David Hume im Spiegelbild seiner Zeit

Brissotin

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Ich habe ja Muspilli vor etlichen Monaten versprochen mal ein Philosophiethema aufzumachen.
Und da mich Hume wie kein Zweiter (hm außer vielleicht Voltaire) interessiert, will ich mal auf ihn kommen.

Mir scheint, dass Hume schwierig und leicht zugleich ist.
Was macht ihn nun "leicht" erfassbar? Anders als Voltaire und andere betätigte er sich nicht auch noch als Romanautor oder gar Bühnendichter. Man muss also nicht in den Handlungsweisen von Roman- oder Theaterfiguren zwischen den Zeilen lesen, um die wichtigsten Aussagen des Philosophen neben den rein wissenschaftlichen Schriften zu erschließen.
Was macht ihn "schwierig"? Das ist die geballte Menge an Ideen und Ansichten, welche er allein auf wenigen Seiten dem Leser präsentiert. Mir ist es oft so, als habe ich das, was ich 3 Seiten zuvor las, schon wieder komplett vergessen, wenn ich mich Humes Zeilen später mit allen Sinnen öffnen möchte.
Nicht umsonst sagte wohl Arthur Schopenhauer über ihn:
"Aus jeder Seite von David Hume ist mehr zu lernen, als aus Hegels, Herbarts und Schleiermachers sämtlichen philosophischen Werken zusammengenommen."

Was führte nun dazu, dass Humes Werke so einschlugen wie eine Bombe? Wie kam es, dass er so sehr gehasst und so hoch verehrt wurde?
Seine Schriften drehen sich immer wieder um die Antriebsfedern menschlichen Handelns. Schon die Titel seiner Bücher deuten das an: "A Treatise of Human Nature: Being an attempt to introduce the experimental method of reasoning into moral subjects", "An Enquiry Concerning Human Understanding" und "An Enquiry Concerning the Principles of Morals". Es geht ihm also nicht darum oder weniger darum, wie der Mensch sein könnte, sondern wie er ist. Und warum verhält er sich so?

Ein anderes Thema der heutigen Forschung ist, wie Hume zur Erlangung von Erkenntnis steht.
 
Schlugen denn Hume's Werke tatsächich ein wie eine Bombe? "Im Spiegelbild seiner Zeit" erschien Hume doch eher als ein Historiker und politischer Essayist. Seine "Treatise on Human Nature" wurde nach dem Erscheinen weder von Philosophen noch der Öffentlichkeit wahrgenommen, in den Worten Hume's "it fell dead-born from the press". Sein Bemühen um einen Lehrstul für Philosophie blieb erfolglos.

Hume's philosophische Ideen wurden doch eigentlich erst gegen Ende seines Lebens breiter rezipiert, so von Adam Smith und unter dem Einfluß von Tetens, der sich früh mit Hume beschäftigte, von Kant.
 
@kwschaefer

Deinem Zweifel würde ich mich auch eher anschließen, was das mit dem "Einschlagen wie eine Bombe" angeht.

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Hume hat vor allem durch seine Schriften und seinem Auftreten polarisiert. Wer zu der Zeit, da die Bildungsträger noch klar geistlich orientiert sind gegen die Geistlichkeit vorgeht, der kann sich des Hasses und der Bewunderung sicher sein. Humes Auslegung der Erkenntnistheorie ist dann auch eine, die man nur aus seiner Zeit heraus verstehen kann und muss.

Eine echte Wissenschaft mit Experiment und Theorie gab es damals nicht wirklich, sondern vieles bewegte sich zu seinen Lebzeiten eher im Bereich des Spekulativen (auch Newtons Physik hatte zunächst einmal philosophischen Charakter). Ich denke er wollte den theologischen Mummenschatz abwerfen und nur das behütet wissen, was der Mensch tatsächlich erkennen und erfahren kann - und das ist seiner Ansicht nach außerhalb des Menschen nicht mehr viel, oder? :grübel:
 
Schlugen denn Hume's Werke tatsächich ein wie eine Bombe? "Im Spiegelbild seiner Zeit" erschien Hume doch eher als ein Historiker und politischer Essayist. Seine "Treatise on Human Nature" wurde nach dem Erscheinen weder von Philosophen noch der Öffentlichkeit wahrgenommen, in den Worten Hume's "it fell dead-born from the press". Sein Bemühen um einen Lehrstul für Philosophie blieb erfolglos.

Hume's philosophische Ideen wurden doch eigentlich erst gegen Ende seines Lebens breiter rezipiert, so von Adam Smith und unter dem Einfluß von Tetens, der sich früh mit Hume beschäftigte, von Kant.
Gelesen und erfolgreich wurde Hume freilich mit seiner Geschichte Englands. Wobei es zu einer Neuauflage seiner Werke schon in den 1750ern kam (er war also etwa 40).
Ich habe mal gelesen, dass sein Bemühen um einen Lehrstuhl der Philosophie gerade daran scheiterte, dass seine Ansichten als atheistisch und gefährlich galten.
Wobei ich mich frage, inwiefern er als Akademiker denn überhaupt eine Qualifikation zu einer Professur gehabt hatte, brach er doch letztlich sein (zumal juristisches) Studium ergebnislos ab.
 
