Kräfteverhältnis Ostfront

hallo
Ich beschäftige mich ja häufiger mit dem ersten und zweiten Weltkrieg und da is mir was komisches aufgefallen.
Beim Ostfeldzug (Operation Barbarossa) 1941 heißt es, dass die Wehrmacht ca. 2.000 Flugzeuge und ca. 3.500 Panzer am Anfang zur Verfügung hatte. Bei der Sowjetunion steht, dass sie ca. 20.000 Flugzeuge und 20.000 Panzer hatte. Wenn es wirklich solche Zahlen waren, wie erklären sich dann angesichts dieses Materialunterschiedes die großen Erfolge der Wehrmacht am Anfang des Krieges??? Waren die Flugzeuge u. Panzer der SU nur so veraltet und schlecht, oder hatten die Deutschen einfach die viel bessere Taktik? Es heißt nämlich immer, dass die dt. Luftwaffe schon am ersten Tag die Lufthoheit hatte, was ich mir bei solchen Zahlen als sehr große Meisterleistung vorstellen muss.
 
@ Deutschritter: die Zahlen sind so stimmig, zuzufügen wäre noch, dass die Deutschen und ihre Verbündeten (anfänglich vor allem Rumänen und Finnen) 3,6 Mio. Mann mobilisierten, die Russen anfänglich etwa 4,5 - 5 Mio. dagegen stellen konnten (wobei sie die weitaus größeren Reserven hatten). Davon waren aber an der Front nur 2,3 Millionen postiert.
Tja, warum war Barbarossa so "erfolgreich"? Die Anführungszeichen stehen hier, weil die strategischen Ziele des Feldzugplans an keiner Stelle der Front erreicht wurden.

Waren die Flugzeuge u. Panzer der SU nur so veraltet und schlecht, oder hatten die Deutschen einfach die viel bessere Taktik? Es heißt nämlich immer, dass die dt. Luftwaffe schon am ersten Tag die Lufthoheit hatte, was ich mir bei solchen Zahlen als sehr große Meisterleistung vorstellen muss.
An beiden deiner Argumenten ist etwas richtiges dran, wenn es auch noch weitere entscheidende Aspekte gibt.
Erstmal zur Technik: die Russen hatten zwar mit dem T 34 und den diversen schweren KW-Typen zwar die damals stärksten Panzertypen der Welt bereits zur Verfügung, aber nur wenige davon standen bei den Fronteinheiten, wo leichte, den deutschen Typen unterlegene Panzer wie der leichte, völlig veraltete T 26 und die etwas besseren, schnellen BTs.
Auch die russische Luftwaffe konnte damals nicht mit der Deutschen mithalten, die im Sommer 1941 noch immer die stärkste der Welt war.

Noch entscheidender waren aber Organisationsmängel in der russischen Armee: so hatten die Divisionen der roten Armee durchschnittlich 8000 Mann - jede der so gut wie voll ausgerüsteten deutschen Infanterie-Divisionen war doppelt so stark, ganz zu schweigen von den Panzer-Divisionen. Die russischen Einheiten konnten daher anfänglich dem Ansturm kaum standhalten. Abgesehen davon wurden große Teile des Offizierskorps in Stalins berüchtigten Säuberungen einfach hingerichtet, darunter nahezu das gesamte Führungskorps, dass eigentlich in den 30er Jahren wegweisende Entwicklungen in die Wege geleitet hatte und moderner und innovativer war als die englischen und französischen Führungen.

Aber der zentrale Punkt war wohl, dass der Überraschungseffekt voll auf Seiten der Deutschen war. Stalin hatte zwar über Geheimdienste mehrere deutliche Hinweise auf den bevorstehenden Angriff bekommen, weigerte sich aber, darauf zu reagieren und handelte zum Teil sogar kontraproduktiv - so befahl er ausdrücklich, die ab Juni zahlreich patrouillierenden deutschen Spähflugzeuge nicht anzugreifen. Dies hatte zur Folge, dass Stalin zum einen die Absichten des deutschen Angriffs nicht kannte, zum anderen die Einheiten überhaupt nicht auf einen Angriff vorbereitet waren.

Dies hatte zur Folge, dass die Einheiten der roten Armee zwar auf dem Papier zahlenmäßig stark waren, aber bunt an der Grenze und im russischen Hinterland verteilt. Von einer zusammenhängenden Abwehrfront konnte man nicht sprechen, und eine wirksame Verteidigungslinie fehlte ausgerechnet im Mittelabschnitt, wo der deutsche Hauptangriff ansetzte. Im Bereich der Heeresgruppe Süd hatten die Sowjets allerdings im Raum Lemberg-Rowno-Luck auch starke und zum Teil mit modernen Panzern ausgerüstete Verbände, was sich hier auswirken sollte: hier kam es zu einer sechstägigen, wenig bekannten, aber gewaltigen Panzerschlacht. Im Süden ging der deutsche Vormarsch denn erst auch nur schleppend voran, bis auch hier in der Schlacht bei Kiew Anfang Septemberg die Entscheidung fiel - zuungunsten des Angriffs auf Moskau, der um drei vielleicht entscheidende Wochen verzögert wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mercy:
hab da jetzt nicht eine genaue Quelle, aber bei den meisten Artikeln dazu stimmen die Zahlen immer genau so wie ich sie oben genannt habe überein. Z.B. Wikipedia.de (Operation Barbarossa) oder dhm.de und viele weitere.

