Rauh: Rückzug vor Moskau - Legenden und Mythen zum WK 2

HolgerXX

Mitglied
Ich frage jetzt mal kompliziert und erwarte +/- auch keine "Antworten", sondern würde mich auch mit Literaturhinweisen zufriedengeben.

Hat sich die deutsche Wehrmacht, wenn nicht planmäßig, so doch überlegt von Moskau zurückgezogen? Kann man von einem einheitlichen Rückzug überhaupt sprechen, oder handelte es sich um mehr oder weniger chaotische Absetzbewegungen?

Sowjetischerseits ging man ja davon aus, dass insbesondere die sibirischen Reserven die Wehrmacht zum Rückzug gezwungen hätten. Was aber auch schon als irgendwas zwischen aufgebauscht und Märchen bezeichnet wurde.

Manfred Rauh hat natürlich wieder eine besondere Sichtweise, auch wenn er die selbst als Spekulation bezeichnet. Danach haben bei ihrer Besprechung in Orscha Halder und Bock vereinbart, mit sowieso unzureichenden Kräften einen Scheinangriff auf Moskau zu führen und sich eine zu erwartende Niederlage einzufangen, nur um sich dann zurückziehen zu können.

Was im Endeffekt aber auch nichts wurde, denn die Kessel von Demjansk und Cholm waren ja alles andere als komfortable Rückzugsgebiete.

Hat sich da schon mal jemand bemüht, einen Überblick hereinzubringen? Ich habe jedenfalls keinen wirklichen.

Danke für Antworten!

Grüße, Holger
 
Manfred Rauh hat natürlich wieder eine besondere Sichtweise, auch wenn er die selbst als Spekulation bezeichnet. Danach haben bei ihrer Besprechung in Orscha Halder und Bock vereinbart, mit sowieso unzureichenden Kräften einen Scheinangriff auf Moskau zu führen und sich eine zu erwartende Niederlage einzufangen, nur um sich dann zurückziehen zu können.

WOW!

Die Diskussion wird sicher noch auf den Rückzugsaspekt zu beziehen sein. Aber zu dieser Aussage eine Vorfrage: auf welchen Quellen basiert die Darstellung von Rauh? (Halder- oder Bock-Tagebuch?)

Zu dem Treffen in Orschas gibt es vom Altmeister Ziemke eine grundlegende Darstellung:
Franz Halder at Orsha, The German General Staff seeks a Consensus.
MA 1975, S. 173-176 auf Grundlage der Niederschriften, die über HG Nord, Süd und AOK 18 ("Merkpunkte aus der Chefbesprechung 13.11.1941") erhalten sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das muss man aus dem Zusammenhang von Rauhs Argumentation sehen. Nachdem der von Bock geleitete Schlussangriff auf Moskau unter vernünftigen Gesichtspunkten keinen Sinn macht (vielleicht sind wir uns da einig) und der "geniale" Halder ihn gebilligt hat, muss demnach etwas anderes dahinter stecken. Also eine Finte auf eigene Kosten, um Hitler rückzugswillig zu stimmen und die Fortexistenz der Heeresgruppe Mitte zu sichern.
Manchmal können Aussagen auch ohne Beleg glaubhaft sein. Vor allem dann, wenn ein unabhängiger Dritter dasselbe behauptet. Daran dürfte es hier aber mangeln.
Wie gesagt, man mag darüber streiten, ob der "Plan" überhaupt aufgegangen ist. Hitler genehmigte den Rückzug erst Mitte Januar 1942 (lt. Wikipedia), und der Frontverlauf blieb für die Heeresgruppe Mitte ungünstig.

Grüße, Holger
 
Das muss man aus dem Zusammenhang von Rauhs Argumentation sehen. Nachdem der von Bock geleitete Schlussangriff auf Moskau unter vernünftigen Gesichtspunkten keinen Sinn macht (vielleicht sind wir uns da einig) und der "geniale" Halder ihn gebilligt hat, muss demnach etwas anderes dahinter stecken. Also eine Finte auf eigene Kosten, um Hitler rückzugswillig zu stimmen und die Fortexistenz der Heeresgruppe Mitte zu sichern.
Manchmal können Aussagen auch ohne Beleg glaubhaft sein.