"Im Spiegelbild seiner Zeit" erschien Hume doch eher als ein Historiker und politischer Essayist. Seine "Treatise on Human Nature" wurde nach dem Erscheinen weder von Philosophen noch der Öffentlichkeit wahrgenommen.
Thomas Reid, der damals einflussreichste schottische Philosoph, hat Hume sehr genau rezipiert und auch bewundert und um Rat gefragt.

Übrigens ist bemerkenswert, dass Reid, der im Urteil der Nachwelt alsbald völlig im Schatten Humes verschwand, sich seit einiger Zeit wieder großer Wertschätzung bei einigen zeitgenössischen Philosophen erfreut.
 
Was macht ein Verständnis der Humeschen Philosophie so schwer? Noch Schopenhauer, der sich seinerzeit als letzten Kantianer betrachtete, schätze wohl Hume, wie Brissotin zitiert, als besonders lehrreich. Ich komme selbst nach wie vor mit Hume noch nicht sehr weit, aber ich war letztens bei einer Recherche überrascht, daß er in gewisser Weise – ähnlich wie Kant (und daher auch nicht zufällig in Reaktion auf Humes Kritik der alten Metaphysik) – eine neue Metaphysik zu begründen gedachte;* so sehe ich etwa Frank Stäudners Behauptung von „Humes Konzept des »natural belief« (natürlicher Glaube)[...] als metaphysisch“ (http://www.tabvlarasa.de/7/staeud2.php) als durchaus berechtigt an.** Das einschlägige Zitat aus der Untersuchung über den menschlichen Verstand: „Wir müssen die echte Metaphysik mit einer gewissen Sorgfalt pflegen, um die unechte und verfälschte zu zerstören.“ (hier zit. nach: David Hume: Der Metaphysik das Rückgrat brechen | TheoBlog)

Ich bin bei meinen Recherchen über die Nähe der Kantischen Philosophie zu der Humeschen überhaupt überrascht, als hätte Kant lediglich eine gewisse Nuance übertont, wenn ihm hinsichtlich Hume Polemik vorgeworfen wird (von Hirschberger etwa).***
Vor wenigen Monaten las in Adornos V. Metaphysikvorlesung [vom 1. Juni 1965] eine Bemerkung zu Hume, die ich gerne zitieren möchte: „Es ist ganz gewiß so, daß Hume, der […] die äußerste Konsequenz aus der Aristotelischen Lehre von der Wirklichkeit des Einzelnen darstellt, den Substanzbegriff eben deshalb aufgelöst hat, das heißt: der Substanzbegriff, der ja mit dem Begriff des einzelnen Dinges zunächst einmal verklammert ist, der weicht bei ihm seiner Kritik, die sagt, daß es so etwas wie das Ding überhaupt nicht gebe, sondern lediglich die gewohnheitsmäßige Verknüpfung subjektiver Erscheinungweisen, die wir dann konventionellerweise als Ding zu betrachten pflegen sollen.“ (Ffm: suhrkamp tb wissenschaft, 2006, S.50)
Ich fand diesen Hinweis insofern bemerkenswert, als daß mir zuvor nicht klar war, in wieweit Kant mit seiner Problematisierung des „Dinges an sich“ eben noch an Hume anknüpfte, eine Problematik, die von seinen Nachfolgern im deutschen Idealismus verworfen wurde und m. E. nicht einmal vom Neukantianismus wieder eingeholt wurde, was eine merkwürdige Last für die Phänomenologie blieb. Freilich weiß ich nicht, ob das für ein besseres Verständnis wirklich hilfreich ist, nichts desto weniger erscheint mir der Psychologismusvorwurf und ferner damit die Frage einer naturalistischen Epistemologie (wenn ich das so formulieren darf in Anlehnung an die Bezeichnung des „empiristischen Naturalismus“)im Zusammenhang zu stehen.

Neben der Metaphysik-Frage, die mir selbst hervorzuheben wichtig erschien, auch wenn ich noch nicht weiß, wohin sie mich führt, will ich auch noch auf eine etwas anders gelagerte Problematik hinweisen: Und zwar bin ich bei meinen Recherchen auf die Problematisierung des Begriffs „belief“ aufmerksam geworden, dessen Verwendung Hume erst vor einigen Dekaden als deutlich inkohärent vorgeworfen wurde. Ich habe diesbezüglich erst wenige Passagen aus dem Traktat nachgelesen, hege aber den Verdacht, daß die Konnotation dieses für die Analytischen Sprachphilosophie eigentlich zentralen Begriffes im Laufe der letzten Jahrhunderte – spätestens also zum 20. Jahrhundert hin – sich verändert haben muß; wie gesagt, es ist nur ein Verdacht, dessen Problematik meiner Ansicht noch durch Übersetzung beispielsweise ins Deutsche verschärft werden könnte: Wenn ich für mich nämlich „belief“ als „Überzeugung“ übersetze, schwingt zunächst überwiegend ein kognitiver Einschlag durch, bei der Übersetzung als „Glaube“ hingegen eher ein affektiver Tonus; nicht, daß ich von einer solchen fundamentalen Trennung in terminologischer Hinsicht (Affekt versus Kognition) viel hielte; vielmehr verweist mich dieser Gedankengang aber gerade auf den mutmaßlich Humeschen Ansatz, indem eben die Anhängigkeit der Vernunft von den Emotionen (Leidenschaften) betont wird.

