Hypothesen, Expertise und Erkenntnisfortschritt

Dion

Aktives Mitglied
Aufgrund spärlicher archäologischer Funde viel zu weitreichende Konsequenzen zu ziehen und diese dann auch noch als Grundkonstituente zu generalisieren.
Weil Du das so betonst, muss ich was dagegen sagen: Ohne Hypothesen - selbst wenn sie zunächst auf ganz wackligen Füßen stehen -, käme die Wissenschaft kaum weiter. Nicht auf (weitere) zufällige Funde hoffen, sondern gezielt da weiter suchen, wo man was vermutet, das finde ich spannend. Klar gibt es dabei die Gefahr, dass man sich verrennt und/oder lächerlich macht, aber besser so als immer nur das wiederkauen, was als gesichertes Wissen gilt. Ein Ziel vor Augen zu haben und einen bestimmten Weg einzuschlagen und beharrlich dranbleiben, das kann einem beschwerlich, ja zeitweise sogar hoffnungslos erscheinen, aber bei Erfolg dürfte die Befriedigung über das Erreichte umso größer sein.
 
Weil Du das so betonst, muss ich was dagegen sagen: Ohne Hypothesen - selbst wenn sie zunächst auf ganz wackligen Füßen stehen -, käme die Wissenschaft kaum weiter.
Das ist so nicht korrekt. Normalerweise macht man eine Beobachtung. Aufgrund dieser Beobachtung stellt man eine Hypothese auf. Die versucht man, etwa durch Sicherung eines empirischen Befundes, zu falsifizieren bzw. zu verifizieren. Und wenn man meint, dass man eine Hypothese beweisen konnte und alle Falsifikatoren gescheitert sind, stellt man sie idealerweise dem Peer zur Diskussion.

Eine Hypothese aus der Lamäng hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Also: Ohne Beobachtung keine Hypothese, die das Attribut "wissenschaftlich" verdient. Und eine Hypothese ist erstmal zu beweisen/widerlegen und hat noch keinen wissenschaftlichen Wert an sich. Denn das wird auch gerne mal unterschlagen und eine Hypothese dann als gesichertes Faktum präsentiert.
 
Normalerweise macht man eine Beobachtung. Aufgrund dieser Beobachtung stellt man eine Hypothese auf. Die versucht man, etwa durch Sicherung eines empirischen Befundes, zu falsifizieren bzw. zu verifizieren. Und wenn man meint, dass man eine Hypothese beweisen konnte und alle Falsifikatoren gescheitert sind, stellt man sie idealerweise dem Peer zur Diskussion.
Na ja, das wäre aber schon reichlich spät, schließlich muss eine Hypothese von vielen verifiziert bzw. falsifiziert werden, nicht nur von einem selber. Warum sollte eine neue Interpretation des bereits Bekannten nicht in die Diskussion geworfen werden, selbst wenn sie erst mal nicht mehr ist als eine Idee, eine (weitere) Möglichkeit?

Klar klingt das nach Lamäng, aber ich erinnere mich, dass die Idee für die Realisierung des seinerzeit revolutionären Rastertunnelmikroskops bei einem lockeren Gespräch beim Käse und Wein entstand, was schließlich mit einem Nobelpreis für Physik belohnt wurde. Dieses Forum vergleiche ich mit so einem lockeren Gespräch, in dem keine Denkverbote herrschen sollten, sprich auch undenkbar Erscheinende gedacht und gesagt werden kann.

Aber das bisher Gesagte ist wohl schon Meta, deshalb hier off topic. Bei Interesse kann man das vielleicht abtrennen und weiter führen. Falls nicht schon woanders geführt.
 
Na ja, das wäre aber schon reichlich spät, schließlich muss eine Hypothese von vielen verifiziert bzw. falsifiziert werden, nicht nur von einem selber. Warum sollte eine neue Interpretation des bereits Bekannten nicht in die Diskussion geworfen werden, selbst wenn sie erst mal nicht mehr ist als eine Idee, eine (weitere) Möglichkeit?

Klar klingt das nach Lamäng, aber ich erinnere mich, dass die Idee für die Realisierung des seinerzeit revolutionären Rastertunnelmikroskops bei einem lockeren Gespräch beim Käse und Wein entstand, was schließlich mit einem Nobelpreis für Physik belohnt wurde. Dieses Forum vergleiche ich mit so einem lockeren Gespräch, in dem keine Denkverbote herrschen sollten, sprich auch undenkbar Erscheinende gedacht und gesagt werden kann.

Aber das bisher Gesagte ist wohl schon Meta, deshalb hier off topic. Bei Interesse kann man das vielleicht abtrennen und weiter führen. Falls nicht schon woanders geführt.

