Schnorcheleinsatz bei dt. Ubooten

Köbis17

Gesperrt
Hallo Zusammen,

ab 1944 wurde durch die starke Luftüberlegenheit der Alliierten in den Operationsgebieten in der Nordsee und im Atlantik die Forderung nach einem richtigen Unterseeboot lauter.

Hierbei wurden entsprechende Schnorchel entwickelt, die die Uboote nur noch selten aufgetaucht operierten mussten. Im Rössler- Geschichte des deutschen U-Bootbaus Band 2 wird aber kaum über Gesundheitsgefährdung der Mannschaft berichtet, ja sogar über Ausdauerrekorde geschrieben, indem Uboote um die 60-70 Tage komplett im Unterwassereinsatz waren.
In einem Wikiartikel zum Thema Schnorchel wird aber intensiver auf die möglichen Gesundheitsgefährdung der Mannschaft z.B. durch Abgasvergiftungen berichtet.

Wie deckt sich das mit dem Einsatz an der Front und gibt es genauere Berichte über den Dauereinsatz der Schnorchel bei Feindfahrten?
 
Wie tief konnte das U-Boot im Schnorchelbetrieb unter Wasser sein?
War in dieser Tiefe das U-Boot noch vom Radar eines Flugzeugs erkennbar?
 
Ich hab inzwischen whohl den Wiki-Link gefunden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Schnorchel_(Schiffsteil)

Demnach war die "Schnorchelfahrt" eine Reaktion auf das Flugzeugradar, das die Uboote auch nachts sichtbar machte,
also ihnen, wenn ich es richtig verstehe, die Möglichkeit nahm zumindest in der Dunkelheit Dieselfahrt zu betreiben und die Akkus nachzuladen.
Gemäß der Wiki-Quelle war es einerseits ausreichend unterhalb der Wellenhöhe zu bleiben, andererseits war der Schnorchel selbst ortbar, weshalb dieser in Form und Material weiterentwickelt wurde.
Dabei wurde er nicht unsichtbar für das Radar, sondern nur auf geringere Entfernung erkennbar.
Tagsüber hinterlies der Schnorchel eine erkennbare Gischt.

Im Rössler- Geschichte des deutschen U-Bootbaus Band 2 wird aber kaum über Gesundheitsgefährdung der Mannschaft berichtet,
Nachdem m.W. 3/4 der Ubootfahrer ertranken, wird eine Gesundheitsgefährdung durch Luftverschmutzung/Abgasbelastung möglicherweise ein eher geringeres Problem gewesen sein, welches ein Problem der Trennung von Abluft und angesaugter Luft gewesen sein muss.
Möglicherweise wurde diese Problem durch die "Tarnkappenproblematik" verschärft.
Ich weiß es nicht, sondern überlege nur so mal vor mich hin.
 
Aus der Erprobung gab es Berichte über Probleme mit dem Gerät.

"Abgasvergiftung" scheint aber missverständlich zu sein, auch wenn Rössler den Begriff benutzt.

Es geht vielmehr um das Gerät in schwerer See bzw. bei Fehlern in der Tiefensteuerung. Die Bootsinnenluft wurde als "Puffer" benutzt, so dass bei Einsetzen des Schwimmerventils im Schnorchel (Sperre der Luftzufuhr, da würde mit verschiedenen Lösungen experimentiert) die Raumluft für den Diesel "entzogen" wurde, also Gefahr durch den Sauerstoffmangel entstand. Bei einem Problem bestand in einem UBoot angeblich nur noch ein Druck von 450 mbar.

Es dürfte sich somit (vorrangig?) nicht um die Abgasproblematik des Diesels handeln, bzw. Vergiftungsgefahr durch Dieselabgase.

Die KTB geben vielleicht mehr her, es gibt mW auch eine Auswertung beim BDU. Ich schaue mal, ob ich da etwas auftreibe.
 
Das ziehen von Unterdruck muss ein richtiges Problem gewesen sein. Luft hat einen Sauerstoffanteil von 21%. Damit beträgt der Sauerstoffpartialdruck bei Normaldruck etwa 210 mBar. Bei einem Druck von der hälfte sind wir bei etwa 100 mBar Sauerstoff. Also deutlich zu wenig für den Menschen. Auf lange Sicht gesehen braucht er mindestens 170 mBar, bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit.

Apvar
 
Das ziehen von Unterdruck muss ein richtiges Problem gewesen sein. Luft hat einen Sauerstoffanteil von 21%. Damit beträgt der Sauerstoffpartialdruck bei Normaldruck etwa 210 mBar. Bei einem Druck von der hälfte sind wir bei etwa 100 mBar Sauerstoff. Also deutlich zu wenig für den Menschen. Auf lange Sicht gesehen braucht er mindestens 170 mBar, bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit.

Apvar

Das oben beschriebene Problem muss allerdings aus den Erprobungen stammen, und möglicherweise beseitigt worden sein.

