Mai/Juni 1941: geplantes Startdatum Unternehmen Barbarossa

Köbis17

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Hallo Zusammen,

mit dem 2. Weltkrieg befasse ich mich in der Regel nur oberflächlich und kann auf ein mehr normales Wissen zurückgreifen.
Interessiert lese ich Beiträge zu der Thematik der militärischen Kriegsführung.

Bekanntlich startete die deutsche Offensive gegen die Sowjetunion im Juni 1941 und blieb dann auch im Winter 1941 erstmal "stecken".

Es gab sicherlich viel Gründe, warum man Moskau nicht erreichte, aber die langen Nachschubwege und auch die misserable Wetterlagen trugen nachteilig dazu bei.

Nun stelle ich mir die Frage, warum man erst im Juni startete und nicht schon April oder Mai?
Rein spekulativ, aber anhand von Fakten und Daten zu rekonsturieren, wäre die Frage, nach einem früheren Start des Angriffes dann doch Moskau besetzten zu können? Wenn nicht gar kriegsentscheidend?

Was sagen die Fachmänner/frauen hier dazu.
 
Zuletzt bearbeitet:
soweit mir bekannt ist, verzögerten der Balkanfeldzug und Entsendungen von Truppen nach Nordafrika einen früheren Angriff der deutschen auf "Russland".

In beiden Fällen kam man Italien zur Hilfe, das sich in den genannten Gebieten mit Niederlagen herum schlagen mußte.
 
Der Winter 40/41 war hart , lang und sehr schnee- und regenreich.

Es gab Einschätzungen, dass insbesondere im Bereich der HG Nord und MiItte, die Flüsse bzw. die Flussniederungen zu einem früheren Zeitpunkt für eine mobilere Kriegsführung (nicht panzergeeignet) waren.

Bereits zu dem späteren Zeitpunkt, also im Juni 41, war die Fähigkeit abseits der Straßen und Wege Operationen durchzuführen, immernoch stark eingeschränkt.

Die WM-Panzereinheiten stellten fest, dass sie die dreifache projektierte Menge an Treibstoff verbraucht haben und mit massiven Nachschubproblemen zu kämpfen hatten. Ähnlcihes galt auch für den Munitionsverbrauch und machte sehr schnell deuztlich, dass der Krieg im Osten sich deutlich unterscheiden würde von den bisherigen.

Dieses Problem galt nebenbei deutlich massiver für die RA. Ein Großteil der mechanisierten Einheiten, im Rahmen der Grenzschlachten, kann man als Einheiten mit einem "One-way-Ticket" bezeichnen.

Aufgrund der gravierenden Luftüberlegenheit wurden die Nachschubkolonen der mechanisierten Einheiten der RA vernichtet und führten innerhalb kürzester Zeit zu einer vollständigen Immobilität von Panzereinheiten der Roten Armee.

Bezogen auf die Frage liegt es nahe, die Verzögerung aufgrund des Balkankrieges, zwar als relevant anzusehen, jedoch wäre es aufgrund der klimatischen Verhältnisse durchaus möglich gewesen, dass man einen späteren Zeitpunkt kurzfristig gewählt hätte.

Sehr interessant und wirklich lohnenswert für diese Phase ist der Reader von Glantz zu diesem Thema.
https://books.google.de/books?id=6C...v=onepage&q=glantz initial period war&f=false
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Verspätung war aus der Sicht der WM auch kein wirkliches Problem (so glaubte man zumindest).

Die beteiligten Personen haben sich gegenseitig überboten in der Prognose, wie lange die Rote Armee standhalten würde (habe eine Übersicht gesehen, die ich leider auf die Schnelle nicht finde, die die Prognosen summarisch auflistet).

Die Schätzungen bewegten sich im Bereich zwischen zwei und drei Monaten.

Diese Einschätzungen wurden ja auch von den Amerikanern und den Engländern geteilt, die erwarteten, dass die Rote Armee innerhalb küzester Zeit zusammenbrechen würde.

Man plante den Krieg nicht als Winterkrieg zu führen oder in der vorgelagerten Schlammperiode.
 
In einer Sendung zum Zweiten Weltkrieg von Spiegel-TV, die man natürlich hinterfragen kann, wurde behauptet, dass die Kämpfe bei der Kesselschlacht Smolensk den deutschen Vormarsch aus dem Zeitplan brachten, weil sie sich langwieriger darstellten, als geplant.
 