Ashigaru:
danke für deinen Beitrag, der war mir sehr hilfreich
mit erfolgreich meine ich natürlich nur die großen Raumgewinne und die damit verbundenen großen Kesselschlachten. Insgesamt verlor die Rote Armee ja bis Dezember 1941 über 3Mio an gefangenen und über 800.000 tote. Damit meinte ich taktische (jedoch nicht strategische) Erfolge der wehrmacht.

Heinz:
Auch an dich ein Dankeschön
 
Hallo Deutschritter,

ein weiter Punkt war auch die Kampferfahrung der Deutschen Wehrmacht.
Sie stand ja schon seit 2 Jahren fast ständig im Gefecht und hatte viele taktische und strategische Erfahrung im Bewegungs- bzw. Angriffskrieg gemacht.
Diese Erfahrung war auf der Führungsebene von Vorteil, aber auch auf Zugebene war die Kampferfahrung oft entscheidend.
Dazu kommt die hervoragende Ausbildung der Panzer und Luftstreitkräfte, sowie der Einsatz von Funk bis in die untersten Ebenen.

Die Rote Armee hatte zwar ebenso Kampferfahrungen in Finnland, oder an der chinesischen Grenze mit den Japanern machen können, aber nie in diesem Ausmaß wie die Wehrmacht.

Ab 1943 wird dann auch ersichtlich das die Wehrmacht ihren Erfahrungsvorteil und die Initiative verlor und die Rote Armee, z.B. in der Schlacht von Kurks, erfolgreich dagegen halten konnte.

Bei den genannten Zahlen ist ein weiterer wichtiger Punkt auch, das nicht unbedingt die numerische Überlegenheit zählt, sondern das die logischtische Fähigkeit besteht an den jeweils aktuellen Krisen- bzw. Kampfräumen die Feuerüberlegenheit zu besitzen. Eine kleinere aber mobile Streitmacht kann so auch eine große Armee besiegen, da ja nie überall gekämpft wird.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Entgegen fast aller Lehrmeinungen; war und ist das Unternehmen Barbarrossa ein Präventivschlag gewesen! Stalin schloß mit Deutschland einen Nichtangriffspakt 1939, (abgesehen davon das beide Staaten vom Völkerbund ausgeschlossen waren) um sich eine politische Freiheit zur Verbreitung des Kommunismus zu bewahren. Er dachte das sich Deutschland sich mit dem Westen zerstreiten werden und sich in jahrelangen Stellungskriegen, ähnlich des 1.Weltkrieges, ausbluten würde. Damit wäre die Sowjetunion als militärische Supermacht in Europa eingefallen. Das Deutschland nur 6 Wochen benötigte um Frankreich zu schlagen und im April/Mai 1941 Jugoslawien und Griechenland besetzte, passte nicht ins Kalkül von Stalin. Er wollte mit seiner Roten Armee, die weitaus über größere bewegliche Kräfte (besonders Panzer: hier fast 40.000!) an der Westgrenze an das Deutsche Reich verlegte um spätestens im Sommer 1942 Europa zu unterwerfen! Die sowjetische Rote Armee befand sich im Sommer 1941 in Anmarsch in die Verfügungsbereiche in Richtung Westen. Darum sind die riesigen Gefangennahmen kein Zufall gewesen. Die Rote Armee lief also genau in die Arme der deutschen Wehrmacht. Erst als im Dezember 1941 die sibirischen Truppen eintrafen konnte eine Stabilisierung der Front seitens der Sowjetunion erlangt werden.
Das Unternehmen Taifun, die Eroberung Moskaus durch die deutsche Wehrmacht, konnte ihr Ziel nicht mehr erreichen. Dies hatte folgende Gründe:
Hitler sah die Vernichtung von sowjetischen Armeen als bedeutender an, als die Eroberung von Städten! (Darum wurde auch Leningrad niemals erobert, weil laut Hitlers Sicht, die eingeschlossenen Sowjetbürger im Winter an Hunger und Kälte sterben und eine blutige Staßenschlacht darum als sinnlos erachtet wurde!) Darum lenkte Hitler die Panzerabteilungen der Heeresgruppe Mitte in Richtung östlich Kiew, damit sie sich mit denen der Heeresgruppe Süd verbinden sollte und somit die gesamte sowjetrussische Rote Armee in der Ukraine abzuschneiden und zu vernichten! (Panzerabteilungen Guderian und Kleist) Diese Kämpfe (Kampf um Kiew) ist die größte Schlacht der Weltgeschichte gewesen, was leider, leider immer wieder von orthodoxen Lehrmeinungen verleugnet oder schlimmer, nicht erwähnt wird! In dieser Schlacht verloren mehr als 2 Millionen(!) russische Soldaten ihr Leben, über 665.000(!) gingen in die deutsche Gefangenschaft! Durch diese Schlacht, gewann also der deutsche Vormarsch im Süden an Lauf, was jedoch der Heeresgruppe Mitte nicht half. Erst durch eine Neugruppierung der Panzerkräfte und Verstärkungen aus der Reserve konnte das Unternehmen Taifun gestartet werden. Das Ziel die Eroberung Moskaus lag in greifbarer Nähe! :eek:
 
Naja, das ist eine sehr umstrittene These.

