Ist das Lied "Prinz Eugen" politisch korrekt?

Jacobum

Aktives Mitglied
An einem nahe gelegenen Gymnasium wurde kürzlich die Frage diskutiert, ob man im Musikunterricht der Unterstufe das alte Volkslied "Prinz Eugen, der edle Ritter" noch behandeln dürfe.

Zwei Gegenargumente wurden genannt:

1.) Es ist ein "Nazi-Lied"

2.) Es ist bezüglich unserer türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger politisch nicht korrekt.

Vorwurf 1) kann man relativ leicht entkräften, da das Lied bereits 1719 entstanden ist.

Und Vorwurf 2) ?

Was meint ihr?


Gruß

Jacobum


PS: Solltet ihr gerade den Text des Liedes nicht im Kopf haben, hier steht er noch mal:


<TABLE><TBODY><TR><TD vAlign=top noWrap>1. Prinz Eugenius, der edle Ritter,
Wollt' dem Kaiser wied'rum kriegen
Stadt und Festung Belgarad.
Er ließ schlagen einen Brukken,
Daß man kunnt' hinüberrucken
Mit'r Armee wohl vor die Stadt.

2. Als der Brucken war geschlagen,
Daß man kunnt' mit Stuck und Wagen
Frei passiern den Donaufluß,
Bei Semlin schlug man das Lager,
Alle Türken zu verjagen,
Ihn'n zum Spott und zum Verdruß.

3. Am einundzwanzigsten August soeben
Kam ein Spion bei Sturm und Regen,
Schwur's dem Prinzen und zeigt's ihm an,
Daß die Türken futragieren,
So viel, als man kunnt' verspüren,
An die dreimalhunderttausend Mann.

4. Als Prinz Eugenius dies vernommen,
Ließ er gleich zusammenkommen
Sein' Gen'ral und Feldmarschall.
Er tät sie recht instruieren,
Wie man sollt' die Truppen führen
Und den Feind recht greifen an.

5. Bei der Parol' tät er befehlen,
Daß man sollt' die Zwölfe zählen,
Bei der Uhr um Mitternacht
Da sollt' all's zu Pferd aufsitzen,
Mit dem Feinde zu scharmützen,
Was zum Streit nur hätte Kraft.

6. Alles saß auch gleich zu Pferde,
Jeder griff nach seinem Schwerte,
Ganz still rückt' man aus der Schanz'.
Die Musketier' wie auch die Reiter
Täten alle tapfer streiten:
's war fürwahr ein schöner Tanz!

7. Ihr Konstabler auf der Schanzen,
Spielet auf zu diesem Tanzen
Mit Kartaunen groß und klein;
Mit den großen, mit den kleinen
Auf die Türken auf die Heiden,
Daß sie laufen all' davon!

8. Prinz Eugenius auf der Rechten
Tät als wie ein Löwe fechten,
Als Gen'ral und Feldmarschall.
Prinz Ludewig ritt auf und nieder'.
Halt't euch brav, ihr deutschen Brüder,
Greift den Feind nur herzhaft an!

9. Prinz Ludewig, der mußt' aufgeben
Seinen Geist und junges Leben,
Ward getroffen von dem Blei.
Prinz Eugen war sehr betrübet,
Weil er ihn so sehr geliebet,
Ließ ihn bring'n nach Peterwardein.


</TD></TR></TBODY></TABLE>
 
2.) Es ist bezüglich unserer türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger politisch nicht korrekt.

Es geht um ein Gymnasium und nicht um eine Hauptschule in Berlin-Kreuzberg. Behandeln im richtigen geschichtlichen Kontext, ja. Die Schüler sollen es ja nicht lernen.
 
Abwertendes kann ich nicht finden, das heroisch schlachtverherrlichende sollte aber kritisch besprochen werden, das ist noch nicht lange genug Geschichte.
 
Wie so häufig völliges Unverständnis bei mir..

Soll nun jeder Nation nur noch die Schlachten erwähnen, die sie verloren hat? Oder die Schlachten/Kriege, die gewonnen wurden, als "peinliches Missverständnis" und "war nicht so gemeint" apostrophieren?