Das sind alles mehr oder weniger Mythen.

Der entscheidende Punkt war, dass die Rote Armee in allen Parametern wesentlich stärker war, als die Deutschen erwartet hatten!
Es gibt einen Tagebucheintrag Halders, dass Mitte August schon 50 russ. Divisionen mehr gezählt worden waren, als die Gesamtzahl der erwarteten.
 
Ohne auf die Frage der Auswirkungen der Verzögerungen eingehen zu wollen:

Das Startdatum von Barbarosso nach Planung (Weisung Nr. 21) war ab dem 15. Mai 1941. Zu dem Datum sollten die Aufmarschvorbereitungen abgeschlossen sein. Dieses Datum war schon kalkuliert in Ansehung der Operation Marita, bei der ab April Griechenland besetzt werden sollte.

Der erste Aspekt war die politische Entwicklung in Jugoslawien, die am 25.3.1941 das Einschieben der "Operation 25" erforderlich machte. Hier liegt eine Ursache der Verzögerung.

@thanepower hat dann alles Wichtige zu den klimatischen Bedingungen und zum Winter 40/41 bereits gesagt. Neben den Geländeverhältnissen hatte der harte Winter an sich eine wichtige Folge: der Aufbau des Schienen- und Straßennetzes (Otto-Programm Herbst40/Frühjahr41) - Voraussetzung für den schnellen Aufmarsch um Juni 1941 - geriet erheblich durcheinander.
 
In einer Sendung zum Zweiten Weltkrieg von Spiegel-TV, die man natürlich hinterfragen kann, wurde behauptet, dass die Kämpfe bei der Kesselschlacht Smolensk den deutschen Vormarsch aus dem Zeitplan brachten, weil sie sich langwieriger darstellten, als geplant.

So zB Andreas Hillgruber: Die Bedeutung der Schlacht von Smolensk in der zweiten Juli-Hälfte 1941 für den Ausgang des Ostkrieges. In: Felder und Vorfelder russischer Geschichte.

Tatsächlich gelang es der Wehrmacht mehrfach bis Oktober 1941, große Truppenmassungen der Roten Armee durch Umfassung zu schlagen (zuletzt die Doppelschlacht von Wjasma/Brjansk)
Doppelschlacht bei Wjasma und Brjansk ? Wikipedia

Bei Smolensk ist ein wesentlich Faktor, dass die Umfassung nicht vollständig gelang und wesentliche Truppeneinheiten der Roten Armee entweichen konnten. Zudem spitzte sich die Feldzugführung mit dem Konflikt Hitler/OKH Ende Juli 1941 zu: Hitler entzog dann der HG Mitte in ihrem Vormarsch auf Moskau die beiden verfügbaren Panzergruppen: Teile gingen nach Norden, die Panzergruppe 2 nach Süden zur Kesselschlacht von Kiew.
 
Gerade dieser, vor Angriffsbeginn, nicht bis zum Ende ausgetragener zwischen Hitler und dem OKH Konflikt zeigte schwerwiegende Auswirkungen. Hitler wollte, eigentlich, erst Leningrad und die Ukraine nehmen - erst später Moskau.
Das OKH sah u.a. die Masse der sow. Verbände im Raum Moskau und wollte erstmal "nur" Moskau nehmen. Nach ihrer Ansicht, die durchaus ihre Berechtigung hat, wären die Nebenfronten (Leningrad / Ukraine) dann sehr viel leichter einzunehmen gewesen.

Beide operativ / strategischen Ansichten hatten ihre Berechtigung.
zb. hätte die Einnahme von Leningrad starke Teile der HG Nord für weitere Operationen freiwerden lassen. Ebenso wäre die Ostsee als Nachschubstraße geöffnet worden. Weitere Punkte wären - bedeutende Rüstungsindustrie wäre in deutsche Hand gefallen, - der Druck auf die Murmanskbahn hätte verstärkt werden können (über Murmansk lief ein Teil der westallierten Lieferungen), ... - letztlich wäre es auch ein riesiger Propagandaerfolg gewesen.
Die Einnahme der Ukraine hätte der SU eine starke Rohstoffbasis entzogen und dem 3.R. zugeführt. Ebenso kann man ein freiwerden von Kräften in Aussicht stellen.

