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Weiß jemand wie Homosexualität in der Frühzeit angesehen wurde? Ich hab mal gehört, dass vor der Christianisierung Europas Homosexualität einigermaßen akzeptiert wurde. Wie war das früher in anderen Teilen der Welt? Wer darüber Informationen hat, immer her damit. :)
 
Homosexualität im römischen Reich

Hat jemand von euch Informationen darüber, wie Homosexualität während des römischen Reichs gesellschaftlich angesehen war? Ich benötige die Informationen für eine Arbeit.
 
Homosexualität im antiken Griechenland

Hat jemand von euch Informationen darüber, wie Homosexualität im antiken Griechenland gesellschaftlich angesehen war? Ich benötige die Informationen für eine Arbeit.
 
Homosexualität im germanischen Reich

Hat jemand von euch Informationen darüber, wie Homosexualität im germanischen Reich gesellschaftlich angesehen war? Ich benötige die Informationen für eine Arbeit.
 
@Griechen
Bei den Griechen gab es Phasen, in denen Homosexualität offenbar nicht nur toleriert sondern in bestimmten Formen geradezu sozial erwünscht war. Wir haben dazu auch einiges im Forum.

@Römer
Bei den Römern gab es zwar auch Homosexualität, sie war allerdings meistens wohl eher verpönt.
Kaiser Hadrian, der sich sehr an seiner Vorstellung von Griechenland orientierte, hielt sich einen Jüngling, Antinoos, mit dem er verkehrt haben soll. Antinoos ertrank im Nil, nach einigen Quellen ein Unfall, nach anderen Selbstmord.


@Germanen:
Welches germanische Reich? So etwas gab es erst spät. Es gab das kurzlebige Reich des Marbod und offenbar den Versuch des Arminius ein ebensolches zu gründen. Es gab Stammesgebiete. Da wir keine Zeugnisse haben, können wir auch kaum sagen, wie Homosexualität bei den Germanen angesehen war. Tacitus - dessen Germania allerdings als ethnographische Schrift mit gebotener Vorsicht zu behandeln ist - berichtet nichts dergleichen.
 
Hat jemand von euch Informationen darüber, wie Homosexualität während des römischen Reichs gesellschaftlich angesehen war? Ich benötige die Informationen für eine Arbeit.

derart, daß jenes

"Hyllus, mein Junge: was gestern du gabst, verweigerst du heute? Gestern noch warst du so lieb- was bist du heute so hart?
So- du bist schon zu alt?
Schon wachsen dir Bart und Haare?
Hat eine lange Nacht dich denn zum Greise gemacht?
Machst du dich über mich lustig?
Noch gestern warst du ein Knabe- sage mir Hyllus, was hat plötzlich zum Mann dich gemacht?"

(Martial, 40- 102 n.Chr., Der Grausame)

veröffentlich, verbreitet, so viel Interesse, Zustimmung fand, daß es für die Nachwelt erhalten blieb.
 
@Germanen:
Welches germanische Reich? So etwas gab es erst spät. Es gab das kurzlebige Reich des Marbod und offenbar den Versuch des Arminius ein ebensolches zu gründen. Es gab Stammesgebiete. Da wir keine Zeugnisse haben, können wir auch kaum sagen, wie Homosexualität bei den Germanen angesehen war. Tacitus - dessen Germania allerdings als ethnographische Schrift mit gebotener Vorsicht zu behandeln ist - berichtet nichts dergleichen.
Es wird allerdings häufig eine Stelle im 12. Kap. der "Germania" auf Homosexuelle bezogen: "Proditores et transfugas arboribus suspendunt, ignavos et imbelles et corpore infames caeno ac palude, iniecta insuper crate, mergunt." ("Verräter und Überläufer hängen sie an Bäumen auf, Feiglinge, Unkriegerische und am Körper Ehrlose versenken sie mit darauf geworfenem Flechtwerk im Schlamm und Sumpf.") Häufig werden die "corpore infames" als Homosexuelle interpretiert und mit "Unzüchtige" oder dergleichen übersetzt, aber mE ist das doch eher spekulativ.

Es gibt in der antiken Literatur aber auch eindeutige Aussagen zu Homosexualität bei den Germanen.
Ammianus Marcellinus (31,9) berichtet, dass bei den Taifalen Sexualität zwischen Männern und Jugendlichen verbreitet gewesen sei. Wenn man aber einen Eber fing oder einen Bären erlegte, so wurde man dadurch wieder gereinigt. (Allerdings ist nicht sicher, dass die Taifalen Germanen waren.)
Prokopios (Kriegsgeschichte 6,14) berichtet, dass bei den Herulern gleichgeschlechtliche Sexualkontakte verbreitet gewesen seien.
 
