Einführung in die historische Methode
Ich bring mal ein wenig Theorie der historischen Arbeit mit Quellen.
- Was sind Quellen?
- Quellentypen
- Wo findet man Quellen?
- Arbeit mit Quellen
- Quellenkritik Theorie
1. Was sind Quellen?
Dazu Paul Kirn (deutscher Historiker 1890 - 1965):
„Quellen nennen wir alle Texte, Gegenstände und Tatsachen, aus denen Erkenntnis der Vergangenheit gewonnen werden kann.“(Paul Kirn)*
Und Hans Werner Goetz (deutscher Mediävist):
„Als historische Quellen bezeichnen wir im weitesten Sinn alle Zeugnisse (Überlieferungen), die über geschichtliche (= vergangene) Abläufe, Zustände, Denk- und Verhaltensweisen informieren, d.h. letztlich über alles, was sich in der Vergangenheit ereignet hat, diese kennzeichnet, von Menschen gedacht, geschrieben oder geformt wurde.“ (Hans-Werner Goetz)*
Diese beiden Zitate sagen sehr viel aus was Quellen eigentlich sind.
In der älteren Literatur unterscheidet man noch nach
Traditon und Überrest
Tradition bezeichnet die «willkürliche» Überlieferung, die zum Zweck der Unterrichtung der Nachwelt geschaffen wurde.
Unter
Überrest versteht man «unwillkürliche», ohne gezielte Überlieferungsabsicht entstandene Zeugnisse der Vergangenheit
Dazu schreibt Winifried Schulze (deutscher Historiker):
«Ich halte die Unterscheidung für ebenso wenig sinnvoll wie die Unterscheidung willkürlicher und unwillkürlicher Überlieferung. Sie kann sogar gefährlich sein, weil solche Einteilungen möglicherweise die weitere Nutzung präjudizieren können. Vielmehr muss gelten, dass alle Quellen den gleichen kritischen Verfahren unterzogen werden müssen, um sie zum Sprechen zu bringen. Die innere und äussere Kritik muss unbeeinflusst von a priori-Kategorisierungen angewendet werden.»
Winfried Schulze: Einführung in die Neuere Geschichte. 2. Auflage. Stuttgart 1991. Seite 33
In der neueren Forschungsliteratur spricht man deshalb auch von
Primärquellen und Sekundärquellen (Achtung nicht verwechseln mit Sekundärliteratur, dieser Begriff kommt aus der Literaturwissenschaft und hat mit der historischen Methode nichts zu tun.)
Primärquellen:
Jede Art von Zeugnissen aus erster Hand.
Sekundärquellen:
Die sinngemässe Wiedergabe des Inhalts einer Quelle, in einer anderen Quelle.
Bevor man sich mit Quellen auseinandersetzt sollte man folgendes beachten:
- Geschichte wird grundsätzlich gedeutet.
- Es ist keine empirische Faktenermittlung.
- Ein totales Bild der Vergangenheit gibt es nicht, da nicht alles Überliefert wurde.
Erschliessung der Quelle: Quellenbeschreibung
- Art der Quelle
- Thema/Inhaltsangabe
- Sachliche Aufschlüsselung
- Prüfung der Echtheit
Fliesst in die äussere Kritik ein. Wichtig – Einfach mal die Quelle anschauen und beschreiben was man erkennt. Anstreichen und genau lesen.
Quellenkritik/Inhaltsanalyse
Äussere Quellenkritik:
Umstände der Quellenentstehung
Innere Quellenkritik:
Bedeutung der Quellenaussage
Aussere Quellenkritik:
Hier stellt man sich diese Fragen:
- Wann ist der Text entstanden?
- Entstehungsort?
- Wer ist der Verfasser?
- Wer ist der Adressat?
- Gibt es noch Zusatzinformationen zur Entstehung?
Äussere Kritik:
Prüfung der Echtheit und Vollständigkeit der Quelle.
Klärt Indizien für inhaltliche Fälschungen, falsche Autorenangaben und Überlieferungsvarianten ab.
Klärt die Überlieferungsgeschichte der Quelle ab.
Entstehungskontext - Wo ist die Quelle entstanden. In welchem Rahmen wurde sie verfasst.
Institutionellen Organisationen, historische Kontext – Frage nach den Umständen der Entstehung.
Innere Quellenkritik: Feststellung des Aussagewerts und Glaubwürdigkeit
- Wer spricht in der Quelle und mit welchen Motiven und Wertung?
- Was konnte der Verfasser wissen?
- Was will der Verfasser berichten?
- Wie berichtet der Verfasser?
- Werden Anspielungen gemacht?
- Gibt es unbekannte Sachverhalte?
Die innere Quellenkritik ist der Kern der Quellenanalyse.
Dann sollte man immer die W-Fragen an die Quelle stellen:
- Wann und wo wurde sie aufgezeichnet?
- Wie viel Zeit verging zwischen den tatsächlichen Geschehen und der Aufzeichnung?
- Wer hat sie für wen aufgezeichnet?
- Welche Perspektive und mit welcher Absicht wurde sie aufgezeichnet?
- Wie sind die Zeugnisse beschaffen?
Die historische-kritische Methode kann man auf alle Quellen anwenden. Das Alter spielt dabei keine Rolle.
Literatur dazu:
Borowsky, Peter (Hrsg.): Einführung in die Geschichtswissenschaft I. Grundprobleme. Arbeitsorganisation, Hilfsmittel. 5., überarbeitete und aktualisierte Auflage. WDV. 1989. (ist zwar schon älter, gilt immer noch als Standart für die Einführung in die Geschichte)
Dobson, Miriam (Hrsg.): Reading primary sources. The interpretation of texts from 19th and 20th century history. Routledge. Milton Park. 2009.
Burkhardt, Martin: Arbeiten im Archiv. Praktischer Leitfaden für Historiker und andere Nutzer. UTB. 2006.
Haberkern, Eugen/Wallach, Joseph Friedrich: Hilfswörterbuch für Historiker. Mittelalter und Neuzeit. 2. Bände. UTB. 2001.
Jordan, Stefan: Einführung in das Geschichtsstudium. Reclam. 2005.
Lengwiler, Martin: Praxisbuch Geschichte. Einführung in die historischen Methoden. UTB. 2011.
Meister, Klaus: Einführung in die Interpretation historischer Quellen. Schwerpunkt: Antike. Band 1: Griechenland. Band 2: Rom. UTB. 1997/1999.
Theuerkauf, Gerhard: Einführung in die Interpretation historischer Quellen. Schwerpunkt: Mittelalter. 2. Auflage. UTB. 1997.
v. Brandt, Ahasver: Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die historischen Hilfswissenschaften. 15. Auflage. Kohlhammer Verlag. 1998.