In der Regel setzen sich neue Ideen, Fortschritt und Erkenntnissgewinne nicht dadurch durch, dass sie denkbar, sondern dass sie konsequent zuende gedacht sind.

Im Bereich Pseudowissenschaft/Verschwörungstheorie geht es aber nicht ohne "Hypothesen". Es gibt viele, die sich für große Geister und potenzielle Nobelpreisträger halten und deren Selbstüberschätzung färbt auch auf ihre Gläubigen und Anhänger ab, die ihren Vorbildern an den Lippen hängen.

Leider ist da meist das Ego größer, als die Sachkompetenz, und Selbstkritik regelmäßig nur rudimentär, missionarisches Sendungsbewusstsein aber im Übermaß vorhanden. Statt durch Argumente zu überzeugen, wird über die Beschränktheit der etablierten Wissenschaft lamentiert und es wird Akzeptanz für die eigenen wirren Hypothesen" eingefordert, die gegen "Zensur" "Dogmen" und "Denkverbote" in Schutz genommen werden müssen.
Das Brett vor dem Kopf haben immer nur die anderen. Da wird auf die "Meinungsfreiheit" gepocht und ständig gewettert wie intolerant das GF ist.

Für meinen Geschmack gab es in letzter Zeit zuviel "denkbare Hypothesen", Verschwörungstheorien, pseudowissenschaftlichen Quark und Meinungen selbstverliebter Spießer, die sich für geistreiche Genies halten, aber nicht mal die Voraussetzungen mitbringen für ein Proseminar.

Es macht keinen Spaß, gegen solche Trolls zu argumentieren, die permanent kulturellen Artenschutz einfordern und mit penetrantem missionarischem Eifer und intellektuellem Exhibitionismus eine Akzeptanz für ihre gedanklichen Konstrukte antäuschen, den diese "Hypothesen" nie hatten, nicht haben und auch niemals haben werden.
 
Warum sollte eine neue Interpretation des bereits Bekannten nicht in die Diskussion geworfen werden, selbst wenn sie erst mal nicht mehr ist als eine Idee, eine (weitere) Möglichkeit?
Dagegen hat doch niemand was. Das Problem ist, dass ständig unbewiesene Hypothesen als Tatsachenbehauptungen präsentiert und methodische Grenzen außer acht gelassen werden.

...ich erinnere mich, dass die Idee für die Realisierung des seinerzeit revolutionären Rastertunnelmikroskops bei einem lockeren Gespräch beim Käse und Wein entstand, was schließlich mit einem Nobelpreis für Physik belohnt wurde.
Und wo liegt da jetzt der Zusammenhang?
 
Weil Du das so betonst, muss ich was dagegen sagen: Ohne Hypothesen - selbst wenn sie zunächst auf ganz wackligen Füßen stehen -, käme die Wissenschaft kaum weiter. Nicht auf (weitere) zufällige Funde hoffen, sondern gezielt da weiter suchen, wo man was vermutet, das finde ich spannend. Klar gibt es dabei die Gefahr, dass man sich verrennt und/oder lächerlich macht, aber besser so als immer nur das wiederkauen, was als gesichertes Wissen gilt. Ein Ziel vor Augen zu haben und einen bestimmten Weg einzuschlagen und beharrlich dranbleiben, das kann einem beschwerlich, ja zeitweise sogar hoffnungslos erscheinen, aber bei Erfolg dürfte die Befriedigung über das Erreichte umso größer sein.

Wissenschaft bedeutet Kontroverse und auch Streit, und es sollte sich die akademische Geschichtswissenschaft nicht zu schade dafür sein, auf die Forschungsergebnisse von Laien zurückzugreifen. Gerade im Bereich der Lokal- und Heimatforschung sind die Beiträge von geschichtsinteressierten Laien von unschätzbarem Wert. Ohne den Fleiß und das Engagement von Geschichtsvereinen, Genealogen, Heimatkundlern u. a wäre vieles an Wissen unwiederbringlich verloren.



Als vor einigen Jahren nahe Hedemünden das Schlachtfeld am Harzhorn entdeckt wurde, sorgte der Fund innerhalb der Fachwelt für Erstaunen. An der Universität von Göttingen, aber nicht nur dort, hätte wohl keiner der dortigen Dozenten, darunter hervorragende Kenner der römischen Germanienpolitik der römischen Armee während der beginnenden Reichskrise eine Expedition so weit in der Germania libera zugetraut.

Ich glaube, niemand, der sich mit Geschichte, Archäologie, Ethnologie, Ur- und Frühgeschichte oder anderern Geisteswissenschaften beschäftigt, hat nicht einmal den Traum gehabt, wie Indiana Jones etwas Sensationelles, Verblüffendes, ungewöhnliches zu finden. Und vermutlich kennt jeder, der sich mit so etwas intensiver tiefgehender beschäftigt, das befriedigende "Heureka-Gefühl, wenn man nach langer Suche fündig wird. Mag der Fund eine Münze, ein Schriftstück, eine Tonscherbe oder etwas anderes sein.

