Hans Schiltberger

Arik-Buka

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Ich suche seine Berichte in der Originalsprache (Mittelhochdeutsch). Leider konnte ich bisher nur die Übersetzungen finden...

Als Zusatzinformation zu Schiltberger:


Hans Schiltberger (1380 ~ ?): Orientreisender wider Willen & Chronist

Der erste verläßliche deutsche Chronist der orientalischen Länder, von Zeitgenossen “der deutsche Marco Polo” genannt, führte nach seiner Rückkehr in die bayrische Heimat ein solch zurückgezogenes Leben, daß man ihn vergaß und deshalb heute nicht einmal weiß, wann er gestorben ist. Dieser anonyme Tod erscheint typisch für den zurückhaltenden, unaufdringlichen Stil des Lebens und Schreibens von Hans Schiltberger.


Er entstammte einem der ältesten bayrischen Adelsgeschlechter und wurde 1380 auf dem Familiengut Hollern zwischen München und Freising geboren. Mit 14 Jahren zog er als Knappe des Ritters Lienhart Reichartinger im Kreuzfahrerheere des ungarischen Königs Sigismund von Ungarn (des späteren deutschen Königs und Kaisers des Heiligen Römischen Reiches) gegen die Tür- ken; der erfolgreiche Feldzug nahm 1396 ein Ende bei der bulgarischen Stadt Nikopolis, wo Sultan Bajazet I. die Christen besiegte.

Fast beiläufig berichtet Schiltberger, wie er durch eine mutige Tat in dieser Schlacht seinem Herrn das Leben rettete; doch nur für kurze Zeit, denn nach der Niederlage wurden viele Ritter von den Türken erschlagen, der Rest gefangen und teilweise losge- kauft. Diejenigen Heeresangehörigen, von denen kein Lösegeld zu erwarten war, also das Fußvolk und die Knap- pen, mußten alle in die Gefangen- schaft gehen. Auch Schiltberger sollte der Kopf abgeschlagen werden, aber ein Wink des Sultanssohnes rettete ihm das Leben. Im Gefolge des Sultans trat er seine unfreiwillige Weltreise an, zog über Adrianopel und Gallipoli in die Provinzhauptstadt Brussa, wo er seine Wunden ausheilte und als Fußläufer des Sultans (d.h. Bote, der die Ankunft des Herrschers zu melden hatte) eine Sklavenexistenz führte.

An vielen Feldzügen Bajazets mußte der junge Deutsche teilnehmen: zunächst an der Eroberung Karamans im Südosten Kleinasiens und des Landes Marsvani in Kappadozien. Zum Berittenen ernannt, wagte er mit sechzig Christen die Flucht, wurde wieder eingefangen, aber nach Able- gung eines Eides nicht hinge- richtet, sondern nur für neun Monate in den Kerker geworfen, in dem zwölf seiner Gefährten den Strapazen erlagen.

Die nächsten Feldzüge des Sultans führten in Kleinasien nach Dschanik und Siwas, ins Gebiet der Weißen Tataren, nach Ägypten und Klein- Armenien. Der abgesetzte Herrscher von Siwas rief den mongolischen Khan Timur (Tamerlan) zu Hilfe, dessen Grausamkeit die Bajazets noch übertraf;
bei der Eroberung von Siwas hielt er sein Wort, das Blut der fünftausend türkischen Verteidiger zu schonen, und ließ sie lebendig begraben.

1402 kam es bei Angora (dem heutigen Ankara) zur Entschei- dungsschlacht und türkischen Nieder- lage, bei der Schiltberger, der zur Leibtruppe des Sultans gehörte, mit diesem in mongolische Kriegsge- fangenschaft geriet. Im Heer Timurs mußte Schiltberger ins Feld ziehen gegen Syrien, Ägypten und Bagdad. Timur ließ die Städte niederbrennen, die Bewohner in Gräben lebendig begraben oder enthaupten und aus den Schädeln Pyramiden errichten.

Weiter ging Timurs Zug nach Indostan und nach Persien. In Isfahan wurden alle Männer geköpft, die Frauen und Jugendlichen versklavt und die Kinder unter sieben Jahren von der Reiterei zu Tode gestampft. In chronikalischer Spröde beschreibt

Schiltberger Timurs Rasen und beschließt seinen Bericht wie folgt: “Und alles, was hier geschrieben steht von dem Thermulin, das hat sich ereignet in den Jahren, die ich bei ihm bin gewesen.”

Im Dienste des Sohnes, später des Enkels von Timur nahm er an den Feldzügen gegen Kurdistan, Irak, Tatarien und Sibirien teil. Tatarischen Fürsten unterstellt, gelangte Schiltberger in die Große Tatarei in Zentralasien, erlebte die Machtkämpfe der Thronanwärter, floh mit seinem Fürsten auf die Insel Krim, dann nach Tscherkessien und Mingrelien, dem Kolchis der Antike.

Geduldig hatte er viele Jahre lang auf eine Chance zur Flucht gewartet; hier ergriff er sie und floh mit vier anderen Christen zusammen auf einem
italienischen Schiff nach Konstanti- nopel. Auf einer Audienz bei Kaiser Johannes VIII. konnte er den staunen- den Zuhörern erstmals einen zusam- menhängenden Bericht über seine Abenteuer in 32 Jahren geben. Ein kaiserliches Schiff brachte ihn in die Walachei, von wo aus er über die Bukowina, Lemberg, Krakau, Breslau und Regensburg nach Hause gelangte.

1427 traf er in München ein. Sein Gutsnachbar Albrecht, der spätere Herzog Albrecht III., stellte ihn als Kämmerer an; als der Herzog 1438 den Thron in München bestieg, blieb Schiltberger auf seinem Gut, wo er Jahre später als Junggeselle starb.

Schiltbergers Größe liegt zum einen in seiner unglaublichen Lebenskraft und seinem Lebensmut, die ihn 32 Jahre unfreiwilligen, schwierigen und grausamen Dienst ungebrochen überstehen ließen. “Er lernte”, so schreibt sein Biograph Kurt Schleucher, “sich in einer Welt der Willkür und Gewalt zu behaupten, lernte, wie man untertaucht in der gesichtslosen Masse und doch sein Gesicht nicht verliert. Mitten unter den Mohammedanern blieb er Christ. Er bewahrte mit seinem Glauben die Zuversicht auf seine Rettung. So aussichtslos sich seine Lage auch darstellte, er verzweifelte nie, nicht nach dem mißlungenen Fluchtversuch und nicht, als er in die Hände der Mongolen fiel.”

Quelle: http://www.deutsche-rundschau.com/archiv/06_06_99/schiltberger.htm
 
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