Wieso sind in den Medien immer grottige Ausrüstungen zusehen?

Tiberio-Tertio

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Was immer wieder sauer aufstößt, ist das in den Medien fast jegliche historische Tatsachen ausser acht gelassen werden, ja man hat manchmal den Eindruck, je grottiger desto besser! Hatte leider gerade den Fehler gemacht und diese Terra-X Sendung über die "Ritter" angeschaut. Wenn man diesen Haufen Müll sieht, wundert einem das nicht mehr das viele auf diesen furchtbaren Mittelaltermärkten sich bestätigt sehen. :autsch:
Was soll dieses ganze "besonders primitive und Grobe"? Soll das uns irgendwie in einem besseren Licht zeigen, wie weit wir es geschaft haben von diesen "Höhlenmenschen in Blech"? Man mag denken ist eine Kostenfrage, aber auch dieser Schrott gibt es ja nicht für Lau.
Aber egal wo man schaut, sei es im Fernsehen, in den Printmedien überall dieser Unfug, der als haltloser Schrott sich sehr leicht enttarnen lässt steckt man für 5min. mal die Nase in ein paar Bücher, oder geht in das eine oder andere Museum.
Oder ist es eher so das die Medien ihre Kunden für so ungebildet und blöd hält das man ihnen alles auftischen kann als "so war es"?
Sind es nur Geschichtsinteressierte denen dieser Mist aufstößt?
 
Ist wohl eine Mischung aus angenommener Erwartungshaltung des durchschnittlichen Fernsehzuschauers* (zB Mittelalter MUSS halt rustikal und reckig wirken) und des Budges der Macher.

*schön zu sehen in heutigen Filmen. Filme haben oft diesen Lensflare Effeckt, obwohl der bei modernen Kameras nicht mehr auftritt. Bei Gatling-Maschinengewehren kann man einzelne Schüsse heraushören, obwohl die in Wirklichkeit nur ein "Brrrrp" von sich geben. Solche Dinge würde der Zuschauer ist es gewohnt und würde es als "unecht" interpretieren wenn es der Wirklichkeit entsprechen würde.
Paradebeispiel: RealityIsUnrealistic
Auch nett: TruthInTelevision
Und natürlich RuleOfCool
 
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Ja das könnte ein Teil der Antwort sein, aber bei manchem wundert man sich doch erheblich. Zum Beispiel die immer wieder gezeigte Annahme das bestimmte Kleidungsformen, oder Rüstungen über Jahrhunderte gleich blieben, obwohl das bei einem kurzen nachschauen sich als falsch sich zeigen würde. Bei dieser "Terra-X" Sendung gab es zum Beispiel Normanische Nasalhelme und die typischen frühmittelalterlichen Schildform, vom frühen Mittelalter bis rein zum Hundert-Jährigen-Krieg und die Burgunder Kriege. Oder bei einer Reihe die bei Arte gezeigt wurde wo es um das Leben des Julius Cäsar ging, werden lederne Lorica Segmentata Rüstungen gezeigt. Dieses gab es eigentlich nicht in Leder, und in Metall erst wesentlich später. Ganz zu schweigen von den allseits beliebten lederne Unterarmstulpen die man überall aufgetischt bekommt, oder die Lappen und Fellteile die um die Waden gewickelt gezeigt werden. Wohl ein armseeliger Versuch modernes Schuhwerk zu kaschieren?
Toppen lässt sich das nur wenn man das wie manche moderne Theateraufführungen macht, das die Leute schwarze T-Shirts tragen mit der Aufschrift "Ritter" und auf Mofas sich mit länglichen Luftballons sich kloppen.
Wie die Medien das hand haben braucht man sich nicht wundern wenn unsere Zeit auch mal so verkorkst gezeit wird, mit Leuten die Klamotten des 18ten Jahrhunderts tragen, Händies bedienen und mit Skateboards rum eiern.
Ist halt schade, das die Medien ihre Chance die Massen zu informieren nicht nutzen, sondern eher zum verzehren bis ins lächerliche was eigentlich unsere Geschichte ist.:red:
 
Sind es nur Geschichtsinteressierte denen dieser Mist aufstößt?

Ja! Es gab bei uns regelmäßig Leute, selbst im Geschichts-LK die einen Terra-X Beitrag als Klausurvorbereitung gesehen haben, weil einem da alles so anschaulich erklärt wird. Die meisten Menschen sind nun einmal zu faul für den Blick in Quellen oder Sekundärliteratur, da hört man lieber das was man schon weiß weiter ausgeführt. Zugleich kann man um kurz vor 8 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen keine komplizierten Überlegungen anstellen, dass würde ja die gesammte Zielführung der Programme (cool und Massenwirksam zu sein als Konkurrenz zu den privaten Sendern) unterlaufen.
 