Ebenso bot die Wahl "Moskau" als Angriffsziel sehr starke Vorteile.
Angesprochen hatte ich schon die Tatsache das die Masse der sow. Verbände vor Moskau eingesetzt waren. Dazu war der Raum Moskau ein wichtiges Rüstungsgebiet und vor allem auch DIE Eisenbahndrehscheibe in der Sowjetunion. Ein Fall des Raum Moskau hätte es der Rote Armee die Verlegung und Versorgung von Truppen erheblich erschwert.
 
Die massiven Schläge, welche die Rote Armee im Sommer und Herbst 1941 hatte hinnehmen müssen, hätten eigentlich genügt, jede andere Armee zusammenbrechen zu lassen.
Was der RA in erster Linie half, war der Raum. Obwohl Napoleon sagte, über den Raum mache er sich weniger Gedanken, den der lässt sich zurückerobern; allerdings mit verlorener Zeit ginge dies nicht. Was die RA mit der Tiefe ihres Raumes, den sie verlor, gewann, war Zeit und die lief mit jeder gewonnenen aber nicht kriegsentscheidenden Schlacht der Wehrmacht davon.
Neben dem erhöhten Treibstoffverbrauch verschlissen die deutschen Panzer mit den zurückgelegten Strecken auch. Es brauchte vermehrt Ersatzteile, welche zusätzlich die Logistik strapazierten.
Zu guter Letzt hatte die Sowjetunion auch Waffen, die zum nicht unerheblichen Teil den deutschen Waffen überlegen waren. Ich erinnere mich an eine Episode, wo ein einzelner KW-2 im Sommer 41 auf der Rollbahn stand und die deutsche Kolonne mit seiner 152 mm Haubitze zusammenschoss. Von deutscher Seite war dem Panzer nicht beizukommen, bis er seine Munition von 36 Granaten ausgeschossen hatte.
Obwohl, der KW-2 war ein Dinosaurier.
 
Dem "Was der RA in erster Linie half" würde ich widersprechen.
Ein Grund - ja
aber nicht "in erster Linie" also primärer Grund.
 
Nun stelle ich mir die Frage, warum man erst im Juni startete und nicht schon April oder Mai?
Zunächst war der Überfall auf die Sowjetunion für Anfang Mai 1941 festgelegt, allerdings musste dieser Termin um - unaufholbare! - 6 Wochen verschoben werden, denn Mussolinis Balkanfeldzug, den er im Oktober 1940 auf eigene Faust begonnen hatte, endete bereits nach zwei Monaten mit einem Fiasko. Und da der Balkan die südliche Flanke des deutschen Angriffs auf Russland darstellte, war Hitler gezwungen, auf den Balkan erst mal 'Ordnung' zu schaffen um nicht mit offener Flanke kämpfen zu müssen. Dort tobte nämlich der Volksaufstand, und den hatten Geheimdienstler der USA und Kanadas provoziert, um Hitlers Ölversorgung abzuschneiden.

Die "Schweinerei auf dem Balkan", wie Churchill es nannte, wurde von Churchill und Roosevelt initiiert, weil man wusste, Hitler beabsichtige im Mai Russland zu überfallen.
Churchills Kalkül dabei ging dahin, Hitler zu zwingen, den Russlandfeldzug verschieben zu müssen, so dass die deutsche Wehrmacht in den harten russischen Winter kommt, für den sie überhauptnicht gerüstet ist, denn er (Churchill) befürchtete, dass, wenn der Wehrmacht in Russland im kommenden Sommer ebenso ein Blitzkrieg glückte wie in Frankreich, sie den Krieg gewinnen könne. Somit müsse (so Churchill) der Winter den deutschen Vormarsch zum stehen bringen vor Moskau.

Erst 1976, elf Jahre nach Churchills Tod, hat William Stephenson, ein kanadischer Business-Millionär, enthüllt, dass er mit dem Amerikaner William J. Donovan, dem späteren General und Gründer der Urzelle der CIA, 1941 den Balkan in Brand gesteckt hat, um Hitler zum Amoklauf nach Athen und Belgrad zu verlocken und ihn dadurch zu zwingen, seinen Überfall auf Russland um nie mehr einzuholende sechs Wochen zu verschieben.