"Spott" ist eine recht komplexe Angelegenheit... Wie sagt der Volksmund: "Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.." Das wird immer so sein....

Und die Sache ist immer zweiseitig: Prinz Ludewig, der sein "junges Leben" verlor...

Wie gehen denn unsere Nachbarn damit um: Engländer und Schotten z.B., die ja seit kurzem nun doch eine Nation sind?

Möglicherweise ist "Heide" ein kritisches Wort. Gibt es Kinderlieder mit einem "Neger" drin? Wahrscheinlich nicht, man sagte damals eher "Mohr"...Das ist wohl noch eine Zeit lang PC - oder auch schon zu herablassend?
 
Hmm.. Es fließt überhaupt kein Blut, weder Säbel noch Krummschwert enthaupten den Gegner... das wird den Kleinen gar nicht gefallen...

Das Lied lässt sich natürlich ideal mit einer Geschichtsstunde verbinden: Um was ging es denn überhaupt? O.k., um Belgarad, aber sonst?

Auch eine Übersetzungsliste muss her:
- Stuck
- futragieren
- Parole
- scharmützen
- Musketiere
- Konstabler
- Kartaunen
 
An einem nahe gelegenen Gymnasium wurde kürzlich die Frage diskutiert, ob man im Musikunterricht der Unterstufe das alte Volkslied "Prinz Eugen, der edle Ritter" noch behandeln dürfe.

Zwei Gegenargumente wurden genannt:

1.) Es ist ein "Nazi-Lied"

2.) Es ist bezüglich unserer türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger politisch nicht korrekt.

Vorwurf 1) kann man relativ leicht entkräften, da das Lied bereits 1719 entstanden ist.

Und Vorwurf 2) ?
1 und 2 wären kritisch zu betrachten, und dazu gibt es ja eine profunde Einrichtung, die dabei behilflich ist:
Prinz Eugen, der edle Ritter &mdash;
 
Es geht um ein Gymnasium und nicht um eine Hauptschule in Berlin-Kreuzberg. Behandeln im richtigen geschichtlichen Kontext, ja. Die Schüler sollen es ja nicht lernen.


Da hat doch schlicht mal wieder einer den A... offen.

Der Text ist harmlos.
Vielleicht sollte mal verschiedentlich klar gemacht werden, dass die Heimat des türkischen Volkes nicht unbedingt an der Donau und bei Belgrad liegt.
Die Aggressoren die Türken waren, und Prinz Eugen "der Verteidiger des Abendlandes"

Musikhistorisch ist das Lied insofern interessant, dass es den Marschrythmus vor Einführung des Gleichschritts darstellt.
(wenigstens etwas was ich aus meinem eigenen Musikunterricht behalten habe)

OT: War ich vor kurzem in einer Zinnfiguren-Ausstellung, aus einem Diarama Uhlands Gedicht von der "Schwäbischen Kunde" darstellend, war die entscheidende Figurengruppe entfernt worden.
Spinnen die oder spinne ich?
Einer ist da jedenfalls verrückt.
 
Dem Heiden steht ja der Ungläubige gegenüber, darüber zu sprechen ist mMn politisch korrekter als aussparendes Schweigen.

So lange, bis die Leute unter dem Ungläubigen das verstehen, was sie unter einem Heiden verstehen. Dann wird das nächste Wort erkoren, um das ehemals korrekte und nunmehr unkorrekte Wort zu ersetzen.:pfeif:

Man kanns gar nicht anders sagen, political correctness ist eine totgeborene Schnapsidee und tendentiell eine Gefahr für die Meinungsfreiheit.:motz:
 
So lange, bis die Leute unter dem Ungläubigen das verstehen, was sie unter einem Heiden verstehen. Dann wird das nächste Wort erkoren, um das ehemals korrekte und nunmehr unkorrekte Wort zu ersetzen.:pfeif:

Man kanns gar nicht anders sagen, political correctness ist eine totgeborene Schnapsidee und tendentiell eine Gefahr für die Meinungsfreiheit.:motz:

Auf Augenhöhe kann man alles sagen aber darum geht es hier nicht..........:zensurmann:
 
Ob ein historisches Lied nach heutigen zeitgeistlichen Auswüchsen als sog. "politisch korrekt" oder sog. "politisch inkorrekt" angesehen werden sollte, hat mit Kultur- oder Philosophiegeschichte nichts zu tun.