Das größte Problem sehe ich bei Dokus eigentlich in falsch wiedergegebenen Zusammenhängen. Spielszenen werden ohnehin überschätzt. Das Problem ist um welche Sparte von Dokus es geht, geht es primär um Geschichtsvermittlung oder doch eher um die Einschaltquoten? das beeinflusst den Gehalt der Machwerke doch stark. Was Ausrüstungen angeht, da sind Dokus manchmal doch besser wie Filme (ich erinnere mich hier an die Folletverfilmung), was aber nicht zwingend was heißen muss.

Hier wären wir allerdings wieder bei der Frage was wollen/können Dokumentationen leisten und was nicht? Ich hatte dieses Semester eine interessante Vorlesung zum Thema der außerschulischen Geschichtsvermittlung und man kann hier nichteinmal unter Historikern auf eine Linie kommen.
 
Das größte Problem sehe ich bei Dokus eigentlich in falsch wiedergegebenen Zusammenhängen. Spielszenen werden ohnehin überschätzt. Das Problem ist um welche Sparte von Dokus es geht, geht es primär um Geschichtsvermittlung oder doch eher um die Einschaltquoten?

Im besten Fall geht es um Authentizität der dargestellten Epoche und um Einschaltquoten - und daran ist eigentlich nichts ehrenrühriges. Eine Fernsehdoku kann man nicht nur für eine winzige Gruppe belesener und kenntnisreicher Geschichtsfreaks drehen, sondern muss stets auch interessierte Laien im Visier haben. Das bedeutet eine entsprechende Aufrüstung der Doku durch Spielszenen, die zuweilen historisch arg verkürzt ausfallen.

Ich betrachte solche Dokus meist wohlwollend, weil ich weiß, dass Geschichte in der Schule zu den unbeliebtesten Fächern zählt und man froh sein muss, dass es überhaupt noch derartige so genannte "Dokus" gibt, auch wenn sie zuweilen etwas reißerisch ausfallen und nicht in jeder Hinsicht dem Anspruch eines Spezialisten - sei es für Rüstung, Kleidung, Kriegsgerät oder ähnliches - gerecht werden. Dokus, die die gesellschaftliche Wirklichkeit oder historische Abläufe komplett verzerren, habe ich selten gesehen.
 
Also ich sehe absichtlich kaum noch Dokus. Wie von mir schon vor Einschalten derjenigen von gestern Abend, die Eingangs angesprochen wurde, klar war, sollte die Ausstattung eher trashig sein. An vielen Stellen fragte ich mich, ob denn die Spielszenen überhaupt extra für die Doku gedreht wurden oder ob sie einfach so zusammengestoppelt wurden. So fantasievoll wie hier, war die Ausstattung bis jetzt aber selten (Templer mit seltsamen Schwertern ähnlich dem römischen Gladius, normannische Schilde und seltsame Rundschilde im 14./15.Jh., alberne Helme, Ritter i.d.R. ohne Kettenhemden...).
Zum Inhalt kann ich nur sagen: "Thema verfehlt". Die Doku hieß ja "Der letzte Kampf der Ritter", aber der Schwerpunkt auf das Ende des Rittertums war völlig verfehlt worden. Stattdessen wurde ganz grob die Entwicklung des Ritters gezeichnet, wobei zur Untermalung überwiegend unbrauchbare Spielszenen dienten. Was am Ende die Anspielung mit dem Berlichingen sollte, hatte ich garnicht begriffen. Dass die Ritter dann auch als Söldner auftraten und der Wandel des Kriegswesens im 15./16.Jh. war scheinbar für die Macher nicht realisierbar.

Ich sehe solche Dokus seit Jahren nur noch als Unterhaltung. Wenn man weiß, dass sie aus Dtl. kommen, dann sind meine Erwartungen gleich ganz tief geschraubt.

Zum Warum der Eingangsfrage: Ich tippe auf Lustlosigkeit. Man kann es ja auch so senden und die Kritik ist entweder verhalten oder wird wie am Beispiel von "Die Deutschen" einfach beharrlich ignoriert. Am Budget liegt es sicherlich nicht. Die Dokus am Sonntagabend sind eigentlich nach meiner Kenntnis wie z.B. "Die Deutschen" extrem gut finanziell ausgestattet. Mit ein paar Reenactors, ein wenig Sorgfalt und einem deutlich geringeren finanziellen Spielraum wurde schon eindeutig besseres gemacht.
 
