Jüdische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg

collo

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Jüdische Kriegsgefange

Ein Frage hat mich schon lange beschäftigt: Wie wurden (west-)alliierte Kriegsgefangene jüdischen Glaubens von den Deutschen behandelt? Nach den Normen der Genfer Konvention? Ich kann mich dunkel an einen Artikel erinnern, dass ein Baron Rothschild als Sondergefangener behandelt wurde, aber wie sah es mit "normalen" Soldaten aus?
 
vor ein paar monaten stellte ich hier, noch als gast, die frage, wie jüdische kriegsgefangene von den deutschen behandelt wurden. dabei habe ich mich nur für die angehörigen der westalliierten truppen interessiert, weil ich mir auch ohne genaue kenntnis vorstellen konnte, was mit den soldaten jüdischen glaubens/herkunft der polnischen oder roten armee geschehen ist.

leider wurde meine frage damals nicht beantwortet und so habe ich mich selbst auf die suche gemacht. dabei bin ich auf ein interessantes kapitel gestossen, nämlich einer britischen einheit, die sich aus arabern und juden aus palästina zusammensetzte und die 1941 in griechenland eingesetzt wurde. darunter waren auch etliche, die aus nazi-deutschland geflohen sind.

leider ist der von mir gefundene artikel (http://www1.yadvashem.org/odot_pdf/Microsoft%20Word%20-%206565.pdf) nur auf englisch, so dass ich hier eine kurze zusammenfassung davon gebe:

die palästinensische einheiten bestanden ungefähr zur hälfte aus freiwilligen arabern und jüdischen soldaten, und wurde auf dem peleponnes eingesetzt. nach der britischen niederlage bestand natürlich die befürchtung, dass die deutschen die juden aussondern würden, was aber nicht geschah.

die behandlung durch die wehrmacht in griechenland entsprach im grossen und ganzen der genfer konvention, sieht man einmal davon ab, dass die grosse anzahl der gefangenen zu versorgungsproblemen geführt hat. die frage nach der religionszugehörigkeit spielte zunächst keien rolle, allerdings wurde von der wehrmachtsjustiz untersucht, ob die exilierten deutschen als verräter zu bestrafen seien, was aber verneint wurde(!). man suchte nach anderen gründen, diese spezielle gruppe zu separieren (vorstrafen), was aber auch nicht weiterverfolgt wurde. dennoch wurden nach bekanntwerden dieser untersuchungen die geburtsorte aus den palästinensischen soldbüchern weggelassen.

kurz nach dem überfall auf die su wurden die kriegsgefangenen nach deutschland abtransportiert, wo die jüdischen gefangenen separiert wurden. den deutschstämmigen unter ihnen wurde verboten, auf arbeitseinsätze zu gehen, vermutlich wegen der vermuteten fluchtgefahr (wer hätte sich aber diesem risiko ausgesetzt?).

natürlich bestand unter den gefangenen immer die angst, genauso behandelt zu werden, wie die jüdische zivilbevölkerung oder ihre polnischen oder sowjetischen kameraden. als der judenstern im reich eingeführt wurde, hielt sich das gerücht, auch die jüdischen gefangenen würden so gekennzeichnet werden. dies lehnte das okw jedoch ab.

unter den arabischen gefangenen wurde versucht, diese für die deutschen einzunehmen, was in einzelfällen gelang. versuche, die jüdischen gefangenen schlechter zu behandeln (verweigerung von paketen etc.) wurden von den mitgefangenen vereitelt, so dass es keine sonderbehandlung mehr gab. einige der gefangenenlager lagen in oberschlesien und ehemals polnischen gebieten. auf arbeitseinsätzen kam es auch zu kontakten mit der jüdischen zivilbevölkerung, bevor diese abtransportiert wurde. auf anderen einsatzstellen arbeiteten die kreigsgefangenen neben kz-häftlingen und zwangsarbeitern.

ein zwischenfal in palästina, dort wurden deutsche kriegsgefangene von jüdischen bewachern attackiert, führte dazu, dass etliche jüdische-palästinensische kriegsgefangen in ein besonders gesichertes kriegsgefangenenlager kamen.

bis auf wenige ausnahmen wurden die jüdischen kriegsgefangenen aus streitkräften der westalliierten bis zum kriegsende nach der genfer konvention behandelt, die meisten überlebten den krieg.

für ihre polnischen und sowjetischen kameraden galt dies jedoch nicht. polnische soldaten jüdischen glaubens/herkunft wurden in die kz geschickt (siehe den comic "Maus" von Art Spiegelman) und umgebracht, ebenso erging es nach 41 den sowjetischen soldaten jüdischen glaubens/herkunft. leider sind die seiten des simon-wiesenthal-centers zum zum zweiten weltkrieg "undergoing maintenance", sie sind aber auf jeden fall einen besuch wert:
http://motlc.wiesenthal.com/pages/
 
Jüdische Kriegsgefangene in Deutschland

Was ich mich schon öfter gefragt habe, aber in keinem Buch über den 2. Weltkrieg finden konnte, ist das Thema der Behandlung alliierter jüdischer Kriegsgefangener durch die Deutschen.

Die Masse jüdischer Soldaten dürfte in sowjetischer, bzw. polnischer Uniform gekämpft haben. Und dass die Deutschen mit Gefangenen aus diesen Ländern besonders grausam umgegangen sind - egal ob Jude oder nicht - ist auch bekannt.

Wie war das aber mit Juden auf Seiten der Westmächte?
Es haben dort ja sehr viele Juden gegen Deutschland gekämpft, darunter zahlreiche Freiwillige in britischer Uniform. Nicht zu vergessen die US-Soldaten jüdischen Glaubens (von denen so mancher nach 1933 Deutschland verlassen hatte).

