Friede 1944 möglich?

Trojan

Mitglied
Hallo Miteinander

Ich habe mich in der letzten Zeit verstärkt mit dem Widerstand gegen Hitler befasst und hier lag bei mir vor allem der Schwerpunkt auf der Fragestellung, bis zu welchem Zeitpunkt "Widerstand" überhaupt noch rationale Ergebnisse im Bezug Friedensverhandlungen möglich gemacht hätte.

Die Frage, ob der 2. Weltkrieg bei einer Ermordung Hitlers durch Halder 1938 (hypothetisch, da ich nicht davon überzeugt bin, dass Halder selbst bei einer kriegserklärung 1938 diesen Plan wirklich durchgezogen hätte) hätte verhindert werden können, ist interessant, aber soll nicht Gegenstand dieses Themas sein.

Bei der Fragestellung, "bis wann" man noch hätte einen Verhandlungsfrieden schließen können, muss man natürlich in erster Linie nicht die innerdeutsche Situation, sondern selbstverständlich die Lage der Gegner mit einbeziehen und auch vorteilsmäßig gewichten.

Der Gegner entschied, ob er hätte Friede schließen wollen, die Deutschen verloren diese Handlungsoption als Aggressor mit dem Einmarsch 1939 in Polen.

Ab Ende 1941 verschlechterte sich die Lage an allen Fronten ja ständig und konsequenterweise damit auch die Chance auf einen Frieden ohne totale "Vernichtung" durch den Gegner.

Offiziell ist mit der Konferenz von Teheran, ein Seperatfriede seitens des DR mit einem der Alliierten unmöglich gewesen.

Die Frage die sich hierbei stellt, muss jedoch in Bezug auf die noch folgenden Opferzahlen auf sowjetischer Seite meiner Meinung nach revidiert werden.
Die Westalliierten trauten Stalin ja auch nach dieser Konferenz nicht über den Weg.


Jetzt zur eigentlichen Frage:
Annahme: Das Stauffenberg-Attentat im Juli '44 glückt. Das Ersatzheer unter General Fromm übernimmt die Macht, Goerdeler wird zum Reichskanzler ernannt.

Die SU hatte von Juli 1944 bis Mai 1945 noch millionen (genaue Zahlen liegen mir nicht vor) Tote zu beklagen, und - auch wenn Stalin das Leben seiner Leute auch nicht zu sehr behagte, so wären ihm doch vor allem exorbitante Kriegskosten noch erspart geblieben.
Stalin persönlich hatte ja nie einen persönlichen Groll gegen die Deutschen, wie beispielsweise Churchill. ER kämpfte nur gegen die Faschisten und natürlich als dessen Hauptrepräsentant gegen Hitler.
Doch wäre dieser "entfernt" worden, weäre ein Seperatfriede zwischen dem DR und der SU im Sommer 1944 möglich gewese?
Dies natürlich nur unter der Annahme der Kriegsentschädigung durch das DR und der Rückkehr zu vormaligen Grenzen (1938, 39 oder ähnlichem...)

Ich kann das natürlich nur vermuten und wäre gerne an eurer Meinung interessiert.




P.S. Ich habe die Suchmaschine selbstverständlich benutzt aber keinen Thread gefunden, der der Fragestellung entspricht. Wenn bereits einer existiert, bitte zusammenlegen

Danke
 
danke.

allerdings behandelt der von dir angezeigte Strang die Zeit 41-43 und nicht die Fragestellung, ob auch nach der Konferenz von Teheran - in der Stalin zusagte, keinen Seperatfrieden zu schließen - noch die Möglichkeit dazu bestanden hätte.


Bei einer Ermordung Hitlers vor November '43 ist es nicht unwahrscheinlich, dass es Kontakte zwischen der SU und dem DR gegeben hätte.

Wie sehr hätte Stalin sich aber im Sommer '44 noch an sein "Versprechen" gegenüber den Westmächten verpflichtet gefühlt?



P.S. natürlich kann mein Beitrag gerne in den alten Strang überführt werden.
 
Ich glaube absolut nicht an einen möglichen Frieden von 1944.