Es gibt aber die Primärquellen, in denen das Treffen beschrieben ist: Kriegstagebücher AOK18, HG Süd und Nord.:D

Siehe oben. Ich reiche mal eine Zusammenstellung des Ablaufs nach.

Daraus ergibt sich weder "Finte" noch "Scheinangriff". Kennst Du das Bock-Kriegstagebuch?
 
Nein. Und wenn es so eine "Verschwörung" gegeben haben sollte, muss man doch davon ausgehen, dass die Beteiligten ihre Spuren verwischten und nichts davon in die offiziellen Protokolle gelangte.

Grüße, Holger
 
Als im November sich der Widerstand der Roten Armee immer mehr verhärtete und eine Eroberung Moskaus nur noch wenig wahrscheinlich war, hat sich ein Halder trotzdem nicht beirren lassen. Noch am 23.November schwadronierte er, das der Feind zwar nicht vernichtet sei, aber doch eben entscheidend geschlagen. (1)

(1) Halder, KTB III, S.305 v.23.11.41
 
Nein. Und wenn es so eine "Verschwörung" gegeben haben sollte, muss man doch davon ausgehen, dass die Beteiligten ihre Spuren verwischten und nichts davon in die offiziellen Protokolle gelangte.
Grüße, Holger

Das ist der perfekte Ansatz einer Verschwörungstheorie. Entgegen stehende Quellenlage wird mit der Behauptung "widerlegt", das ein bestimmtes Element fehlt. Diese Behauptung ist selbstverständlich nicht verifizierbar ... oder doch?

Wir können das natürlich im Rahmen eines Forums nicht vertiefen, deshalb zwei kleine Hinweise zum Überdenken:

Ich kann Dir tatsächlich Beispiele hier einstellen, in denen die ansonsten perfekt geführten Kriegstagebücher (zB zur Verschleierung eines Verbrechens) gefälscht worden sind.

Der umgekehrte Fall: Bevor Du die Quellenlage zur Seite wischt, müsstest Du Dich quellenkritisch mit Ihr auseinander gesetzt haben. Was steht drin, was wurde ausgelassen. Was würdest Du sagen, wenn der OB einer Heeresgruppe Hitlers Krieg in seinem Tagebuch als ein Verbrechen bezeichnet?

Ergo: sollte man nicht abwarten und nachlesen, was ein Experte wie Ziemke zu diesem Thema gesagt hat?
 
Das ist der perfekte Ansatz einer Verschwörungstheorie. Entgegen stehende Quellenlage wird mit der Behauptung "widerlegt", das ein bestimmtes Element fehlt. Diese Behauptung ist selbstverständlich nicht verifizierbar ... oder doch?
Ach, verifizieren... schon eine starke Forderung. Ich würde mich schon damit zufrieden geben, wenn es anderweitige Hinweise auf den Sachverhalt geben würde.

Der umgekehrte Fall: Bevor Du die Quellenlage zur Seite wischt, müsstest Du Dich quellenkritisch mit Ihr auseinander gesetzt haben.
Der Eindruck, ich würde etwas zur Seite wischen, täuscht. Ich habe nur von einer Spekulation Rauhs berichtet.

Was würdest Du sagen, wenn der OB einer Heeresgruppe Hitlers Krieg in seinem Tagebuch als ein Verbrechen bezeichnet?
Sehe ich als von persönlicher Betroffenheit geprägte ehrliche Einschätzung an.

Ergo: sollte man nicht abwarten und nachlesen, was ein Experte wie Ziemke zu diesem Thema gesagt hat?
Man sollte nicht abwarten, sondern bestimmte interessante Punkte diskutieren, soweit man dazu motiviert ist.

Grüße, Holger
 
Ach, verifizieren... schon eine starke Forderung. Ich würde mich schon damit zufrieden geben, wenn es anderweitige Hinweise auf den Sachverhalt geben würde.

Sorry Holger,

die Verschwörungsthese vor Moskau ist mir einfach zu absurd, so dass ich keine Lust habe, für das Nachschlagen Zeit einzusetzen. Vielleicht poste ich Dir noch einen pointierten Satz von Ziemke, (die 4 Seiten kann ich leider wg. UrhR nicht einstellen) die Quelle zum Nachschlagen hatte ich Dir genannt.