Was mich in meiner Beschäftigung mit Hume, hier insonders biographisch am meisten beeindruckt, daß er seine Philosophie in gewissermaßen aus einer Krise heraus entwickelte: Ich habe mir das Bild von ihm gemalt, daß er über seine Studienerfahrung an der Universität, von der er sich zurückzog, in einer persönliche Krise intensiv nachsann, was ihn in der akademischen Lehre gestört haben könnte; auch vorher schon muß er ein guter Beobachter gewesen, muß Ereignisse und Dialoge auf sich wirken lassen haben; sein Interesse an der Philosophie könnte schließlich durch einen Wunsch, grundsätzlich Argumentationen zu verbessern, verstärkt worden sein und schließlich zum Schreiben seines Erstlingswerks, dem Treatise, geführt haben.

*Tristan wies hier bereits auf das Spekulative der „experimentellen“ Methode hin.

** In einer online verfügbaren Hausarbeit setzte sich Stefan Höltgen vor fünfzehn Jahren u. a. auch mit Stäudners leider wenig extensiven Argument auseinander: http://www.simulationsraum.de/wp-content/Texte/Hume.pdf

*** Hierbei kommt mir gar ob des Hinweises von Cannabich auf Thomas Reid der spekulative Gedanken, als hätte Kant seine Humekritik diesem entliehen.
 
Ich bin bei meinen Recherchen über die Nähe der Kantischen Philosophie zu der Humeschen überhaupt überrascht, als hätte Kant lediglich eine gewisse Nuance übertont, wenn ihm hinsichtlich Hume Polemik vorgeworfen wird (von Hirschberger etwa).***
Vor wenigen Monaten las in Adornos V. Metaphysikvorlesung [vom 1. Juni 1965] eine Bemerkung zu Hume, die ich gerne zitieren möchte: „Es ist ganz gewiß so, daß Hume, der […] die äußerste Konsequenz aus der Aristotelischen Lehre von der Wirklichkeit des Einzelnen darstellt, den Substanzbegriff eben deshalb aufgelöst hat, das heißt: der Substanzbegriff, der ja mit dem Begriff des einzelnen Dinges zunächst einmal verklammert ist, der weicht bei ihm seiner Kritik, die sagt, daß es so etwas wie das Ding überhaupt nicht gebe, sondern lediglich die gewohnheitsmäßige Verknüpfung subjektiver Erscheinungweisen, die wir dann konventionellerweise als Ding zu betrachten pflegen sollen.“ (Ffm: suhrkamp tb wissenschaft, 2006, S.50)
Ich fand diesen Hinweis insofern bemerkenswert, als daß mir zuvor nicht klar war, in wieweit Kant mit seiner Problematisierung des „Dinges an sich“ eben noch an Hume anknüpfte, eine Problematik, die von seinen Nachfolgern im deutschen Idealismus verworfen wurde und m. E. nicht einmal vom Neukantianismus wieder eingeholt wurde, was eine merkwürdige Last für die Phänomenologie blieb. Freilich weiß ich nicht, ob das für ein besseres Verständnis wirklich hilfreich ist, nichts desto weniger erscheint mir der Psychologismusvorwurf und ferner damit die Frage einer naturalistischen Epistemologie (wenn ich das so formulieren darf in Anlehnung an die Bezeichnung des „empiristischen Naturalismus“)im Zusammenhang zu stehen.

Neben der Metaphysik-Frage, die mir selbst hervorzuheben wichtig erschien, auch wenn ich noch nicht weiß, wohin sie mich führt, will ich auch noch auf eine etwas anders gelagerte Problematik hinweisen: Und zwar bin ich bei meinen Recherchen auf die Problematisierung des Begriffs „belief“ aufmerksam geworden, dessen Verwendung Hume erst vor einigen Dekaden als deutlich inkohärent vorgeworfen wurde. Ich habe diesbezüglich erst wenige Passagen aus dem Traktat nachgelesen, hege aber den Verdacht, daß die Konnotation dieses für die Analytischen Sprachphilosophie eigentlich zentralen Begriffes im Laufe der letzten Jahrhunderte – spätestens also zum 20. Jahrhundert hin – sich verändert haben muß; wie gesagt, es ist nur ein Verdacht, dessen Problematik meiner Ansicht noch durch Übersetzung beispielsweise ins Deutsche verschärft werden könnte: Wenn ich für mich nämlich „belief“ als „Überzeugung“ übersetze, schwingt zunächst überwiegend ein kognitiver Einschlag durch, bei der Übersetzung als „Glaube“ hingegen eher ein affektiver Tonus; nicht, daß ich von einer solchen fundamentalen Trennung in terminologischer Hinsicht (Affekt versus Kognition) viel hielte; vielmehr verweist mich dieser Gedankengang aber gerade auf den mutmaßlich Humeschen Ansatz, indem eben die Anhängigkeit der Vernunft von den Emotionen (Leidenschaften) betont wird.