Du hast selbst schon von einer Antipathie Churchill's gegenüber eines möglichen Friedens geschrieben. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen. Die Westallierten standen einem (Separat-) Frieden sicherlich nicht positiv gegenüber. Selbst die Rolle Rommels ist hier ziemlich ungeklärt. Ich denke, daß er die Westfront hätte (ohne Bedingungen) öffnen müssen, um die Ostfront entscheidend verstärken zu können. Das hätte allerdings einen Sturz Hitlers voraussgesetzt.

Eine interessante Frage bleibt allerdings die nach einem Separatfrieden mit der Sowjetunion. Ich denke, daß dieser 1943 evt. möglich gewesen wäre. Allerdings halte ich auch hier 1944 für zu spät.
 
Ich glaube, selbst wenn das Attentat auf Hitler geglückt wäre, hätte es keinen Separatfrieden mit irgendeinen Gegner Deutschlands gegeben, denn bereits bei der Konferenz von Casablanca im Januar 1943 wurde die bedingungslose Kapitulation Deutschlands, Italiens u. Japans als offizielles Kriegsziel definiert - auch wenn Stalin an der Konferenz nicht teilnehmen konnte (auf Grund der Einkesselung der 6. dtsch. Armee in Stalingrad)! Spätestens auf der Konferenz von Teheran Ende 1943 hat Stalin diesem Kriegsziel zugestimmt ...

Wäre Stalin dennoch einen Separatfrieden mit Deutschland eingegangen, hätte das sicher entschiedene wirtschaftliche Konsequenzen Seitens der Westalliierten nach sich gezogen - soll heissen: jegliche Lieferung von Nahrungsmittel Industriegüter u. Kriegsmaterial etc. wären sofort eingestellt worden, dann wäre möglicherweise das Stalinreich kollabiert ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine interessante Frage bleibt allerdings die nach einem Separatfrieden mit der Sowjetunion. Ich denke, daß dieser 1943 evt. möglich gewesen wäre. Allerdings halte ich auch hier 1944 für zu spät.

Mal ne doofe Frage. Warum hast Du Dir nicht die Mühe gemacht, den Link anzusehen und die vorhandenen Positionen von Historikern zu diesem Thema mit zu berücksichtigen? Hälst Du es für irrelevant, was andere im Forum dazu schreiben? Verstehe ich nicht und finde ich auch nicht richtig!

Wäre Stalin dennoch einen Separatfrieden mit Deutschland eingegangen, hätte das sicher entschiedene wirtschaftliche Konsequenzen Seitens der Westalliierten nach sich gezogen - soll heissen: jegliche Lieferung von Nahrungsmittel Industriegüter u. Kriegsmaterial etc. wären sofort eingestellt worden, dann wäre möglicherweise das Stalinreich kollabiert ...

Und warum hätte es "kollabieren" sollen, wenn es 1941 überstanden hat. Ich befürchte, dass Du die innere Homogenität, die durch den "Großen Vaterländischen Krieg" deutlich zugenommen hat, unterschätzt. In 1944 wäre vieles vielleicht kollabiert, aber sicherlich nicht die Sowjetunion durch wirtschaftlichen Duck. Wie tendenziell hier ersichtlich.

The People's War: Responses to World War II in the Soviet Union - Google Books

Zumal die Lieferungen im Rahmen von LL im wesentlichen für die RKKA und die Kriegsführung bestimmt waren und sofern diese nicht mehr hätte kämpfen müssen, wäre auch die Notwendigkeit ihrer Versorgung entfallen.

Die wirtschafltiche Unterstützung der UdSSR durch LL bezog sich auf das Kriegführen und nicht auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau! (vgl. den ausfürhlichen Thread im Geschichtsforum zu dem Thema)

Die Konsequenz wäre die anschließende Demobilisierung der RKKA bei einem Separatfrieden gewesen und die Konversion der Rüstungsbetriebe in 1944, statt in 1945 folgende Jahre. Es sei denn, Stalin hätte sich anders entschieden und das 3. Reich seinerseits angegriffen. Wer weiss, was er sich gedacht hätte. Pure Spekulationen!

Insgesamt sollte man dennoch vielleicht ein wenig vorsichtiger sein, mit der Formulierung von "Mythen" über irgendwelche Zusammenbrüche, zumal die aktuelle Sicht der historischen Forschung dem tendenziell widerspricht.
 
danke.

allerdings behandelt der von dir angezeigte Strang die Zeit 41-43 und nicht die Fragestellung, ob auch nach der Konferenz von Teheran - in der Stalin zusagte, keinen Seperatfrieden zu schließen - noch die Möglichkeit dazu bestanden hätte.


