Interessanterweise waren die 3 Türme von Sh auf DoY - sichtbar aufgrund der Leuchtganaten - ausgerichtet, also nach Steuerbord/SSW (-> Garzke/Dulin). Ob hier das Radar der SH bei der Verfolgung nach Süden doch benutzt wurde? An sich hätte sie auf die verfolgenden Kreuzer ausrichten müssen, wenn die schwere Einheit Frasers nicht erkannt worden wäre.
Über die Annäherung hat Frazer in Pkt. 51 berichtet, dass DoY die SCHARNHORST um 16:17 auf 45.500 Yards in einer Peilung von 20° aufgefasst hätte. Um 16:32 konnte sie das Feuerleitfunkmessgerät auf eine Entfernung von 29.700 Yards erfassen. SCHARNHORST steuerte anscheinend im Zickzack auf Generalkurs 160°. Um 16:42 schien es, als ob der Gegner allmählich nach B.B. drehte. 2 Minuten später wendete Force 2 auf 80°, um alle Geschütze zum Tragen zu bringen. Danach erfolgte die bereits geschilderte Feuereröffnung.
In Punkt 52 heißt es dann:
Als DUKE OF YORK und JAMAICA auf 12.000 Yards Feuer eröffneten, war es offensichtlich, dass SCHARNHORST von ihrer Anwesenheit vollständig überrascht war. Obwohl ich annehmen musste, dass Meldungen von dem Flugzeug, das in den frühen Nachmittagsstunden Fühlung an Force 2 gehalten hatte, an SCHARNHORST gelangt sein mussten, marschierte diese mit gleichbleibendem Kurs weiter. Gefangene bestätigten, dass SCHARNHORST keine Funkmessung hatte.
Beim ersten Insichtkommen waren ihre Türme in Ruhestellung. Das Feuer wurde nicht sofort erwidert. Die ersten Salven waren außerdem unsicher. Gefangene bestätigen, dass ihnen gesagt sei, sie würden nicht mit mit Einheiten, die grösser sind als Kreuzer, in Gefechtsberührung kommen. Sie wären aufs Höchste erschrocken, gewesen, als ihnen bekanntgegeben wurde, dass sie von einem Schlachtschiff von Süden angegriffen wurden.
Das Vormars-Funkmeßgerät ist ja bei der ersten Gefechtsbegegnung mit der Force 1 gleich zum Teufel gegangen. Der Matr. Gefr.
Sträter wird in Giesslers Bericht zititert:
... ferner erfuhren wir durch Geschütztelefon, dass das Vormarsfunkmessgerät ausgefallen ist. ... "Jungs, das Funkmessgerät kriegen wir nicht wieder hin."
Damit bliebe nur noch das achtere Gerät, dass aber a. G. des niedrigeren Aufstellungsortes nur 6 sm Reichweite haben sollte, was gerade dem Abstand bei der Feuereröffnung durch DoY entsprechen würde, und auch einen toten Winkel nach vorne von 70° hatte.
Giessler bezieht sich dabei auf eine Vernehmung des ausgetauschen Sträter durch das Flottenkommando vom 6. Oktober 1944.
Von der zweiten Begegnung mit der Force 1 berichtet Sträter weiter, dass "zwei schwere Kreuzer" als Gegner benannt worden seien. Um ca. 14:30 sei der Abbruch erfolgt und Rückmarsch nach Norwegen angetreten worden. Um 15:00 war Essensempfang. Ca. 15:30 wurde die von Frazer vermutete Sichtmeldung der Luftwaffe durchgegeben:
Ungefähr 11:00 abgegeben, Aufklärungsflugzeug meldet 150 sm westlich einen feindlichen Flottenverband. Gut Ausguck halten. Ca. 16:20 Uhr durch Geschützfernsprecher: Voraus Schatten. Ca. 16:30 (16:50) Alarm. An alle Stellen wir gehen auf Ostkurs. Gegner eröffnet Feuer auf unserer Steuerbordseite.
Heinrich Bredemeier (Schlachtschiff Scharnhorst) führt ferner den Obermaaten
Gödde an. Demnach hätte SH die Aufklärungsmeldung der BV138 zeitgleich mit der Abgabe auf der Luftaufklärungswelle empfangen. Kurz vor Feuereröffnung im zweiten Gefecht mit der Force 1 wäre kurz zuvor a. G. einer Meldung des achtere Funkmessgerät Alarm gegeben worden.
Nach Abbruch des 2. Gefechts soll SH gefunkt haben: "Gefecht mit mehreren Gegnern Qu. AC 4133 Funkmeßbeschuß schwerer Einheit." Bredemeier interpretiert das als Beleg für die Annahme einer schweren Einheit durch Bey. Dann hätte dieser aber von mehreren schweren gegnerischen Schiffen ausgehen müssen, denn die von der Luftwaffe gemeldete Einheit konnte es ja noch nicht sein. Zur Begegnung mit der DoY führt Gödde aus:
Gegen 15:45 wurde erneut Alarmbereitschaft befohlen. 16:00 Alarm. Der Kommandant sprach selbst durch das Artillerie-Leittelefon und sagte etwa folgendes. "Kameraden, wir sind noch nicht aus dem Schlamassel raus. Ganz scharf Ausguck halten. Ihr wißt, wir haben schon seit Mittag fast dauernd einen Fühlungshalter hinter uns, den wir nicht abschütteln können. Funkmeß meldet soeben Ziele an Steuerbord. Aufpassen, es geht gleich los." Nun ging es Schlag auf Schlag. ... Es wurde Alarm gegeben. Wenige Minuten später standen die ersten Leuchtgranaten hinter und über dem Schiff. ... In kürzester Zeit schossen auch unsere schweren Türme. ... Etwa 16:45 ein schwerer Treffer im Vorschiff steuerbord in Höhe von Turm A, ...
Die Aussagen Göddes sollen aus einem Brief nach der Kriegsgefangenschaft an Giessler stammen. Seine Aussagen sehe ich in Bezug auf die Abläufe als am wenigsten plausibel an. Sträters Aussage deckt sich in Bezug auf die Schweren Kreuzer mit Frazers Hinweis auf die Gefangenenaussagen.
Ich würde Bredemeier zustimmen, dass SH möglicherweise die DoY, vielleicht erst beim Andrehen nach B.B., zwar mit dem achteren Funkmessgerät aufgefaßt hat, aber der Alarm erst anlief.
Was die Stellung der Türme angeht, spricht für mich bisher nichts gegen Frazers Aussage - Lage Null. Nach der Feuereröffnung wendete SH zuerst Kurs Nord, vermutete man die fühlungshaltende Force 1 in größerem Abstand? DoY ging zu diesem Zeitpunkt auf 60°.
Als Norfolk und Belfast kurz darauf das Feuer eröffneten ging SH auf Ostkurs. Am glaubwürdigsten erscheinen mir erstmal Frazers Ausführungen, der ja quasi einen Logenplatz hatte. Es kann natürlich auch eine schöne Geschichte sein, und im KTB steht etwas anderes, dafür habe ich aber keine Anhaltspunkte.