Aus den Frontberichten geht nämlich nichts dergleichen hervor (vermutlich wurde laufend gemessen und dann eben auf Marschfahrt abgeschaltet). Was man findet:

1. U741 am 14.7. nachts bei Schnorchelfahrt gerammt.

2. U763 meldete bei Verfolgung nachts "genaue" Wasserbomben, wenn Schnorchel 3-4 Meter ausgefahren war, niedrigerer Schnorchel keine Erfassung.(7/1944)

3. U275 beim Schnorcheln Wasserbomben von Flieger.(8/1944)

4. Erfahrungsbericht Invasionseinsatz: beim Schnorcheln erhebliche Überraschungsgefahren, geworfene Wabo aber "noch ungenau". "Nichtschnorchelboote" wurden nur als Aufklärungsschleier vor der Biskaya eingesetzt, diese Boote im Westkanal wegen übermäßiger Verluste "nicht mehr einsetzbar".

5. Bericht 9/1944 (ERgänzung zum Operationsbefehl Nr. 20: normal ausgefahrener Schnorchel mit 0,5 Meter über WL erzeugt nur 30% Wirkungsgrad beim Radar, bei 2 bis 3 Metern ausgefahren ca. 70% gegenüber aufgetauchtem Boot. Seegang und Dünung verändern diese Wirkungsgrade. Statt Schnorchel 3 Meter auszufahren, sollen die Boote also besser komplett auftauchen (weil fast gleicher Effekt).

Anmerkung: Mit der Idee des Schnorchels befasste man sich schon länger, als 1940 die holländischen UBoote mit Schnorchel erbeutet wurden. Das waren aber keine brauchbaren Lösungen, während die ab 1943 veranlasste Neuentwicklung im Wesentlichen auf dem Ventilproblem beruhte. Man hatte zuvor die Idee des Schnorchels deshalb verworfen, weil es keine technische Lösung für die Ventilfrage gab, und die holländischen Konstruktionen generell zu schwach und nicht für Atlantik und zu rauhe See geeignet waren (dauerhaft zu hoch über Wasserlinie, keine funktionierende Ventillösung).

Die deutsche Schnorchellösung sollte sich auf die Marschfahrten beziehen, da insbesondere beim Ein- und Auslaufen hohe Verluste entstanden (und 1943/44 auch nachts oder bei schlechtesten Sichtverhältnissen, dass waren zT mehr als die Hälfte der Gesamtverluste)

Hier noch ein Beispiel aus KTB BDU 11/1944 zu U246:
 

Anhänge

  • T1022_4066PG30359_5.jpg
    T1022_4066PG30359_5.jpg
    182,4 KB · Aufrufe: 627
Zuletzt bearbeitet:
Die Italiener hatten vor dem Krieg eine recht brauchbare Snorchelkonstruktion, die sie aber 1937 aus unbekannten Gründen wieder verwarfen, nachdem sie bereits eine ganze Reihe U-Boote damit ausgestattete hatten.

Vor einiger Zeit las ich verschiedene Berichte über den Einsatz von Kleinst-U-Booten wie der Biber, die auch mit Schnorchel versehen waren. Der Dienst in diesen Geräte war nicht nur äusserst gefährlich, sondern extrem unbequem und anstregend, bis zu dem Punkt, dass die Besatzungen es nur durch die Einnahme von Pervithin durchhielten.

Eines der dabei erwähnten sehr unangenehmen Erscheinungen war der Einbruch von Abgasen in den Fahrerstand, wobei ich nun nicht weiss ob dieses vom Gebrauch des Schnorchels oder durch andere Faktoren zustande kam. Die Dinger waren sowieso recht schlecht gebaut.
 
Nachdem m.W. 3/4 der Ubootfahrer ertranken, wird eine Gesundheitsgefährdung durch Luftverschmutzung/Abgasbelastung möglicherweise ein eher geringeres Problem gewesen sein, welches ein Problem der Trennung von Abluft und angesaugter Luft gewesen sein muss.

Ich glaube, hier missverstehst Du etwas. Es geht nicht um den "Arbeitsschutz" und auch nicht darum, daß die meisten Ubootfahrer doch mehr Probleme mit dem Ertrinken hatten, wenn es um Ihr Leben ging.
Es geht darum, daß die Einsatzfähigkeit der Ubootfahrer unter der Problematik litt, was die Leistungsfähigkeit nachhaltig negativ beeinflussen konnte. Wenn die Ubootfahrer durch Sauerstoffmangel oder sonstiger Vergiftungen unter Mangelerscheinungen jeglicher Art litten, war der Einsatz von vornherein zum scheitern verurteilt und die Männer dem ertrinken näher, als bei einen Einsatz mit Überwasserfrischluft Zufuhr.
 
..Wenn die Ubootfahrer durch Sauerstoffmangel oder sonstiger Vergiftungen unter Mangelerscheinungen jeglicher Art litten, war der Einsatz von vornherein zum scheitern verurteilt und die Männer dem ertrinken näher, als bei einen Einsatz mit Überwasserfrischluft Zufuhr.