Das geht glaube ich auf einen russischen Autor zurück, der das in den kurzzeitig geöffneten Archiven entdeckt haben will.
Die Überprüfung fällt aber schwer, da die Archive mittlerweile nicht mehr zugängig sein sollen.
Daraus resultiert natürlich viel Raum für Spekulationen, aber die These so bestimmt zu vertreten halte ich für ein wenig gewagt.
 
Gast schrieb:
Entgegen fast aller Lehrmeinungen; war und ist das Unternehmen Barbarrossa ein Präventivschlag gewesen! Stalin schloß mit Deutschland einen Nichtangriffspakt 1939, (abgesehen davon das beide Staaten vom Völkerbund ausgeschlossen waren) um sich eine politische Freiheit zur Verbreitung des Kommunismus zu bewahren.

Es war kein Präventivschlag, auch wenn das die rechte Seite gerne sehen würde. Deutschland wurde nicht vom Völkerbund ausgeschlossen sondern ist ausgetreten.



Revisionistische Behauptungen und historische Wahrheit Zur Kritik rechtsextremistischer Geschichtsverfälschungen schrieb:
Hitler sei Stalin 1941 mit seinem Angriff nur zuvor gekommen (Präventivkriegsthese)

Revisionistische Behauptung: Mit dem Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 ("Unternehmen Barbarossa") kam die Hitler-Regierung nur einem unmittelbar bevorstehenden Angriff der Roten Armee zuvor. Stalin hatte bereits im Mai 1941 bei einer Rede seine Absichten bekundet, die sowjetischen Truppen marschierten an der Westgrenze auf und – wie nach Öffnung der Archive Anfang der neunziger Jahre bekannt wurde – bestand ein Plan des Generalstabes zum Präventivschlag gegen die Wehrmacht.


Historische Wahrheit: Aus den nach dem Kriegsende zugänglichen Dokumenten geht hervor, dass im Zeitraum zwischen Sommer 1940 und Juni 1941 weder Hitler noch die Wehrmachtsführung von Angriffsabsichten Stalins ausgingen bzw. eine akute direkte Bedrohung Deutschlands durch die Rote Armee angenommen wurde. Selbst die sowjetische Teilmobilmachung und das Aufschließen von Truppen an der Westgrenze interpretierte man als defensive Reaktion auf den deutschen Aufmarsch. Angesichts fehlender subjektiver Bedrohungsgefühle kann denn auch gar nicht von einem Präventivkrieg gesprochen werden. Vielmehr handelte es sich lediglich um eine Propagandabehauptung zur politischen Rechtfertigung des Angriffs auf die Sowjetunion.

Bestand dem gegenüber aber eine sowjetische Angriffsabsicht ohne das Wissen des Hitler-Regimes? Eine immer wieder behauptete diesbezüglich von Stalin angeblich vor Absolventen der 16 Militärakademien und neun Militärfakultäten ziviler Hochschulen am 5. Mai 1941 bekundete Absicht läßt sich nicht belegen. Über das Ereignis gab es widersprüchliche Aussagen, ein angebliches Dokument steht im begründeten Fälschungsverdacht und ein authentischer Text der Rede liegt nicht vor. Darüber hinaus wäre es auch mehr als nur unwahrscheinlich, hätte Stalin geheime Angriffsabsichten vor einem so großen Publikum offen bekannt.

Aber wie steht es um die Aufmarschpläne der Roten Armee? Sie müssen vor dem Hintergrund des für die sowjetische Außenpolitik typischen hochgradigen Sicherheitsbedürfnisses und der seit Anfang der dreißiger Jahre für die Rote Armee maßgeblichen Strategie offensiver Verteidigung gesehen werden. Im Wissen darum nahm sie damals die deutsche Seite auch nicht als Beleg für Angriffsabsichten wahr. Ein vor einigen Jahren bekannt gewordener Präventivkriegsplan des Generalstabes gegen die Wehrmacht vom 15. Mai 1941 wurde weder von der militärischen noch der politischen Führung autorisiert, geschweige denn in Gang gesetzt. Die Sowjetunion unter Stalin war sicherlich alles andere als eine friedliche Macht, gleichwohl mußten ihr vor dem Hintergrund eigener politischer und militärischer Defizite Angriffsoptionen für den damaligen Zeitpunkt unangemessen erscheinen.

Die Präventivkriegsthese wird mittlerweile nicht mehr nur von rechtsextremistischen Revisionisten, sondern auch von anderen Buchautoren vertreten. Aus unterschiedlichen Gründen, seien es methodische Fehler oder andere politische Absichten, kommen sie ebenfalls zu solchen Auffassungen. Dabei werden die oben genannten Aspekte ebenso ignoriert wie die handlungsleitend wirkende ideologische Begründung für den Krieg, die sich bereits in den frühesten programmatischen Äußerungen Hitlers wie etwa in "Mein Kampf" findet.


