Pentagon vs. Hollywood: Windtalkers - Der Navajo-Code

El Quijote

Moderator
Teammitglied
Durch den Film Windtalkers wurde einer breiten Öffentlichkeit bekannt, dass Navajo im Pazifikkrieg von der US-Navy als Codesprecher eingesetzt wurden. Die Gründe für den Einsatz der Navajo als Codesprecher lagen zum einen in der komplizierten Grammatik der Navajo/Diné, zum anderen darin, dass die Navajo zu den wenigen Indianerstämmen gehörten, die niemals von deutschen Linguisten aufgesucht worden waren, was aufgrund des Antikominternpaktes/Dreimächtepaktes zwischen Japan und Dtld. von einiger Bedeutung war. Der Film Windtalkers erzählt nun, dass es um jeden zu verhindern gewesen sei, dass die Navajo-Code-Sprecher in japanische Gefangenschaft gerieten und so werden den Navajo-Code-Sprechern im Film Bewacher beiseite gestellt, welche diese im Zweifelsfall auch töten sollen. Die Navajo selbst, heroisch wie sie sind, fügen sich im Narrativ natürlich in ihr Schicksal...
Das Pentagon hat dem im Film vorgestellten Procedere allerdings widersprochen.
Verständlich, selbst dann, wenn die Behauptung des Films der Wahrheit entspräche. Nun gibt es sicherlich gute Gründe für Hollywood, um aus dem historischen Sachverhalt des Navajo-Code einen einigermaßen interessanten Plot zu kreieren, entsprechend zu dramatisieren, genauso, wie das Verteidigungsmisterium Gründe hat, diese Darstellung zu dementieren. Wie aber wurden die "Windtalker" denn nun tatsächlich eingesetzt? Mit den Marines, wie im Film beschrieben? Wie konnte dann ihre Gefangenschaft verhindert werden?
 
Zuletzt bearbeitet:
In irgend einem Buch, lage vor dem Aufkommen des Filmes, hatte ich vor Jahren mal darüber gelesen, leider waren nich mehr details dazu, ausser dass diese Sprache von den Deutschen im 2. WK nicht entziffert werden konnte.

Es wurde dort auch über indianische Telefonisten an der Westfront im 1 WK berichtet, deren Sprache dagegen sehr wohl von deutscher Seite identifiziert und übersetzt wurde, mit Hilfe eines Linguisten denn man aus einer Universität heranholte.

Ich weiss leider nicht mehr um welche Sprache es sich handelte. Weiss jemand etwas dazu?
 
@silesia

auf den avisierten Aufsatz bin ich gespannt.

Navajos bei der Navy, klar, in Stabsdienststellungen bei den marines, auch klar, aber in taktischen Einsätzen der marines?

Vllt., geht da der Film, wie ElQ antizipiert, etwas zu weit?

M.
 
Im JoMH habe ich leider nichts gefunden, außer Buchbesprechungen. Möglicherweise war das auch ein Kapitel in einem "Intelligence"-Buch zum Pazifik.

Dann so aus der Erinnerung: die Auswahl erfolgte, da es sich um lediglich eine geringe Gruppe handelte, die fließend zweisprachig war. Die Auswahl bei den Navajos soll idR auch an einem Studium orientiert gewesen sein, was die verfügbare Zahl deutlich auf wenige Hundert Männer reduzierte.

Von japanischer Seite soll es einen Versuch mit einem Kriegsgefangenen von Bataan gegeben haben, das (nachträglich) zu entziffern. Dies scheiterte wohl aus mangelhaften Navajo-Sprachkenntnissen, in Kombination mit den verwendeten Verschlüsselungsbegriffen.
Der Kriegsgefangene war Joe Lee Kieyoomia:
Defending Whose Country?: Indigenous Soldiers in the Pacific War - Noah Riseman - Google Books
Der Wert - das sieht man auch an der Verwendung beim US-MC - lag tatsächlich im taktischen Bereich, in ad-hoc-Verschlüsselungen "vor Ort". Sofern die japanische Seite dagegen halten wollte, hätte sie "native speaker" benötigt.

Auf der operativen/strategischen Ebene arbeitete man dagegen regelmäßig mit komplexen technischen Verschlüsselungsverfahren bzw. Kryptierungen. Auch die waren idR so hochwirksam, dass zeitweise die "beste" Quelle der japanischen Aufklärung die südamerikanische Presse gewesen ist.
 
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Von japanischer Seite soll es einen Versuch mit einem Kriegsgefangenen von Bataan gegeben haben, das (nachträglich) zu entziffern. Dies scheiterte wohl aus mangelhaften Navajo-Sprachkenntnissen, in Kombination mit den verwendeten Verschlüsselungsbegriffen.
Der Kriegsgefangene war Joe Lee Kieyoomia:
Defending Whose Country?: Indigenous Soldiers in the Pacific War - Noah Riseman - Google Books
Der Wert - das sieht man auch an der Verwendung beim US-MC - lag tatsächlich im taktischen Bereich, in ad-hoc-Verschlüsselungen "vor Ort". Sofern die japanische Seite dagegen halten wollte, hätte sie "native speaker" benötigt.

