheiten zum Teil in Estland, zum Teil auch im Reich. Beim Rückzug der deutschen Truppen aus Estland 1944 wurden die estnischen Luftwaffenhelfer zum Teil in der direkten Panzerabwehr – Schießen über Kimme und Korn - eingesetzt, Dabei sind viele Luftwaffenhelfer gefallen. Meines Wissens ist dies die einzige Gelegenheit, bei der die Wehrmacht – ich glaube bei den Kämpfen um die Halbinsel Sworbe -Luftwaffenhelfer mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet hat.

Soweit die Flakhelfer nach Deutschland zurückgeführt wurden, dienten sie bis Kriegsende in Flakeinheiten in Deutschland oder wurden, sofern sie älter waren, zum Teil auch in Waffen-SS-Einheiten übernommen. Nach Kriegsende sammelten die Amerikaner die estnischen Luftwaffenhelfer in den Gefangenenlagern ein und setzten sie selbst als uniformierte Hilfskräfte im Wachdienst ein. Viele von ihnen gelangten so später in die USA.

Viele Flakhelfer gerieten allerdings auch in sowjetische Gefangenschaft und kamen in Arbeitslager. Einige, die über die Ostsee nach Schweden entkommen waren, wurden später von den Schweden an die Sowjetunion ausgeliefert.

Berichte estnischer Lutwaffenhelfer finden sich hier:

Bericht estnischer Luftwaffenhelfer 1
Bericht estnischer Luftwaffenhelfer 2

Es gibt heute noch einen Klub ehemaliger Luftwaffenhelfer in Tallinn mit einer eigenen Webseite:

Eesti Lennuvepoiste Klubi

Innerhalb dieses Webauftrittes findet sich auch eine Darstellung der Geschichte Estlands im Zweiten Weltkrieg in englischer Sprache.

Estonia in 1939 - 1944

Unter

"Auch Du gehörst dem Führer" - Gisela Miller-Kipp - Google Bücher

findet man Teile eines Berichtes des Hauptbannführers Nickel, der eine Dienststelle für Helfer aus Baltikum, Weißrussland und der Ukraine leitete, mit detaillierteren Informationen.
 
Auch wenn die Waffen-SS Divisionen aus Letten und Esten bildete, sollten die praktizierten Unterschiede zu anderen Waffen-SS-Divisionen aus "SS-Angehörigen" nicht übersehen werden.

Himmler und das RuS-Hauptamt sahen diese Verbände als "Freiwillige der SS", auch reichsdeutsche Freiwillige der SS (ohne "Stempel" RuS I oder II) an. Für die Waffen-SS galt dagegen unverändert das Prinzip, dass "SS-Angehöriger" den Ordensgrundsätzen entsprechen musste, und der "Rest" nur "Kriegserscheinung, Mittel zum Zweck sei", denn "nach dem Krieg ziehen wir ihnen die Uniformen wieder aus." (Radusch, RuS, in Übereinstimmung mit den Weisungen Himmlers).

Radisch brachte das in 1944 auf folgenden Punkt, in bemerkenswerter Offenheit vor Wehrmachtsangehörigen und SS-Junkern bei einer Rede in der Nebelwerferschule Celle:

"Die ostbaltische Rasse [Letten und Esten] muss man vernichten wegen der diesen Rassen eigentümlichen Grausamkeit und sexuellen Maßlosigkeit."

Heinemann: Rasse, Siedlung, deutsches Blut - das Rasse- und Siedlungshauptamt und die rassenpolitische Neuordnung Europas.


Diese Unterschiede zwischen Schein und Wirklichkeit, zwischen kriegsbedingten Improvisationen und ideologischem Kern des SS-Staates sollten beachtet werden, wenn über die Behandlung der osteuropäischen Völker diskutiert wird.
 
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