Man sollte diese Diskussion über politisch geprägte Kampfbegriiffe nach Smalltalk verschieben.

Ich meine, dass die Bildung sprachlicher Ersatzbegriffe für gewachsene Bezeichnungen, wie sie sprachpolitisch von mancher Seite, mal rechts, mal links, geschaffen werden, in den meisten Fällen nur linguistischen Unsinn produziert hat.

Oder wollt Ihr lieber, dass Eure Kinder oder Enkel nicht normal, sondern "mental nicht herausgefordert" sind? Haltet Ihr das Wort "Gender" für sinnvoll und notwendig, um einen Sachverhalt zu beschreiben?

Oder seid Ihr alle solche Feingeister wie Rilke, der irgendwo etwa so geschrieben hat:
"Ich fürchte mich vor der Menschen Wort, denn sie sprechen alles so deutlich aus?"
 
An einem nahe gelegenen Gymnasium wurde kürzlich die Frage diskutiert, ob man im Musikunterricht der Unterstufe das alte Volkslied "Prinz Eugen, der edle Ritter" noch behandeln dürfe.


Was meint ihr?
Natürlich darf man behandeln. Man sollte sogar, finde ich. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten des Textes gehört natürlich dazu. Danke Mercy in dem Zusammenhang für den Link.:)

Um kwschaefers Einwand aufzugreifen:
Das Lied an sich gehört natürlich zur Kulturgeschichte. Für den Smalltalk finde ich das Thema eigentlich zu ernsthaft. Wenn es fordergründig um die Politische Korrektheit in dem modernen Unterricht gehen soll, dann ist natürlich die Gefahr eher vorhanden in den Smalltalk abzurutschen.
 
So lange, bis die Leute unter dem Ungläubigen das verstehen, was sie unter einem Heiden verstehen. Dann wird das nächste Wort erkoren, um das ehemals korrekte und nunmehr unkorrekte Wort zu ersetzen.:pfeif:

Man kanns gar nicht anders sagen, political correctness ist eine totgeborene Schnapsidee und tendentiell eine Gefahr für die Meinungsfreiheit.:motz:

So sehe ich es auch, der Begriff "politisch korrekt" ist für mich schon sprachlich ein Widerspruch in sich. Was soll den bitte schön in der Politik korrekt sein? Es ist vielmehr eine Phrase und eine Falle für Journalisten und Politiker.


Das Lied beschreibt ziemlich genau die Vorgänge der Schlacht von Belgrad, als Prinz Eugen entgegen aller militärischen Regeln die Türken über eine Pontonbrücke angriff. In Wien hatte man Eugen schon abgeschrieben, der zwischen einer zahlenmäßig überlegenen Armee und der Donau stand.

Belgrad hat er eher kurzzeitig dem Habsburgerreich hinzugefügt. Nach dem Frieden von Passarowitz besetzten die Kaiserlichen Nordserbien, teile Bosniens und die kleine Wallachei. Die Türken kapierten allerdings bald, dass sie mit ihren Janitscharen und Spahis gegen eine moderne europäische Armee keinen Blumentopf mehr gewinnen konnten und legten sich einen französischen Militärberater zu, der wie später Moltke die türkische Armee modernisierte. Im 4. österreichisch- russischen Türkenkrieg konnten die Türken die im Frieden von Passarowitz verlorenen Gebiete zurückerobern. In diesem Krieg diente übrigens der historische Münchhausen als Offizier in russischen Diensten.
 
Damit alle wissen, wie das Lied gesungen, nicht als Marsch, wirklich geht:
.


Willst Du damit sagen, entweder mich würde die Erinnerung täuschen, oder der Brösel hätte mir/meiner Klasse dereinst einen Bockmist erzählt?

