Kriegserklärung Großbritannien/Frankreich an Deutschland

Maspas

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Kurze Frage, ich finde keine Informationen dazu.

Nachdem Deutschland den Überfall auf Polen vollzogen hatte, kam wie versprochen die Kriegserklärung von Großbritannien und Frankreich an Deutschland.
Allerdings war Russland auch in den Überfall integriert und besetzte das östliche Polen. Spätestens nach dem russischen Finnland Feldzug, sollten doch die Absochten Russlands klar gewesen sein.
Wieso richtete sich die Kriegserklärung von UK/FRA nicht auch gegen die Sowietunion? Wurde eine Eskalation befürchtet?
 
Im Winterkrieg, als am 26. November 1939 Stalin seine Rote Armee Finnland überfallen ließ, verhielt es sich ähnlich.
Der internationale Protest war riesig. Finnland hoffte auf Hilfe aus dem Westen, wurde jedoch mit Versprechungen eher hingehalten. Bis auf Materiallieferungen, sowohl vom Westen, wie auch von Italien und dem Ausschluss der Sowjetunion aus dem Völkerbund, geschah aber kaum etwas. Deutschland hielt sich offiziell raus, auch wenn es den Italienern erlaubte, die Hilfslieferungen über sein Territorium zu transportieren.
 
Beistandspolitik ist nicht durch Menschenfreundlichkeit geprägt sondern leider ein ausgesprochen egoistisches und intrigantes Geschehen. An einem Krieg mit Deutschland bestand offenbar ein Interesse, an einem mit der Sowjetunion nicht. Ob sich die Russen Finnland nahmen, war offenbar für die größeren Mächte weder militärstrategisch noch wirtschaftlich entscheidend.
 
Beistandspolitik ist nicht durch Menschenfreundlichkeit geprägt sondern leider ein ausgesprochen egoistisches und intrigantes Geschehen. An einem Krieg mit Deutschland bestand offenbar ein Interesse, an einem mit der Sowjetunion nicht. Ob sich die Russen Finnland nahmen, war offenbar für die größeren Mächte weder militärstrategisch noch wirtschaftlich entscheidend.
Klar, für Russland ging es unter anderem um ihre Seemacht, bzw. Ausweitung ihres Einflussbereiches unter anderem in der Ostsee. Da die Anderen davon nicht wirklich betroffen waren, hielten sie sich mehr oder weniger raus.
 
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Danke! Im zweiten Link von silesia steht folgendes
Mit dem Einmarsch in Prag (Mrz. 1939) wurde deutlich, dass Hitler die Hegemonie in Europa erstrebte. Das nächste Opfer seiner Gier würde Polen sein. Mit der Garantieerklärung sollte Hitler von einer Aggression gegenüber Polen abgeschreckt werden.

Kann man das so stehen lassen? Also wurde die Solidarität nur ausgesprochen um für Ruhe in Europa zu sorgen?
 
Kann man das so stehen lassen? Also wurde die Solidarität nur ausgesprochen um für Ruhe in Europa zu sorgen?

Das kann man stehen lassen.

"Ruhe in Europa" bezog sich allerdings auf Abschreckung gegen einen bevorstehenden Angriff des Deutschen Reiches auf Polen sowie die Einverleibung von Rumänien in eine angestrebte deutsche Hegemonialzone in Europa. Zum Zeitpunkt der schriftlichen Garantie war dann bereits durch Hitler der Angriffsbefehl ausgegeben worden (23.8.1939). Die schriftliche Garantie bewirkte eine Verzögerung von wenigen Tagen.
 
Die britische und französische Garantieerklärung vom März 1939 bezog sich auf Polen, Rumänien und Griechenland. Letzteres geriet durch die italienischen Gelüste auf Albanien in den Fokus.
 
War es so, dass Stalin und Hitler den Einmarsch und die Aufteilung Rumäniens besprochen haben, so wie das auch mit Polen der Fall war?

Edit: Hab es schon gefunden. Das war Teil des Hitler-Stalin-Pakts.
 
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Es gab im übrigen aktive Überlegungen die Sowjetunion anzugreifen. Allerdings gab es wohl in die Richtung keine vernünftigen Planungen.
 
Es gab im übrigen aktive Überlegungen die Sowjetunion anzugreifen. Allerdings gab es wohl in die Richtung keine vernünftigen Planungen.

Eigentlich auch keine vernünftigen Optionen. Ernsthaft erwogen wurde eine Bombardierung der kaukasischen Ölgebiete der UdSSR, da die Westmächte die Zulieferungen an das Deutsche Reich für kriegswichtig hielten.


