Spionage, Aufklärung und Feindeinschätzung

thanepower

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Zu Beginn des WW2 gab es in allen Ländern zutreffende und unzutreffende Einschätzungen der jeweiligen Rüstungen der Gegner.

Teilweise lag es in den Defiziten der jeweiligen Länder begründet, wie beispielsweise im Fall der USA, teils wurden auch Zahlen genannt, die politische Absichten verfolgt haben, wie beispielsweise die Angaben Stalins gegenüber Churchill in Bezug auf die deutlich überhöhten deutschen Panzerzahlen für das Jahr 41.

Insgesamt wurde jedoch die Rüstung der WM von den Westalliierten generell überschätzt, nicht zuletzt auch aufgrund der propagandistischen Inszenierung. Wie auch im Fall des Westwalls.

Um die realen Produktionszahlen, z.B. die der Panzerproduktion, der WM zu Beginn des Krieges schätzen, bedienten sich die Westallierten der statistischen Analyse.

Rechentrick der Alliierten: Wie Seriennummern die Nazi-Industrie verrieten - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wissenschaft

http://en.wikipedia.org/wiki/German_tank_problem#Theoretical_discussion
 
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Zu Beginn des WW2 gab es in allen Ländern zutreffende und unzutreffende Einschätzungen der jeweiligen Rüstungen der Gegner.

Das passierte auch der Wehrmacht.
1941 hat die Aufklärung der WM die verfügbaren sowjetischen Panzer- und
Flugzeugzahlen gehörig unterschätzt.
Eigentlich unverständlich , denn man betrieb ja mit den
Sowjets gemeinsame Rüstungsforschung ( wg. Versailler Bestimmungen )
und man gab auch Typenflugzeuge an die UdSSR weiter...

Die Verantwortlichen waren offenbar nicht sehr aktiv in der
Spionage damals ..

Abteilung Fremde Heere – Wikipedia
 
Das passierte auch der Wehrmacht.
1941 hat die Aufklärung der WM die verfügbaren sowjetischen Panzer- und
Flugzeugzahlen gehörig unterschätzt.

Die Verantwortlichen waren offenbar nicht sehr aktiv in der
Spionage damals ..

1. Die Unterschätzung der Bestands- bzw. Produktionszahlen an Panzern und Flugzeugen hat teilweise auf dem System der Autosuggestion bzw. NS-Propaganda beruht.

So weist beispielsweise Guderian (Erinnerungen, S. 172) darauf hin, dass er bereits für sein 1937 erschienenes Buch "Achtung Panzer" eine Schätzung von 17.000 Panzern vorgenommen hat, die jedoch auf 10.000 korrigiert wurden im Rahmen von Zensurmaßnahmen.

Ähnliche Äußerungen habe ich gelesen, nachder einzelne Besucher aus Deutschland in der SU sehr leistungsfähige Werke zur Produktion von Flugzeugmotoren gesehen haben, die mit der Einschätzung der Leistungsfähigkeit im Luftsektor ebenfalls nicht übereinstimmten und deswegen unterdrückt wurden.

2. Über die geringe Qualifikation des Personals von "Fremde Heere Ost", die in der Regel noch nicht mal die jeweilige Landessprache der zu analysierenden Länder sprachen, ist schon mehrfach hingewiesen worden.

3. In dem Tagungsband "The initial Period of the War on the Eastern Front (Glantz ed) wird darauf hingewiesen, dass trotz einer durchaus beachtlichen taktischen Aufklärung durch die Luftwaffe und durch das Abhören des sowjetischen Funks, in einzelnen Sektoren eine gravierende Fehleinschätzung der Stärke und der Struktur der RKKA vorlag.

Vereinfacht gesagt hatte die deutsche Aufklärung die Anzahl der Infantriedivisionen überschätzt und die der mechanisierten Verbände unterschätzt.

Die Fehleinschätzung ist jedoch nur teilweise durch das Konzept von "Maskirovka" (Glantz: Soviet Military Deception), dem sowjetischen System der Täuschung (das allerdings erst zur Zeit von Kursk 43 auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit angelangt ist) zu erklären.

Vielmehr sind die gravierenden organisatorischen Veränderungen der mechanisierten Verbände während des Jahres 1941 ein zentralen Grund für die Fehlwahrnehmung. In vielen Fällen wurden Panzerbrigaden zu Mech-Korps erweitert und diese Veränderung wurde durch die Funkaufklärung nicht angemessen identifiziert.

Vor diesem Hintergrund ist der Einschätzung von Treibsand zuzustimmen, dass die Feindaufklärung in vielen Aspekten eher semiprofessionell erfolgt ist bzw. bewußt bzw. unbewußt verdrängt wurde, wie man es auch teilweise bei Halder erkennen kann.

In ähnlicher Weise ist beispielsweise der englischen Admiralität, kurz nach dem WW2, vorgehalten worden, dass sie ein völlig unzutreffendes Bild der Marinerüstung des 3. Reichs hätte haben sollen.

Die Liste der Unzulänglichkeite ließe sich deutlich erweitern.
 
