Quellen f. d. Zeitabschnitt 1944/45 in Westfalen?

FrankP

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

als in Geschichtsdingen eher "unbeleckter" habe ich mich mal hier angemeldet, weil ich eine konkrete Frage habe: Vor einiger Zeit bin ich aus dem Ruhrgebiet ins schöne Münsterland gezogen (in den Bereich der Kreise Borken / Recklinghausen). Ich bin gern und viel draußen unterwegs und habe immer wieder von den Spuren gehört, welche die Geschehnisse in den letzten Kriegstagen des 2. WK's und der Zeit direkt danach hinterlassen haben. Zum Beispiel in abgelegenen Wäldern, die offenbar intensiv bombardiert wurden (warum???) und in denen bis heute die Narben in der Landschaft sichtbar sind. Oder man hört von irgendwelchen Kriegshandlungen in der letzten Kriegsphase, bei denen damals viele junge Leute umgekommen sein sollen... ich versuche nun aus Interesse, für mich ein wenig Licht in die Sache zu bringen. Literatur dazu habe ich bisher nicht gefunden, die örtlichen Heimatvereine haben zwar auch hier u. da etwas über die Zeit veröffentlicht, aber das ist alles sehr bruchstückhaft... (evtl. wollten sich eine Reihe von Leuten aus verschiedenen Gründen auch nicht so gern erinnern...?).
Daher hier meine Frage (im WK-II Bereich darf ich als Newcomer ja nicht posten): Gibt es so etwas wie ein Archiv für alles, was in den Jahren 1944/45 im Westen Deutschlands passiert ist?

(Sorry, falls das irgendwo hier im Forum schon einmal vorkam, aber ich weiß nicht recht, nach welchen Stichworten ich suchen sollte...)

Gruß, FrankP
 
Hallo und willkommen im Geschichtsforum ;)
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass, obwohl ich hier in Münster studiere, ich mich noch nicht zu der Landesgeschichte informiert habe. Wie dem auch sei, auf dem Internet-Portal Westfälische Geschichte findet sich ein längerer Bericht über Westfalen im 2. Weltkrieg.
Zu deinen abgelegenen Wäldern steht da zwar nichts, aber hier gibt es bestimmt ein paar Leute, die sich mit der Westäflischen Landesgeschichte auskennen ;)
Viele Grüße und einen schönen Tag!
stormy
 
@FrankP

Erlaube mir bitte eine Anmerkung, mir scheint Deine Fragestellung in erster Linie gar nicht so sehr eine Frage zu Quellen zu sein, sondern eine geschichtsmethodische.

Ich würde, was überhaupt nichts heißen muß, ersteinmal heraus finden, welche Wehrmachtsverbände (Heer und Luftwaffe) in dieser Gegend eingesetzt waren. Wenn Du die kennst, dann kannst Du, mit etwas Glück, in den eventuell vorhandenen Gefechtskalendern dieser Einheiten/Verbänden eruieren, in welche Kämpfe diese Wehrmachtsverbände in 1944/45 in Deiner Gegend verwickelt waren. Vllt. gibt es ein militärhistorisch versierten Mitdiskutanten, der das relativ problemlos ermitteln kann und hier postet.

Erst dann wird eine Archivrecherche sinnvoll, da die Archive die Organisationsschemata der seinerzeitigen Gliederungen der Wehrmacht abbilden (Heer: [OKW] => OKH => Heeresgruppe => Armee => Armeekorps => Division etc.), bei der Luftwaffe ist das etwas komplizierter, aber vllt. ist die für Dein Vorhaben auch nicht so interessant.

Das wäre die militärhistorische top-down-Variante.

Dann gäbe es noch die Möglichkeit in regionale Archive zu gehen, da gab es "Verbindungsstäbe" der zivilen Verwaltung zum Ersatzheer, Stadtverwaltung zur NSDAP-Kreisleitung, NSDAP-Gauleitung zur Kreisleitung, regionale Zeitungen, Archivalien zum "Volkssturm" etc.

Interessante Aufgabe. Viel Glück hierbei.

