Öl und Treibstoffe in Hitlers Krieg

narziss

Mitglied
Wie wichtig war das Öl für Hitler?

Der Threadtitel sagt es mal wieder. Wie entscheidend waren die Ölreserven für Hitler. Dass der deutschen Luftwaffe und den deutschen Panzern das Öl ausging ist bekannt und hat den Zusammenbruch des Dritten Reiches nur noch beschleunigt. Aber ab wann hatte Deutschland nicht mehr ausreichend Öl zur Verfügung? Hätte eine Luftwaffe mit ausreichend Treibstoff beispielsweise die Zerstörung Hamburgs verhindern können, oder waren die Engländer zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon überlegen? Ähnliche Überlegungen gelten für die Ostfront. Hatten die deutschen Panzer bereits zur Schlacht von Kursk mit Treibstoffmangel zu kämpfen oder erst ab 1944 als der Krieg ohnehin schon entschieden war?

Noch was zum gleichen Thema. Hätte Hitler den Kaukasus und damit die aserbaidschanischen Ölfelder erobert, wäre dann die Ölproblematik behoben gewesen? Nach dem Prinzip verbrannte Erde hätten die Sowjets wohl alle Produktionsstätten zerstört. Wenn man das wieder aufgebaut hätte, müsste man das Öl aus dem hintersten Winkel Europas noch transportieren und in der Raffinerie aufarbeiten. Hätte der Prozess so lang gedauert, dass eine Einnahme des Kaukasus so oder so keine kriegsentscheidende Wirkung gehabt hätte?
 
Es gibt eine These, dass es erst die umfangreiche Wirtschaftshilfe durch die Sowjetunion nach dem Hitler-Stalin-Pakt war, die es ihm ermöglichte, überhaupt den Frankreich-Feldzug zu führen und zu gewinnen. Das nur mal vorweg.

Die Achsenstaaten waren, was das Öl betrifft, von Anfang an in einer schlechteren Konstellation. Ab 1941 konnten sie es im Grunde nur aus den großen Lagerstätten von Ploiesti/Rumänien und den viel kleineren von Nagy-Kanisza (Ungarn) beziehn. Genaue Zahlen habe ich leider nicht, aber wenn ich mich recht erinnere, wurde der Erdölbedarf zu 80 % aus Rumänien gedeckt. Die Rohstofflage war m.W. bereits in den Jahren 1942/43 sehr angespannt, was sich mit zunehmenden Gebietsverlusten immer weiter verschlechterte.
Interessanterweise traf die Knappheit zuerst die Italiener, die ihre auf dem Papier starke Flotte kaum noch auslaufen ließen (wofür es aber noch weitere Gründe gab) und immer wieder versuchten, deren Einsatz von deutschen Rohstofflieferungen abhängig zu machen - vergebens, denn auch die Wehrmacht konnte das Erdöl nicht entbehren.
Ein weiteres Anzeichen für die Knappheit ist die Tatsache, dass Deutschland im Krieg immer stärker auf das viel ineffizientere Verfahren zurückgriff, Synthetiköl zu produzieren.
Jetzt zu deinen Fragen:

Aber ab wann hatte Deutschland nicht mehr ausreichend Öl zur Verfügung?

Das ist auch für mich schwer zu beantworten, denn auch in den letzten Kriegsmonaten gab es ja z.B. noch Panzeroffensiven oder Luftangriffe, wofür ja noch Öl zur Verfügung stehen musste, oder man denke an die Ardennenoffensive, wofür noch genügend Ressourcen zur Verfügung standen. Vielleicht wirkte sich hier auch der Vorteil der inneren Linie aus. Aber der Bedarf war nach dem Verlust von Ploiesti im August 1944 nicht mehr zu decken.

? Hätte eine Luftwaffe mit ausreichend Treibstoff beispielsweise die Zerstörung Hamburgs verhindern können, oder waren die Engländer zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon überlegen?

England hatte sowieso bessere Ölreserven. Aber selbst bei vollen Ölllagern wäre die Zerstörung Hamburgs kaum verhindert worden, aufgrund von zwei Faktoren:
- die Engländer flogen einen Nachtangriff. Unter den damaligen Bedingungen (kein Radar) war es sehr schwer, feindliche Nachtbomber zu finden und abzufangen. Selbst in den Jahren, als die deutsche Nachtjagd am besten organisiert war, konnten höchstens etwa zehn Prozent der gegnerischen Flugzeuge bei einem Angriff abgeschossen werden - das tat den Alliierten durchaus weh, war aber zu wenig, um den Abbruch des Angriffs zu erreichen.
- Ab 1942 setzten die Alliierten in noch nie da gewesenen Luftangriffen auf die pure Masse. Hamburg wurde etwa von 425 Bombern attackiert, es war kaum möglich, so eine Streitmacht aufzuhalten.