Literatur:
Pietrow-Ennker, Bianka (Hrsg.): Präventivkrieg? Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion, Frankfurt/M. 2000.
Ueberschär, Gerd R./Bezymenskij, Lev A. (Hrsg.), Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941. Die Kontroverse um die Präventivkriegsthese, Darmstadt 1998.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gast schrieb:
(Panzerabteilungen Guderian und Kleist) Diese Kämpfe (Kampf um Kiew) ist die größte Schlacht der Weltgeschichte gewesen, was leider, leider immer wieder von orthodoxen Lehrmeinungen verleugnet oder schlimmer, nicht erwähnt wird! In dieser Schlacht verloren mehr als 2 Millionen(!) russische Soldaten ihr Leben, über 665.000(!) gingen in die deutsche Gefangenschaft!

Das sehe ich nicht so. Die Schlacht um Kiev ist sehr bekannt und ein herausragendes Beispiel militärischer Kriegskunst.
Aber verständlicher Weise ist es in Deutschland nicht so angesagt die eigenen Siege zu heroisieren, wenn man den Hintergund derselben betrachtet.
 
Na ja, netter Versuch, hier auch mal die Präventivkriegsthese aufzuwärmen. Das Posting strotzt vor Halbwahrheiten, und einige Sachen sind grundsätzlich falsch; zu Beginn erst mal:

Stalin schloß mit Deutschland einen Nichtangriffspakt 1939, (abgesehen davon das beide Staaten vom Völkerbund ausgeschlossen waren) um sich eine politische Freiheit zur Verbreitung des Kommunismus zu bewahren

Deutschland trat bereits 1933 freiwillig aus dem Völkerbund aus - es ging dabei um den Streit zwischen Hitler und den Alliierten um die Wiederaufrüstung, würde hier zu weit führen. Die UdSSR befand sich nach Abschlusses des Paktes 1939 sogar noch im Völkerbund und wurde erst bei ihrem Angriff auf Finnland ausgeschlossen. Die "Verbreitung des Kommunismus" wurde tatsächlich durch den Pakt ermöglicht, weil Hitler (das kann man im "Geheimen Zusatzprotokoll" nachlesen) Stalin bei seinen Besitzansprüchen im Baltikum, Bessarabien, Finnland und der Bukowina freie Hand ließ und im sogar noch Ostpolen überließ. Den Deutschen nützte der Pakt, weil sie dadurch wußten, dass die Sowjetunion - zuvor außenpolitisch eine unbekannte Größe - sich dem militärisch bereits durchgeplanten Überfall auf Polen nicht entgegenstellen würde.

Er dachte das sich Deutschland sich mit dem Westen zerstreiten werden und sich in jahrelangen Stellungskriegen, ähnlich des 1.Weltkrieges, ausbluten würde. Damit wäre die Sowjetunion als militärische Supermacht in Europa eingefallen.
Tatsächlich hat Stalin wohl in Erwägung gezogen, wie er den Krieg zwischen Hitler und den Alliierten ausnutzen könne. Es gibt aber keinerlei Hinweise, dass die Sowjetunion an eine weitere Expansion abseits ihrer Besitzansprüche in Osteuropa dachte, wie sie ihr dann in den Jahren 1943/44 in den Schoß fiel.

Das Deutschland nur 6 Wochen benötigte um Frankreich zu schlagen und im April/Mai 1941 Jugoslawien und Griechenland besetzte, passte nicht ins Kalkül von Stalin. Er wollte mit seiner Roten Armee, die weitaus über größere bewegliche Kräfte (besonders Panzer: hier fast 40.000!) an der Westgrenze an das Deutsche Reich verlegte um spätestens im Sommer 1942 Europa zu unterwerfen!

Es gibt keinerlei sowjetische Operationspläne, die auf so etwas hindeuten würde. Bei der Entscheidung für Barbarossa im Sommer 1940 spielten Präventivüberlegungen aber sowieso keine Rolle. Hitlers Pläne waren von Beginn an expansiv ausgerichtet, er sprach am 31. Juli 1940 von einer "Zerstörung der Lebenskraft Russlands" als Kriegsziel und erwähnte ausdrücklich, dass man sich noch in Besitz der von der Grenze weit entfernten Ölgebiete bei Baku setzen müsse. Es war darüber hinaus Hitlers persönliche Entscheidung. Die Wehrmachtführung widersetzte sich zwar einem Plan nicht direkt, hätte aber einem Vorgehen gegen England, besonders im Mittelmeerraum, den Vorzug gegeben. Generalstabschef Halder schrieb im Sommer 1940 über den Feldzug gegen Rußland in seinem Tagebuch: "Sinn nicht klar. Den Engländer treffen wir nicht. Unsere Wirtschaftsbasis wird nicht wesentlich besser. Risiko im Westen darf nicht unterschätzt werden."
Abgesehen davon sind die hier genannten Panzerzahlen maßlos übertrieben. Tatsächlich verfügte die Rote Armee über ziemlich genau 20 000 Panzer - immer noch eine gewaltige Streitkraft. Davon waren aber laut Auskunft dieser Website
http://rkkaww2.armchairgeneral.com/formation/mk_hist.htm

lediglich 2 % moderne Typen, und das Verhältnis dieser modernen KW + T 34-Panzer erhöhte sich auch bis 6/1941 auf maximal 5 %. Zudem war keineswegs die gesamte Streitmacht an der Grenze massiert, dort standen vier von sechs Panzerkorps, ein Korps stand bei Odessa, eines in der Baikalregion. Zum Vergleich: beim Angriff aus Russland setzte die Wehrmacht deutschen ihre gesamten Panzerdivisionen bis auf zwei ein.