Ein wichtiges Moment der Lockeschen Erkenntnislehre ist der Begriff der Substanz, der bei ihm eine Bildung des menschlichen Verstandes ist. Locke verwirft die aristotelische und platonische Annahme, dass unsere Erkenntnisse nur durch die dem Nus innewohnenden Grundbegriffen zustande kommen können. Den sinnlichen Eigenschaften der Ausdehnung, Tastbarkeit, wird Locke ein Substrat zuschreiben, dass Materie genannt wird. Mit dieser Zuschreibung wird angenommen, dass dem Urteilen, den Affekten, dem Wollen ein Substrat zugeschrieben wird, dass Seele genannt wird. Locke ist nicht konsequent, dass heißt: er operiert immer noch mit Substanzen bei der Behandlung der physischen Tatsachen, dem Stoß ... und den psychischen Tatsachen, Denken und Wollen, obwohl er jedes Denken über den Zusammenhang der Substanzen abweist. Dass davon bedingte Schwanken Lockes zeigt sich auch in der Gottesfrage. Nach Locke bildet der Verstand über die Substanz keine verstandesmäßigen klaren Begriffe, also auch nicht über Gott. Locke hält jedoch für unabweisbar, dass aus den Erscheinungen auf eine erste Ursache zu schließen sei.

Hume erst wird mit dem Begriff der Substanz brechen, indem er die körperliche und die unkörperliche Substanz, die Seelensubstanz, fallen lässt. Übrig bleibt Phänomenalismus. Hume kennt für die Phänomene keine Ursache, wie beispielsweise Berkeley, der für die Phänomene eine Ursache, eben Gott, annimmt. Hume ist agnostischer Phänomenalist, dass heißt: er lässt den Bestand von Perzeptionen ohne Ursache, ohne Träger, ohne Körper, ohne Seele gelten. Im Geiste Lockes sagt Hume, dass die sogenannte kausale Regelmäßigkeiten erwartende Gewohnheit es verbiete den Begriff der Kausalität auf die Sinnlichkeit übersteigendes, auf Transzendentes, wie Gott oder Seelenunsterblichkeit, anzuwenden.

Kant ohne Locke und Hume – nicht zu denken.

Kant wird in seinen Fragen von Locke und Hume beherrscht. Die Antworten jedoch holt er sich bei Leibniz. Für die Erklärung der Erfahrung zieht Kant die Prinzipien heran, die von Locke und Hume kritisiert wurden, beispielsweise die angeborenen Ideen und Sätze, mit denen er die Seele im Sinne Leibniz oder Platons ausstattet. Kant seine religiösen, pietistisch geleiteten Jugendjahre zeigen sich mit seiner transzendentalen Hinneigung, mit der er sein sinnlich natürliches Bedürfnis gezeigt, den praktischen Forderungen nach Gott, Seele, Unsterblichkeit sich beugen zu müssen.

Zu Kants „Problematisierung des „Dinges an sich“ … eine Problematik , die von seinen Nachfolgern im deutschen Idealismus verworfen wurde ...“

Fichte - nicht wie Kant davon ausgehend, dass ein „Ding an sich“ das Gemüt beeinflusst, affiziert um die vor der Erfahrung bereitliegenden Anschauungen und Kategorien, die bereitstehenden Sätze des Verstandes zu erwecken, die nur dann Geltung bekommen, wenn sie auf räumliche und zeitliche Anschauungen zur Anwendung gekommen -, nimmt ohne Scheu an, dass jene Einwirkung auf das Gemüt, die Seele, vom Subjekt selbst ausgehen könnte.

[FONT=Arial, sans-serif]Mit Fichte vom Subjekt selbst ausgehend wird die „Problematisierung des „Dinges an sich“ angegangen, die „nicht einmal vom Neukantianismus wieder eingeholt wurde, was eine merkwürdige Last (?, fredi) für die Phänomenologie blieb.“? Im deutschen Idealismus wird die angenommene „Abhängigkeit der Vernunft von den Emotionen (Leidenschaften)“ bei Hume angegangen? Der deutsche Idealismus leistet die Entlastung der „Last“ (?), die „für die Phänomenologie blieb.“? [/FONT]
 
Mit Fichte vom Subjekt selbst ausgehend wird die „Problematisierung des „Dinges an sich“ angegangen, die „nicht einmal vom Neukantianismus wieder eingeholt wurde, was eine merkwürdige Last (?, fredi) für die Phänomenologie blieb.“? Im deutschen Idealismus wird die angenommene „Abhängigkeit der Vernunft von den Emotionen (Leidenschaften)“ bei Hume angegangen? Der deutsche Idealismus leistet die Entlastung der „Last“ (?), die „für die Phänomenologie blieb.“?

Da verdrehst du meine Aussagen ziemlich, wobei ich deiner Begeisterung für Fichte nur bedingt folgen kann; eigentlich führt das auch sehr weit weg von Hume; aber ich habe den Weg anscheinend gebahnt!