Eine echte Klemme.
Denn über Wasser hatten sie Luft zu schnaufen waren aber angreifbar, selbst nachts.
Und mit dem Schnorchel haben sie gekeucht.
Es geht nicht um den "Arbeitsschutz"
Die Berufsgenossenschaft jedenfalls ist nicht mitgefahren. :D

Ein Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass das Freiwillige waren.
3 von 4 gehen zugrunde.
Die Jäger werden Gejagte.
Aber nicht "von vornherein", sondern erst ab 1942 (?). (Ich weiß es nicht.)
 
Vor einiger Zeit las ich verschiedene Berichte über den Einsatz von Kleinst-U-Booten wie der Biber, die auch mit Schnorchel versehen waren. Der Dienst in diesen Geräte war nicht nur äusserst gefährlich, sondern extrem unbequem und anstregend, bis zu dem Punkt, dass die Besatzungen es nur durch die Einnahme von Pervithin durchhielten.

Bzgl. der Einsatzbedingungen ist anzumerken, dass eine Reihe von Berichten auf physische Erschöpfungszustände aufgrund der sehr langen Tauchfahrten hinweisen. Wahrscheinlich wurde hier auch Pervitin ausgegeben.

Bei den Gefahren - darauf weisen die Lageberichte ab Mitte 1944 hin - geht es weniger um technische Probleme mit dem Schnorchel (abgesehen von Ausfällen, nachdem das Boot gebombt wurde - sondern um die erheblichen Verlustraten auf An- und Abmarsch. Diese Raten überstiegen zT 50 % (d.h. die Hälfte der Boote gelang nicht einmal in das vorgesehene Einsatzgebiet), weswegen zB die Nichtschnorchelboote während der Invasion nur noch zu weiträumigen Aufklärungsschleiern benutzt wurden (man befürchtete hier bei der Marine eine weitere Landung in der Biskaya) und nicht mehr in die stark bewachten Einsatzgebiete geschickt wurden.
 
Nachteil der Schnorchelfahrt war auch, dass man nicht schneller als 5 kn fahren konnte und die meisten damit ausgerüsteten Boote schafften gerade mal 3 kn.
Ein zweiter Nachteil war der Lärm der Dieselmotoren. Da der Blick durch das Sehrohr sehr begrenzt war, war man während der Schnorchelfahrt nicht nur "halbblind" sondern sogar vollkommen taub.
Wolfgang Hirschfeld beschreibt in "Feindfahrt" eine solche Schnorchelfahrt. Wenn das Ventil bei laufenden Dieseln geschlossen war, dauerte es ungefähr fünf Minuten, bis sich der abfallende Druck bei den Leuten bemerkbar machte. Dann wurde es aber heftig. Neben Ohrenschmerzen flogen einem Besatzungsmitglied die Zahnfüllungen heraus. Hirschfeld selbst öffnete in seinem Funkerraum alle Schubladen, weil er dadurch das Gefühl bekam, er bekäme frische Luft. Das Maschinenpersonal wurde schließlich bewusstlos. Als man dann aufgetaucht war und den Druckausgleich durchführte, füllte sich das Boot mit dickem Nebel, dass man kaum die Hand vor Augen sah.
 
Ich gebe zu, dass ich nicht von U-Booten verstehe. Vor Jahren las ich mal ein Buch von Herbert Werner mit dem Titel "Die eisernen Särge".

Werner übernahm im Sommer 1944 U 953, ein Boot vom Typ VIIB oder VIIC mit Schorchel. In seinen autobiographischen Erinnerungen beschreibt er eine Feindfahrt, bei der er den Leitenden Ingenieur ablösen musste. Der junge Offizier konnte mit der Schnorchelanlage nicht umgehen. Werner, Kommandant von U 953, entband den L.I. von seinen Aufgaben.

Die Schnorchelanlagen wurden wohl schon während des Krieges verbessert, aber für die Besatzungen muss es teilweise eine Qual gewesen sein. Allerdings scheint der Schnorchel die Boote auch vor Angriffen aus der Luft besser geschützt zu haben.

Anscheinend konnten die umgerüsteten Boote keine Wende im Seekrieg mehr erzwingen. Die Hoffnungen richteten sich auf die neuen Typen XXI und XXIII.

Aber der Krieg war verloren, und damit wurde dem nationalsozialistischen Zwangsregime ein Ende bereitet.
 
Der junge Offizier konnte mit der Schnorchelanlage nicht umgehen. Werner, Kommandant von U 953, entband den L.I. von seinen Aufgaben.
Wie erfolgreich eine Schnorchelfahrt war, hing wohl stark vom "Händchen" des LI ab. Nur ein vergleichender Gedankensprung: Bei den Luftschiffern im Ersten Weltkrieg gab es Kommandanten, die alle Komponenten so fein abwägen konnten, dass sie das riesige Schiff quasi auf einer Handfläche landeten. Andere donnerten hin und wieder schon mal unsanft auf den Boden.
 
Zurück
Oben