Auch wenn es etwas OT ist: Der Sachverhalt erinnert mich etwas an einen ironisch-polemischen Spruch von dem südamerikanischen Dichter und Sänger Facundo Cabral, über Vietnam: "Das ist der Krieg, in dem der schwarze Mann das Land gegen den gelben Mann verteidigt, dass der weisse Mann dem Roten Mann gestolen hat".

Auf der operativen/strategischen Ebene arbeitete man dagegen regelmäßig mit komplexen technischen Verschlüsselungsverfahren bzw. Kryptierungen. Auch die waren idR so hochwirksam, dass zeitweise die "beste" Quelle der japanischen Aufklärung die südamerikanische Presse gewesen ist.

Man liest/hört zwar immer wieder, wie die Alliierten das deutsche Enigmaverfahren knackten oder den Japanischen Marineschlüssel, aber nie in die andere Richtung. Waren die Alliierten in dieser Hinsicht tatsächlich so überlegen?
 
Auch wenn es etwas OT ist: Der Sachverhalt erinnert mich etwas an einen ironisch-polemischen Spruch von dem südamerikanischen Dichter und Sänger Facundo Cabral, über Vietnam: "Das ist der Krieg, in dem der schwarze Mann das Land gegen den gelben Mann verteidigt, dass der weisse Mann dem Roten Mann gestolen hat".
Man liest/hört zwar immer wieder, wie die Alliierten das deutsche Enigmaverfahren knackten oder den Japanischen Marineschlüssel, aber nie in die andere Richtung. Waren die Alliierten in dieser Hinsicht tatsächlich so überlegen?

Ja, nach einigem Nachschlägen scheint das eine recht hochgekochte Angelegenheit zu sein, deren Hintergründe filmisch und in der Populärliteratur und den Memoiren übertrieben werden.

Ich habe bei Prados, Combined Fleet Decoded, und dem Überblickswerk von Kotani, Japanese Intelligence in World War II (der auch sämtliche japanische Literatur zu dem Thema verwertet, nachgelesen.

Der Wert der ad hoc-Verschlüsselungen beim US-Marines Korps lag ausschließlich im taktischen Bereich, zB bei der Verständigung von Landungseinheiten untereinander.

Obwohl die japanische Seite erhebliche Erfolge beim Dekodieren bis 1941 hatte, gelangen nur wenige Einbrüche in die US-Codes auf der strategischen Ebene nach 1941, vorwiegend bei der Air Force. Diese hatten mit dem Navajo-Code nichts zu tun. Mir scheint hier auf der US-Seite - wo das Thema bis zu kriegsentscheidenden Wirkungen hochgetrieben wird - vorsichtig ausgedrückt eher ein Kontext vorzuliegen, der mit dem Diskussionen um indianische Identitäten und der iV damit hochstilisierten Beiträgen zum Weltkrieg zu tun hat.

Die beiden zitierten Werke werten militärhistorisch das Thema verwendeter Codes recht umfassend aus. Die taktische Ebene spielt dabei keine Rolle. Man muss hier auch die japanische Schwäche in dem "Intelligence"-Bereich nach Kriegsausbruch sehen, bei der wenig Ressourcen auf das Thema verwendet wurden und eine völlige Zersplitterung der Instanzen zwischen Marine, Heer und Oberkommando vorlag.
 
Naja, der Film engt das Ganze natürlich ein. Es waren nicht nur Navaho beteiligt.

https://en.wikipedia.org/wiki/Code_talker

Bereits im WW1 wurden Choctaw sowie auch Cherokee code talkers eingesetzt; Choctaw in der Argonnen-Offensive, Cherokee an der Somme.

Diese Webseite: CODE TALKERS
berichtet von ebenfalls eingesetzten Cheyenne, Comanche und Osage im 1. WK.

Auf beiden Seiten findet sich kein Hinweis auf die Entschlüsselung der Codes im 1. WK, im Gegenteil.


Im 2. WK waren nicht nur Navaho als code talkers im Einsatz.

Dem engl WP-Artikel zufolge hatte es tatsächlich Versuche deutscher Ethnologen gegeben, gezielt indianische Sprachen in den USA zu lernen; daher sollen code talkers an der Westfront weniger eingesetzt worden sein. Es gab jedoch eine Gruppe von Comanche, die bei der Invasion in der Normandie beteiligt waren und einen entsprechenden Code in ihrer Sprache verwendeten und die offenbar auch gezielt für Funkverständigung eingesetzt waren.

In Nordafrika gab es Meskwaki (Sauk and Fox), die als code talker dienten.
Ferner wurden auch Lakota eingesetzt, dem verlinkten Artikel nach verstarb der letzte Lakota-code talker 2010. Er war in Asien eingesetzt. Der zitierte Zeitungsartikel anläßlich seines Todes spricht von CTs aus insgesamt 15 indianischen Ethnien.

Ebenso wurde offenbar Baskisch eingesetzt, ebenfalls in Asien.