Kant problematisierte meiner Ansicht nach das sog. Ding an sich, worin ihm die folgenden Hauptvertreter des Deutschen Idealismus nicht hatten folgen wollen, auch Fichte nicht; in dieser Problematisierung deutete meine sich bildende Betrachtung Kants als Humeaner an und tatsächlich sehe ich zur Zeit die von Kant selbst betonte Abgrenzung gegen den Empirismus namentlich eben Humes (in seiner KrV) irgendwie schlecht begründet. Bekanntlich baute Kant selbst auch die Newtnsche Physik als Paradigma wissenschaftlicher Forschung auf und vielleicht liegt in dieser Idealisierung eine Abwertung Humscher Ansichten begründet. Wie dem auch sei, gemäß meines Eindruckes teilt Kant eben mit Hume die Kritik an einem Substanzbegriff, wenn er sie ihm nicht geradezu entlieh; bei Kant eben im Unbestimmbarkeitskonzept vom sog. Ding an sich.* Die erkenntniskritische Annahme eines Dinges an sich aber könnte man auch als eine Art Zugeständnis an den Realismus bezeichnen - wie Hirschberger etwa im Zusammenhang mit Hume hinsichtlich Lockes formuliert, dem sich Hume selbst nicht angeschlossen hätte - oder besser vielleicht Rationalismus, mit dem Kant den Empirimus in gewisser Weise versöhnen wollte.
Ich müßte jetzt leider zu lange recherchieren, um Textstellen aus verschiedenster Literatur wiederzufinden, die mir hinsichtlich des Deutschen Idealismus, Neukantianismus & Phänomenologie meine Anspielung belegen würden. Aber da es in diesem Thread auch darum nicht hauptsächlich geht, sondern ich mir halt nur einen Kommentar erlaubte, der nicht auf breite Zustimmung stoßen muß, belasse ich es dabei. (Sollte ich die Muße haben, würde ich das irgendwann in einem passenden Thread einmal nachholen wollen).
Auf diese "Ding an sich"-Frage bezog sich aber schließlich auch nicht meine Anspielung auf die vielzitierte Bemerkung Humes, daß die Vernunft der Sklave der Leidenschaften sei.

* vgl. etwa Otfried Höffe, Immanuel Kant. Pkt VI.5: Postulate des empirischen Denkens.

Ansonsten finde ich Deine Hinweise auf Locke, der gewiß für Humes "System" sehr bedeutsam war und auch wohl über Berkeley, wichtig und tragen sicherlich zu einem besseren Verständnis Humes bei.
 
Thomas Reid, der damals einflussreichste schottische Philosoph, hat Hume sehr genau rezipiert und auch bewundert und um Rat gefragt.

Übrigens ist bemerkenswert, dass Reid, der im Urteil der Nachwelt alsbald völlig im Schatten Humes verschwand, sich seit einiger Zeit wieder großer Wertschätzung bei einigen zeitgenössischen Philosophen erfreut.

Mich würde interessieren, an welche zeitgenössischen Philosophen du mit deinem Hinweis gedacht hast. Mir ist Reid erst kürzlich in einem emotionsphilosophiegeschichtlichen Buch von Thomas Dixon (wohl einem Schüler Robert Solomons) begegnet, allerdings als Gegner Humes, obwohl ich zugeben muß, daß die vom Autoren vorgelegten Zitate eine durchaus wohlwollende, wenn auch kritisierende Haltung zeigen. Daher würde mich ferner interessieren, auf welche Quelle sich stützen läßt hinsichtlich der Bewunderung und des persönlichen Austausches.
 
Da verdrehst du meine Aussagen ziemlich, wobei ich deiner Begeisterung für Fichte nur bedingt folgen kann; eigentlich führt das auch sehr weit weg von Hume; aber ich habe den Weg anscheinend gebahnt!

Kant problematisierte meiner Ansicht nach das sog. Ding an sich, worin ihm die folgenden Hauptvertreter des Deutschen Idealismus nicht hatten folgen wollen, auch Fichte nicht; in dieser Problematisierung deutete meine sich bildende Betrachtung Kants als Humeaner an und tatsächlich sehe ich zur Zeit die von Kant selbst betonte Abgrenzung gegen den Empirismus namentlich eben Humes (in seiner KrV) irgendwie schlecht begründet.


[FONT=Times New Roman, serif]Fichte führte ich an, da ich annahm, dass Du vom deutschen Idealismus her eine Behandlung des „Dinges an sich“ - da, wie Du schreibst, der Neukantianismus dieses nicht leistete -, bevorzugst. Ich sehe das so, wie bereits angeführt, dass Fichte Kant bezüglich des „Dinges an sich“ (zunächst) nicht gefolgt ist, dass der deutsche Idealismus, beispielsweise mit Fichte anderes bevorzugt verhandelt, zunächst dass vom Subjekt selbst ausgehende: Alles Sein wird durch ein absolutes Ich gesetzt. Ich stimme Dir zu, dass derlei Ausführungen vom Thread-Thema wegführen. Wegführung, die nun auch von mir vollzogen wurde. Bei einer passenden Themenstellung wäre ich wohl dabei. Hier nur Folgendes:[/FONT]​