Ich möchte auch nicht dem durchsichtigen Versuch der Beweislastumkehr folgen, nach der Vorgehensweise:
1. Man bastele eine Verschwörungstheorie
2. Man unterlegt diese mit der These, es gäbe dazu nichts (was hier schon erkennbar falsch ist)
3. Man "fragt" nach Gegenbelegen, anderenfalls ist die Richtigkeit von 1. "erwiesen".:rofl:
 
ich kann mir nicht ernsthaft vorstellen, dass durch Nachschlagen an diesem Punkt etwas Sachdienliches zutage gefördert werden könnte.

Kann ich mir auch nicht vorstellen. Halder in Orscha ist erschöpfend in der Literatur geklärt.

Zu der Bemerkung kann ich noch neben den Military Affairs Reinhardt, Die Wende vor Moskau, nachtragen, der dem auch ein Kapitel mit den Gesprächsinhalten widmet.:winke:
 
Danach haben bei ihrer Besprechung in Orscha Halder und Bock vereinbart, mit sowieso unzureichenden Kräften einen Scheinangriff auf Moskau zu führen und sich eine zu erwartende Niederlage einzufangen, nur um sich dann zurückziehen zu können.

Man findet tatsächlich noch überraschende Details. :devil:

Ich habe den Aufsatz von Ziemke (Halder at Orsha) wegen der interessanten Fragestellung nochmal durchgelesen. Ergebnis:

In Orscha ist Halder mit Bock nicht zusammengetroffen, da Bock überhaupt nicht anwesend war. Teilnehmer neben Halder: die drei Generalstabschefs Süd, Mitte, Nord sowie 7 Stabschefs diverser Armeen.(Ziemke, S. 174). Keiner der drei Heeresgruppen-OBs v.Leeb, v.Bock, v.Rundstedt war anwesend.

Das ergibt sich auch aus dem Kriegstagebuch von Bock: Eintrag 14.11.1941, S. 317: "Greifenberg [Anm: Chef GenSt HGrMitte] kommt von einer Besprechung des Generalobersten Halder [Anm: Chef GenSt Heer] mit den Armee und Heeresgruppenchefs zurück. Von den neulich propagierten, von der Heeresgruppe angefochtenen weiten Zielen ist nur übrig geblieben, dass die Heeresgruppen tuen sollen, was sie können."

Der Teilnehmerkreis wird auch durch das KTB des Ritter von Leeb, Eintrag vom 17.11.1941, bestätigt: "Der Führer hat den von der Heeresgruppe erbetenen Angriff im Kronstädter Raum abgelehnt (mündliche Mitteilung des Chefs des Generalstabs des Heeres [Halder] an Chef des Generalstabs der Heeresgruppe [Nord: Brennecke] anläßlich der Besprechung in Orscha."

Was Rauh da also über eine angebliche geheime Absprache Halder-Bock in der dubiosen Besprechung von Orscha schreibt, ist Quatsch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir wissen doch, was von Rauh zu halten ist. Sein ganzes dreibändiges Werk zur Geschichte bzw. Vorgeschiche des Zweiten Weltkrieges ist doch nun oft genug der Fehlerhaftigkeit überführt worden.

@HolgerXXX
Lies doch einfach Werke, auf deren Informationsgehalt du dich auch verlassen kannst.
 
Wir wissen doch, was von Rauh zu halten ist.

Klar, du hast natürlich recht.

Aber es ist geradezu erschütternd, wie schlampig/oberflächlich hier dann solche weitreichenden Thesen von Rauh aufgebaut worden sind.

Ich bin beim Blättern im Bock-Tagebuch darauf gestoßen, und konnte das fast nicht glauben, bis ich bei Ziemke den bestätigenden Teilnehmer-Hinweis gefunden habe.
 
silesia schrieb:
Aber es ist geradezu erschütternd, wie schlampig/oberflächlich hier dann solche weitreichenden Thesen von Rauh aufgebaut worden sind.

Ich kann mich nicht des Eindruckes erwehren, das Herr Rauh die Geschichte umschreiben wollte. So etwas nennt man, so glaube ich jedenfalls, Geschichtsklitterung.
 
Zunächst mal: ich bin nicht sehr glücklich darüber, dass mein Thema umfirmiert wurde. Mir ging es ursprünglich um die Rückzugsbewegungen vor Moskau, auch wenn dazu so gut wie nichts gekommen ist. Der Verweis auf Rauh hier war nur ein Einwurf. Ich bitte zu beachten, dass Rauh selbst diese Überlegungen als spekulativ eingeordnet hat.