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Es ist aber verwunderlich wieso die Medienschaffenden so eine gelangweilte Einstellung zum Thema Geschichte haben? Habe es schon auf viele Veranstaltungen erlebt wo die Leute von der Presse aber wirklich null Interesse hatten, und selbst wenn sie ausgearbeitete Pressemappen erhalten haben, haben sie dann irgendein aus der Luft gefischten Mist verzapft.
Schaut man aber wie es unsere Nachbarn in England hand haben, so ist das eine ganz andere Sache. Meist recht qualitätsvoll und auf jedenfall äußerst selten zusammengestoppelter Müll. Ja der Nyphensittich fiel mir auch auf, aber nach all dem anderen Karnevalsfundus-Sachen konnte der nicht mehr schaden. Dabei gibt es viele gute Gruppierungen die wahrscheinlich sogar ehrenhalber bei so eine Produktion mit machen würde, wenn man sie fragen würde. Ist ja nicht so das auf dem Sektor Living history hier zu lande nichts brauchbares zu finden sei. Normalerweise kann man für gutes Geld was wir in Form von Rundfunkgebühren zahlen auch was halb wegs anständiges erwarten und nicht diese Zuschauerverschaukelung.
 
Dabei gibt es viele gute Gruppierungen die wahrscheinlich sogar ehrenhalber bei so eine Produktion mit machen würde, wenn man sie fragen würde.
Ehrenhalber vielleicht nicht, aber für Aufwandsentschädigung (Fahrtgeld, Übernachtungen etc.). Aber auch das wird beflissendlich ignoriert. Selbst in Deutschen Produktionen sieht man bisweilen Reenactors. Die Frage ist dann freilich wie sie eingesetzt werden. Ich frage mich manchmal ja auch, wofür das Filmmaterial, was auf meiner Veranstaltung erstellt wird, wohl noch verwendet wird. Das weiß man nämlich dann auch nicht immer. :winke:
 
Ein großer Faktor wird das Geld sein, denke ich mir.
Ich war einmal bei einer MDR-Produktion "Geschichte Mitteldeutschlands" dabei - ist jetzt sicher sowieso nicht das ganz große Kino, aber trotzdem.
Ich kriegte halt einen Anruf, sie bräuchten da für übermorgen jemanden für die Dreharbeiten in Bad Lauchstädt, der in das und das Theaterkleid paßt (hab da sehr oft in einer Produktion mitgespielt). Sie würden eine Folge über Richard Wagner drehen.
Am Ende bekam ich dann doch ein anderes Kleid an, das aber ebensowenig historisch authentisch war (Theaterkleid!). Der Regisseur hatte noch diesen und jenen Einfall, der irgendwie umgesetzt werden sollte, natürlich alles sofort und ohne großen Aufwand. Alles in allem verbrachte ich etwa 6 Stunden dort - im Wesentlichen mit Warten - und bekam dafür sage und schreibe 90 Euro.
Mich wundert es also nicht im geringsten, daß bei diesen Produktionen auf solche "Kleinigkeiten" nicht geachtet wird.
 
Ja solche Erlebnisse habe ich auch schon gehabt, muß an einen Dreh in den neunziger Jahren denken, 12 Man komplette Ausrüstung und ein ganzes Wochenende, versprochen wurde viel, unterm Strich gab es nicht mal Benzingeld. Ist halt nur komisch das in manchen Ländern es scheinbar machbar ist, und in anderen so gut wie garnicht. Aber andereseits die ganzen osteuropäischen Gruppen die immer bei solche Produktionen mitwirken, machen das bestimmt nicht für Lau?
Wenn natürlich von Medienseite her kein Interesse da ist, was qualitativ richtig mal zu zeigen wird sich nie was ändern, sondern eher noch grottiger werden, so befürchte ich. Muß nur an die diversen grauslige PM- und Geohefte denken. Wenn ich so ein Blatt sehe, ich blätter erstmal schnell durch ob es sich lohnt überhaupt das Teil zu kaufen, oder regt man sich über den gebotenen Müll nur auf.
 
Ein großer Faktor wird das Geld sein, denke ich mir.

Nein - das Geld ist überhaupt kein Problem.
Jedenfalls nicht für die ÖR-Sender .
Da Tagespolitik , geh ich nicht darauf ein.

Beauftragt mit der Herstellung werden jedoch oft kleine Produktionsfirmen
und deren Vorstellungen von Qualität versus " Zuschauerquotenfähigkeit "
mögen sehr unterschiedlich sein.
Dazu kommt , welcher Produzent/Regisseur individuell was für Wissen/ Vorstellungen hat , ob man Experten konsultiert etc.
Ganz abgesehen davon , dass sie ziemlich sicher für Festpreise produzieren und selber die Kosten zugunsten des Gewinns drücken möchten.

Das es auch anders geht zeigt m.E. oft die BBC in ihren Dokus.
 