Hätte Hitler den Kaukasus und damit die aserbaidschanischen Ölfelder erobert, wäre dann die Ölproblematik behoben gewesen? Nach dem Prinzip verbrannte Erde hätten die Sowjets wohl alle Produktionsstätten zerstört.

Genau so war es. Bei der Kaukasus-Offensive wurde mit Maikop ein wichtiges Ölfeld erobert, aber die Sowjets hatten kurz vorher alle Anlagen zerstört.

Hätte der Prozess so lang gedauert, dass eine Einnahme des Kaukasus so oder so keine kriegsentscheidende Wirkung gehabt hätte?

Es kommt drauf an. Manchmal gelang im WK II den Ingenieuren erstaunliche Erfolge, wie z.B. die rasche Wiederherstellung des Hafens von Antwerpen durch die Alliierten. Aber kurzfristig hätte wohl tatsächlich eine Eroberung der Ölquellen mehr der Sowjetunion geschadet als den Deutschen genützt.
 
Ich meine auch mich daran zu erinnern, dass die Deportation der ungarischen Juden gestoppt wurde, nachdem die rumänischen Ölfelder verloren gingen. Die letzten wichtigen Ölfelder lagen in Ungarn und die Beziehungen zu diesem Staat, dessen Oberhaupt Horthy seine schützende Hand über die Juden hielt, wollte das Deutsche Reich nicht weiter anspannen. Horthy wollte gerne einen Frieden was schlecht gewesen wäre, weil Ungarn zu dem Zeitpunkt der letzte Verbündete war. Stimmt das?
 
Die letzten wichtigen Ölfelder lagen in Ungarn und die Beziehungen zu diesem Staat, dessen Oberhaupt Horthy seine schützende Hand über die Juden hielt, wollte das Deutsche Reich nicht weiter anspannen.

Ist so nicht ganz richtig. Die Deutschen nahmen im Oktober 1944 das Staatsoberhaupt Horthy gefangen und setzte ihn ab, nachdem er einen Waffenstillstand mit den Russen schließen wollte. Wie auch gegenüber anderen ehemaligen Verbündeten, nahmen sie wenig Rücksicht auf die Bevölkerung.

Die Judendeportationen in Ungarn geschahen von März bis Anfang Juli 1944. Gemäß dieser Seite
http://hist.claremontmckenna.edu/jpetropoulos/arrow/holocaust/holocaust.htm

war es aber eher die politische Einflussnahme der Alliierten auf die ungarische Regierung, die diese veranlasste, den Deutschen die Unterstützung bei der Judenverfolgung zu versagen.
 
narziss schrieb:
Aber ab wann hatte Deutschland nicht mehr ausreichend Öl zur Verfügung?

Also das Öl wurde mit der Bombardierung der rumänischen Ölfelder/Raffinerien durch die 8. Air Force im April/Mai 1944 knapp. Mit der Besetzung der Ölfelder im August 1944 durch die Rote Armee versiegte diese Quelle endgültig.
Bereits im August 1943 versuchte die 8. und 9. US Air Force (Ploiesti Raiders) die Ölfelder/Raffinerien zu zerstören, brachen aber die Bombadierung nach schweren Verlusten wieder ab. Trotzdem wurde die Ölförderung zeitweilig beeinträchtigt und sank für einige Wochem um ca. 50%. Danach erfolgte jedoch wieder eine ausreichende Versorgung
 
Öl ist und war auch damals sehr wichtig.Ich meine aber, dass die alliierte Luftüberlegenheit bei Bombenangriffen so groß war, dass auch bei genügend Sprit, die jeweiligen Bombenangriffe nicht abgwehrt werden konnten.
Au?erdem habe ich irgendwo gelesen, dass man auch aus Kohle Öl gewinnen konnte? :confused:
 
narziss schrieb:
Hätte eine Luftwaffe mit ausreichend Treibstoff beispielsweise die Zerstörung Hamburgs verhindern können, oder waren die Engländer zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon überlegen?
Also die Alliierten waren Mitte 1943 schon der deutschen Luftwaffe überlegen. Sie besaßen zwar noch nicht die absolute Luftherschaft, aber für die Zerstörung bestimmter Ziele hats schon gereicht. Der ständig wachsende Treibstoffmangel ab Mai 1944 beschleunigte aber dann die Erlangung der absoluten Luftherschaft durch die Alliierten.