[FONT=Times New Roman, serif]In der sogenannten Neuzeit beginnen Locke und Hume, etwa die von Gott und Unsterblichkeit abgegrenzten klaren Verstandesbegriffe einzuführen. Der Königsberger setzt sich darüber hinweg, indem er die Erfahrung zwar überschreitendes, jedoch nur für die Erfahrung Gültiges in Anschlag meint bringen zu müssen: um damit die „Gegenstände“ für die Erfahrung einzuholen, die von Locke und Hume kritisiert werden. Kant nimmt mehrere, drei Welten an, a.) die Welt der „Dinge an sich“ und b.) die von dieser Welt herrufende „Welt der Erscheinungen“ (Phänomena), um einzuführen c.), die, ebenfalls dem menschlichen Verstand nicht zu erkennende Welt 3, die der „Ideen“, des Gottes, der Unsterblichkeit, des Ich. Damit Mensch, von Welt 3 erweckt, zu seiner „Religion“, inmitten der Erfahrung, sich finde. Von Humes Kritik des die Sinnlichkeit Übersteigenden her gesehen, bietet Kant mit seiner Einführung des erkenntniskritischen (durchgestrichen), erkenntnistheoretischen „Ding an sich“ (mit dem Kant beispielsweise vom Solipsismus sich abgrenzt) und auch mit seiner Einführung, etwa des Gottes, des Ich: Metaphysik. (Religionsphilosophie, die diese bleiben muss: bei Kant wimmelt es nur so von Unzugänglichen, der Nichterkennbarkeit desselben und damit der Unkenntnis seiner Selbst und der Unkenntnis der Dinge). So gesehen, kann Kant, um die transzendentalphilosophische Ausrichtung favorisieren zu können und um diese durchhalten zu können, an die Erkenntniskritik Humes nur kurz andocken. Kant muss Lockes und Humes Erkenntniskritik „überspringen“, um das geben zu können, was er meinte in seinen Schriften geben zu müssen.[/FONT]​
 
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Ich habe mal gelesen, dass sein Bemühen um einen Lehrstuhl der Philosophie gerade daran scheiterte, dass seine Ansichten als atheistisch und gefährlich galten.
Wobei ich mich frage, inwiefern er als Akademiker denn überhaupt eine Qualifikation zu einer Professur gehabt hatte, brach er doch letztlich sein (zumal juristisches) Studium ergebnislos ab.
Eher als Zwischenspeicherung gedacht (selbst auf der Suche einer Antwort auf die Frage einer Humschen Logik):Gerhard Streminger (Hg.), David Hume: der Philosoph und sein Zeitalter: David Hume: der Philosoph und sein Zeitalter - Google Books
Hier wird erwähnt, daß Adam Smith gerne Hume als seinen Nachfolger auf dem Lehrstuhl für Logik in Glasgow gesehen hätte, als er selbst den dortigen für Moralphilosophie antrat.
 
Zur allgemeinen Schwierigkeit mit David Hume

Immer wieder muß ich an Brissotins Ausgangsfrage denken: Was macht ihn eigentlich so schwierig zu verstehen?
Eine Möglichkeit wäre der zeitliche Abstand; aber ich glaube nicht, daß sich dem so verhält. Ich denke eher, es ist seine Einordnung als Vertreter des Empirismus, den Immanuel Kant in gewisser Weise irreführend einem Rationalismus gegenüberstellte; nicht so sehr irreführend, weil Kant damit unrecht gehabt hätte, mag sie auch eher strategisch anmuten; sondern weil diese Gegenüberstellung heute nicht mehr trägt: sie ist eine historische: In vielerlei Hinsicht erscheinen Berufungen auf, Appelle an oder überhaupt Legitimierungen einer Vernunftbegabung in der heutigen Zeit fast absurd - trotz Habermas' polemischer Verteidigung des modernen Diskurses. Ich gebe zu, daß klingt verwirrend und vielleicht ist es selbst nur Ausdruck meiner eigenen Verwirrung darüber, daß beispielsweise gerade Gilles Deleuze in Frankreich sich als Experte Humes auswies, wobei er Hume nicht unbedingt verständlicher macht. Aber das erscheint mir dann gerade als bezeichnend: daß sich der Poststrukturalismus in seiner Kritik gewisser Weise positiv auf Humes Philosophie beziehen kann, die in dieser Lesart spätestens als Psychoanalyse avant la lettre gelten könnte. Tatsächlich begründete Humes Erkenntnisphilosophie - vielleicht müßte man präziser von Erkenntnispsychologie sprechen - sozusagen einen assoziationspsychologischen Konstruktivismus.

Wenn ich dies als These oder meine Interpretation nicht einfach ohne Belege posten möchte: wo könnte ich ansetzen? Ich behaupte, daß sich das bereits an Humes schwierigen Kausalitätsbegriff zeigen muß: Kantisch gesprochen führt Hume "Kausalität" als notwendig regulative Idee ein, die gleichzeitig eine besondere sein muß. (Nachweise hierzu im Treatise of Human Nature, Book One-Part I. Section VII will er zeigen, daß Berkeley zurecht meinte, daß jede abstrakte/allgemeine Idee auf besondere [particular] mit bestimmten Begriffen [certain terms] verbundene Ideen zurückgehe; von notwendig [necessary] spricht er in Part III, Section III) - Gleichzeitig behauptete er Kausalitätsannahmen als nur wahrscheinlich (etwa Section II + Sec. VI über "inference from impression to the idea"), wenn es bald um Vorstellungen [reflexions] geht, die auch immer emotional besetzt sind. (Hier verbleibe ich jetzt mal der Nachweise schuldig, um sie hoffentlich bald einmal in einem bestimmten Thread über die Philosophie der Emotionen nachzuliefern.)

Ich bezweifel, daß ich überzeugend argumentierte, aber worauf ich hinweisen wollte: Hume sieht wissenschaftliche Aussage subjektiv bestimmt und damit auch irgendwie verhandelbar und ist somit ein sehr moderner Autor.
 