Hitler, der - wegen des ihm fehlenden Öls - Rumänien, das er wie Bulgarien zu seinem Vasallen gemacht hatte, nie aufgeben konnte, musste die Briten aus Athen wieder vertreiben, ehe er gegen Moskau aufbrechen konnte, wollte er nicht riskieren, mit offener Flanke zu kämpfen und das rumänische Öl zu verlieren, ehe er das kaukasische erobert hatte...


Quellen:
Thompson, Laurence: "1940".
Overy, Richard: "Die Wurzeln des Sieges" Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart/München © 2002,
Wilmot, Chester: "Der Kampf um Europa" Schweizer Volks-Buchgemeinde, Luzern 1953.
Churchill, Winston: "Second World War" Houghton Mifflin Co., April 1981.
Roberts, Andrew: "Hitler and Churchill. Secrets of Leadership" Weidenfeld & Nichols, Februar 2003.
Jenkins, Roy: "Churchill" Pan, Juni 2002.
Winterbotham, Frederick W. (Colonel): "Secret and Personal." Kimber, November 1969.
Winterbotham, Frederick W. (Colonel): "The Ultra Secret." Dell Pub Co, Januar 1985.
Winterbotham, Frederick W. (Colonel): "The Ultra Spy: An Autobiography." Macmillan, September 1989.
Colville, John: "Downing Street" Tagebücher 1939-1945.



Saludos!
 
Liddell Hart nennt in seiner "Geschichte des zweiten Weltkriegs" die von Euch angeführten Punkte ebenfalls.
Außerdem nennt er das überaus schlechte Straßennetz der Sowjetunion. "hätte das Sowjetregime Rußland ein Straßensystem gegeben, das dem westlicher Länder vergleichbar gewesen war, wäre es ähnlich schnell niedergeworfen worden wie Frankreich". (aaO Seite 218)
Dann nennt er als "verhängnisvollen Faktor" wie Hitler und die Generale "den August mit Erörterungen verschwendet hätten, was als nächstes zu tun war".

Seite 217 Mitte aaO schreibt er dann:
"Ein grundlegender Faktor für das Scheitern der Invasion war die Tatsache, dass sich der Angreifer hinsichtlich der Reserven, die Stalin aus den Tiefen Rußlands heranholen konnte, verrechnet hatte. In dieser Beziehung waren sowohl der Generalstab als auch der Geheimdienst ebenso getäuscht worden wie Hitler. Dieser verhängnisvolle Irrtum kommt in einem prägnanten Satz aus Halders Tagebuch von Mitte August zum Ausdruck: Wir haben bei Kriegsbeginn mit etwa 200 feindlichen Divisionen gerechnet. Jetzt zählen wir bereits 360." (die weiter oben von mir freihändig genannte Zahl 50 bitte ich in 160 zu ändern)
Die Rote Armee war doppelt so stark wie angenommen!


OT: Ist es eigentlich einem der Diskutanten/innen schon mal aufgefallen? Vor allen militärischen Abenteuern Hitlers, der Rheinlandbesetzung, dem angepeilten Krieg gegen die CSR (Beck!) dem Westfeldzug, gab es erhebliche Befürchtungen und sogar Aktionen der militärischen Führer.
Gegen den Russlandfeldzug nichts!
Der Führer hatte seine Militärs geschlossen hinter sich!
Was sich dann in den Generals-Memoiren der 50er seltsam wiederspiegelt, denn da haben dann plötzlich alle (und natürlich vorher!)gewusst, dass es in die Hosen gehen würde.:devil::rofl::nono:
 
Zuletzt bearbeitet:
http://www.geschichtsforum.de/members/rodriguez/@Rodriguez

Interessant.
Das der britische und US-Geheimdienst die Finger "auf Balkan" hatten ist unzweifelhaft. Das der Militärputsch in Yugoslawien von ihnen iniziert sein sollte ist mir neu, aber wäre durchaus passend. Gibts noch mehr Informationen darüber (evtl. auch in einem anderen Thread?).

Allerdings halte ich die Rolle von Churchill ein bißchen übersteigert.
Sein "Kalkül" hätte ebenso in einem schnellen Zusammenbruch der Sowjetunion enden können, da diese ja auch bei den Westmächten als zerbrechlich und die Rote Armee als "minderwertig" eingeschätzt. Die Einschätzung fußte auf ihren massiven Schwierigkeiten im erst kürzlich zurückliegenden finnischen Krieges.
In den nicht das dies sein Kalkül war.