narziss schrieb:
Ähnliche Überlegungen gelten für die Ostfront. Hatten die deutschen Panzer bereits zur Schlacht von Kursk mit Treibstoffmangel zu kämpfen oder erst ab 1944 als der Krieg ohnehin schon entschieden war?
Mit Treibstoffmangel kämpften eigentlich alle Panzereinheiten im 2. WK. Das war aber eher ein logistisches Problem. Die Seite, die über dem Kampfgebiet und das angrenzende Hinterland die Luftherschaft besaß, war da klar im Vorteil, denn Sie konnte den Transport
von Treibstoff und seine Lagerung und Verteilung beeinträchtigen.

narziss schrieb:
Noch was zum gleichen Thema. Hätte Hitler den Kaukasus und damit die aserbaidschanischen Ölfelder erobert, wäre dann die Ölproblematik behoben gewesen? Nach dem Prinzip verbrannte Erde hätten die Sowjets wohl alle Produktionsstätten zerstört. Wenn man das wieder aufgebaut hätte, müsste man das Öl aus dem hintersten Winkel Europas noch transportieren und in der Raffinerie aufarbeiten. Hätte der Prozess so lang gedauert, dass eine Einnahme des Kaukasus so oder so keine kriegsentscheidende Wirkung gehabt hätte?
Nun, die Rote Armee hätte die Ölfelder erst einmal zerstört.
Nach dem Wiederaufbau wären die Ölfelder in Reichweite angloamerikanischer Bomberverbände (ab 1943 im Iran) und auch sowj. Bomberverbände gewesen. Durch die Niederlage bei Stalingrad wurde dann die Eroberung des Kaukasus und der aserbaidschanischen Ölfelder ohne hin unmöglich.
Grundsätzlich war Öl zwar eine der wichtigsten Ressourcen,
aber nicht die einzigste. Auch mit einer ausreichenden Ölversorgung hätte Deutschland den Krieg verloren, er hätte möglicherweise länger getobt und sicherlich noch mehr Opfer gekostet.
 
Ashigaru schrieb:
England hatte sowieso bessere Ölreserven. Aber selbst bei vollen Ölllagern wäre die Zerstörung Hamburgs kaum verhindert worden, aufgrund von zwei Faktoren:
- die Engländer flogen einen Nachtangriff. Unter den damaligen Bedingungen (kein Radar) war es sehr schwer, feindliche Nachtbomber zu finden und abzufangen. Selbst in den Jahren, als die deutsche Nachtjagd am besten organisiert war, konnten höchstens etwa zehn Prozent der gegnerischen Flugzeuge bei einem Angriff abgeschossen werden - das tat den Alliierten durchaus weh, war aber zu wenig, um den Abbruch des Angriffs zu erreichen.
- Ab 1942 setzten die Alliierten in noch nie da gewesenen Luftangriffen auf die pure Masse. Hamburg wurde etwa von 425 Bombern attackiert, es war kaum möglich, so eine Streitmacht aufzuhalten.
Stimme Dir zum Teil zu: ein Aufhalten der Bomber in ihrem massierten Auftreten wäre unabhängig von der Treibstofflage kaum möglich gewesen.
Ausschlaggebend für die geringen Verluste der britischen Bomber bei ihrem Angriff auf Hamburg war aber der erstmalige Einsatz von Stanniolstreifen zur Störung der deutschen Funkmeßgeräte (engl. Radar). Beide Seiten hatten diese Störmöglichkeit entwickelt, die Briten als "Windows", die Deutschen als "Düppel". Auf deutscher Seite wurden die Düppel bis dahin auf Gründen der Geheimhaltung nicht eingesetzt. Im Vertrauen auf den Erfolg dieser Geheimhaltung verzichtete man auf eine störsichere Weiterentwicklung der Funkmeßgeräte. Als Hamburg angegriffen wurde, hatten die Nachtjäger genügend Treibstoff, sahen aber nichts.
 