Gab es in Deutschland eine systematische Suche nach Juden unter den gefangenen Soldaten? Wurden diese anders behandelt als ihre nichtjüdischen Mitgefangenen? Ist man im Zuge des nationsozialistischen Rassenwahns ebenso hart und unbarmherzig gegen sie vorgegangen wie gegen gefangene russische oder polnische Juden? Oder hatte man gegenüber den westlichen Gefangenen "Hemmungen" auf diesem Gebiet?

Weiß jemand Antworten? Oder kennt jemand eine geeignete Publikation?

Gruß

Jacobum
 
An der Ostfront wurden, soweit mir bekannt, in den meisten Fällen Juden bzw. "jüdisch aussehende" Gefangene gleich mit den Politkommissaren aussortiert und erschossen. Zum Schicksal westallierter gefangener Juden kann ich nichts sagen. Ich weiß nur, in Nordafrika bei Rommel wurden sie nicht anders behandelt als andere POW.
 
In der Enzyklopädie des Holocaust steht unter "Kriegsgefangene - jüdische Kriegsgefangene" dies: "Während des Zweiten Weltkrieges gerieten ungefähr 200.000 jüdische Soldaten [...] in deutsche Kriegsgefangenschaft. Die Behandlung [...] hing in erster Linie davon ab, in welcher Armee sie dienten. Jüdische Soldaten der Streitkräfte der westlichen Länder [...] wurden grundsätzlich nicht anders behandelt als andere Kriegsgefangene [...] abgesehen von einigen Versuchen, sie zu isolieren." (Bd. 2, S. 814)

Finde ich allerdings etwas dürftig und würde auch gerne einen detaillierteren Aufsatz dazu lesen. Vermute jedoch fast, dass wir es hier evtl. mit einer Forschungslücke zu tun haben.
 
Eventuell findet sich hier etwas:

Rüdiger Overmans: Die Kriegsgefangenenpolitik des Deutschen Reiches 1939 bis 1945. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 9/2. München 2005, 729-875.

Komme an den Band jedoch leider so schnell nicht ran, da unsere Bib. wegen Asbestfunden vorläufig geschlossen ist :motz:.

Im Inhaltsverzeichnis findet sich allerdings keine gesonderte Erwähnung jüdischer Kriegsgefangener.
 
Im Inhaltsverzeichnis findet sich allerdings keine gesonderte Erwähnung jüdischer Kriegsgefangener.

Eine Reaktivierung des Themas, weil mir dazu Angaben in einer anderen Publikation aufgefallen sind:


1. Am 11.3.1942 ergeht eine OKW-Anweisung, dass jüdische Kriegsgefangene ohne Kennzeichnung mit dem gelben Stern zu verwahren sind. Wo immer dies möglich ist, sind jüdische Kriegsgefangene aber von den übrigen Kriegsgefangenen zu isolieren und gesondert unterzubringen.
BA/MA RW 6/270, 11.3.1942 - OKW 2140/42, Kennzeichnung der Juden [Kriegsgefangene]

2. Die Verwendung von Blutspenden von Kriegsgefangenen für die medizinische Versorgung von Deutschen wird aus Gründen der "Rassenhygiene" untersagt. Damit soll das Risiko einer "Blutvermischung" mit jüdisch-gemischten Anteilen ausgeschlossen werden.
BA/MA RW 6/270, 10.8.1942 - OKW 8305/42, Kriegsgefangene als Blutspender.

3. Ca. 500 jüdische Kriegsgefangene der Britischen Armee fielen 1941 in Griechenland inkl. Kreta in deutsche Hände. Hier gab es Beobachtungen und Interventionen des Roten Kreuz bis 1944, um Verbringung in Konzentrationslager zu verhindern. Amerikanische Kriegsgefangene wurden im DULAG Luft (als Flugzeugbesatzungen) überwiegend ohne Unterschied danach behandelt, ob sie jüdischen Glaubens waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die von Silesia genannte Anordnung zur Behandlung jüdischer Kriegsgefangener wurde soweit mir bekannt ist nicht von allen Generälen umgesetzt.
Soweit mir bekannt empfand speziell die alte "Preußische Elite" im Heer solche Anordnungen als "ehrlos", dazu habe ich aber keine Quellen.

In einem etwas älteren Buch "Das Afrika Korps" (Author weiß ich gerade nicht mehr, müßte ich nachsehen, das Ding steht bei meinen Eltern) steht daß Erwin Rommel den Befehl unter Augen seiner Offiziere verbrannt haben soll.
Ich glaube aber daß dies weniger aus Auflehnung gegen Kriegsverbrechen oder Menschenverachtung geschah sondern mehr aus der genannten militärischen Disziplin, die den Krieg als "ehrenvollen Kampf unter Gleichen" sah, und damit war ein solcher Befehl nicht vereinbar.

Gleichwohl werden die meisten ihn wohl umgesetzt haben... :grübel:

Gruß Alex
 
In einem etwas älteren Buch "Das Afrika Korps" (Author weiß ich gerade nicht mehr, müßte ich nachsehen, das Ding steht bei meinen Eltern) steht daß Erwin Rommel den Befehl unter Augen seiner Offiziere verbrannt haben soll. Ich glaube aber daß dies weniger aus Auflehnung gegen Kriegsverbrechen oder Menschenverachtung geschah sondern mehr aus der genannten militärischen Disziplin, ...

Verwechselst Du den Befehl mit diesem?
NS-Archiv : Dokumente zum Nationalsozialismus : Führerbefehl an Rommel: Faksimile
OKW/WFSt/Qu (Verw.) Nr. 55 994/42 g. Kdos. Chefs.

Dabei ging es neben den französischen um österreichische und polnische Kriegsgefangene, Stichwort Bir Hakeim.
 
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