Das kann man guten Gewissens "Interesse" nennen.
Klar, Interessen kann man allen nicht-instinktiven Reaktionen beilegen, das zeigt ja bereits die Unschärfe und Beliebigkeit des Begriffs. Deswegen empfand ich oben die Kombination von intrigant, egoistisch und Kriegsinteresse Großbritanniens als "merkwürdig".
Beschäftigt man sich mal etwas näher mit dem Großbritannien von 1933/39, lassen sich mehr Hinweise auf (Achtung, ebenso unscharf: :winke
Desinteresse als Interesse am Konflikt identifizieren, noch bis zum 1.9.1939. Die polnische Garantie läßt sich problemlos auch als Desinteresse an Krieg interpretieren, da die strategische Grundlage hierfür der Versuch der Abschreckung des Deutschen Reichs vom Angriff auf Polen gewesen ist (und eben nicht die Ermunterung oder Provokation Hitlers). Das hat leider nur 3 Tage funktioniert.
Auf der Metaebene läßt sich aber selbst dieses Desinteresse als Interesse verstehen. Die Appeasement-Kritik in Großbritannien ging dann den Weg, das Desinteresse Großbritanniens am Konflikt mit dem Deutschen Reich, an einer rigorosen, rechtzeitigen, auch militärisch gestützten containment-Politik, scharf zu kritisieren.
Siehe auch hier.
http://www.geschichtsforum.de/f67/a...tand-der-wissenschaftlichen-diskussion-34825/
Die deutsche Minderheit in Polen, ohnehin in den 1920ern bereits wesentlich zusammengeschmolzen, interessierte Hitler weder beim deutsch-polnischen Nichtangriffspakt 1934 noch 1939. Andererseits fuhren alle Wekmarer Regierungen vor dem NS bereits eine Unterminierungspolitik in der Minderheitsfrage, unterstützten Extremisten, finanzierten heimlich die Presse etc. Dies geschah zur Abstützung territorialer Revisionsansprüche zum Versailler Vertrag, und ging querbeet durch alle demokratischen Regierungen.
Das Thema wurde dann von der NS-Presse seit 1938 wieder hervorgekramt und hochgekocht, nachdem es 1934-1937 mit dem Nichtangriffspakt in der Versenkung - politisch nicht mehr opportun - verschwunden war, und nachdem Polen sich den Großdeutschen Expansionsplänen nach Osten - als von Hitler angedachter Vasall - definitiv verweigert hatte.
Wenn man sich polnische Reaktionen vor dem Krieg anschaut, sind diese zT eben auch Reflexe gegen die hasstreibende Berichterstattung unter Goebbels. Das deutsche Außenministerium interessierten die Ausschreitungen in Polen gegen die deutsche Minderheit nur in der Weise, dass "Material" für den Angriff auf Polen gesammelt werden sollte. Verbesserungen für die Minderheit wurden in den politischen Gesprächen ausweislich der diplomatischen Akten überhaupt nicht angestrebt, weshalb die ganze Thematik nur Alibi-Funktion erfüllte.
http://www.geschichtsforum.de/f67/deutsche-polen-1919-1939-a-5523/