heinz schrieb:
Öl ist und war auch damals sehr wichtig.Ich meine aber, dass die alliierte Luftüberlegenheit bei Bombenangriffen so groß war, dass auch bei genügend Sprit, die jeweiligen Bombenangriffe nicht abgwehrt werden konnten... :confused:

Das Zurückdrängen der alliierten Lüftüberlegenheit hat Hiltler selbst massiv behindert, als er den Bau der Messerschmidt Me 262 in ihrer Ursprungsversion, als Abfangjäger quasi unterband.

http://de.wikipedia.org/wiki/Messerschmitt_Me_262
 
Mal ganz abgesehen davon, dass die Amerikaner 1944 gezielt die Ölproduktion angriffen.

Die Luftwaffe litt am meisten unter dem Treibstoffmangel, nicht unbedingt in den Frontverbänden, die ganz oben auf der Liste standen, sondern im Bereich der Ausbildung. Verluste an Flugzeugführern konnten nicht so einfach ausgeglichen werden, weil junge Piloten sogut wie keine Flugerfahrung besaßen. Die Luftwaffe verlor nicht nur Maschinen im Luftkampf, schon die Bewegung am Boden wurde zum Risiko.

An zweiter Stelle der Prioritätsliste standen die Panzertruppen. Bei der Ardennenoffensive hatte man darauf gesetzt, die amerikanischen Treibstoffvorräte zu erbeuten und diese dann auf dem Vormarsch zu verwenden. Dummerweise setzten die Amerikaner ihre Vorräte in Brand, womit ein entscheidender Faktor für den Sieg relativiert wurde.

Auf strategischer Ebene wurde oftmals in Hinblick auf das Öl entschieden. Einerseits die Einbindung Rumäniens in die Achse, andererseits der Angriff auf Jugoslawien, als sich dort die Gefahr einer antideutschen Regierung andeutete. Ganz zu schweigen von der fatalen Entscheidung gleichzeitig nach Stalingrad und Maikop vorzustoßen und letztlich weder das eine, noch das andere Ziel zu erreichen.

Wie bedeutsam das Öl bzw. der Mangel an selbigem war, läßt sich auch in der Reorganisation der Streitkräfte nachvollziehen. 1944 hatte eine Infanteriedivision nur noch 60% des Personals einer Division von 1939, dafür aber deutlich mehr Pferde.
 
Ein Aspekt liegt bei der Betrachtung der Außen- und Eroberungspolitik des Dritten Reiches oft im Schatten: der Umfang, in der Engpaß in der Treibstoffversorgung die Handlungen bestimmte. Dazu einige Überlegungen:


Am 24.8.1934 wurde zur Kriegsvorbereitung die Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft mbH in Berlin gegründet. Ihr Ziel: Die Errichtung großer verdeckter Wehrmachtstanklager, die im Blockadefall die zu errichtende (und nach dem Versailler Vertrag noch untersagte) Panzer- und Luftstreitmacht versorgen sollte. Die nationale Kriegsreserve sollte 1 Mio. to betragen, bis September 1939 wurden 8 Lager mit rd. 900.000 m3 Fassungsvermögen errichtet. Zusätzlich war für diesen Fall eine Rationierung des privaten Verbrauches geplant.

Ein Kuriosum ist in diesem Zusammenhang der Z-Plan, die Aufrüstung zu einer neuen deutschen Hochflotte, die ab Mitte der 40er Jahre einen atlantischen Zufuhrkrieg gegen Großbritannien wieder führbar machen sollte. Die Treibstoffdeckung für diese Flotte war zu keinem Zeitpunkt vorhanden, im Zweiten Weltkrieg war deutsche Seite später nicht einmal in der Lage, die Treibstofflücken der italienischen Marine hinreichend zu schließen.

So deckten die Reserven bei Kriegsausbruch nur eine Dauer von 4-5 Monaten ab, und schon aus diesem Grund war Hitlers nach seinem Vabanquespiel der Kriegsentfesselung auch gegen die Westmächte zum sofortigen Angriff im Westen gezwungen. An dieser Mangellage änderte auch die fortschreitende Kapazität an synthetischer Treibstofferzeugung nichts.