Mit Verweisen wie diesem geht es mir generell darum, seltsame Aussagen überprüfen zu lassen. Ich habe einfach keine Lust, mich immer nur allein zu wundern.

Grüße, Holger
 
Zunächst mal: ich bin nicht sehr glücklich darüber, dass mein Thema umfirmiert wurde. Mir ging es ursprünglich um die Rückzugsbewegungen vor Moskau, auch wenn dazu so gut wie nichts gekommen ist. Der Verweis auf Rauh hier war nur ein Einwurf. Ich bitte zu beachten, dass Rauh selbst diese Überlegungen als spekulativ eingeordnet hat.

Mit Verweisen wie diesem geht es mir generell darum, seltsame Aussagen überprüfen zu lassen. Ich habe einfach keine Lust, mich immer nur allein zu wundern.

Grüße, Holger

Das ist nicht ganz fair. Du hast Rauh in die Diskussion eingeführt und meine Mitdiskutanten haben mit ihren Beiträgen dazu qualifiziert Stellung genommen.

Die tatsächlichen Rückzugsbewegungen des deutschen Heeres vor Moskau sind quellentechnisch und literaturseitig gut erschlossen. O.k., jetzt kommt die Fragestellung "Warum".

Ich bin kein Militärhistoriker, die könnten Dir auf Generalstabskarten wahrscheinlich die Bewegung jeder Division auf diesem Rückzug inkl. die Absetzgeschwindigkeit nachweisen und darüber hinaus die jeweiligen KTB Einträge der entsprechenden Ia, so sie erhalten sind, nachreichen, oder Du gehst selbst ins Archiv.

Dabei bleiben wir aber immer noch auf der Frageebene des "Das" und des "Wie" des Rückzuges und sind noch lange nicht beim "Warum".

Cui bono?

Den beteiligten deutschen Generälen? Schwerlich, die hätten auch eine Heeresgruppe "verheizt"*, um die befohlenen Ziele zu erreichen.

Dem nationalsozialistischen Staat? Schwerlich, es war die erste spektakuläre Niederlage der WM?
Vergl.: z.B. die Tagebucheinträge von Goebbels aus November/Dezember 1941, der mußte diese Niederlage ja "verkaufen".

Bleibt also die Sowjetunion und ihre Alliierten und das war der Gegner.

Die WM war in einer absoluten überspannten strategischen Situation, die Bücher hierzu sind Legion.

Das DR war in einer überspannten Situation, militärisch, ökonomisch, als auch politisch, auch hierzu sind die Bücher Legion.

Da gibt es m.E. keinen Raum für Legendenbildung.

M.

* Sorry wegen des Begriffes.
 
Nach meinen Informationen kann von einem planvollen Rückzug allenfalls im Januar 1942 die Rede sein.

Am 16.12.1941 erließ Hitler seinen "Haltebefehl" an die Heeresgruppe Mitte. Da noch keine rückwärtigen Stellungen vorhanden waren, untersagte der Oberbefehlshaber der Wehrmacht (und ab dem 19.12.1941 auch Oberbefehlshaber des Heeres) vorläufig jeden taktischen Rückzug. Nicht zu Unrecht fürchtete Hitler, dass unersetzliches Material verloren ginge. Außerdem befürchtete man im Oberkommando des Heeres negative Auswirkungen auf die Psyche der Truppe.

Zwischen dem 16.12.1941 und dem 15.01.1942 kam es mehrfach zu schweren Krisen. Armeekommandeure wie die Generalobersten Guderian und Hoepner wurden ihrer Stellungen enthoben, weil sie eigenmächtig ihre Truppen auf kürzere Sehnenstellungen zurückgenommen hatten.

Am 15.01.1942 willigte Hitler dann in eine operative Absetzbewegung ein, mit der die Heeresgruppe Mitte ihre Front um 150 Kilometer verkürzen konnte. Hier kann man vielleicht von einem planmäßigen Rückzug sprechen. Die vorausgegangenen vier Wochen waren eine Zeit der taktischen Aushilfen, wie sie in Kriegen nicht selten vorkommen.

