Bayerisches Landesmuseum - braucht man das

Sollte es ein Bayrisches Landesmuseum geben?

  • Ja, es sollte ein solches Museum geben, weil...

    Stimmen: 2 33,3%
  • Nein, es ist unnötig, denn...

    Stimmen: 2 33,3%
  • Weiß nicht/bin unentschlossen

    Stimmen: 2 33,3%

  • Umfrageteilnehmer
    6

Ashigaru

Premiummitglied
Auf dem Rückweg aus dem Urlaub hörte ich bei Bayern 1 mehrere Kommentare zur Entausscheidung in punkto Bayrisches Landesmuseum.
Zum Hintergrund: der Freistaat Bayern will ein zentrales Museum einrichten, eine Ausschreibung läuft, in der sich 30 Städte, darunter Augsburg oder Regensburg, aber auch kleinere Orte wie Neuburg oder Bad Grönenbach (5000 Einwohner) bewerben.
Museum zur Bayerischen Geschichte: 30 Städte wollen Bayerns neues Museum | Einst & Jetzt | Bayern | BR
Federführend dabei ist der Historiker Richard Loibl, der auch für die Landesausstellungen zuständig ist. Ihm zufolge, soll sich dieses Museum der bayrischen Geschichte des 19./20. Jahrhunderts widmen.

Die Kommentation des Bayrischen Rundfunks gab der Sache einen erstaunlich humoristischen Anstrich. Eine Kommentatorin rechnete unter anderem vor, um alle bayrischen Museen abzuarbeiten, müsse man drei Jahre lang jeden Tag eines besuchen, dann könnte man ins bayrische Landesmuseum. Ein Oppositionspolitiker erklärte, Seehofer wolle sich nach Art eines Souveräns ein Denkmal setzen.

Nun ist das keineswegs ein bayrischer Sonderweg - die Überlegung, zentrale historische Dokumentations- und Präsentationseinrichtung zu schaffen, stellten sich viele Bundesländer (keines davon, meines Wissens mit abschließendem Ergebnis). In Hessen entschied man sich vor einem Jahr gegen eine solche Einrichtung.

Dahinter steht die Frage: soll es für die eigenen Bundesländer eine eigene Gedenkkultur geben? Ist es sinnvoll, die Landesgeschichte stärker in den Blick zu rufen? Oder wären solche Versuche zu staatstragend? Sind die Länder wirklich Traditionsgebilde oder nun doch mehr simple Verwaltungseinheiten? Darüber würde ich gerne diskutieren.

Mir ist dabei bewusst, dass sich der aktualpolitische Akzent nicht völlig auszublenden ist; da dies aber sehr stark den Zweck der Landesgeschichte als Disziplin an sich betrifft, halte ich das vielleicht doch für gangbar.
Ein letzter Gedanke ist, dass die Idee zentraler Landesmuseen natürlich nichts neues in Deutschland ist und zu unterschiedlichen Zeiten verfolgt wurde. Einen ersten, bis heute gewaltigen und m.E. doch nicht völlig erfolgreichen Versuch stellte das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg dar - freilich entstand es noch vor der Reichsgründung 1871 und nahm seinen Anfang auch aus einer privaten Sammlertätigkeit heraus.
Ein anderes Beispiel auf Bundesebene wäre das Haus der Geschichte in Bonn, das scharf kritisiert und auch als Prestigebojekt Helmut Kohls betrachtet wurde.
 
Ein Bayrisches Landesmuseum - braucht man das? Also ich nicht. In Bayern gibt es schon genug Museen. Gute Museen!

Außerdem weiß eh noch keiner, was ein Bayerisches Landesmuseum eigentlich sein soll. Und was ist Bayern? Das Bundesland in den Grenzen von heute? Oder von vor 100 Jahren? 800 Jahren?

Das wirkt mir alles noch zu unausgereift.
 
Ganz davon abgesehen gibt es bereits zwei bayerische Landesmuseen: das bayerische Nationalmuseum, welches auch Zweigstellen in etlichen bayerischen Städten unterhält und das Haus der Bayerischen Geschichte. Wozu also ein drittes Landesmuseum? Mir fehlts da ehrlich gesagt am Verständnis derart immense Summen für den Neubau eines Museums rauszuwerfen, anstatt das Geld in die Unterstützung der bestehenden Museen zu stecken. Gedanklich bin ich da durchaus beim Souverän der sich ein Denkmal setzen will.
 
Ich höre von dem Vorschlag das erste Mal und möchte mir über dieses Projekt noch kein Urteil bilden, so lange kein konkretes Konzept vorliegt. Allerdings habe ich ja 3 Jahre an einem Lehrstuhl für Landesgeschichte gearbeitet und finde die Grundsatzfrage, die Du aufwirfst, durchaus interessant.