Wiederum auf der Seite aus Oklahoma (siehe oben) werden noch Angehörige der Choctaw, Kiowa, Seminole, Muskoke (Creek) und Pawnee im Einsatz als code talkers im 2. WK genannt.

silesia schrieb:
Die Auswahl bei den Navajos soll idR auch an einem Studium orientiert gewesen sein, was die verfügbare Zahl deutlich auf wenige Hundert Männer reduzierte.

Soweit ich weiß (und WP weiß es auch so) war die Voraussetzung lediglich das fließende Beherrschen *beider* Sprachen. Allerdings mußten natürlich Begriffe für Waffen etc in den indianischen Sprachen festgelegt werden, da diese aus naheliegenden Gründen nicht wie in der Alltagssprache üblich durch die englischen Bezeichnungen ersetzt werden konnten. Diese Wortlisten mußten die angehenden CT lernen, da sie diese auswendig kennen mußten - Wortlisten durften vor Ort nicht verwendet werden. Außerdem mußten diese Begriffe sowie weitere Codes in der Anwendung trainiert werden, da sie bei den Funkern im Einsatz jederzeit abrufbar sein mußten. Der engl WP-Artikel erwähnt, daß außer diesen Wortlisten auch ein Alphabet erarbeitet wurde, mit dem sich weiter Codierungen vornehmen ließen - das Wort "Pacific" wurde buchstabiert als "pig ant cat ice fox ice cat" und diese Begriffe wurden in die Navaho-Sprache übertragen. Ein Navaho, der zwar die Sprache fließend beherrschte, aber nicht als CT ausgebildet war, konnte somit mit diesen Codes ebenfalls nichts anfangen.
 
Ja, nach einigem Nachschlägen scheint das eine recht hochgekochte Angelegenheit zu sein, deren Hintergründe filmisch und in der Populärliteratur und den Memoiren übertrieben werden....

Ja, dieser Eindruck drängt sich auf. M.E. lbleibt im taktischen Bereich in dem kurzen Zeitfenster von "Entscheidung und Handlung" kaum Zeit für den Gegner komplizierte Dechiffrierungen vorzunehmen.

Im strategischen Bereich ist dieses Zeitfenster natürlich viel größer.

Wer aus deutscher Sicht darüber arbeiten mag, der Bestand der Abwehr im Bundesarchiv ist relativ groß, auch zu dem Thema Ggenspionage und Dechiffrierung.

Vergl.: Findbuch RW 5, Amt "Ausland/Abwehr" und RW 49 "Dienststellen und Einheiten der Abwehr". Dort finden sich auch Querverweise zu anderen Beständen, beispielsweise RSHA.

http://startext.net-build.de:8080/b...ndex.htm?kid=71688251B2004C248E387C9D87DA6FF7

M.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ja, dieser Eindruck drängt sich auf. M.E. lbleibt im taktischen Bereich in dem kurzen Zeitfenster von "Entscheidung und Handlung" kaum Zeit für den Gegner komplizierte Dechiffrierungen vorzunehmen.

Im strategischen Bereich ist dieses Zeitfenster natürlich viel größer.

Auf der taktischen Ebene muss man diesen "Funkverkehr" wohl sehen. Dabei ist auch der Empfänger zu berücksichtigen, der schnelle Entschlüsselung benötigt. Eine grob kodierte, der anderen Seite nicht verständliche Sprache ist dazu wohl die optimale Lösung.

Auf der operativen und strategischen Ebene wurden technische "Lösungen" verwendet. Die japanische Seite versuchte erst 1942, die eigenen Maßnahmen zu verstärken, verwendete dabei wohl auch Enigma. Man wurde hellhörig, nachdem man in Hongkong Dokumente erbeutet hatte, nach denen die Briten Positionen der beiden Flugzeugträger Hiryu und Soryu vor China im japanischen Funkverkehr aufgedeckt hatte. Die eigene Dekodierung bzw. der Bereich der "Intelligence" wurde daraufhin verstärkt, und umorganisiert und zusammengefasst. Trotzdem blieb die Zersplitterung, und Kaiserliche Marine, Heer und Hauptquartier werkelten weiter nebeneinander her.

Die USA haben das nach dem Krieg eingehend anhand der japanischen Dokumente untersucht. Die japanische Aufklärung blieb nach 1942 relativ dürftig, während die USA erhebliche Anstrengungen unternahmen, den japanischen Funkverkehr mitzulesen. Selbst mit diesen Anstengungen gab es gravierende Fehlschläge, so 1944 in der Philippinen-Schlacht.
 
Allerdings mußten natürlich Begriffe für Waffen etc in den indianischen Sprachen festgelegt werden, da diese aus naheliegenden Gründen nicht wie in der Alltagssprache üblich durch die englischen Bezeichnungen ersetzt werden konnten.

Hier eine Liste. Die Deutschen waren die "Eisernen Huete"
 

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Zitat:" In der Sprache der Navajos heißt Hitler <der, der seinen Schnurrbart riecht>"

Bevor ich den Beitrag gehört habe,musste ich an den GI Bill denken und dass Schwarze davon so gut wie ausgeschlossen waren. Laut dem Beitrag schien das für die Native Americans besser gelaufen zu sein.
 
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