@Muspilli - in meinen Augen ist Hume eher deswgen modern (postmodern?), weil er das Ich negiert und es als kontingentes Bündel von Perzeptionen auflöst. Nicht nur das Gedachte ist also kontingent, sondern auch der (die), die(der) denkt.

Ansonsten: @kwschaefer ja,, zutreffend, Hume galt zu Lebzeiten als großer Historiker (!!! darf man in einem Geschichtsforum auch mal erwähnen). Locke,Berkeley, Hume galten lange Zeit als großes Dreigestirn der englischen empiristischen Philosophie, die der eher rationalistischen kontinentalen (Descartes, Leibniz) entgegen zu setzen sei, und Kant war dann die große Synthese. Nun, an dieser klassischen Sichtweise ist, wie ich finde, durchaus noch "etwas dran". Spezialstudien fokussieren sich eher auf die deutlichen Differenzen der drei großen Empiriker. Er hat übrigens in der Tat eine lange Zeit als Primärtext gelesene englische Geschichte geschrieben.

Nebenbei: Versicherungen der Art, NN sei ja gar kein NNist gehören seit einigen Jahrzehnten zum 'neuerdings erhobenen vornehmen Ton in der Philosophie..;-) Doch doch, ich darf versichern: Humes impression/thought-Dichotomie i s t Empirismus in nuce, wenn denn über Worte noch irgend welche Übereinkunft existiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hat jemand auf Arte die Doku zum Thema Kapitalismus (Mitte Oktober) gesehen? Hume wurde nur kurz als Freund von Adam Smith angerissen. Spannend fand ich, dass gerade das Hauptproblem der Philosophen des 18. Jh. angesprochen wurde. Viele waren im Grunde Studierzimmer-Philosophen. Adam Smith hat seine Theorie vom Ursprung des Handels nie untersucht, sondern einfach nur eine Behauptung aufgestellt, welche heute anhand der Recherche bei Indianern in Südamerika widerlegt werden kann. Gerade diese Ureinwohner werden gern mit ihrem Verhalten als Belege für verschiedene Theorien heran gezogen, obwohl die Philosophen von ihnen nur von Ungefähr vom Hörensagen wussten.

Vielleicht macht das Hume schwierig zu verstehen(?). War er jemand, der die Menschen wirklich beobachtet hat, um seine Schlüsse zu ziehen oder war er eher wer, der gewisse Annahmen hatte und diese hauptsächlich aus seinem Wissen über sich (sozusagen stellvertretend für den Menschen) speiste?
Gerade wenn wir von Kausalität und der Verwissenschaftlichung des Denkens sprechen, ist es fast erstaunlich, wenn man sich damals nicht stärker als Philosoph mit Statistiken beschäftigt hat.
Bei manchen Journalisten aus der Zeit ist mir das schon begegnet, dass sie tatsächlich ihre Betrachtungen auf Zahlenmaterial fußen ließen.
 
ich habe die Dokumentation gesehen und ich habe so einige Probleme damit. Zunächst einmal hat Adam Smith in seinem Werk (Wealth of nations) immer wieder Beispiele für ökonomische Zusammenhänge gebracht. Man darf ihn sich nicht als einen weltabgewandten Wissenschaftler im Elfenbeinturm vorstellen, der seine eigene Sicht der Welt formulierte.

Das Beispiel mit dem Urwaldstamm vermochte mich auch nicht zu überzeugen. Das ist eine sehr kleine Gemeinschaft, die sozusagen in einem sozialistischen Urzustand lebt.

Sobald eine Gemeinschaft größer wird, wächst und sich spezialisiert, sieht es wieder anders aus. Da braucht man Austausch, der entweder über Naturaltausch läuft oder man nimmt eine Verrechnungseinheit (Geld).
 
ich habe die Dokumentation gesehen und ich habe so einige Probleme damit. Zunächst einmal hat Adam Smith in seinem Werk (Wealth of nations) immer wieder Beispiele für ökonomische Zusammenhänge gebracht. Man darf ihn sich nicht als einen weltabgewandten Wissenschaftler im Elfenbeinturm vorstellen, der seine eigene Sicht der Welt formulierte.

Das Beispiel mit dem Urwaldstamm vermochte mich auch nicht zu überzeugen. Das ist eine sehr kleine Gemeinschaft, die sozusagen in einem sozialistischen Urzustand lebt.
Mein Problem war eher damit, dass der Beginn des Kapitalismus mit der Entdeckung Amerikas angesetzt wurde, wofür kein sinniger Beleg kam. Das Einzige, was immer wieder vorgebracht wurde, war, dass die Konquistadoren sozusagen Geschäfte - großes Risiko an Leben gegen großen Profit - gemacht hätten. Dabei war es ja deutlich, dass die Konquistadoren dieses Verhalten nicht irgendwie erfunden, sondern nur für sich angewendet hatten.

Aber das Ganze hat nicht allzuviel mit Hume zu tun. Deswegen bitte ich auch um Entschuldigung, das Thema angerissen zu haben. :rotwerd:

Ich habe ein bisschen was zu Holbach gelesen und frage mich momentan ob sein Entschleiertes Christentum nicht noch weitreichendere Folgen gehabt haben könnte als Humes Atheismus (?) bzw. höhere Wellen schlug, weil auch die Grundaussage noch deutlicher ist.
 
