Armutsbewegungen im Lauf der Zeit

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Gibt es ein Buch, das die Geschichte der Armutsbewegungen im Laufe der Zeit darstellt?

Wie haben sich z. B. mittelalterliche Bettlermönche vom Erbe der antiken Cyniker beeinflussen lassen?

Welche Verbindung gab es zwischen den Bettelmönchen in Indien und denen im Abendland?

Und wieso kam dieses Phänomen immer wieder auf?
 
Wie haben sich z. B. mittelalterliche Bettlermönche vom Erbe der antiken Cyniker beeinflussen lassen?
Vermutlich gar nicht. Der einzige antike Philosoph, mit dem man sich im Mittelalter intensiver beschäftigte, war Aristoteles, und der befasste sich in seinen Werken nicht mit Diogenes und den Kynikern. Ich bezweifle also, dass man im Mittelalter überhaupt näher über die Kyniker Bescheid wusste - und wenn, dann nur die wenigen Gebildeten, nicht das einfache Volk, aus dem sich die meisten Bettelmönche rekrutierten.
Außerdem kann man die Kyniker und die Bettelmönche trotz gewisser Ähnlichkeiten im Lebensstil nicht wirklich miteinander vergleichen, da sie unterschiedliche theoretische Ansätze verfolgten: Den Kynikern ging es darum, durch Bedürfnislosigkeit glücklich zu werden. Die Bettelmönche hingegen orientierten sich am christlichen Ideal, sich lieber Gott als materiellen Gütern zu widmen. Außerdem waren die Bettelmönche in Orden organisiert, die Kyniker hingegen nicht.

Welche Verbindung gab es zwischen den Bettelmönchen in Indien und denen im Abendland?
Ich bezweifle, dass es eine Verbindung gab. Im Hochmittelalter, als die Bettelorden entstanden, gab es doch kaum Kontakte zwischen Europa und Indien, vor allem keine direkten, sondern nur indirekte über den Handel mit den Arabern. Man wusste in Europa so gut wie nichts über den Mittleren Osten, sondern hatte eher fantastische Vorstellungen vom Priesterkönig Johannes, Fledermausmenschen etc. Außerdem haben auch die indischen Bettelmönche einen anderen theoretischen Ansatz, bei ihnen steht die Askese im Vordergrund.

Und wieso kam dieses Phänomen immer wieder auf?
Weil es eben immer wieder Menschen gibt, die das Streben nach materiellem Reichtum als Lebenszweck infrage stellen.
 
Gibt es ein Buch, das die Geschichte der Armutsbewegungen im Laufe der Zeit darstellt?
Die gut lesbare "Geschichte der Armut" von Bronislaw Geremek setzt erst mit dem Mittelalter bzw. dem Aufkommen des Christentums ein. Auch in anderen Standardwerken (z.B. für Deutschland: Abel, für Europa: Fischer, Hunecke) fehlen Rückgriffe auf das Altertum, was für Raveniks Meinung sprechen könnte.

Von den älteren Handbüchern am ausführlichsten: Artikel "Armenwesen" von Preyer in der 4. Aufl. des Handwörterbuchs der Staatswissenschaften (1923), S. 926-1047. - Ergiebig, aber nicht zur Hand: Etudes sur l'histoire de la pauvrete, ed. Michel Mollat, Paris 1974 (2 Bände). - Weitere Stichworte: Soziale Frage, Poverty, Wirtschaftsgeschichte allgemein.
 
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