Außerdem weiß eh noch keiner, was ein Bayerisches Landesmuseum eigentlich sein soll. Und was ist Bayern? Das Bundesland in den Grenzen von heute? Oder von vor 100 Jahren? 800 Jahren?

Da dieses Museum schwerpunktmäßig das 19. und 20. Jahrhundert behandeln soll, sind die schwäbischen und fränkischen Gebiete ja schon dabei. Natürlich gab es auch danach noch ein paar Veränderungen, aber mit Coburg 1920 war das Ganze abgeschlossen.


soll es für die eigenen Bundesländer eine eigene Gedenkkultur geben? Ist es sinnvoll, die Landesgeschichte stärker in den Blick zu rufen? Oder wären solche Versuche zu staatstragend? Sind die Länder wirklich Traditionsgebilde oder nun doch mehr simple Verwaltungseinheiten? Darüber würde ich gerne diskutieren.

Bei den meisten Bundesländern ist es ja nicht der Fall, dass sie auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblicken können, sondern sie wurden mehr oder weniger zusammengeschustert. Insofern ist die akademische Landesgeschichte in den meisten Fällen nur etwas, was sich auf eine historisch gewachsene Region bezieht. Auch in Bayern ist das so, wo es in Altbayern Lehrstühle für bayerische Landesgeschichte gibt, die Lehrstühle in Augsburg unterrichten schwerpunktmäßig Schwäbische Landesgeschichte, die in Erlangen und Würzburg Fränkische Landesgeschichte.
Natürlich werden an den jeweiligen Lehrstühlen für die Zeit ab 1803 die gesamten bayerischen Gebiete behandelt, doch die Zeit zuvor beschränkt man sich weitgehend "auf seinen eigenen Kram". Es wird zwar hin und wieder über den Tellerrand geschaut, doch das wird ja auch im Gesamteuropäischen Kontext getan.

Ich gebe Dir Recht, dass die heutigen Bundesländer schlicht Verwaltungseinheiten sind. Jedoch bin ich der Meinung, dass man nur gewinnen kann, wirft man einen Blick auf die Tradition und die Geschichte der Gebiete; aber da renne ich bei Dir denke ich offene Türen ein. Gerade in Bayern bietet sich das meines Erachtens wunderbar an, denn die größte Fläche besteht heutzutage ja bereits seit über 200 Jahren. Insofern kann ich dem Vorhaben, eine dauerhafte Ausstellung, die sich mit der Geschichte Bayerns eben jener zwei Jahrhunderte beschäftigt, durchaus etwas positives abgewinnen. Aber wie gesagt, bis kein wirkliches Konezpt vorliegt, kann man da nur auf Metaebenen diskutieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Landesmuseen gibt es viele, ich kenne nur das hiesige und das besteht aus mehreren Sammlungen, die nur entfernt mit der Landesgeschichte zusammenhängen.
Soll in dem neuen bayrischen Landesmuseum nur die bayrische Geschichte dargestellt werden? Wo fängt man damit an?
 
1803 bis mindestens Strauß, wenn Seehofer gnädig ist, bekommt Ede auch noch ein Eckerl. :devil:

Ich hatte deinen Beitrag davor erst danach gelesen.
Meinst du ab 1803 ernst?

Für mich sollte ein Landesmuseum die Geschichte einer Region oder Landschaft darstellen und nicht einer Verwaltungseinheit, deshalb wäre 1803 zu neuzeitlich für meinen Geschmack.

Unser Landesmuseum hat eine frühgeschichtliche Sammlung mit einer sehr beliebten Moorleiche.
 
Für mich sollte ein Landesmuseum die Geschichte einer Region oder Landschaft darstellen und nicht einer Verwaltungseinheit, deshalb wäre 1803 zu neuzeitlich für meinen Geschmack.
Das gibts ja schon, im Nationalmuseum und zur Frühgeschichte die archäologische Staatssammlung. Der Schwerpunkt 19./20. Jahrhundert sowie diverse sozial- und kulturgeschichtliche Themenkomplexe werden im Haus der Bayerischen Geschichte ausgestellt, welches im übrigen - im Gegensatz zur Behauptung des Textes auf der Seite des BR - das Ergebnis der Idee aus den 60ern zu einem Museum für bayerische Geschichte ist:
Haus der Bayerischen Geschichte - www.hdbg.de - Das Haus - Grndung

Ich vermute hinter dem Neubau - ein wirkliches Konzept gibts ja dazu bisher nicht öffentlich zugänglich - vielmehr die Aufgabe der Grundidee des Hauses der bayerischen Geschichte, nämlich die Aufgabe der landesweiten Tätigkeit in Form von Ausstellungen und einem breitgefächerten medialen und virtuellen Angebot hin zu einem "statischen" Museum und damit insbesondere aufgrund der örtlichen Fixierung eine deutliche Einschränkung der Zugangsmöglichkeiten.
 