Zu Rumänien die aktuelle Studie:
Haynes, Rebecca, Romanian Policy towards Germany 1936-1940, 2000.

Beistandspolitik ist nicht durch Menschenfreundlichkeit geprägt sondern leider ein ausgesprochen egoistisches und intrigantes Geschehen. An einem Krieg mit Deutschland bestand offenbar ein Interesse, an einem mit der Sowjetunion nicht. Ob sich die Russen Finnland nahmen, war offenbar für die größeren Mächte weder militärstrategisch noch wirtschaftlich entscheidend.

Die von den Westmächten wahrgenommene Bedrohung Europas wandelte sich 1938/39 wesentlich, und verschob sich vom befüchteten Aggressor und "Kommunismusexporteur" Rußland zum Dritten Reich.

"Interesse am Krieg" seitens des angesprochenen Großbritannien ist hier ein merkwürdiger Ausdruck, und er hat einen Beigeschmack, da er auch in Hitler-Reden Verwendung fand.

Er ist im Kontext deplaziert, unscharf, sogar falsch, wie bereits die Dominanz der Appeasement-Gruppen in GB bis 1938 zeigt. Diese Dominanz wurde erst durch die fortschreitenden Aggressionen und den territorialen Appetit des Dritten Reiches restlos beseitigt. Dieser Krieg wurde GB von Seiten des Dritten Reiches nicht nur förmlich aufgezwungen, und er wurde nach dem Ultimatum GBs auch nicht am 3.9.1939 politisch beendet, weil diese Beendigung nicht in die Blut- und Bodenpläne, die Annexionspläne Hitlers in Bezug auf Polen passte.

Die gewandelte Haltung zB Chamberlains, das Ende des Appeasements ist außerdem in den letzten Jahrzehnten detailliert untersucht worden, so dass man auf solche Aggregationen wie "Interesse" verzichten sollte. Der Beistandspakt war das letzte Signal an Hitler, gewaltsame Einverleibungen an seinen Grenzen zu unterlassen.
 
Das kann man guten Gewissens "Interesse" nennen. Interesse in diesem Fall am Machterhalt Großbritanniens und Frankreichs, dem Bestand bestehender Staaten und dem Vorbeugen einer weiteren Verletzung der internationalen Völkerrechtsordnung. Wenn man fundamental friedliebend und selbstgenügsam gewesen wäre, hätte man Deutschland ja ruhig machen lassen können. Da so ein Pazifismus auf längere (oder kürzere) Sicht selbstzerstörerisch gewesen wäre, kann man nichts gegen das Interesse Großbritanniens und Frankreichs, den Krieg mit Deutschland zu führen, einwenden.
 
Ich denke mal, entscheidender war, das nicht helfen können.
Die französischen und britischen Politiker konnten im Gegensatz zu anderen Rechnen und Karte lesen, auch kannten sie die eigene Fähigkeit, Kriegführen zu können.
Frankreich +GB ~ 80 mill. Einwohner, Deutsches Reich dto. SU 190 mill

Dazu ein wenig Land zwischen den Alliierten und der Polnischen Ostgrenze ~ 1600 km von Bialystok bis Dünkirchen. Und das mit ~ 720 000 Mann, schlecht ausgerüstet ???

Ich denke, da bleibt man dann doch lieber friedlich
 
Das kann man guten Gewissens "Interesse" nennen.

Klar, Interessen kann man allen nicht-instinktiven Reaktionen beilegen, das zeigt ja bereits die Unschärfe und Beliebigkeit des Begriffs. Deswegen empfand ich oben die Kombination von intrigant, egoistisch und Kriegsinteresse Großbritanniens als "merkwürdig".

Beschäftigt man sich mal etwas näher mit dem Großbritannien von 1933/39, lassen sich mehr Hinweise auf (Achtung, ebenso unscharf: :winke:) Desinteresse als Interesse am Konflikt identifizieren, noch bis zum 1.9.1939. Die polnische Garantie läßt sich problemlos auch als Desinteresse an Krieg interpretieren, da die strategische Grundlage hierfür der Versuch der Abschreckung des Deutschen Reichs vom Angriff auf Polen gewesen ist (und eben nicht die Ermunterung oder Provokation Hitlers). Das hat leider nur 3 Tage funktioniert.