Gerade die korrekte optische Umsetzung der Vergangenheit ist halt v.a. eines, wenn man sie gut machen möchte: Teuer. Es bedarf viel Handarbeit, den ganzen Kram herzustellen, und das verursacht aus Sicht eines Produzenten vor allem Kosten; wenns auch noch um militärischen Kram wir Rüstungen geht steigen die schnell auf "enorm", war schon im Mittelalter so...
:winke:

Die besten Dokus (oder auch Filme), die ich in dem Punkt kenne, greifen hier auf Verrückte zurück, die diese Handarbeit in ihre eigene Freizeit verlegen (Reenacter u.ä.), aber das funzt nur für manche Epochen. Die Tatsache, dass diese Statisten mehr Ahnung von der Materie haben als der Produzent, eventuell gar mehr als sein wissenschaftlicher Berater, kann man als Vor- oder als Nachteil interpretieren...
:pfeif:
 
Ja aber die BBC zeigt auch das es geht! Und nicht dieses wischi-waschi beliebige was wir aufgetischt bekommen! Wenn ich an diese Serie "Rom" denke bei Arte wo man sogar extra eine "Making of" Sendung gemacht hat und ganz stolz gezeigt hat wie man die Leute alle Szenen vor blue screens machen lässt und alles sonst am Rechner erstellt, da denke ich super, hat bestimmt eine menge gekostet, aber die Serie sah aus wie ein Computerspiel. Um beim Thema Kosten zu bleiben, es gibt auch gerade im Mittelalter auch Klamotten die sehr stimmig sind die nicht ein vermögen Kosten und trotz dem stimmig aussehen, und alle mal besser aussehen als der Klump der einem bei dieser Terra-X Sendung zugemutet wurde. Das Problem ist man muß halt mal für 5min. mal schauen wie hat das Zeug aus gesehen, und nicht einfach auf Schema F zurück greifen. Muß nur an diese bescheuerten Fladenhüte denken die einem für so ziemlich das komplette Mittelalter als die standard Kopfbedeckung angedreht wird.:autsch:
Klar mit dem Thema Kosten kann man alles schön reden, komisch nur das manche das trotz dem hin bekommen, und andere nur beliebigkeit liefern und über immense Kosten stöhnen, da paßt irgendwas gewaltig nicht zusammen. Das die BBC welt weit ihre Sendungen verkaufen kann liegt mit sicherheit auch da dran das sie Qualität liefern. Wer sonst in der Welt würde sich so Terra-X Mist sich anschauen wollen?
Ich glaube Kosten sind nicht der Haupt- oder einzigste Grund, sondern auch Faulheit und Bequemlichkeit, bzw. Betriebsblindheit so das die Leute keinen Grund sehen ihre Einstellung zu Geschichtssendung zu ändern.
Schade das BBC nicht öfters zu sehen ist hier zu lande, vielleicht würden dann die Herrschaften über die Quote merken das ihr Schema-F Krempel doch nicht so der Renner ist? Aber andereseits vermute ich 90% der Zuschauer merken es garnicht das sie nur drittklassiges geboten bekommen.
 
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http://www.ndr.de/land_leute/norddeutsche_geschichte/schauplaetze/roemerschlacht102.html

Hier mal ein gutes Gegenbeispiel, wie es laufen kann.
Es dominieren die Profs und Funde, Spielszenen sind vorhanden, aber angenehm kurz und mit dt. Reenactors, diese stellen sogar die Epoche da.
Kein 1. Jahrhundert Römer, wie man hätte erwarten können.
So etwas kommt dann max. einmal im Jahr

Ausländische Sendungen sind oft noch schlimmer vor allem die aus der USA, die BBC hält do noch zumeist die Flagge hoch, aber auch dort ist gibt es solche und solche.
 
Ja das ist ein Beispiel, das mal richtig gut ist! Leider recht selten im Fernsehen zu sehen in der Art. Das stimmt im Ausland ist auch nicht alles gut. Besonders wenn sie von der andenen Seite des Atlantiks kommen.
Wenn mal eine gute Sendung kommt im deutschen Fernsehen, da am ehsten in den dritten Programme.
 
Naja du erwartest auf Privatsendern ja auch nichts gutes. Die sogenannten Dokumentationsriesen Ntv etc. zeigen meistens eh nur irgendwas mit schön animierten Panzern, Jets oder sonstwas, was vllt beim ersten Mal interessant sein kann, dann aber nervt. Und für Nachrichten sind die leider auch nur beim Wetter zu gebrauchen.

Ich such mir meine Dokus weiter lieber selbst aus, bzw. habe ein Auge auf Arte, die im Schnitt öfter gute Sachen bringen als der Rest.
 
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