Die sowjetische Rote Armee befand sich im Sommer 1941 in Anmarsch in die Verfügungsbereiche in Richtung Westen. Darum sind die riesigen Gefangennahmen kein Zufall gewesen. Die Rote Armee lief also genau in die Arme der deutschen Wehrmacht. Erst als im Dezember 1941 die sibirischen Truppen eintrafen konnte eine Stabilisierung der Front seitens der Sowjetunion erlangt werden.

Die ganz großen Gefangenenzahlen wurden erst bei den Schlachten von Kiew (ca. 660 000 Gefangene) und Wjasma/Brjansk (ca. 675 000 Gefangene) gemacht, also schon weit im russischen Hinterland. Abgesehen davon kann gar nicht die Rede davon sein, dass die Rote Armee im Aufmarsch war. Starke Verbände standen weit hinter der Front, etwa bei Leningrad, Kaukasus oder in Sibirien. An einigen Frontabschnitten (z.B. Heeresgruppe Nord) war die Wehrmacht am 22. Juni sogar zahlenmäßig überlegen.

Das Unternehmen Taifun, die Eroberung Moskaus durch die deutsche Wehrmacht, konnte ihr Ziel nicht mehr erreichen. Dies hatte folgende Gründe:
Hitler sah die Vernichtung von sowjetischen Armeen als bedeutender an, als die Eroberung von Städten! (Darum wurde auch Leningrad niemals erobert, weil laut Hitlers Sicht, die eingeschlossenen Sowjetbürger im Winter an Hunger und Kälte sterben und eine blutige Staßenschlacht darum als sinnlos erachtet wurde!

Ist auch wieder so nicht richtig. Die Generale strebten eher ein Vernichtung des russischen Militärpotentials an, weswegen sie Anfang den Schwerpunkt ausschließlich in Richtung Moskau lenken wollten. Hitler dagegen modifizierte den Plan, so dass er ausgesprochen weitgesteckte Ziele enthielt. Er hegte vor allem wirtschaftliche Hoffnungen, wollte die Ukraine sowie die Ölquellen im Kaukasus sichern. Dass er Leningrad nicht erobert hatte, als sich die Chance dazu bot, war eine der irrationalsten Entscheidungen Hitlers während des Feldzugs. Als er sich später dazu entschloss, Stalingrad zu halten, ging es dagegen wiederum mehr um den symbolischen Wert der Stadt.

) Darum lenkte Hitler die Panzerabteilungen der Heeresgruppe Mitte in Richtung östlich Kiew, damit sie sich mit denen der Heeresgruppe Süd verbinden sollte und somit die gesamte sowjetrussische Rote Armee in der Ukraine abzuschneiden und zu vernichten! (Panzerabteilungen Guderian und Kleist) Diese Kämpfe (Kampf um Kiew) ist die größte Schlacht der Weltgeschichte gewesen, was leider, leider immer wieder von orthodoxen Lehrmeinungen verleugnet oder schlimmer, nicht erwähnt wird!

Öhm.. die Schlacht von Kiew wird eigentlich in jeder mir bekannten Gesamtdarstellung des Krieges ausführlich gewürdigt. Ob es nun die größte Schlacht der Geschichte ist? Ich würde da eher die Schlacht von Kursk anführen, mit 900 000 Mann auf deutscher und 1,3 Mio. auf russischer Seite, wobei insbesondere die rote Armee während der Schlacht noch bedeutend verstärkt wurde. Auf jeden Fall war Kiew wohl der größte Erfolg der Wehrmacht, auf eine einzelne Schlacht bezogen.
 