Grundsätzlich war die Entscheidung Hitlers vom 16.12.1941 wohl richtig. Es gab keine Auffangstellungen; der Boden war tief gefroren und ließ keine Schanzarbeiten zu; es musste Zeit gewonnen werden, um Reserven an die Front zu bringen. Hinzu kam, dass Hitler in diesen Wochen sich als starke Führungspersönlichkeit erwies. Brauchitsch war mit seinen Nerven am Ende; v. Bock, der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte trat ebenfalls zurück und Generaloberst Halder, der Chef des Generalstabes des Heeres, flüchtete sich in Durchhalteparolen. General Jodl, der Chef des Wehrmachtführungsstabes, bemerkte nach dem Krieg, dass er Hitler in diesen Wochen richtig bewundert hätte. Der Diktator hätte in jenen Tagen die Ostfront gerettet.

Die fatale Konsequenz der Winterkrise bestand darin, dass Hitler die Haltetatktik in den nächsten Jahren zum Grundprinzip seiner Kriegführung machen sollte. Führung im Krieg setzte für ihn Nervenstärke und Durchhaltewillen voraus. Diese Eigenschaften vermisste er bei vielen Generalstabsoffizieren. An die Stelle der traditionellen Auftragstaktik trat immer mehr die Befehlstaktik.

Zu Manfred Rauh: Seine Arbeiten über das Kaiserreich bildeten einen wohltuenden Gegensatz zur Bielefelder Schule. Mit seiner Geschichte des Zweiten Weltkrieges kann ich wenig anfangen.
 
Am 15.01.1942 willigte Hitler dann in eine operative Absetzbewegung ein, mit der die Heeresgruppe Mitte ihre Front um 150 Kilometer verkürzen konnte. Hier kann man vielleicht von einem planmäßigen Rückzug sprechen. Die vorausgegangenen vier Wochen waren eine Zeit der taktischen Aushilfen, wie sie in Kriegen nicht selten vorkommen.

Auch das war kein planmäßiger Rückzug, sondern am 15.1.1942 materiell die Stornierung des "Haltebefehls", die Sanktionierung der laufenden Rückzüge im russischen Winter gegen von Leningrad bis zum Mius laufenden Offensiven der Roten Armee. Der Befehl traf mitten in die so erzwungenen Rückzugbewegungen, und orientierte sich lediglich an einer propagandistischen "Winterstellung" (die nicht existierte).

Vorausgegangen war die Kommandoenthebung des bewährten Armeeführers Hoepner am 8.1.1942. Dieser hatte quasi in letzter Minute den Rückzugsbefehl für mehrere Armeekorps gegeben, denen die Umfassung und Einkesslung drohte. Siehe Hahn, Oswald: Zum 8.1.1942: Die Rücknahme der 4. Panzerarmee aus dem Balkon von Borowsk, 1982.

Tatsächlich klammerte man sich an einige Wellenbrecher, um den Vorstössen der Roten Armee die "operative Tiefe" (-> Halder) und Verbindungslinien im Winter zu nehmen, und die Vorstösse somit totlaufen zu lassen:
Demjansk
Wolchow-Linie
Toropez-Cholm
Juchnow, Belew, Wolshansk-Slawjansk, Mius.


Der Haltebefehl erwies sich als unhaltbar.

Um das Propagandistische des Befehls vom 15.1.42 noch einmal zu unterstreichen:

"Einbrüche bei der 126. DIV. Besprechung mit Busch. Meine Entlassung erbeten. Erneuter Befehl, daß II. und X. AK [-> Demjansk-Kessel] zu halten haben."

(Tagebuch Leeb, OB HGr. Nord, 15.1.1942)

"Die H.Gr. Hat den klaren Befehl zu halten; das Risiko nimmt ihr die oberste Führung ab. Die durch ein Absetzen der 16.Armee entstehende Lücke würde durch nichts mehr zu schließen sein..."

(KTB HG Nord, 16.1.1942, 2.oo)

"Der Antrag, daß wir über den Lowat zurückgehen dürfen, ist abgelehnt worden."
(Leeb, 16.1.1942)

"Leeb bittet um Ablösung. Strauß kann nicht mehr. V.Reichenau Schlaganfall."
(KTB Halder, 16.1.1942)

Der Rückzug auf die s.g. Winterstellung wurde lediglich der HG Mitte genehmigt. Die vergleichbar hochkritischen Lagen andernorts setzten sich unter dem alten Haltebefehl fort.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben