Rote Armee 45 vor dem Ausbluten?

T 34

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Hallo mal wieder eine Frage. Wie wir wissen erlitt die RA waehrend des Krieges ungeheuere personelle Verluste. Ueber wie viele personelle Ressourcen verfuegte die RA im Mai 45 noch?:winke:Schuetzte sie der Italien Feldzug bzw der D Day vor dem Ausbluten? Wuerde mich ueber interessante Antworten freuen?
 
Nein, die RKKA war personell und im militärischen Sinne nicht vor dem Ausbluten, wenngleich sie, in einem erweiterten Sinne, extrem hohe Verluste hat hinnehmen müssen, in einem Bereich von ca. 25 Mio Toten.

Die Anzahl der Toten (Irrecoverable Losses) der RKKA waren über die Jahre sogar rückläufig (Krivosheev S. 101) und zeigen die Erfahrungskurve der RKKA an, parallel zur Verbesserung der materiellen Ausstattung der Verbände.
....Tote
41: 2.99 Mio
42: 2.99 Mio
43: 1.97 Mio
44: 1.41 Mio
45: 0.63 Mio

Zum Vergleich beispielsweise die vergleichende Stärke der Soviets und der Deutschen über die Zeit:

.........RKKA zu WM
22.06.41: 1 : 1,4
01.12.41: 1.23 : 1 (Verhältnis gedreht!)
07.06.42: 1.42 : 1
09.07.43: 1.71 : 1
01.07.44: 2.17 : 1
08.05.45: 4.10 : 1 absolut 5,7 Mio zu 1,96 Mio
(Glantz: When Titans Clashed, S.304)

Zur Reorganisation der RKKA bis 45 sind die beiden Bücher von Dunn durchaus hilfreich: Hitler`s Nemesis und Stalin`s Key to Victory.

Wesentlich gravierender waren die Langzeitfolgen der Verluste für die Bevölkerungspyramide in der Periode nach 1945, die ein deutlich geringeres Arbeitskräftepotential nach sich gezogen haben.

Zudem die langjährige Tiefenrüstung (seit Anfang der 30er Jahre) der sowjetischen Wirtschaft zu einer nachhaltigen Kriegswirtschaft geführt hat, die die Schwerindustrie deutlich bevorzugte (vgl. Harrison: Accounting for war und ders. The Sovietunion. the defeated victor, S. 268 in ders. ed: The Economics of World War II). Und durch die Kriegsproduktion noch zusätzlich akzentuiert hat.

In diesem Sinne ist die Betrachtung der RKKA und der sowjetischen Gesellschaft wesentlich vielschichtiger als lediglich die Betrachtung von reinen Armeestärken im Jahr 1945.

Als Ergänzung zu dieser Betrachtung ist nach wie vor das Buch von Overy: Die Wurzeln des Sieges sehr informativ.
 
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Hallo mal wieder eine Frage. Wie wir wissen erlitt die RA waehrend des Krieges ungeheuere personelle Verluste. Ueber wie viele personelle Ressourcen verfuegte die RA im Mai 45 noch?:winke:Schuetzte sie der Italien Feldzug bzw der D Day vor dem Ausbluten? Wuerde mich ueber interessante Antworten freuen?

Man kann (nach den von thanepower aufgezeigten Zahlen) annehmen, dass die Rote Armee ohne D-Day bis an den Rhein marschiert wäre. Das hätte vielleicht bis '46 gedauert, auf jeden Fall weiteren Millionen das Leben gekostet.
 
Schon extrem was die Rote Armee einstecken konnte. Wie viele Einwohner verblieben gleich wieder bach 41 bzw 42 ?.120 Millionen?
 
Man kann (nach den von thanepower aufgezeigten Zahlen) annehmen, dass die Rote Armee ohne D-Day bis an den Rhein marschiert wäre. Das hätte vielleicht bis '46 gedauert, auf jeden Fall weiteren Millionen das Leben gekostet.

Diese These ist m.E. duchaus plausibel, sofern man alle politischen und sonstigen Restriktionen des Handelns von Stalin außen vor läßt und es gab ja eindeutige Absprachen mit den Westallierten über die Einflußbereiche.

Eine Absprache, an die sich Stalin m.E. gehalten hätte, selbst wenn er die Chance gehabt hätte, an den Rhein zu marschieren. Aber das ist natürlich kontrafaktisches Spekulieren.

