WK2: russische Armee baute Stadt-Atrappen?

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Frosch0815

Gast
hallo liebe Community

Letztens habe ich mich mit einem russischen Mitbürger ganz friedlich über den zweiten Weltkrieg unterhalten. Er erzählte mir von einer russischen Taktik, die ich nun versuche zu schildern: Pioniere der russichen Armee bauen aus geeigneten Materialien die Silhouette einer Stadt bzw. eines Dorfes nach. Zwischen den Gebäude-Atrappen werden Scheinwerfer aufgestellt, um den Eindruck eines echten Dofes/Stadt zu verstärken.

Die Idee dabei ist, dass herannahende deutsche Verbände Kurs auf die vermeintliche Stadt nehmen. Dort wartet auf sie entweder ein russischer Hinterhalt, oder aber eine herbe Enttäuschung, da die wahrscheinlich geschwächten deutschen Soldaten auf Nahrung und Unterschlupf gehofft haben, nur um dann feststellen zu müssen, dass sie durch einen Trick vom Weg abgebracht worden sind.

Ich persönlich halte diese Theorie für unglaubwürdig, könnte mir aber vorstellen, dass so etwas in der Art einmalig vorgefallen ist. Im WWW konnte ich keine Informationen diesbezüglich finden.

Meine Frage nun ist: Weiss jemand etwas von so einer, oder einer ähnlichen Taktik?
 
Hört sich eher nach Truppenübungsplatz an. Generell kann man wohl sagen, dass diese Darstellung eher in den Bereich der Märchen gehört. Dieses umso mehr als ein Großteil des Konflikts als Bewegugskrieg geführt wurde, der derartige aufwendige Installationen kaum zugelassen hätte.

Aber es gibt natürlich einen Kern, der der Realität entspricht.

Generell kann man sagen, dass die Rote Armee / RKKA im WW2 sehr erfolgreich war im Täuschen ihrer Aktionen. Das Verfahren hieß "Maskirovka" wie ausführlich bei Glantz beschrieben

Soviet Military Deception In The Second World War - David M. Glantz - Google Books

In ähnlicher Weise findet sich eine Darstellung bei Armstrong.
Soviet Operational Deception: The Red Cloak - Richard N. Armstrong - Google Books

Die Aktivitäten zur Täuschung der Deutschen Aufklärung kann man in strategische/operative und taktische Maskirovka unterteilen.

Die strategische bezog sich wesentlich darauf, die Dislozierung von Einheiten der Roten Armee zu verbergen bzw. umfangreiche Truppenbewegungen zu verschleiern. Diese Aktivitäten gehörten zu den wichtigsten Aktionen bei der Planung neuer Offensiven!

Bereits in der ersten Periode des Angriffs auf die SU wurde die WM überrascht, da sie via Aufklärung zuviele Infantrieeinheiten identifiziert hatte und den Anteil an Panzereinheiten im frontnahen Bereich unterschätzt hatte.

The Initial Period of War on the Eastern Front, 22 June-August 1941 ... - Colonel Glantz, David M. Glantz - Google Books

Diese Nicht-Aufklärung betraf dann auch beispielweise die Truppenwegungen im Rahmen der Schlacht um Stalingrad und verschärfte sich noch bis zum Ende des Krieges.

Neben der strategischen Täuschung gab es zusätzlich umfangreiche Maßnahmen auf der Ebene einzelner Schlachtfelder. Am aufwendigsten wurde wohl im Rahmen der Schlacht im Kursker Bogen aufwendige Maßnahmen zur Tarnung der russischen Stellung durchgeführt, die durch die deutsche Aufklärung nicht ausreichend erkannt worden sind.

Das betraf zum einen die Anlage der Verteidigungsanlagen (Minenfelder, Bunkersysteme etc.) aber auch die verdeckte Anlage von Infrastuktur.

The Battle for Kursk, 1943: The Soviet General Staff Study - David M. Glantz, Harold Steven Orenstein, Soviet Union. Raboche-Krestʹi︠a︡nskai︠a︡ Krasnai︠a︡ Armii︠a︡. Generalʹnyĭ sh
 
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Die Idee dabei ist, dass herannahende deutsche Verbände Kurs auf die vermeintliche Stadt nehmen. Dort wartet auf sie entweder ein russischer Hinterhalt, oder aber eine herbe Enttäuschung, da die wahrscheinlich geschwächten deutschen Soldaten auf Nahrung und Unterschlupf gehofft haben, nur um dann feststellen zu müssen, dass sie durch einen Trick vom Weg abgebracht worden sind.

Die russische Armee war schon immer Meister im Täuschen. Aber wie schon thanepower geschrieben hat, im Bewegungskrieg wäre der Aufwand, nur damit der Gegner eine lange Schnute zieht, viel zu groß. Und ein Hinterhalt, der lauerte im Krieg eigentlich hinter jedem Grashalm.
Ich denke auch, das waren Propagandaparolen, die man unter den Muschkoten ausstreute, um ihre Moral zu heben. Nach dem Motto: Da hat man es den Fritzen mal wieder ordentlich gezeigt.

Jetzt nicht die Rote Armee, aber ... Von einer Tarnstadt im Zweiten Weltkrieg weiß ich lediglich aus Rumänen. Bei Ploiești hatten sie eine solche gebaut, um von den Ölraffinerien abzulenken. Der Trick hat sogar funktioniert, da alliierte Flugzeuge nicht selten dort ihre Bomben abwarfen. Es waren drei weitere Tarnstädte zur Desorientierung geplant, die allerdings nicht mehr zur Ausführung kamen.
 
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Jetzt nicht die Rote Armee, aber ... Von einer Tarnstadt im Zweiten Weltkrieg weiß ich lediglich aus Rumänen. Bei Ploiești hatten sie eine solche gebaut, um von den Ölraffinerien abzulenken. Der Trick hat sogar funktioniert, da alliierte Flugzeuge nicht selten dort ihre Bomben abwarfen. Es waren drei weitere Tarnstädte zur Desorientierung geplant, die allerdings nicht mehr zur Ausführung kamen.

In der Nähe von Moskau gibt es eine Art Geisterstadt die vom Militär gebaut wurde, die ist aber m.W. erst nach dem 2 WK entstanden.

Tarnanlagen um Flieger zu verwirren hat es einige gegeben. Ich meine mich zu erinnern, dass man vor Berlin sogar einen falschen See angelegt hat.

Die Geschicklichkeit der Roten Armee bei der Tarnung ist bekannt. Die Brücken die zum Sturm über die Oder angelegt wurden, lagen zum Teil kurz unter der Wasseroberfläche, so dass sie aus der Luft schwer zu erkennen und zu treffen waren.
 
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Tarnanlagen um Flieger zu verwirren hat es einige gegeben. Ich meine mich zu erinnern, dass man vor Berlin sogar einen falschen See angelegt hat.

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Ich weiß zwar nichts über einen See, aber auf dem Müggelsee wurden Scheinfabrikanlagen angelegt, um die Schwerindustie in Köpenick/Oberschöneweide zu schützen.

M.
 
gute antworten

vielen dank für die antworten. ich hatte mir zwar doch schon spektakulärere dinge ausgemalt, aber jetzt weiss ich wieder mehr =)

nochmal einen lieben dank an antworter!
 
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