Judas Phatre sagte einmal, die Stecknadel im Heuhaufen findet nur, wer danach sucht. Ein solcher Fund mag zufällig sein, aber den Fund als solchen überhaupt erkennen zu können, ihn auszuwerten, in den Kontext einzuordnen, kann nur dem gelingen, der sich dazu die nötigen Kenntnisse auf dem Gebiet der Paläographie, der Numismatik, der Papyrologie, kurz der historischen Hilfswissenschaften angeeignet hat.

Selbst wer eher eine Karriere als Raubgräber, Fälscher
oder in der Grauzone des Antiquitätenhandels anstrebt, wird dabei nur erfolgreich sein können, wenn er sich mit historischen Hilfswissenschaften auskennt.

Nach meiner Erfahrung wird letztlich jeder, der sich tiefer gehend mit Geschichte, Archäologie, Paläontologie oder anderen Geistes-, Natur- und Sozialwissenschaften beschäftigt und dabei nicht nur an der Oberfläche bleiben will, danach streben, das professionell zu tun.

Sicher, es werden viele Faktoide geschaffen, mancher schmückt sich mit fremden Federn, und es gibt Leichtgläubigkeit, aus der man Kapital schlagen kann. Wirklich befriedigend ist es aber nach meiner Erfahrung
nicht, wer anderen etwas vormacht betrügt sich am Ende nur selbst.

Professionell zu arbeiten,heißt methodisch korrekt zu arbeiten. Die Regeln der wissenschaftlichen Methodik sind nicht beliebig, es hat seine guten Gründe, weshalb sie so sind wie sie sind. Darüber kann man sich auslassen und schwadronieren, aber wer sie in Frage stellt, tut gut daran, sich wenigstens die Grundlagen anzueignen, wenn man sich nicht lächerlich machen will. Die Fragen der historischen Methodik sind nicht beliebig. Wer die Frage beantworten kann: was sind überhaupt historische Quellen und was versteht man unter literatur?

wird mit selbstgebastelten Hypothesen kaum zu beendrucken sein.
 
Es macht keinen Spaß, gegen solche Trolls zu argumentieren, …
Bin mit Dir einer Meinung, Scorpio, aber gegen Trolle gibt es ein bewährtes Mittel, das El Quijote sogar in seiner Signatur führt: „Wer Trollen respondieret Zeit verschenket!“


ich erinnere mich, dass die Idee für die Realisierung des seinerzeit revolutionären Rastertunnelmikroskops bei einem lockeren Gespräch beim Käse und Wein entstand, was schließlich mit einem Nobelpreis für Physik belohnt wurde.
Und wo liegt da jetzt der Zusammenhang?
Wenn Du mich noch einen Satz weiter zitiert hättest, hättest Du diese Frage (wahrscheinlich) nicht gestellt. Ich sagte im Anschluss: „Dieses Forum vergleiche ich mit so einem lockeren Gespräch, in dem keine Denkverbote herrschen sollten, sprich auch undenkbar Erscheinende gedacht und gesagt werden kann.“

Ob aber darauf eingegangen wird, entscheidet jeder für sich. Man muss nicht zu jedem Unsinn was sagen, sondern auch schweigen. Nicht wahrgenommen zu werden, das ist die Höchststrafe für Trolle, Verschwörungstheoretiker und Pseudowissenschaftler.
 
Wenn Du mich noch einen Satz weiter zitiert hättest, hättest Du diese Frage (wahrscheinlich) nicht gestellt. Ich sagte im Anschluss: „Dieses Forum vergleiche ich mit so einem lockeren Gespräch, in dem keine Denkverbote herrschen sollten, sprich auch undenkbar Erscheinende gedacht und gesagt werden kann."

Ein lockeres Gespräch hat doch nichts damit zu tun, ob man sinnvolle oder unsinnige Hypothesen heraushaut. Ob man das bei Käse und Wein, Wasser und Brot oder Tee und Scones macht, hat nichts mit Sinn und Unsinn der Hypothesen zu tun (wobei beim Wein die Wahrscheinlichkeit von Unsinn sich proportional zur konsumierten Menge erhöht).

Als Historiker sind wir von den Quellen abhängig, seien sie archäologischer oder literarischer Natur. Wir können Analogien aus Ethnologie, Soziologie und Psychologie etc. heranziehen, wenn wir uns nur der Grenzen ihrer Methoden und ihrer Aussagekraft bewusst sind. Wenn Fakten nicht die Basis unserer Überlegungen sind, dann handelt es sich nur um leeres Gerede, dass wir uns besser sparen sollten!
 
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