Gast schrieb:
Deutschland nur 6 Wochen benötigte um Frankreich zu schlagen und im April/Mai 1941 Jugoslawien und Griechenland besetzte, passte nicht ins Kalkül von Stalin. Er wollte mit seiner Roten Armee, die weitaus über größere bewegliche Kräfte (besonders Panzer: hier fast 40.000!) an der Westgrenze an das Deutsche Reich verlegte um spätestens im Sommer 1942 Europa zu unterwerfen! Die sowjetische Rote Armee befand sich im Sommer 1941 in Anmarsch in die Verfügungsbereiche in Richtung Westen. Darum sind die riesigen Gefangennahmen kein Zufall gewesen. Die Rote Armee lief also genau in die Arme der deutschen Wehrmacht. Erst als im Dezember 1941 die sibirischen Truppen eintrafen konnte eine Stabilisierung der Front seitens der Sowjetunion erlangt werden.
Das Unternehmen Taifun, die Eroberung Moskaus durch die deutsche Wehrmacht, konnte ihr Ziel nicht mehr erreichen. Dies hatte folgende Gründe:
Hitler sah die Vernichtung von sowjetischen Armeen als bedeutender an, als die Eroberung von Städten! (Darum wurde auch Leningrad niemals erobert, weil laut Hitlers Sicht, die eingeschlossenen Sowjetbürger im Winter an Hunger und Kälte sterben und eine blutige Staßenschlacht darum als sinnlos erachtet wurde!) Darum lenkte Hitler die Panzerabteilungen der Heeresgruppe Mitte in Richtung östlich Kiew, damit sie sich mit denen der Heeresgruppe Süd verbinden sollte und somit die gesamte sowjetrussische Rote Armee in der Ukraine abzuschneiden und zu vernichten! (Panzerabteilungen Guderian und Kleist) Diese Kämpfe (Kampf um Kiew) ist die größte Schlacht der Weltgeschichte gewesen, was leider, leider immer wieder von orthodoxen Lehrmeinungen verleugnet oder schlimmer, nicht erwähnt wird! In dieser Schlacht verloren mehr als 2 Millionen(!) russische Soldaten ihr Leben, über 665.000(!) gingen in die deutsche Gefangenschaft! Durch diese Schlacht, gewann also der deutsche Vormarsch im Süden an Lauf, was jedoch der Heeresgruppe Mitte nicht half. Erst durch eine Neugruppierung der Panzerkräfte und Verstärkungen aus der Reserve konnte das Unternehmen Taifun gestartet werden. Das Ziel die Eroberung Moskaus lag in greifbarer Nähe! :eek:

Bei der Planung des Unternehmens Barbarossa wurden auf deutscher Seite mehrere schwerste Fehler begangen:

1. War versäumt worden die Stärke der Roten Armee zutreffend aufzuklären. Mit anderen Worten, die deutsche Führung ging von wesentlich niedrigeren Truppenzahlen aus.
2. Die aktuelle russische Militärtechnik war der deutschen Heeresführung unbekannt. Sie hatten keine Ahnung von Stalinorgel, T34 und russ. MPi, zum Beispiel. Dasselbe gilt für die neueren Flugzeugtypen.
3. Die deutsche Führung hat es versäumt den deutschen Truppen elementarste Grundkenntnisse in der Winterkriegführung in einem Kontinentalklima zu vermitteln.

Das sind die Dinge um die sich ein Generalstab einfach zu kümmern hat, sozusagen das "kleine Einmaleins".

Dass trotzdem relativ große Anfangserfolge erzielt wurden, hat mehrere Ursachen: (14-18 wurden auf einem "Neben-"Kriegsschauplatz mindestens eben so große Erfolge erzielt)

Stalin hat seine Armeeführung 3 Jahre zuvor ermorden lassen. Im Baltikum, Ostpolen, Bessarabien sah man die Deutschen als Befreier. So groß wird der Rückhalt der sowjet. Massenmörder in der russischen Bevölkerung der "alten" Gebiete auch nicht gewesen sein, mindestens bis sie bemerken mussten, dass da Nazi-Massenmörder kamen.

In den Generalsmemoiren liest man sowas natürlich nicht. Aber das sind Fakten.

Soviel zu den "größten Schlachten" usw.
Die "Präventiv-Kriegsthese" haben andere Dir schon überzeugend widerlegt.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
1. War versäumt worden die Stärke der Roten Armee zutreffend aufzuklären. Mit anderen Worten, die deutsche Führung ging von wesentlich niedrigeren Truppenzahlen aus.

Das ist so nicht ganz richtig. Die taktische Aufklärung der Wehrmacht war sehr akkurat, begünstigt durch die Weisung Stalins deutsche Luftraumverletzungen zu dulden, um keinen Vorwand zur Eskalation zu liefern. Wo Fremde Heere Ost sich vergallopiert hat, war die Widerstandskraft der SU, vor allem die Fähigkeit rasch neue Verbände aufzustellen und in den Kampf zu werfen.

2. Die aktuelle russische Militärtechnik war der deutschen Heeresführung unbekannt. Sie hatten keine Ahnung von Stalinorgel, T34 und russ. MPi, zum Beispiel. Dasselbe gilt für die neueren Flugzeugtypen.

Das war für das Kräfteverhältnis aber zunächst nicht relevant, weil diese neuen Waffen nur vereinzelt zum Einsatz kamen. Die Planung von Barbarossa sah vor, die Rote Armee innerhalb weniger Wochen zu zerschlagen. Das dieses Ziel nicht erreicht wurde, lag weniger an überlegenen Waffen, als an schierer Masse.

3. Die deutsche Führung hat es versäumt den deutschen Truppen elementarste Grundkenntnisse in der Winterkriegführung in einem Kontinentalklima zu vermitteln.

S.o. Warum sich für einen langen Winterkampf vorbereiten, wenn man von einem kurzen Sommerfeldzug ausgeht? Dass der Mangel allerdings nicht behoben wurde, sobald man absehen konnte, dass es vielleicht länger dauern könnte, ist eine andere Frage.