Diesen Angriff im Westen befahl er wenige Tage nach Kriegsausbruch, als sich der Sieg in Polen schnell abzeichnete, und er befahl in schon für den November 1939, abseits aller militärischer Einwände. Dennoch gab es hier viele Verzögerungen. Dabei spielten zwei neue (rettende) Lieferquellen eine wichtige Rolle: Hilfreich war zunächst der Liefervertrag für rumänisches Öl, der die Kriegsmaschinerie bis zum Westfeldzug am Laufen hielt. Auch begannen nach dem überraschenden Nichtangriffspakt und Wirtschaftsvertrag die sowjetischen Öllieferungen Anfang 1940 eine bedeutendere Rolle zu spielen. Beide Quellen konnten die verbleibende Restzeit jedoch nur strecken, insbesondere Rumänien lieferte weniger Öl als erwartet. Das änderte sich schlagartig, als der deutsche Sieg im Westen sich im Juni 1940 deutlich abzeichnete, und zudem die Sowjetunion Rumänien in der Bessarabien-Frage bedrohte. Die Anlehnung an Deutschland öffnete nunmehr alle rumänischen Ressourcen, der Sieg im Westen war dafür eine Voraussetzung.

Das Scheitern des mit großem Aufwand betriebenen Reservehaltungs- und Synthetikkonzeptes gab Hitler kurz vor dem Angriff auf die Sowjetunion zu: beides verschlinge zu viele Ressourcen der Rüstungsindustrie und brachte nicht zugleich die gewünschte Autarkie. Diese sei vielmehr nur mit einer raumgreifenden Eroberungspolitik zu schaffen, die Zugriff auf die Rohstoffregionen ermögliche. Nichts spricht dagegen, dass diese Sicht bereits ein Jahr früher feststand, die wirtschaftlichen Daten waren bekannt. Dabei stand die Besetzung des Kaukasus mit den sowjetischen Ölquellen von Beginn an auch in den militärischen Überlegungen (die Linie Archangelsk-Astrachan). Möglicherweise steht auch die Gründung der Kontinentale Öl AG im Oktober 1940 schon mit diesen Wirtschaftsplänen im Kaukasus in Zusammenhang, wozu sonst soll eine europäische deutsche Ölgesellschaft dienen?

Im Verlauf des Sommers 1941 wurde die Heeresgruppe Süd weit gegen ihr Fernziel vorgetrieben, ohne Rücksichten auf militärlogistische Überlegungen, den Kaukasus erreichte sie jedoch bei weitem nicht. Zahlreiche Entscheidungen 1941 sind vor dem Hintergrund des Fernzieles der gesicherten Ölversorgung zu sehen, so die Besetzung der Krim, die Kesselschlacht von Kiew, die Schwächung der beiden übrigen Heeresgruppen ab Winter 1941/42.

Zu diesem Zeitpunkt waren die deutschen Besatzungsstrukturen für den Kaukasus bereits vorsorglich errichtet, technische Trupps standen für die Ölquellen bereit. Hitler hatte die wirtschaftlichen Ziele fest im Blick, gegen sie standen auch militärische Erwägungen zurück, zunächst die Rote Armee zu schlagen, bevor kriegswirtschaftlich wichtige Gebiete erobert werden. Beide Ziele waren 1941 nicht erreicht worden, die folgende deutsche Sommeroffensive 1942 sollte nun den Besitz der wichtigen Ölquellen bringen. Die Heeresgruppe Süd entfaltete sich nun, völlig überfordert, von einer Ausgangslinie über rd. 800 km auf eine Frontbreite über 3000 km von Woronesch über Stalingrad bis zum Kaukasus. Alles nützte nichts: selbst die kleineren Ölquellen bei Maikop waren zerstört, ihre Wieder-Inbetriebnahme hätte ca. 2 Jahre benötigt. Die mit den Truppen vorrückenden technischen Kommandos waren nutzlos.

Bereits vor der Offensive hatte Hitler geäußert, den Krieg „liquidieren“ zu müssen, falls im Sommer 1942 nicht die kaukasischen Ölfelder eingenommen werden können. Das tat er dann allerdings nicht, als der Kaukasus im Zuge der Stalingrad-Katastrophe wieder geräumt werden musste. Der Zusammenbruch der deutschen Treibstoffversorgung stand aufgrund der maximalen Ausbeutung rumänischer Quellen erst im Mai 1944 fest, nachdem die alliierte Bombenoffensive die Produktionsstätten schwer getroffen hatte.

Vielleicht gibt es Anmerkungen oder Ergänzungen: Hitler und das Öl?
 