Das auch er sich "verrechnen" kann zeigt sich im britischen Engagement in Griechenland. Trotz massiver Bedenken war es sein Wille dort zuwenig Truppen zu entsenden - eben mit mindestens vier bedeutenden Folgen.
* Griechenland wurde vom 3.Reich besetzt.
* Im Zuge Landung auf Kreta und der folgenden Luft-See-Schlachten mußte die RN erhebliche Verluste hinnehmen.
* Ohne Truppenentsendung nach Griechenland wäre der Fall von Tripolis absolut sicher gewesen. "Man" hätte sich 2 Jahre Wüstenfeldzug mit seinen schweren britischen Verlusten erspart.
* Der Verlust Libyens hätte schon 1941 erheblichen Einfluß auf Italien gezeigt.
 
OT: Ist es eigentlich einem der Diskutanten/innen schon mal aufgefallen? Vor allen militärischen Abenteuern Hitlers, der Rheinlandbesetzung, dem angepeilten Krieg gegen die CSR (Beck!) dem Westfeldzug, gab es erhebliche Befürchtungen und sogar Aktionen der militärischen Führer.
Gegen den Russlandfeldzug nichts!
Der Führer hatte seine Militärs geschlossen hinter sich!
Was sich dann in den Generals-Memoiren der 50er seltsam wiederspiegelt, denn da haben dann plötzlich alle (und natürlich vorher!)gewusst, dass es in die Hosen gehen würde.:devil::rofl::nono:

Aus der Tatsache, dass die Generäle bezüglich des Unternehmens "Barbarossa" nicht aufmuckten, kann man wohl nicht schließen, sie stünden geschlossen hinter den Plänen!
Aufgrund der bis dato recht erfolgreichen Feldzüge war Kritik an den Plänen Hitlers nicht angesagt. Der Erfolg hat ihnen den Wind aus den Segeln genommen!

Vielleicht erinnert sich der Eine oder Andere noch an die Jahre 1989/90. Wie wurden damals im allgemeinen Freudentaumel die Bedenkenträger der Wiedervereinigung übel angegangen und mundtot gemacht.
Ich meine 1941 waren ähnliche "Mechanismen" wirksam!
 
@Xander
Ja.
Dazu sollte man nicht vergessen das die Kampfkraft der Roten Armee 1941 durch Umstrukturierungen und die Säuberungen innerhalb der Roten Armee / Gesellschaft als sehr stark unterlegen eingestuft wurde. Und wie schon gesagt, die "Performance" der Roten Armee war bei ihrer Besetzung Polens und beim Angriff auf Finnland alles andere als berauschend.
 
Aus der Tatsache, dass die Generäle bezüglich des Unternehmens "Barbarossa" nicht aufmuckten, kann man wohl nicht schließen, sie stünden geschlossen hinter den Plänen!
Aufgrund der bis dato recht erfolgreichen Feldzüge war Kritik an den Plänen Hitlers nicht angesagt. Der Erfolg hat ihnen den Wind aus den Segeln genommen!


Ich meine 1941 waren ähnliche "Mechanismen" wirksam!

Das hat sicher mitgespielt, aber die Bedenkenlosigkeit wie die in den Feldzug hineingegangen sind, ist schon sehr bemerkenswert. Keinerlei Vorkehrungen getroffen die durchaus vorhandene Winterausrüstung (sie hätte nicht ausgereicht, war für Mitteleuropa konzipiert, aber besser als in Sommeruniformen in den Winterfeldzug zu gehen immer) zur Tuppe zu bringen. Keinerlei Informationen gesammelt, wie sich Kälte auf Waffen und Gerät auswirkt.....
So versagt hat seit dem alten Fritzen kein Generalstab.

Und ich sehe die Ursache eher in den relativ frischen Erfahrungen von 1914-17, die Russen waren ja sooo leicht zu besiegen....