Landesmuseen gibt es viele, ich kenne nur das hiesige und das besteht aus mehreren Sammlungen, die nur entfernt mit der Landesgeschichte zusammenhängen.

Ich interessierte mich vor einigen Jahren mal für die Geschichte des Königreichs Hannover, der Annexion durch Preußen und so weiter. Irgendwie verirrte ich mich da in das Niedersächsische Landesmuseum in Hannover und war völlig enttäuscht, daß da zur Landesgeschichte so gut wie nichts zu finden war.
:huh:

Museen zur Landesgeschichte - wenn es denn ein Land mit Geschichte ist! - fänd ich schon gut. Aber bitte keine Neubauten. Es gibt überall genug Museumsbauten, die diesen Schwerpunkt zugewiesen bekommen könnten.
 
Ich interessierte mich vor einigen Jahren mal für die Geschichte des Königreichs Hannover, der Annexion durch Preußen und so weiter. Irgendwie verirrte ich mich da in das Niedersächsische Landesmuseum in Hannover und war völlig enttäuscht, daß da zur Landesgeschichte so gut wie nichts zu finden war.

Im Historischen Museum hast du ein bißchen mehr gefunden, oder?
Dann sprechen wir von demselben Landesmuseum und die politische neuzeitliche Landesgeschichte habe dort auch nicht gefunden, auch nicht gesucht.
Für einen Museumsbesuch mit Kindern fand ich es geignet, wegen Frühgeschichte, Vivarium und der schönen Naturkundeabteilung, die sich auf Landschaften im Norden bezieht. Verglichen mit neueren Museen mag das etwas angestaubt wirken.

Museen zur Landesgeschichte - wenn es denn ein Land mit Geschichte ist! - fänd ich schon gut. Aber bitte keine Neubauten. Es gibt überall genug Museumsbauten, die diesen Schwerpunkt zugewiesen bekommen könnten.

Ich weiß nicht...diese Landesgeschichte ist doch meist politische Geschichte, von Herrschern, Kriegen, Siegen und Niederlagen.
Was das breite Publikum, bes. Kinder meist mehr interessiert, sind die Lebensumstände der Menschen in früheren Zeiten, also Alltagsgeschichte.

Für Leute mit speziellen Interessen wie dich, Arne lohnen sich öffentliche Neubauten sicher nicht.
Das ist nur meine persönliche Meinung, zum Museum der Zukunft aus öffentlicher oder privater Hand, mit verschiedenen Konzepten gibt es bestimmt eine Unmenge Fachliteratur.
Außerdem geht es hier ja um Bayern.
 
Für Leute mit speziellen Interessen wie dich, Arne lohnen sich öffentliche Neubauten sicher nicht. Das ist nur meine persönliche Meinung, zum Museum der Zukunft aus öffentlicher oder privater Hand, mit verschiedenen Konzepten gibt es bestimmt eine Unmenge Fachliteratur.

Hmm, auch du verbindest ein Konzept mit dem Alter des Gebäudes, der Raumaufteilung oder der Architektur(?). Das verstehe ich nicht. Man kann doch in einem 1800er Bau moderne Inhalte oder in einem Neubau Urzeit ausstellen - zumindest nach meinem Verständnis.
Sagt denn die moderne Museumskonzeption, daß Inhalt und Aussenhaut eines Museums zueinander passen müssen?
 
Hmm, auch du verbindest ein Konzept mit dem Alter des Gebäudes, der Raumaufteilung oder der Architektur(?). Das verstehe ich nicht. Man kann doch in einem 1800er Bau moderne Inhalte oder in einem Neubau Urzeit ausstellen - zumindest nach meinem Verständnis.
Sagt denn die moderne Museumskonzeption, daß Inhalt und Aussenhaut eines Museums zueinander passen müssen?

Du hast mich falsch verstanden, Arne. Ich meinte, Museen, egal ob Neubau oder verstaubtes Museum mit alter Konzeption sollten sich nicht nur an Hobbyhistoriker wenden, die haben ja schon Interesse und werden Antworten auf ihre speziellen Fragen zur Not auch woanders finden. Für mich gehören gerade öffentliche Museen zu den allgemeinen Bildungseinrichtungen, die prinzipiell jeden, bes. Kinder und Jugendliche, ansprechen und da abholen sollten, wo sie von der Vorbildung stehen.
 