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Natürlich ist es auch von Bedeutung, ob die Entscheidungsträger die gewonnenen Informationen auch akzeptieren, bzw. umsetzen.

Bestes Bespiel ist die vom Leiter "Fremde Heere Ost", General Gehlen, gemachte Lageeinschätzung über Stärke und Planung der Roten Armee. Diese Einschätzung wurde von General Guderian Hitler vorgetragen.

Zitat:

... Am 24. Dezember 1944 verwies General Guderian während einer Lagebesprechung mit dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht auf eine unmittelbar bevorstehende sowjetische Großoffensive. Auf seine sachliche Darstellung antwortete Hitler: "Das ist der größte Bluff seit Dschingis Khan. Wer hat diesen Blödsinn ausgegraben?" Gegen den Rat Guderians, die Ardennenoffensive abzubrechen und alle entbehrlichen Kräfte von der Westfront an die Weichsel zu verlegen, unterließ Hitler eine Verstärkung der Weichselfront.

Es ist hier zweitrangig, ob es was gebracht hätte; Tatsache ist, dass man nicht immer der eigenen Feindaufklärung glaubt, vor allem dann nicht, wenn es nicht ins eigene Weltbild passt.
 
Insgesamt wurde jedoch die Rüstung der WM von den Westalliierten generell überschätzt, nicht zuletzt auch aufgrund der propagandistischen Inszenierung. Wie auch im Fall des Westwalls.

Und die Einschätzung der deutschen Luftwaffe könnte man anfügen. Die Luftbedrohung war ein wesentlicher Faktor der britischen Haltung in den 1930ern bis München, mit Auswirkungen: auf die Einschätzung der Krisenlage zB München, aber auch hinsichtlich der forcierten eigenen Luftrüstung. Deren Primat 1938/39 in Großbritannien resultierte unmittelbar aus der Wahrnehmung (Überschätzung) der deutschen Luftrüstung.
 
@Treibsand
Mir scheint da gibt es einiges an Mißverständnissen. Spionage gehörte nicht zur Aufgabe der Ämter "Fremde Heere ...". Diese bezogen ihre Informationen aus verschiedenen Quellen im Frieden zb von Militärattaches, durch Nachrichtenaufklärung (Funkaufklärung) Verkehrsauswertung des milit. Funkverkehrs ... .

Das die UDSSR vor 1941 derart unterschätzt wurden, nicht nur im deutschen Reich, hat mit der massiven Abschottung der UDSSR zu tun. Es gab schlichtweg zuwenig verwendbare Nachrichten.
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Bei den Aufklärungsfehlern kann man die Einschätzung der jap. Marine / Heer / Industrie durch die USA hinzufügen.
 
Hervorragende Studie!

Es gab ältere, nicht umfassende Betrachtungen zu der Abteilung FHO, die mit Gehlen als einzige "Organisation" der Wehrmacht einigermaßen geschlossen vom Dritten Reich ihren Übertritt in die Nachkriegszeit hatte und anscheinend auch vorbereitet hatte.

In der Studie werden allerdings auch deutliche Mängel der FHO bis 1945 herausgearbeitet.
 
Mich hatte vor allem auch die Darstellung der strategischen Absichten der RKKA im Vorfeld von Operation Barbarossa interessiert. Insgesamt wird, so Pahl, von FHO ein skeptisches Bild der Offensivfähigkeit der RKKA gezeichnet. Wenngleich die grundsätzlich Dislozierung sowohl offensive wie auch defensive Aufgaben ermöglichen konnte.

Auffallend war, dass man auch sehr auf der operativen Ebene durch FHO argumentiert hat, dass die damalige Doktrin der RKKA eine offensiv Kriegsführung erzwingen würde, allerdings um einzuschränken, dass man der RKKA die mentale und instrumentelle Voraussetzung nicht zutrauen würde, auch aus Angst vor der WM.

Insgesamt wird allerdings auch ein durch Klischees geprägtes Bild dargestellt, das zusätzlich noch durch einen gewisses rassistisches Ressentiment verstärkt wurde.

Auf der deutschen Seite geht er auf die Disposition von Hitler ein und zitiert ihn mit folgenden Worten: "Wenn man diesen Koloss einmal richtig anfasst, dann bricht er viel schneller zusammen, als die Welt ahnt". (S. 73).

Insgesamt untermauert die Studie m.E. die intrinische Motivation von Hitler zur Kriegsführung im Osten / UdSSR und es werden keine Belege vorgelegt, die eine erhöhte Bedrohung von Deutschland im Jahr 1940 durch die Sowjetunion / RKKA indizieren.

Vielmehr verweist Pahl sogar darauf, dass in Kreisen der WM vor 1939 durchaus die UdSSR als potentieller Partner in einem Krieg angesehen worden ist, auch aufgrund der Zusammenarbeit in den zwanziger Jahren.

In diesem Sinne ist die Studie ein weiterer Hinweis auf die unsinnige These, dass es sich bei dem Angriff auf die SU um einen Präventivkrieg gehandelt haben soll, wie Scheil und ander es behaupten.
 
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