M.
 
Zuletzt bearbeitet:
In den Archiven landet ja in erster Linie zunächst einmal das amtliche Schriftgut. Von daher ist in den Archiven, gerade aus den letzten Kriegsmonaten eher wenig zu erwarten (Papierknappheit, Chaos an allen Enden, viele Beamte im Krieg). Nichtsdestotrotz kann ein Besuch des jeweiligen kommunalen Archivs nicht schaden. Die Archivare gerade der kleinen Archive freuen sich i.d.R. über die Wertschätzung ihrer Arbeit und haben meist auch gute Kontakte zu den Heimatvereinen, sprich, sie wissen auch, wen man als lokalen Experten am besten ansprechen kann.
Der LWL, auf den Stormy hinwies, ist aber grundsätzlich schon mal eine gute Adresse. Ebenso die Villa ten Hompel in Münster, deren Leiter über einige Orte des Westmünsterlandes im Nationalsozialismus gearbeitet hat. Sowohl beim LWL als auch in der Villa ten Hompel solltest du in der Hausbibliothek fündig werden. Aber auch in den jeweiligen Ortsbibliotheken sollte einiges an Literatur inzwischen vorhanden sein.
Speziell aus Münster gibt es eine Kriegschronik, die sich aber auch auf Münster beschränkt, die ein Dr. Franz Wiemers angelegt hat. Diese wurde aber 1944 eingestellt. Wiemers hatte die Sondererlaubnis, Bombenschäden zu photographieren, was eigentlich unter Strafe verboten war. Die Stadt Münster hat auf ihren Seiten die Kriegschronik online gestellt: Stadtarchiv Münster: Kriegschronik - Münster im II. Weltkrieg
Auch die Expedition Münsterland, eine Tochtergesellschaft der Uni Münster, ist immer wieder in die Region betreffende historische Projekte involviert.
 
Den bereits erfolgten Hinweisen schließe ich mich an.

Eine Randbemerkung: es gibt eine Reihe von Publikationen zum Kriegsverlauf im Münsterland, inkl. Bombenkrieg, die man heranziehen kann. Zum Beispiel:
Helmut Müller: Fünf vor null. Die Besetzung des Münsterlandes 1945
Willi Mues, Der Große Kessel (gemeint ist der Abschluss des Ruhrkessels)
Dazu gibt es alliierte Publikationen, die den Verlauf des Vormarsches aufzeigen.

Zu den Bombenwürfen auf Waldgebieten: ein Grund hierfür kann "in der Nähe liegen". Es gab 1944/45 massenhaft Notabwürfe von beschädigten Flugzeugen im Bombenkrieg. Ein instruktives Beispiel hierzu: der "Bielefelder Viadukt", eine Verkehrsader in das Ruhrgebiet und später in den Ruhrkessel. Die Wälder in großen Umkreis um den Viadukt sind gespickt mit Bombenkratern aus solchen Notabwürfen und Fehlwürfen.
 
Ganz herzlichen Dank für die vielen wertvollen Hinweise!!! Ich bin übrigens jetzt über eine wirklich tolle Internetseite gestolpert, welche diese Zeit für eine konkrete Stadt mit einer großen Zahl von Augenzeugenberichten vor Augen führt. "Dorsten-unterm-Hakenkreuz.de". Toll aufbereitet, finde ich - und für mich besonders spannend, weil ich jetzt eben da wohne...

Noch eine Anmerkung zu Bombardierungen abseits der Städte: Im Raum Haltern gibt es ein noch immer mit Blindgängern reichlich "verseuchtes" Waldgebiet, das wohl deshalb zum Ziel wurde, weil dort ein "Scheinflugplatz" mit Flugzeugattrappen angelegt worden war.

Nochmals vielen Dank!
Frank P.
 
Wenn es speziell um den Raum direkt nördlich Recklinghausen gehen soll: dort war im März 1945 die 116. PD eingesetzt. Der Ablauf der Besetzung wird geschildert in Guderian, Das letzte Kriegsjahr im Westen, Geschichte der 116. Panzerdivision.
 
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