Vielleicht erinnert sich der Eine oder Andere noch an die Jahre 1989/90. Wie wurden damals im allgemeinen Freudentaumel die Bedenkenträger der Wiedervereinigung übel angegangen und mundtot gemacht.
Das sehe ich nun ganz anders, aber ist eine andere Kiste
 
@Repo
Wenn man sich die Tagebücher von verantwortlichen Offizieren ansieht kann man von "Bedenkenlosigkeit" nicht reden. Stattdessen liest man von Sorge und Erinnerungen an Napoleon. Und natürlich, wenn würde es wundern, war man voller Selbstvertrauen denn man hatte kurz vorher die anerkannt größte Militärmacht der Welt - Frankreich - in kürzester Zeit und minimalsten Opfern vernichtend geschlagen.

Diese Statement: "So versagt hat seit dem alten Fritzen kein Generalstab." scheint mir doch sehr nachträglich beeinflußt zu sein.

Dazu, Repo, stimmen einige Fakten welche du hier präsentiert, nicht. Natürlich wurde Waffen und Geräte, unabhängig vom Rußlandkrieg, auch bei Kälteeinfluß getestet.
Die Russen waren 1914-17 durchaus nicht "soo" leicht zu besiegen wie du meinst sonst wäre der Krieg, im Osten, schon sehr viel früher beendet worden. Und letztlich wurde er erst durch die ruß. Revolution besiegelt.
 
@Repo
n verantwortlichen Offizieren ansieht kann man von "Bedenkenlosigkeit"
Diese Statement: "So versagt hat seit dem alten Fritzen kein Generalstab." scheint mir doch sehr nachträglich beeinflußt zu sein.

Ja?
Wo war die Winterausrüstung? Eine lediglich für Mitteleuropa entworfene, aber immerhin, die Ostfront kämpfte im Dezember in Sommeruniformen!
Jaja, Weihnachten kommt auch immer so plötzlich.:winke:
Preisfrage: Was ist ein Winterfritz?

Dazu, Repo, stimmen einige Fakten welche du hier präsentiert, nicht. Natürlich wurde Waffen und Geräte, unabhängig vom Rußlandkrieg, auch bei Kälteeinfluß getestet.
.
Ja, für Mitteleuropa. Die Ostfront hatte weder Wintermotorenöl nach Kühlerfrostschutz in ausreichender Menge noch kältetaugliches Waffenöl.
Kälte heißt in Russland im Dezember/Januar zwischen 35 und 50 Grad Minus Celsius!
Kein Mensch hatte eine Ahnung, wie man einen LKW-Motor bei so hohen Minusgraden startet. Es geht natürlich, die Russen konnten es ja auch, und von denen haben es sich die Landser zeigen lassen. Nach unersetzlichen Verlusten!

Und genau das sind die Aufgaben eines Generalstabs!


Und jetzt sag mir mal, welche Fakten hier nicht stimmen sollen.
 
Bzgl. der nachzuführenden Ausrüstungen - neben verfügbaren ausreichenden Quantitäten im Reich - ist nicht ganz unwichtig, dass ab September 1941, je nach Heeresgruppe im Oktober bzw. November 1941 der Transportkollaps eintrat. Dieser Kollaps hatte wenig mit dem Wintereinbruch zu tun, der Zusammenbruch wurde dadurch lediglich total.

Mglw. ist hier auch ein Grund zu sehen, dass die Luftwaffe sich besser ausgerüstet darstellte.
Schüler: Logistik im Rußlandfeldzug.


Noch einmal zu Jugoslawien:

1. Der Ende 1940 bereits geplante Griechenland-Feldzug, ausgelöst durch Mussolinis Angriff nebst Fehlschlag im Oktober 1940, sollte eigentlich keine Verzögerungen für BARBAROSSA bringen (im Dezember 1940 war der Angriff ab dem 15.5. vorgesehen). Diese Verzögerungen brachte erst die Jugoslawien-Krise im März 1941.

2. Sowohl GB als auch Hitler übten Anfang 1941 heftig Druck auf Jugoslawien aus, da die Positionierung bzgl. Griechenland ein wichtiger strategischer Aspekt darstellte. Hitler bot Jugoslawien Saloniki für den Beitritt zum Dreierpakt an. Mit im Spiel war die Türkei: GB warb aktiv um ein Bündnis JUG-GRIE-TÜRK, da deutsche Truppen in Rumänien erkannt waren und die Donau nach Bulgarien zu überschreiten drohten. GBs Kalkulation: Ein Eintreten JUG für Griechenland würde die italienische Front in Albanien schnell zum Einsturz bringen.