Auf der Metaebene läßt sich aber selbst dieses Desinteresse als Interesse verstehen. Die Appeasement-Kritik in Großbritannien ging dann den Weg, das Desinteresse Großbritanniens am Konflikt mit dem Deutschen Reich, an einer rigorosen, rechtzeitigen, auch militärisch gestützten containment-Politik, scharf zu kritisieren.
Siehe auch hier.
http://www.geschichtsforum.de/f67/a...tand-der-wissenschaftlichen-diskussion-34825/

Die deutsche Minderheit in Polen, ohnehin in den 1920ern bereits wesentlich zusammengeschmolzen, interessierte Hitler weder beim deutsch-polnischen Nichtangriffspakt 1934 noch 1939. Andererseits fuhren alle Wekmarer Regierungen vor dem NS bereits eine Unterminierungspolitik in der Minderheitsfrage, unterstützten Extremisten, finanzierten heimlich die Presse etc. Dies geschah zur Abstützung territorialer Revisionsansprüche zum Versailler Vertrag, und ging querbeet durch alle demokratischen Regierungen.

Das Thema wurde dann von der NS-Presse seit 1938 wieder hervorgekramt und hochgekocht, nachdem es 1934-1937 mit dem Nichtangriffspakt in der Versenkung - politisch nicht mehr opportun - verschwunden war, und nachdem Polen sich den Großdeutschen Expansionsplänen nach Osten - als von Hitler angedachter Vasall - definitiv verweigert hatte.

Wenn man sich polnische Reaktionen vor dem Krieg anschaut, sind diese zT eben auch Reflexe gegen die hasstreibende Berichterstattung unter Goebbels. Das deutsche Außenministerium interessierten die Ausschreitungen in Polen gegen die deutsche Minderheit nur in der Weise, dass "Material" für den Angriff auf Polen gesammelt werden sollte. Verbesserungen für die Minderheit wurden in den politischen Gesprächen ausweislich der diplomatischen Akten überhaupt nicht angestrebt, weshalb die ganze Thematik nur Alibi-Funktion erfüllte.

http://www.geschichtsforum.de/f67/deutsche-polen-1919-1939-a-5523/
 
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Mal eine Frage rein praktischer Natur:
mit was hätten die Westmächte denn drohen sollen?? Sie hatten die Entwicklung von 1925 bis 1939 in Deutschland schlicht verschlafen und mußten ganz einfach Hitlers Säbelrasseln 1938 hinnehmen. Deutschland hatte ~ 500 000 Mann unter Waffen und war in der Lage, auf 3 000 000 aufzustocken ....

Und die Westmächte ??? England hatte eine Berufsarmee, also praktisch keine Reservisten und Frankreich war in Europa ähnlich wehrlos.
 
Kurze Frage zu dem Thema. Ich diskutiere grad mit einem scheinbar rechts ausgerichteten Menschen.
Er rechtfertigt den Einmarsch des deutschen Reiches, wegen der ethnischen Säuberung, welche in Polen auf die deutschen Minderheiten verübt wurden.
Ist das rechtsgerichteter Propagandamüll oder kann man das ernst nehmen?
 
Diese Argumentation liegt nicht unerheblich auf der Linie der deutschnationalen bzw. NS-Rethorik.

Relevant ist: Es gibt eine Historie seit den zwanziger Jahren, die man via der Formulierung der Ziele von "Mein Kampf" und dem Lebensraum im Osten-Motiv, den entsprechenden Protokollen zu Hitlers Zielen und nach 37 in der Formulierung seiner Kriegsziele erkennen kann. (Schmundt, Hoßbach etc.)

Vgl. dazu
NS-Archiv : Dokumente zum Nationalsozialismus

Deutlich wird, dass es um die wirtschaftliche Nutzung des Ostens (Ukraine) geht und die anzustrebende Autarkie für die deutsche Kriegswirtschaft. So ist zumindest der aktuelle Konsens in der internationalen Forschung zu den Zielen Hitlers.

Vor diesem Hintergrund ist Danzig und das Minoritätenproblem, das es in begrenztem Umfang real gab, eher im Rahmen der politischen Symbolik anzusiedeln, um die Legitimation des Krieges gegen Polen vorzubereiten.

Das komplizierte Verhältnis zwischen dem 3. Reich und Polen und der UdSSR beleuchtet sehr gut Müller. Vereinfacht kann man sagen, entweder mit Polen gegen die UdSSR oder ohne Polen gegen die UdSSR. Wichtig ist dabei, dass relativ lange unklar war, ob Polen ein potentielles Bündnispartner von Hitler hätte sein können.

http://books.google.de/books?id=ly6...a=X&ei=92fHUP-BMaLw4QSL2oHADA&ved=0CDsQ6AEwAA
 
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