Kaiser Hadrian, der sich sehr an seiner Vorstellung von Griechenland orientierte, hielt sich einen Jüngling, Antinoos, mit dem er verkehrt haben soll. Antinoos ertrank im Nil, nach einigen Quellen ein Unfall, nach anderen Selbstmord.

Auch Trajan hatte wohl entsprechende Neigungen.

Generell, aber da müßte man nochmal genauer nachlesen, ist wohl der Unterschied zwischen aktiver und passiver Haltung im homosexuellen Verkehr zu unterscheiden.
 
Es wird allerdings häufig eine Stelle im 12. Kap. der "Germania" auf Homosexuelle bezogen: "Proditores et transfugas arboribus suspendunt, ignavos et imbelles et corpore infames caeno ac palude, iniecta insuper crate, mergunt." ("Verräter und Überläufer hängen sie an Bäumen auf, Feiglinge, Unkriegerische und am Körper Ehrlose versenken sie mit darauf geworfenem Flechtwerk im Schlamm und Sumpf.") Häufig werden die "corpore infames" als Homosexuelle interpretiert und mit "Unzüchtige" oder dergleichen übersetzt, aber mE ist das doch eher spekulativ.

Es gibt in der antiken Literatur aber auch eindeutige Aussagen zu Homosexualität bei den Germanen.
Ammianus Marcellinus (31,9) berichtet, dass bei den Taifalen Sexualität zwischen Männern und Jugendlichen verbreitet gewesen sei. Wenn man aber einen Eber fing oder einen Bären erlegte, so wurde man dadurch wieder gereinigt. (Allerdings ist nicht sicher, dass die Taifalen Germanen waren.)
Prokopios (Kriegsgeschichte 6,14) berichtet, dass bei den Herulern gleichgeschlechtliche Sexualkontakte verbreitet gewesen seien.

ein weiterer Hinweis gibt es bei den Wandalen, nachdem Geiserich das Christentum annahm versuchte er die christlichen Moralvorstellungen durchzusetzen und bekämpfte vortan recht erfolglos die weibliche wie auch die männliche Homosexualität was zeigt das sie bei den Wandalen sehr verbreitet war.
 
Eigentlich berichtet Salvianus von Marseilles etwas anderes: vertrieben die "schmutzigen weibischen Männer" aus ganz Africa (gemeint ist nicht der Kontinent, der erst später den Namen erhielt, sondern die ehemals römische Provinz).

"Excessi paulisper coeptum sermonis ordinem rerum indignitate compulsus: nunc ad superiora redeamus. Diximus quippe plenas fuisse impuritatibus monstruosis Africae civitates et praecipue illic reginam et quasi dominam, Wandalos autem his omnibus non fuisse pollutos. Non tales ergo isti, de quibus loquimur , barbari ad emendandam nostrarum turpitudinum labem extiterunt. Abstulerunt enim de omni Africae loco sordes virorum mollium, contagiones etiam horruere meretricum, nec horruerunt tantum aut temporarie summoverunt, sed penitus iam non esse fecerunt."

Ob damit wirklich Homosexualität angesprochen ist?
 
das müßte ungefähr die Stelle sein; Übersetzung ist von ´35

"Von Entrüstung über die Verhältnisse getrieben, habe ich die begonnene Ordnung der Darstellung etwas außer acht gelassen. Nun will ich zum oben Gesagten zurückkehren. Ich habe ausgeführt, daß die Gemeinwesen von Afrika voll von ungeheuerlicher Unkeuschheit waren und unter ihnen besonders die Königin und Herrin; die Vandalen aber seien von all diesem nicht befleckt worden. Ganz anders waren also die Barbaren, von denen wir reden, die unsere Sünde und Schande bessern sollten. Sie säuberten ganz Afrika vom Greuel weichlicher Männer, sie scheuten auch die Berührung mit Dirnen. Und sie scheuten sie nicht bloß oder brachten sie zeitweilig zum Aufhören, sondern sie haben völlig damit aufgeräumt."

<style></style>BKV
 
das müßte ungefähr die Stelle sein; Übersetzung ist von ´35
vielen Dank!

ja da hab ich doch gleich geschmökert, weil ich diesen Text nicht habe - der Kirchenvater wettert da aber sehr gegen alles, was er für unnatürlich und nicht von Gott gewollt hält... Ich frage mich: sucht er sich rhetorisch einen Sündenbock? oder referiert er moralisierend über sowas a la "Sittenverfall" in einer Umbruchzeit? sind all die moralisierenden Bemerkungen zu den "Unsitten" der Römer quasi gelehrte spätantike Reminiszenzen? Und bemerkenswert: just die Vandalen will er explizit aus allem raushalten -- der vandalische Barbar als sittenstreng contra den verkommenen Römer: das klingt irgendwie nach mehr literarischem als historisch-realistischem Motiv/Stoff... Aber da kann ich mich auch täuschen.
 
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