Hitlers Druck war effektiver: am 25.3.1941 unterzeichnete Jugoslawien den Dreierpakt. Daraufhin verließen die serbischen Minister die jugoslawische Regierung, ein mit britischer Hilfe durchgeführter Staatsstreich erfolgte am 27.3.1941. Auch danach versuchte JUG, Beschwichtigungssignale an Hitler zu senden, bzgl. GB wurden auf militärischer Ebene Gespräche geführt. Zudem mischte sich Moskau massiv, die Vorgänge in Belgrad führten zu scharfen Noten an Berlin (bereits mit dem Brückenschlag über die Donau ab dem 2.3.41 sowie dem Einmarsch in Bulgarien trat eine schwere Verstimmung in Moskau ein).

Diese Vorgänge (auch - vermutlich finanzielle und waffentechnische - US-Unterstützung war Belgrad vage zugesagt worden) brauchen nicht "11 Jahre nach Churchills Tod" enthüllt zu werden, die britische Mitwirkung am Putsch (der mit Hitlers Barbarossa-Feldzug nichts zu tun hatte, sondern mit den Machtkonstellationen auf dem Balkan) wurde bereits im HMSO Grand Strategy II bestätigt. Gleiches findet man bei Playfair etc. II.


Zur deutschen Seite, die nun hastig einen Feldzug gegen Jugoslawien einschieben mußte: dieses ergab den Zusammenhang mit der Verschiebung des Angriffstermin 15.5.
Halder 28.3.1941 Tagebuch: "Ausnützen der zeitlichen Verschiebung von Barbarossa um mindestens 4 Wochen"
Bock 27.3.1941: "Hoffentlich wird nun die große Operation durch die notwendige Bereinigung des Balkan nicht verzögert"
[engültig wurde der 22.6. als Angriffstermin dann um den 20.4.41 durch Hitler festgelegt]

Aus solchen Passagen wird der unmittelbare Zusammenhang mit der Verlegung des Angriffstermins gefolgert, was auch logisch erscheint. Tatsächlich waren die Arbeiten für den "Aufmarsch Ost" durch den extremen Winter mehrere Wochen im Verzug. Hier waren
- wegen des Überraschungsmoments "Höchstleistungsfahrpläne" kurz vor dem Angriff vorgesehen, für die das vorhandene Streckennetz nicht ausreichte
- sodann die Versorgungsengpässe in den Osten zu beseitigen, wenn der Feldzug angelaufen sein sollte. Dafür war der reibungslose Materialfluß bis nach Ostpolen sicherzustellen, von dort durch Streckenumbau weiter in den Osten abzuleiten.

Die Urspungsplanung im Oktober 1940 sah den Abschluss des "Otto-Programms" für den 15.4.1941, so dass bis zum 15.5. der "Höchstleistungsfahrplan" 4 Wochen laufen konnte und der Angriff am 15.5. theoretisch beginnen konnte (es geht hier um zehntausende Waggons in den verkehrsschwachen Osten). Diesen Zeitplan zerstörte nun "der Winter" 1940/41.

Zwar gab es weiter optimistische Meldungen bzgl. Termin 15.4.41 nach oben, tatsächlich wurde die Verzögerung von der Generaldirektion intern bereits im Januar41 "auf einen Monat" eingeschätzt. Im Januar, als die Bauarbeiten ruhten, waren von den zusätzlich 8500km Strecke, die für stärkste Beanspruchung dienen sollte, 2/5 zweispurig und 1/5 einspurig ausgebaut, 2/5 nicht vorhanden. Tatsächlich wurden die Arbeiten am Otto-Programm am 15.6.1941, eine Woche vor dem Angriff abgeschlossen. Damit waren die Versorgungsstrecken planmäßig aufgebaut, allerdings mit besagten Verzögerungen. Diese waren schließlich auch durch den Balkan-Feldzug und die starke Belastung der Eisenbahn verstärkt worden (es fehlte "rollendes Material" für den Ostaufmarsch).

Die Verzögerung hatten drastische Folgen: die Arbeiten für Dauarleistungen garantierenden Vollausbau der Strecken und Winterfestigkeit war nämlich nur provisorisch abgeschlossen, sie zogen zogen sich noch Jahre hin. In dem strengen Winter 41/42 kollabierten die Strecken und das Material nicht erst tief in Rußland wegen der Wintereinflüsse, sondern bereits in Polen.
 
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