Die Frage, ob man nun einen Neubau hinstellt, oder ob man alte Bausubstanz verwendet, hängt ja nicht nur davon ab, wie man die Exponate präsentieren möchte. So weit ich das gestern Nacht noch der Presse entnommen habe, soll das Museum Energie-autark sein und soll sich damit (mit Verlaub, hier muss ich kurz tagespolitisch werden) in die aktuellen energie- und umweltpolitischen Entwicklungen der vergangenen Monate und Jahre eingliedern. Verfolgt man dieses Ziel, wären bei einem bereits bestehenden Gebäude unter Umständen solch enorme Dämmungs- und Renovierungskosten nötig, dass ein Neubau unterm Strich günstiger kommt.
Auch die Tatsache, dass regionale Interessen bei einem solchen Vorhaben gewichtet werden müssen, deutet ja Ashigaru bereits im Eingangsbeitrag an. Man kann nicht alle Museen auf München konzentrieren, zumindest ist das dem Landtag und der Bevölkerung schwer zu vermitteln. Vielmehr wird man auf eine kulturelle Ausgewogenheit in allen Bezirken achten und genau das wird hier gemacht, indem sich etliche bayerische Städte als Standort für das Museum bewerben. Nun sind sicherlich nicht in jeder Stadt, die eben aus diesen Gründen der Ausgewogenheit den Zuschlag bekommt, leerstehende Bauten vorhanden die sich für dieses Konzept eignen.

Ich weiß nicht...diese Landesgeschichte ist doch meist politische Geschichte, von Herrschern, Kriegen, Siegen und Niederlagen.

Ich stimme Dir zu, dass das bis vor etlichen Jahrzehnten noch das Hauptbetätigungsfeld der Landesgeschichte war - wie im Übrigen der restlichen Geschichtsforschung auch. Heute jedoch scheint mir dieses Bild mehr als überholt. Schaut man sich etwa die bisherigen Ausstellungen des Hauses der Bayerischen Geschichte an, so zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild:

Haus der Bayerischen Geschichte - www.hdbg.de - Ausstellungen - Archiv

Hier ist von religionspolitisch bis zu Ausstellungen mit kulturellem Schwerpunkt alles dabei. 1998 eine Landesausstellung, die sich mit der Geschichte der Frauen in Bayern beschäftigen. Und eben der von Dir angesprochene Aspekt der Alltagsgeschichte nimmt wie ich finde einen sehr breiten Raum ein.
 
Ich stimme Dir zu, dass das bis vor etlichen Jahrzehnten noch das Hauptbetätigungsfeld der Landesgeschichte war - wie im Übrigen der restlichen Geschichtsforschung auch. Heute jedoch scheint mir dieses Bild mehr als überholt. Schaut man sich etwa die bisherigen Ausstellungen des Hauses der Bayerischen Geschichte an, so zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild:

Haus der Bayerischen Geschichte - www.hdbg.de - Ausstellungen - Archiv

Hier ist von religionspolitisch bis zu Ausstellungen mit kulturellem Schwerpunkt alles dabei. 1998 eine Landesausstellung, die sich mit der Geschichte der Frauen in Bayern beschäftigen. Und eben der von Dir angesprochene Aspekt der Alltagsgeschichte nimmt wie ich finde einen sehr breiten Raum ein.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt unser Historisches Museum.
Das Haus der Geschichte ist ja in Augsburg, dann soll vielleicht München oder Nürnberg mit einem ähnlichen Konzept bedient werden.
Ich halte mich da lieber raus, Bayern und seine Geschichte kenne ich kaum. Ich möchte ja nur wissen, wo ich hinfahren muß, wenn ich diesen Zustand mal ändern will.
 
Das Haus der Geschichte ist ja in Augsburg, dann soll vielleicht München oder Nürnberg mit einem ähnlichen Konzept bedient werden.

...oder eben eine Stadt wie Ingolstadt, Würzburg, Passau oder Regensburg.

Ich halte mich da lieber raus, Bayern und seine Geschichte kenne ich kaum. Ich möchte ja nur wissen, wo ich hinfahren muß, wenn ich diesen Zustand mal ändern will.

Dann darfst Du Dich vertrauensvoll an Lili oder mich wenden. :D :friends:
 
Das Haus der Bayerischen Geschichte wurde gezielt so konzipiert, dass es eben kein örtlich fixes Museum ist, sondern vielmehr örtlich unabhängig Ausstellungen aus den Sammlungen zur bayerischen Geschichte konzipiert und zur Verfügung stellt und zwar eben weil man keiner bayerischen Stadt den Vorzug als alleiniger Inhaber eines Landesmuseums geben wollte. Aus dem selben Grund hat auch das Bayerische Nationalmuseum in etlichen Städten Zweigstellen. Warum man nun von dem Prinzip der Allgemeinzugänglichkeit zugunsten eines stationären Museums wieder abrückt, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft.
 
Zurück
Oben