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Hat jemand auf Arte die Doku zum Thema Kapitalismus (Mitte Oktober) gesehen? Hume wurde nur kurz als Freund von Adam Smith angerissen. Spannend fand ich, dass gerade das Hauptproblem der Philosophen des 18. Jh. angesprochen wurde. Viele waren im Grunde Studierzimmer-Philosophen. Adam Smith hat seine Theorie vom Ursprung des Handels nie untersucht, sondern einfach nur eine Behauptung aufgestellt, welche heute anhand der Recherche bei Indianern in Südamerika widerlegt werden kann. Gerade diese Ureinwohner werden gern mit ihrem Verhalten als Belege für verschiedene Theorien heran gezogen, obwohl die Philosophen von ihnen nur von Ungefähr vom Hörensagen wussten.

Vielleicht macht das Hume schwierig zu verstehen(?). War er jemand, der die Menschen wirklich beobachtet hat, um seine Schlüsse zu ziehen oder war er eher wer, der gewisse Annahmen hatte und diese hauptsächlich aus seinem Wissen über sich (sozusagen stellvertretend für den Menschen) speiste?
Gerade wenn wir von Kausalität und der Verwissenschaftlichung des Denkens sprechen, ist es fast erstaunlich, wenn man sich damals nicht stärker als Philosoph mit Statistiken beschäftigt hat.
Bei manchen Journalisten aus der Zeit ist mir das schon begegnet, dass sie tatsächlich ihre Betrachtungen auf Zahlenmaterial fußen ließen.

Ich denke man muss Hume und Smith im diskursiven Kontext der zweiten hälfte des 18. Jahrhunderts sehen. Beide verbrachten einige Zeit in Frankreich und debattierten mit den Geistesgrößten des Landes, wobei sie die kontinentaleuropäischen Diskurse aufgriffen. Bei beiden flossen die Beobachtungen, die sie in ihrer Heimat und in Frankreich gemacht hatten, mit in ihre Forschung ein; genauso wie die Themen und Argumente der französischen Philosophen und Ökonomisten.

Das Beispiel indogener Kulturen in den Kolonien war ein Thema in diesen Diskursen, dass schon seit dem 17. Jahrhundert eine wichtige Rolle spielte, so etwa bei Hobbes. Stets wurde die moderne Gesellschaft diesen gegenübergestellt, die man für Abbilder der Ur-Gesellschaft hielt. Das lag an einem gesellschaftlichen Stufenmodell, dem viele Autoren der Frühen Neuzeit anhingen. Das wesentliche Element dieses Modells war die Art der Subsistenz, d.h. auf der ersten Stufe standen Jäger und Sammler. Die Berichte aus den Kolonien schienen die dortigen Kulturen als Jäger und Sammler zu beschreiben, weshalb man den Schluss zog, dass diese sich auf der ersten Stufe befanden.

Hume und Smith waren beide scharfe Beobachter ihrer Umwelt. Sie versuchten ihre Thesen durchaus auf Basis von Literatur über andere Weltgebiete zu validieren, was natürlich nicht in gleiche Qualität und Quantität möglich war, zumal die verwandte Literatur natürlich selbst höcht "brito"-zentristisch war. Deshalb sind sie auch überaus auf das die britischen Inseln und Westeuropa zentriert.

Damit kann ich Deine Frage auch nicht genau beantworten, aber nach meiner eigenen bescheidenen Lektüre von hume würde ich vermuten, dass er schwierig zu verstehen ist, weil er bei seinen Aussagen häufig zurückrudert und davon spricht, dass der wissenschaftliche Fortschritt noch gar nicht so weit ist, dass wir Kausalität gar nicht wirklich feststellen können, dass er immer wieder Gegenbeispiele für Behauptungen findet. Und dabei unterscheidet er sich zum Teil doch erheblich von Smith, wie ich finde. Aber Hume ist nicht mein Fachgebiet, deswegen meine Meinung bitte mit einem Körnchen Salz nehmen- bestes Denglisch.
 
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Ich habe ein bisschen was zu Holbach gelesen und frage mich momentan ob sein Entschleiertes Christentum nicht noch weitreichendere Folgen gehabt haben könnte als Humes Atheismus (?) bzw. höhere Wellen schlug, weil auch die Grundaussage noch deutlicher ist.

Dass ist genau das Argument, dass der Ideenhistoriker und Aufklärungsexperte Jonathan Israel gemacht hat. Israel teilte die Aufklärung in eine moderate und eine radikale Strömung ein. Die Voltaires und Humes, skeptisch nicht nur gegenüber den alten Mächten, sondern auch gegenüber den neuen, waren in ihrem Einfluss auf die tatsächliche Umsetzung der aufklärerischen Ideen von geringer Bedeutung. So sehr man deren Ideen in gelehrten Kreisen auch diskutiert haben mag, es waren die Spinozas und in der Tat die d'Holbachs, deren Radikalität die Gesellschaft aufrüttelten.

Man muss nicht dazusagen, das er dafür sehr kritisiert wurde, insbesondere da er die großen helden, Voltaire, Kant, Rousseau und viele weitere auf die Zuschauerränge verweist. Wie auch immer, ich würde Dir und ihm zustimmen, dass da durchaus etwas dran sein könnte.
 
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