Die Motorenlöl- und Benzinversorgung des Deutschen Reiches zu Kriegsbeginn im September 1939 gestaltete sich wie folgt:

Für Motorenöle wurde pro Monat 32.100 t als Mob-Bedarf gefordert.
Erzeugt wurden 9.950 t, was 31% des Bedarfs entsprach, auf Lager befanden sich 141.000 t, also waren Reserven - wie Silesia schon vollkommen korrekt ausgeführt hat – von 5 bis 6 Monaten vorhanden.

Bei dem Kfz-Benzin und Flugbenzin sah es ebenfalls nicht besser aus:

Mob-Bedarf Kfz-Benzin: 171.000 t
Eigene Produktion: 95.000 t
Lagerbestände: 451.000
Monatlicher Mob-Bedarf Flugbenzin: 110.000 t
Eigene Produktion: 41.500 t
Lagerbestände: 492.000

Man kann der deutschen Wirtschaft im September 1939 nur eine sehr bedingte, nämlich zeitlich begrenzte, Kriegsbereitschaft attestieren.

(Quelle, Kasper, Erdölgewinnung Seite 65 hier zitiert nach DRZW Band 1, Stuttgart 1979)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Man kann der deutschen Wirtschaft im September 1939 nur eine sehr bedingte, nämlich zeitlich begrenzte, Kriegsbereitschaft attestieren.
Nachsatz zu meiner Angabe: Lagebeurteilung des Reichswirtschaftsministeriums vom 1.10.1939, Heer 4,4 Monate, Luftwaffe 4,5 Monate Reichweite.

Die mangelnde Kriegsfähigkeit in Bezug auf die Treibstoffversorgung muss man in Relation zu den gewaltigen Anstrengungen sehen, die zur Reservenhaltung und zur angestrebten Autarkie (zunächst der Lagerbau, dann Aufkäufe, z.T. gegen Industrieanlagenlieferungen für britische Quellen in Bahrein etc. und Werksbau für die Synthetisierung, Errichtung der Chemieanlagen etc.) vorgenommen worden sind. Die "Unfertigkeit" dieses Zweiges ist eigentlich ähnlich derjenigen der Marine verlaufen, auch hier waren die Planungen auf eine Kriegsfähigkeit Mitte der 40er vorgenommen worden.

Vor diesem Hintergrund hat das Wirtschaftsabkommen mit Rumänien vom Frühjahr 1939 militärisch eine sehr große Bedeutung.

Waren die rumänischen Ölquellen zu dem Zeitpunkt nicht im Eigentum britischer Aktiengesellschaften? Verständlich werden nun auch die Pläne der Westalliierten, die Förderanlagen in Rumänien nach Kriegsbeginn zu zerstören.


Fakten gibt es hier zusammengestellt:
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,463.15.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein sehr interessanter Aspekt.
Dem kann ich noch 3 weniger bekannte Facetten anfügen.
Um die Ardennenoffensive überhaupt beginnen zu können, wurde im Spätherbst 1944 an den (längst stillstehenden) öffentlichen Tankstellen West- und Süddeutschlands der sogenannte "tote Bestand" (mehr Kondenswasser und Schlamm als Benzin) per Handpumpe abgepumpt.

Es gibt von Speer und Guderian die Aussage, "dass Schlesien nur verloren ging, da der Treibstoff für die bereitgestellten 1.000 Panzer nicht beschafft werden konnte".

Am Rand der Schwäbischen Alb zw. Rottweil und Hechingen wurde 1944-45, mit fürchterlichem Aufwand an Menschenleben (KZ-Häftlinge), versucht aus Poseidonien-Schiefer Öl und Treibstoff zu gewinnen.
 
wie gross hätten denn die reserven sein sollen/müssen, um von einer "ausreichenden" menge zu sprechen?

in den ersten 3 kriegsjahren kann man eben nicht von einem treibstoffmangel sprechen, die die beweglichkeit der deutschen wehrmacht eingeschränkt hätte. die lieferungen aus rumänien und der su, die eigenen quellen, die hydrierwerke konnten den steigenden bedarf immer noch abdecken. zudem war die deutsche strategie ja nicht auf einen langen abnutzungskrieg ausgelegt, sondern bezog dieses problem ein.

dramatisch verändert hat sich die situation erst durch die bombardierung der hydrierwerke und der rumänischen quellen 1944.
übrigens, an dieser stelle wurde schon einmal darüber diskutiert.
 
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