Aussterbende Wörter - vergessene Wörter

Jacobum

Aktives Mitglied
Bei "Focus-online" habe ich einen Artikel über aussterbende Wörter der deutschen Sprache gefunden. Dieses Phänomen hat ja auch was mit Geschichte zu tun.

Auszug:

Wörter wie „dufte“, „knorke“ oder „Hagestolz“ werden möglicherweise in einigen Jahren aus dem aktiven Wortschatz der Deutschen verschwunden sein.

„Bedrohte Wörter sind daran zu erkennen, dass sie heute putzig klingen oder sich sperrig im Mund anfühlen wie etwa die ehemaligen Trendwörter ´knorke´ oder ´dufte´“, erklärt der Sprachexperte Bodo Mrozek anlässlich des Internationalen Tages der Muttersprache. Sie könnten kommenden Generationen aber möglicherweise nichts mehr sagen, so der 39-jährige Autor des Buches „Lexikon der bedrohten Wörter“. Sobald ein Begriff nicht mehr im Wörterbuch aufgeführt ist, gilt es als ausgestorben.

Mrozek sieht sich selbst weniger als Sprachpfleger denn als Denkmalpfleger: „Ich bin in erster Linie an dem Prozess interessiert, weshalb ein Wort verschwindet.“ Häufig geraten Wörter in Vergessenheit, die veraltete Dinge bezeichnen wie der „Bandsalat“ oder die „Wählscheibe“. Ebenso verdrängen neue Wörter die alten. So bezeichnete man früher den „Single“ als „Hagestolz“ oder der „Brunch“ als „Gabelfrühstück“.


Abgesehen von den erwähnten Modewörtern, die irgendwann mal vergessen sind (ich zähle da auch "voll krass" und ähnliches dazu...), gibt bzw. gab es Wörter aus dem ganz alltäglichen Sprachgebrauch, die nach ein paar Jahrzehnten keiner mehr kennt oder versteht.

In einem Roman aus dem Jahr 1910 schrieb z.B. ein Autor:

"Sie schritten selbander fürbaß".

Früher dachte ich, das hätte irgendwas mit "barfuß" zu tun, aber weit gefehlt. Es heißt lediglich: Sie gingen zu zweit nebeneinander her. Wären es drei Personen gewesen hätte der Autor "selbdritt" geschrieben.

Wer kennt noch Begriffe wie "sintemalen" oder "zu welchem Behufe"? Abgesehen von Germanisten und Deutschlehrern?

Gruß

Jacobum
 
Richtig.

Aber was machst Du aus folgender Aussage:

In nämlichem Roman wird ein Herr wie folgt charakterisiert: " ... und daß er nicht von Stand war, sah man daran, daß er Röllchen trug! Ja, Röllchen!"
 
Das singen Kinder auch heute noch:

Gott, laß dein Heil uns schauen,
auf nichts Vergänglichs bauen,
nicht Eitelkeit uns freun;
laß uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.

Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod;
...

Ich hoffe doch, daß KindergärtnerInnen und LehrerInnen ihnen den Sinn erschließen können.
 
wer sagt heute noch Chose/Schose? oder kess, wie kesse Biene (in ihren flotten Jeans... ;) )
 
wer sagt heute noch Chose/Schose? oder kess, wie kesse Biene (in ihren flotten Jeans... ;) )
Zu der Zeit noch "Nietenhosen".

Oder, wenn wir hier schon einigen älteren Mitgliedern eine Rückbesinnung auf wilde Jugendzeiten ermöglichen, das "Stelldichein" mit dem "steilen Zahn".

Auch hinübergegangen ist der "Beatschuppen" -> Disse.

Noch älteren Datums, dafür aber einstmals sogar mit Aufnahme in den Duden geehrt: der Ritter fiel ärschlings vom Pferde. Das ist doch mal eine Angabe, bei der kaum Fragen offen bleiben...
 
Das hat aber nicht nur mentalitätsgeschichtliche Gründe, sondern auch technologische. Die Kids, die mit CDs aufgewachsen, Kassetten kaum noch kennen, wissen heute schon kaum noch etwas mit "Bandsalat" anzufangen.
 
Als ich zu Jugendzeiten noch über den Hof zum Abort laufen mußte, ahnte ich noch nichts von Fehlgeburten.
 
Als ich zu Jugendzeiten noch über den Hof zum Abort laufen mußte, ahnte ich noch nichts von Fehlgeburten.

Damit verschwindet dann auch ein Stück Volksdichtkunst:
Winter wirds an allen Orten
Und es friert auf den Aborten


Womit ich beim Thema bleibe... Aber die heutige zentralheizungsverwöhnte Jugend ahnt eben nicht, was wir damals mitgemacht haben. Nur der Ausdruck arschkalt hat überlebt.
 
Nicht nur werden ganze Wörter vergessen, auch werden einige umgedeutet.
Wärend früher geil ausschließlich sexuelle Erregung bedeutete kann es heute auch synonym für toll, klasse, spitze, super, etc, verwendet werden.
Wobei toll auch eine andere bedeutung haben kann, im Sinne von "maßloses Benehmen"
 
Nicht nur werden ganze Wörter vergessen, auch werden einige umgedeutet.
Wärend früher geil ausschließlich sexuelle Erregung bedeutete kann es heute auch synonym für toll, klasse, spitze, super, etc, verwendet werden.
Wobei diese verengte Bedeutung die geil im 19. und größten Teil des 20. Jahrhunderts hatte, auch nicht mit der viel weiteren Bedeutung des mittelalterlichen geil gleichzusetzen ist: das bedeutete einfach erregt, ohne unbedingte sexuelle Konnotation.
 
Ja, es ist leider sehr bedauerlich, dass viele Worte nicht mehr bekannt sind, die für unsere Altforderen geläufig waren. In unserer Sprache tummeln sich anscheinend inzwischen mehr anglismen als Worte aus dem Althochdeutschen. Es sind auch viele aus dem regionalen Dialekten stammende Worte fast verschwunden.
 
Die Einfalt ist tatsächlich noch nicht verschwunden, allerdings wußten die Kinder (3. Klasse) damit nichts anzufangen, als der Begriff in einer Schildbürgergeschichte auftauchte. Leider war er aber von großer Bedeutung zum Verständnis dieser Geschichte.
Hingegen klingt der Satz "Diese sanfte Brise komm mir gerade sehr gelegen" aus dem Munde eines Achtjährigen schon bemerkenswert.

In "e-mail for you" gibt es zum Thema aussterbende Sprache eine hübsche Szene, in der Meg Ryan von Jane Austen schwärmt, wie sehr sie sich in dieser Sprache verlieren kann, während Tom Hanks sichtlich gequält ist, bei dem Versuch, sich auch nur einmal durch "Pride and Prjudice" zu arbeiten, geschweige denn, das Buch gleich mehrfach zu lesen.

Die Salatbar wird nicht nur vom Bandsalat sondern auch vom Kabelsalat befreit werden. Der Backfisch und der gemeine Mann werden jetzt schon für was Falsches gehalten. Und manch einer sucht den Ursprung dieses hanebüchenen Unsinns im Hühnerstall und nicht im Wald.
 
wer flucht heutzutage noch "himmel, ar.. und zwirn"...auch hier greifen anglizismen um sich.
 
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