Das sind die Dinge um die sich ein Generalstab einfach zu kümmern hat, sozusagen das "kleine Einmaleins".

S.o.

Dass trotzdem relativ große Anfangserfolge erzielt wurden, hat mehrere Ursachen: (14-18 wurden auf einem "Neben-"Kriegsschauplatz mindestens eben so große Erfolge erzielt)

Stalin hat seine Armeeführung 3 Jahre zuvor ermorden lassen. Im Baltikum, Ostpolen, Bessarabien sah man die Deutschen als Befreier. So groß wird der Rückhalt der sowjet. Massenmörder in der russischen Bevölkerung der "alten" Gebiete auch nicht gewesen sein, mindestens bis sie bemerken mussten, dass da Nazi-Massenmörder kamen.

Schwerer dürfte gewogen haben, dass im Sommer 1941 zahlreiche militärische Führer als Sündenböcke für die Misserfolge erschossen wurden. Der Rückhalt in der Bevölkerung war hingegen nicht unbedingt kriegsentscheidend.

Die deutschen Erfolge beruhten auf einem überlegenen Kommunikationssystem und der Verlagerung von taktischen Entscheidungen auf die Ebene der Unterführer. Wenn Generale dafür erschossen werden, dass sie eigene Entscheidungen treffen, kann man schlecht erwarten, dass Leutnante die Initiative ergreifen, oder?
 
@ Albatros: man weiß durch die unterschiedlichen Einschätzungen in Besprechungen, Lageberichten etc., dass die Wehrmacht tatsächlich im Dunkeln tappte, was die genaue russische Truppenstärke betraf. Dabei musste die Zahl der russischen Divisionen ständig weiter nach oben korrigiert werden.
Diese Einschätzungen beruhten weniger auf Spionageflügen, die ja erst spät - ca. einen Monat vor Barbarossa - in großem Umfang gestartet wurden, um Stellungen, Flugplätze, Vormarschwege mit Brücken etc. zu erkunden.
Sie beruhten auf den Informationen der Militärattachess und Diplomaten in Moskau, vielleicht auch auf Informationen von Agenten etc.
 
Ashigaru schrieb:
@ Albatros: man weiß durch die unterschiedlichen Einschätzungen in Besprechungen, Lageberichten etc., dass die Wehrmacht tatsächlich im Dunkeln tappte, was die genaue russische Truppenstärke betraf.

Und?

In den ersten sechs Wochen (also bis Anfang September) waren die meisten Divisionen der westlichen Militärbezirke/Fronten weitgehend vernichtet worden. Damit war das ursprüngliche Ziel erreicht worden. Dummerweise hielt sich die Rote Armee nicht an das Drehbuch und warf immer neue Divisionen in den Kampf, die zu Beginn des Feldzuges noch gar nicht existierten. Wie hätte man davon vorher wissen können?

Ich empfehle mal, einen Blick in House/Glantz: When Titans Clashed. How the Red Army stopped Hitler (2000) zu werfen.
 
Albatros schrieb:
Und?

Dummerweise hielt sich die Rote Armee nicht an das Drehbuch und warf immer neue Divisionen in den Kampf, die zu Beginn des Feldzuges noch gar nicht existierten. Wie hätte man davon vorher wissen können?
.

Klar, wie soll auf diese Sch...-Bolschewiken auch Verlass sein.

Pardon, aber das sind genau die Dinge die man vorher wissen muss. Eben einmaleins der Generalstabsarbeit.

aber klar, ich habe manche dieser Generals-Memoiren auch schon gelesen, von vorne bis hinten wird der Eindruck erweckt, dass das OKH von der ersten Minute bis zum 8. Mai 45 Hitler und das OKW daran hindern mussten den Krieg zu verlieren. Was ihnen leider, leider letztlich nicht gelang.

Die Wahrheit sieht nun mal leider anders aus.
Ich wiederhole deshalb meinen Hinweis, dass dringend der Literaturhintergrund mancher Diskutanten erweitert werden sollte.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Pardon, aber das sind genau die Dinge die man vorher wissen muss. Eben einmaleins der Generalstabsarbeit.

Sicher ist es hilfreich, die Stärke des Gegners und seine Aufstellung zu kennen. Aber es gehört mehr dazu, als das. Clausewitz, glaube ich, nennt das den "Kriegsnebel", jene Unsicherheit, die immer besteht. Denn ob die Informationen, die ich habe, zuverlässig sind oder nicht, stellt sich meist erst hinterher heraus. Ich wage zu bezweifeln, dass jemals ein Feldherr o.ä. vollständig über die Stärke, Fähigkeiten, Absichten, etc. seines Gegners informiert war. Die Kunst ist es, auf Überraschungen gefaßt zu sein, und trotz widriger Umstände, die Entscheidung zu den eigenen Gunsten zu wenden. Wenn alles nur eine Frage der numerischen oder qualitativen Überlegenheit wäre, sähe die Weltgeschichte heute anders aus.


Gruß zurück

Albatros
 
@ Albatros: ich würde diesen Punkt nicht ganz vom Tisch fegen.