Zumindest die Arbeiten von Kunz: Wehrmacht und Niederlage und die von Ian Kershaw: Das Ende legen nahe, dass die Wehrmacht spätestens mit Beginn des Jahres 45 vor einer sich deutlich beschleunigenden Implosion bzw. Auflösung betroffen war.
 
Was mich noch interessieren wuerde? Wie gross war die Differenz der sowjetischen und deutschen Bevoelkerung am Hoehepunkt der militaerischen Erfolge der Wehrmacht 1942?
 
Eine Absprache, an die sich Stalin m.E. gehalten hätte, selbst wenn er die Chance gehabt hätte, an den Rhein zu marschieren. Aber das ist natürlich kontrafaktisches Spekulieren.
Unwidersprochen. Ich ging nur von der spekulativen Voraussetzung eines militärischen Misslingens von D-Day aus. Die Rote Armee hätte ihre Offensiven stoppen müssen, um nicht bis an den Rhein zu gelangen. Damit hätte sie der Wehrmacht Gelegenheit zum Ergreifen von Initiativen gegeben.
 
Was mich noch interessieren wuerde? Wie gross war die Differenz der sowjetischen und deutschen Bevoelkerung am Hoehepunkt der militaerischen Erfolge der Wehrmacht 1942?

Ich kann keine Literaturstelle dazu angeben, dennoch sind die Schätzungen gerade für die UdSSR für 1942 extrem schwierig. Und zwischen Historikern durchaus sehr umstritten, soweit im mich erinnere.

Zu diesem Zeitpunkt, um 1942, lagen vermutlich keine Ergebnisse von Bevölkerungszählungen vor und durch die Umsiedelung von Bevölkerung vor der heranrückenden Wehrmacht in Gebiete jenseits des Urals dürfte ebenfalls eine Einflussgröße auftreten, die eine Schätzung schwer gemacht hat.

Ein Faktum, das dennoch den rasanten Wiederaufbau der RKKA von Juni 41 bis Dezember 41 illustriert ist, dass im Dezember 41 die ursprüngliche RKKA nahezu komplett ausgelöscht worden ist und durch neue Rekruten aufgebaut wurde.

Bei Dunn ist das System des Aufbaus von Einheiten relativ gut beschrieben.
 
Ich kann keine Literaturstelle dazu angeben, dennoch sind die Schätzungen gerade für die UdSSR für 1942 extrem schwierig. Und zwischen Historikern durchaus sehr umstritten, soweit im mich erinnere.

Zu diesem Zeitpunkt, um 1942, lagen vermutlich keine Ergebnisse von Bevölkerungszählungen vor und durch die Umsiedelung von Bevölkerung vor der heranrückenden Wehrmacht in Gebiete jenseits des Urals dürfte ebenfalls eine Einflussgröße auftreten, die eine Schätzung schwer gemacht hat.

Ein Faktum, das dennoch den rasanten Wiederaufbau der RKKA von Juni 41 bis Dezember 41 illustriert ist, dass im Dezember 41 die ursprüngliche RKKA nahezu komplett ausgelöscht worden ist und durch neue Rekruten aufgebaut wurde.

Bei Dunn ist das System des Aufbaus von Einheiten relativ gut beschrieben.
Der Wiederaufbau wurde doch dann durch die Verlagerung der Industrie in den Ostenerreicht und durch lend and lease? Btw wenn es um den 2 Weltkrieg geht , ist Glantz hier besser informiert als beispielsweise Overy?
 
Gerade gestern habe ich eine Sendung des USA War ministeriums gesehen, die UdSSR hatte 193 Millionen Einwohner. Die Reserven waren also beträchtlich, von Ausbluten konnte 1945 keine Rede sein. Neben den Allierten Landungen in Italien und Frankreich haben vor allem Ihre lend and lease Lieferungen den Sowjets geholfen.
 
Ich kann keine Literaturstelle dazu angeben, dennoch sind die Schätzungen gerade für die UdSSR für 1942 extrem schwierig. Und zwischen Historikern durchaus sehr umstritten, soweit im mich erinnere.

Ganz richtig. Wir hatten die Literaturdiskussion hier vorgestellt:

http://www.geschichtsforum.de/f68/l...tunion-1941-45-a-33799/index9.html#post513453


Wenn man über das "Ausbluten" der Roten Armee 1945 diskutiert, sollte man die Kräfteübersichten in DRZW 10/1 zum 1.1.1945 heranziehen, dort sind die militärischen Kapazitäten der Baltischen, Weißrussischen und Ukrainischen Fronten zusammengestellt.

