Was darf, soll oder muss Geschichte sein?

Freund07

Mitglied
Hier meine Fragestellung?
Darf bzw. soll die Geschichte (gemeint ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte) wertfrei sein. Kann Sie überhaupt wertfrei sein, ist nicht auch ein Historiker immer ein „Kind“ seiner Zeit (Moral-/Wertvorstellungen etc.) geprägt auch von den eigenen Lebensumständen und dem eigenen Kulturkreis.
Welche Ziele sollte die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Geschichte überhaupt verfolgen? Sollte Sie „nur“ ein objektives Bild der Geschichte aufzeigen oder auch ganz bewusst Geschichte bewerten?


Hallo, liebe Moderatoren. Wusste nicht genau in welchem Themengebiet ich diese Fragen platzieren soll.
 
Meiner Meinung nach sollte wiss. "Geschichte" so sein, wie idealerweise die (investigativen) journalistischen Nachrichten:
1. Objektiv über etwas berichten, indem man mehrere Quellen hat, die möglichst beide Seiten (z.b. im Krieg) berücksichtigen, wobei man die Quellen doppelt und dreifach auf Glaubwürdigkeit, Echtheit, Intention, etc. geprüft hat.
2. In dem Moment, wo man etwas wertet, dieses als (eigenen) Kommentar kenntlich machen, als persönliche Meinung, wie z.B. die Kommentarzeilen in der Zeitung.

Das lässt sich in historischen Abhandlungen nicht immer unbedingt so gut trennen, wie in der Zeitung, aber ich habe schon viele gute Bücher gesehen, denen es gelungen ist, indem z.B. in oder nach jedem Abschnitt, ein Fazit kenntlich gemacht wurde, indem die Leistungen bewertet, Vergleiche gezogen, persönliche Vermutungen geäußert wurden.

Wichtig in hist. Werken sind auf jeden Fall die Fußnoten, damit man immer weiß, woher der Autor seine Kenntnisse bezieht.
Ich persönlich mag nur dann darauf verzichten, wenn ich (oder ein Prof. von mir, oder den ich vertraue) sicher bin, dass der Autor auf seinem Fachgebiet eine Koryphäe ist, und ich ihm abnehmen kann, dass er auch ohne Angabe von Quellen die Fakten richtig darstellt oder einordnet.

Ein Historiker sollte IMHO idealerweise Journalist und später nach viel Erfahrung und Forschung auch Kommentator der
Geschichte sein.

siehe dazu auch mein Posting von hier, wie man gute hist. Werke findet:
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=218367&postcount=73
 
Hier meine Fragestellung?
Darf bzw. soll die Geschichte (gemeint ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte) wertfrei sein. Kann Sie überhaupt wertfrei sein, ist nicht auch ein Historiker immer ein „Kind“ seiner Zeit (Moral-/Wertvorstellungen etc.) geprägt auch von den eigenen Lebensumständen und dem eigenen Kulturkreis.
Welche Ziele sollte die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Geschichte überhaupt verfolgen? Sollte Sie „nur“ ein objektives Bild der Geschichte aufzeigen oder auch ganz bewusst Geschichte bewerten?


Hallo, liebe Moderatoren. Wusste nicht genau in welchem Themengebiet ich diese Fragen platzieren soll.

Geschichte als Wissenschaft ist eine rekonstruierte Interpretation. Sie ist subjektiv, aber nicht beliebig. Die Wissenschaft bedient sich gewisser Methoden zu Annährung an den objektiven Gegenstand.

Die Vergangenheit lässt sich nur erinnern. Sie ist unwiderrufbar und unkorrigierbar. Aber diese Vergangenheit existiert nicht wie die materille Welt, sie existiert nur als Erinnerung und Vorstellung. Was wir nicht wissen, weil es nicht überliefert ist oder weil wir uns nicht daran erinnern, existiert auch nicht. Wir sind darauf angewiesen , dass es Zeugnisse für die vergangene Wirklichkeit gibt, die Quellen. In der neueren Geschichte haben wir mehr solcher Quellen als in der ältern Geschichte. Man muss aber die Quellen sehr gut unterscheiden, da es immer wieder Quellen gibt die gezielt für die Nachwelt hergestellt wurden.

Man muss auch sehen, dass Gefühle, Einstellungen, Werthaltungen oder Geschmack beschreibar sind oder man kann sie abbilden, aber nicht nacherleben. Das Vergangene ist also objektiv, die indiviudelle Erinnerung jedes Beteiligten ist subjekiv, wie die kollektive Rekonstruktion der Nachlebenden. Eine gewichtende Interpretation von verschiedenen Erinnerungen, die eine grösstmögliche Annäherung an das objektive vergangene Geschehen beinhaltet. Es ist immer vorläufig abgeschlossen im Moment der Beschreibung, aber im Prinzip ist es für die Zukunft offen.

Ein Historiker unterscheidet zwischen sich als dem Erkennenden und der Welt als dem zu Erkennenden.

Er reflektiert die Relativität von Erkenntins mit und benennt die Voraussetzungen, unter denen er sich dem Gegenstand nähert.

Er legt die Kriterien offen dar, die er für seine Arbeit festgesetzt hat. Also er muss seine Bewertung offen darlegen.

Ein Historiker muss gewisse Regeln einhalten, mit denen er seine Ergenisse gewinnt, das nennt man die Historische Methode.

Die Geschichtsschreibung ist das Ergebnis einer Auswahl von dem bearbeitenden Historiker was er für wichtig und richtig hält. Es sind keine allgemeingültigen Aussagen.

Was macht Geschichtswissenschaft als Wissenschaft aus? Das sind die Regeln, Methoden, Kritierien usw. an die sich jeder Historiker halten sollte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke, der Historiker sollte durchaus beides tun: einerseits objektive Fakten rekonstruieren. Andererseits Meinungen über historische Zusammenhänge formulieren.
Ein Beispiel für ersteres ist der Satz: Hitler wurde am 30. Januar 1933 deutscher Reichskanzler.
Ein Beispiel für letzteres ist die Aussage: Hitler ist an die Macht gelangt, weil.....
Das zweite hängt natürlich immer von der subjektiven Sichtweise des Interpreten ab. Manche Historiker konzentrieren sich besonders auf diese Darstellung von Zusammenhängen. Das nennt man dann Thesen-Historie. Ein besonders eindrucksvolles Exemplar dieser Gattung ist z.B. Heinrich August Winkler mit seinem Buch: Der lange Weg nach Westen.
Wale
 
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