Sicher ist es hilfreich, die Stärke des Gegners und seine Aufstellung zu kennen. Aber es gehört mehr dazu, als das. Clausewitz, glaube ich, nennt das den "Kriegsnebel", jene Unsicherheit, die immer besteht. Denn ob die Informationen, die ich habe, zuverlässig sind oder nicht, stellt sich meist erst hinterher heraus.

1. war es ja nicht so, dass die rote Armee nach den zahlreichen Katastrophen im Sommer 1941 komplett neu aufstellen musste. Es sei erinnert an die Stoßarmee (ich glaube, die 5.), die aus Sibirien kam und bei der Winterschlacht um Moskau eine entscheidende Rolle spielte.

2. Das Problem mit der Gegnereinschätzung: es war schon insofern wichtig, als dass von vornherein klar war, dass die Wehrmacht eben eine bestimmte Anzahl von Divisionen ins Feld werfen konnte, die nicht beliebig nach oben steigerbar war. Wenn ich mich richtig erinnere, wurden 90 % aller Felddivisionen 1941 an der Ostfront eingesetzt. Von daher spielte es schon eine Rolle, zu wissen, ob man mit diesen Kräften überhaupt in der Lage war, die rote Armee zu schlagen. Schon im Jahr 1940 wurden die Meldungen von der Truppenstärke der roten Armee ständig nach oben korrigiert; am Anfang glaubte man gar, die rote Armee würde der Stärke von etwa 75 deutschen Divisionen entsprechen (wohlgemerkt Kampf- nicht nominelle Stärke). Am 22. Juni lag die Schätzung bei 160 sowjetischen Divisionen - damit wurde nicht einmal die hier beobachtete "erste strategische Staffel" voll erfasst, die zehn Divisionen mehr umfasste. Das heißt also, dass die deutsche Führung überhaupt nicht im Bilde war, wie viel Reserven die rote Armee würde aufbieten können (nämlich allein 1941 schon sechzig bis achtzig Divisionen zusätzlich)! Und das spielt schon eine wichtige Rolle, da auch aufgrund dieser Schätzungen die militärische Führung einen Blitzfeldzug von zwei bis drei Monaten für möglich hielt.
 
Ashigaru schrieb:
1. war es ja nicht so, dass die rote Armee nach den zahlreichen Katastrophen im Sommer 1941 komplett neu aufstellen musste. Es sei erinnert an die Stoßarmee (ich glaube, die 5.), die aus Sibirien kam und bei der Winterschlacht um Moskau eine entscheidende Rolle spielte.

Schon klar! Aber die Verluste waren derartig hoch, dass von der Roten Armee die im Juni 1941 angetreten war, nur noch ein müder Schatten blieb. Nicht nur an Menschen, sondern auch und gerade an Material. Verschiedene Armeen wurden bis Jahresende mehrmals komplett neu aufgestellt, nur um gleich wieder vernichtet zu werden.

2. Das Problem mit der Gegnereinschätzung: es war schon insofern wichtig, als dass von vornherein klar war, dass die Wehrmacht eben eine bestimmte Anzahl von Divisionen ins Feld werfen konnte, die nicht beliebig nach oben steigerbar war..

Auch hier kein Widerspruch, nur ist die absolute Stärke zweier Armeen nicht gleichzusetzen mit der relativen Stärke. Die Feuerkraft einer deutschen Infanterie-Division war mehr als doppelt so groß, wie die einer (vollaufgefüllten) sowjetischen Schützen-Division, von denen die meisten nur 2/3 ihrer Mannschaftsstärke besassen (Glantz: Stumbling Colossus). Das Ostheer hatte eine große Faust, aber einen kurzen Arm.

Schon im Jahr 1940 wurden die Meldungen von der Truppenstärke der roten Armee ständig nach oben korrigiert; am Anfang glaubte man gar, die rote Armee würde der Stärke von etwa 75 deutschen Divisionen entsprechen (wohlgemerkt Kampf- nicht nominelle Stärke). Am 22. Juni lag die Schätzung bei 160 sowjetischen Divisionen - damit wurde nicht einmal die hier beobachtete "erste strategische Staffel" voll erfasst, die zehn Divisionen mehr umfasste. Das heißt also, dass die deutsche Führung überhaupt nicht im Bilde war, wie viel Reserven die rote Armee würde aufbieten können (nämlich allein 1941 schon sechzig bis achtzig Divisionen zusätzlich)! Und das spielt schon eine wichtige Rolle, da auch aufgrund dieser Schätzungen die militärische Führung einen Blitzfeldzug von zwei bis drei Monaten für möglich hielt.

Kein Wunder, denn die Rote Armee wurde seit September 1939 schrittweise mobilisiert. Die deutsche Führung hinkte entsprechend der Entwicklung hinterher. 1941 wurde noch mit Panzerverbänden gerechnet, die längst umgruppiert worden waren. Aber das ist bei dynamischen Prozessen immer so. Das eigentliche Problem liegt nicht in der Feindlagebeurteilung des OKW/OKH, sondern in der Fehleinschätzung des militärischen Potentials der SU, vorallem aber der "force generation". Und da man diese im Voraus selten realistisch einschätzen kann, verstärkt dieser Faktor den "Kriegsnebel" zusätzlich.
 
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