Die Diskussion über die möglichen Kräfteverhältnisse und das "Ausbluten" wurde schon von der Abteilung "Fremde Heere Ost" 1943/45 immer wieder geführt. Tatsächlich beobachtete man auf Seiten des OKH, dass aus den zurückeroberten Gebieten laufend Rekruten zur Roten Armee gezogen wurden, weshalb auf den Rückzügen der Wehrmacht von sowjetischen Gebiet immer wieder versucht wurde, die männliche Bevölkerung "nach hinten" zu deportieren. Das gelang ua. wegen des schnellen Vormarsches der Roten Armee nicht.

Die Zahl von 190+ Millionen stammt aus der Zeit vor dem 22.6.1941. Die 120+ Millionen sollen pimalDaumen für 1942 gelten. 1945 waren die besetzten Gebiete zurückerobert, hinzu kamen einige polnische und rumänische Verbände.

Trotz der relativ höheren sowjetischen Verluste vor dem 1.3.1945 wurde die Mannstärken-Differenz von 3 Mio. im Vergleich zur Wehrmacht im Kriegsverlauf bis 1945 sogar noch auf fast 4 Mio. ausgebaut (DRZW 10/1). "Ausgeblutet" war im Frühjahr 1945 die Wehrmacht, die Verbände zT mit 50-70% aus 17- bis 19-jährigen aufstellte, und die Heeresgruppen mit Volkssturm, Reichsarbeitsdienst und Kinder-Flak auffüllte.
 
man muss sich das nur mal vorstellen 25 Millionen Verluste. Andere Grossmaechte wie Frankreich oder England hatten zur damaligen Zeit 40 Millionen Einwohner. Die Manpower und Opferbereitschaft auf Seiten der Sowjets waren definitiv der kriegsentscheidende Punkt.
 
Die Manpower und Opferbereitschaft auf Seiten der Sowjets waren definitiv der kriegsentscheidende Punkt.

Wobei das natürlich eine nicht ungefährliche Feststellung ist, wenngleich sie nicht ganz falsch ist.

Die "Operbereitschaft" speist sich dabei aus sehr unterschiedlichen Quellen und sollte differenziert werden.

Für einen Teil der Bevölkerung, hauptsächlich in den Städten, die vom Aufstiege des Bolschewismus nach 1917 und speziell von der "Stalinistischen Revolution" in den dreißiger Jahren profitiert haben, war es eine auch ideologisch begründete Opferbereitschaft im Kampf gegen den Faschismus, wie auch bei Schlögel diese Form der Militarisierung des Alltagslebens teilweise dargestellt wird.

Terror und Traum: Moskau 1937 - Karl Schlögel - Google Books

Für viele war es sicherlich auch eine erzwungene Opferbereitschaft, die durch NKWD-Einheiten im Rücken der Front und durch eine drakonische Militär-Justiz eingefordert wurde.

Und es war aus der Sicht der Russen ein Verteidigungskrieg, in dem die "nationale Seele Russlands" bedroht war. Und vor diesem Hintergrund einer nationalen Einigung aufgrund der faschistischen Bedrohung ergab sich auch eine zunehmende Hinwendung zum Stalinismus von größeren Teilen der Bevölkerung während des Krieges. Mit dem Effekt, dass vermutlich Ende 1945 die innere Zustimmung zum Stalinismus den höchsten Stand erreicht hatte.

Allerdings sah Stalin dieses im Krieg gewachsene Selbstbewußsein sehr kritisch und unterdrückte die selbstbewußteren und engagierteren Formen der politischen Beteiligung im Rahmen weiterer Säuberungswellen nach dem WW2 (vgl. auch beispielsweise Merridale: Iwans Krieg).
 
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Mich wundert es nur immer wieder wie Hitler beim Russlandfeldzug von einem schnellen bzw Sieg ueberhaupt ausging angesichts der Kraefteverhaeltnisse.
 
Andere Grossmaechte wie Frankreich oder England hatten zur damaligen Zeit 40 Millionen Einwohner.