Bei einer Ermordung Hitlers vor November '43 ist es nicht unwahrscheinlich, dass es Kontakte zwischen der SU und dem DR gegeben hätte.

Wie sehr hätte Stalin sich aber im Sommer '44 noch an sein "Versprechen" gegenüber den Westmächten verpflichtet gefühlt?



P.S. natürlich kann mein Beitrag gerne in den alten Strang überführt werden.

Du solltest dich mit Adam von Trott zu Solz näher beschäftigen. Er unternahm zwanzig gut getarnte Auslandreisen und zwar in die Schweiz, Türkei und vor allem nach Schweden. Bei diesen reisen versuchte er die bedingungslose Kapitualaion abzuwenden. Ebenso versuchte er Kontakt mit Russland zu bekommen, was aber nicht gelang. Adam von Trott zu Solz arbeitete mit Bruno Peter Kleist, dem Leiter des Ostreferats des Auswärtigen Amtes zusammen. Kleist versuchte im Juni, September und Oktoboer 1943 sowie im Februar 1944 Kontakt zur sowjetischen Botschaft in Stockholm zu bekommen. Dies gelang aber nicht.

1944 reiste Trott von Solz nach Bern, Venedig und Stockholm. Am 19. Juni 1944 traf er in Stockholm den britischen Gesandten Davin Mc Ewan und erfuhr, dass die Alliierten von der bedingungslosen Kapitualtion nicht abrücken werden.


Zum weiterlesen:

Henric L. Wuermeling: Adam von Trott zu Solz. Schlüsselfigur im Widerstand gegen Hitler

Clarita von Trott zu Solz: Adam von Trott zu Solz. Eine Lebensbeschreibung. Gedenkstätte Deutscher Widerstand.

Dann auf Wiki (ist ein sehr gut recherchierter Beitrag):

Adam von Trott zu Solz ? Wikipedia

Dann noch ein Beitrag von Ian Kershaw über das Attentat von Georg Elser mit der Leitfrage ob der Krieg bei einem erfolgreichen Attentat beendet worden wäre:

http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2009/04/Interview-Kershaw

Hier ein Auszug aus dem Interview wo er auf Stauffenberg eingeht.

Hitler war 1944 längst nicht mehr so beliebt wie zu Anfang des Krieges. 1940/41, als er von Sieg zu Sieg eilte, befand er sich auf dem Gipfel seiner Popularität. Spätestens seit der Niederlage bei Stalingrad im Winter 1942/43 aber verlor er an Ansehen. Gleichwohl gab es noch sehr viele überzeugte Hitler-Anhänger, und so wie beim Militär stieg Hitler nach dem 20. Juli 1944 auch kurzfristig in der Gunst der Bevölkerung. Nach einem gelungenen Attentat wäre diese Zustimmung womöglich noch größer ausgefallen, es wäre eine neue Dolchstoßlegende entstanden. Man muss sich nur einmal Meinungsumfragen aus der frühen Bundesrepublik anschauen. Noch 1952 verurteilte etwa ein Drittel der bundesdeutschen Bevölkerung das Stauffenberg-Attentat. Ebenfalls ein Drittel der Befragten hatte zu diesem Zeitpunkt noch Gutes über Hitler zu sagen. Es ist daher zu befürchten, dass ein gelungenes Attentat die Verklärung Hitlers erst recht befördert und damit letztlich eine Hinwendung der Deutschen zur Demokratie erschwert hätte. Andererseits wären natürlich die Verbrechen im Ostfeldzug und der Holocaust früher bekannt geworden; die Menschen hätten früher in vollem Ausmaß erfahren, welche Gräuel Hitler zu verantworten hatte.
 
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Mal ne doofe Frage. Warum hast Du Dir nicht die Mühe gemacht, den Link anzusehen und die vorhandenen Positionen von Historikern zu diesem Thema mit zu berücksichtigen? Hälst Du es für irrelevant, was andere im Forum dazu schreiben? Verstehe ich nicht und finde ich auch nicht richtig!

Richtig.:rotwerd:

Habe ich schlichtweg übersehen.
Asche auf mein Haupt.

Entschuldigung.

Der "Spiegel" Link ist sehr interessant!
 
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