Hier musst du meines Erachtens Kolonien und eng Verbündete Staaten (dominions), wie z.B. Kanada, Australien, Südafrika usw. mit berücksichtigen. Das British Empire verfügte durchaus über ein großes Potenzial an Menschen, die im Zweifel auch für den Krieg mobilisierbar waren (und ja auch mobilisiert wurden). Alleine Indien hatte 1939/40 eine Bevölkerung von über 300 Millionen.

Eine andere Frage ist, ob die Briten politisch so hohe Verluste wie die UdSSR ertragen hätten und zur gleichen "Opferbereitschaft" bereit gewesen waren (z.B. in einem potenziellen Szenario, in dem die UdSSR 1941 nicht überfallen wird und keine Kriegserklärung an die USA erfolgt, so dass UK die Hauptlast des Krieges zu tragen hätte.).
 
Die Zahl von 190+ Millionen stammt aus der Zeit vor dem 22.6.1941. Die 120+ Millionen sollen pimalDaumen für 1942 gelten. 1945 waren die besetzten Gebiete zurückerobert, hinzu kamen einige polnische und rumänische Verbände.

Bei Wheatcroft und Davies ist eine Diskussion über die Bevölkerungsentwicklung vorhanden.

Es gab wohl für 26, 37 und 39 einen "Census", in dem die Bevölkerung gezählt worden ist.

in Mio:
26: 148
37: 162
39: 170

Durch Annektionen wuchs die Bevölkerung bis Mitte 41 auf ca. 196,7 Mio.
Ende 1945 gibt Kozlov die Zahl der Einwohner mit ca. 167 Mio an. Ein Wert, der diskussionswürdig ist, so Wheatcroft und Davies.

The Economic Transformation of the Soviet Union, 1913-1945 - Google Books

Bei der Diskussion über das "Ausbluten" darf man nicht übersehen, dass nicht die absolute Zahl relevant ist, sondern der Personenkreis im "wehrfähigen Alter". Und einzelne Jahrgänge, so wiederum mein Kenntnistand, ohne Literatur benennen zu können, waren durchaus "ausgeblutet".
 
Ob die Mobilisierung des British Empire so leicht gewesen waere bezweifle ich . Die Kolonien waren doch sehr weit weg vom Mutterland, desweiteren waere es mit Sicherheit zu Widerstaenden innerhalb der Kolonien gekommen. Ich glaube nicht das das British Empire jemals so ein Landheer wie das DR oder die Su haette aufstellen koennen.
 
Ob die Mobilisierung des British Empire so leicht gewesen waere bezweifle ich . Die Kolonien waren doch sehr weit weg vom Mutterland, desweiteren waere es mit Sicherheit zu Widerstaenden innerhalb der Kolonien gekommen. Ich glaube nicht das das British Empire jemals so ein Landheer wie das DR oder die Su haette aufstellen koennen.

Die Indische Armee, in der Masse auf dem asiatischen Kriegsschauplatz in Burma engagiert, wuchs bis 1945 auf 2 Mio. Mann. Das bevölkerungsarme Australien stellte 10+ Divisionen, Kanada im Gegenwert rd. 7 Divisionen, Südafrika 4 Divisionen. In der "Gegenrechnung" entspricht das der Truppenstärke von ca. 50 Divisionen der Roten Armee. Die Commonwealth-Verbände spielten neben Fernost eine nicht unwesentliche Rolle auch im Mittelmeerraum (Nordafrika, Italien).

Das reicht natürlich zahlenmäßig nicht an die Rote Armee heran. Beim Commonwealth/Großbritannien ist die umfangreiche Luftrüstung zu beachten, die diejenige des Deutschen Reiches überstieg. Hinzu kamen die umfangreichen Seestreitkräfte in dem Konflikt.

Bei der Diskussion über das "Ausbluten" darf man nicht übersehen, dass nicht die absolute Zahl relevant ist, sondern der Personenkreis im "wehrfähigen Alter". Und einzelne Jahrgänge, so wiederum mein Kenntnistand, ohne Literatur benennen zu können, waren durchaus "ausgeblutet".

Sehr guter Überblick zu Wheatcroft & Co.

Die Probleme der Roten Armee hatte ich oben auch angesprochen. Die Verluste scheinen sich aber mit den Mobilisierungsreserven 1944/45 die Waage gehalten zu haben.

Dazu kam der Qualitätssprung in der Ausrüstung, insbesondere Artillerie, Panzer und Flugzeuge. 1945 ist die Rote Armee, trotz ähnlicher Truppenzahlen, nicht mehr mit 1941 zu vergleichen.
 
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