Aber ich bilde mir durchaus ein, dies auch an anderer Stelle so schon gelesen zu haben
 
Das Lied beschreibt ziemlich genau die Vorgänge der Schlacht von Belgrad, als Prinz Eugen entgegen aller militärischen Regeln die Türken über eine Pontonbrücke angriff. In Wien hatte man Eugen schon abgeschrieben, der zwischen einer zahlenmäßig überlegenen Armee und der Donau stand.
Ich finde, das Lied beschreibt so ziemlich genauso wie man damals über solche Ereignisse wie die Schlacht um Belgrad dachte - es ist ein schönes Beispiel für das Bild in der öffentlichen Meinung von solchen Geschehnissen! Das macht es eben so aufschlussreich und eben ein interessantes historisches Zeugnis.

Historisch korrekte Passagen sind sicherlich, die Betonung der Brücke über die Donau. Denn der Brückenschlag an der Stelle, wo Eugen ihn befahl, war wohl recht überraschend. Auch die Vorgehensweise, sich sozusagen in einer Nacht- und Nebelaktion an den Feind herran zu schleichen kann man als historisch belegbar ansehen. Die Betonung der "Schanzen" ist im Zusammenhang der Belagerung von Belgrad und so weiter natürlich plausibel.
Fiktiv hingegen sind natürlich die "dreimalhunderttausend Mann", sowie dass Prinz Eugen den Feind beim " futragieren " ertappte. In Wahrheit wurde Prinz Eugen als Belagerer von Belgrad von den Türken eingeschlossen und zum Angriff dadurch gezwungen, da seine Truppen unter der Einschließung und Aktionen der Türken litten. Wer der "Prinz Ludewig" gewesen sein soll, dem in dem Lied eine so große Bedeutung beigemessen wurde, ist nicht ganz klar. Mir ist aus dem näheren Bekannten- oder Freundeskreis von Prinz Eugen kein Prinz eines solchen Namens bekannt, was eher auf eine fiktive Figur schließen ließe oder dass eine andere tatsächliche Person überbewertet wurde.

Mit den historisch belegbaren und fiktiv ausschmückenden Passagen passt das Lied natürlich wunderbar in die Zeit ähnlicher Werke wie "Lille, du allerschönste Stadt" (auf die Belagerung von Lille 1708) oder "Marlbrough s'en va-t-en guerre", was angeblich auf der fälschlichen Annahme hin entstanden sein soll, der Duke of Marlborough sei in der Schlacht bei Malplaquet (1709) gefallen. In vielen Liedern des 18.Jh. werden also historisches Ereignis und fiktive oder gar spekulative Geschehnisse miteinander verwoben, wobei es immer wieder spannend und erstaunlich ist, wenn der Volksmund mal besonders viel Wahrheit zufällig zu singen bekam.
 
Willst Du damit sagen, entweder mich würde die Erinnerung täuschen, oder der Brösel hätte mir/meiner Klasse dereinst einen Bockmist erzählt?

Aber ich bilde mir durchaus ein, dies auch an anderer Stelle so schon gelesen zu haben

5/4-Takt als Marschrhythmus?
Also, ich glaube, Militärmärsche sind immer 4/4, manche klassischen auch 2/4, wie Alla Turca oder der Militärmarsch von Schubert, aber 5/4?
 
5/4-Takt als Marschrhythmus?
Also, ich glaube, Militärmärsche sind immer 4/4, manche klassischen auch 2/4, wie Alla Turca oder der Militärmarsch von Schubert, aber 5/4?

Verdammt lange her....
Von Musik absolut gar keine Ahnung.
Aber der Brösel hat den Schritt damals sogar vorgemacht,....
Gibt es nicht auch noch alte Landsknechtslieder mit diesem (oder ähnlichem) Rythmus?

Also ich müsste schon einen ordentlichen Alois-Anfall haben, wenn ich mich da täuschen würde.
 
5/4-Takt als Marschrhythmus?
Also, ich glaube, Militärmärsche sind immer 4/4, manche klassischen auch 2/4, wie Alla Turca oder der Militärmarsch von Schubert, aber 5/4?
Da bin selbst ich überfragt. Offen gesagt, habe ich noch nicht dazu versucht zu marschieren. Ich kenne aber auch nicht das Tempo der Österreicher zu der Zeit. Irgendwie müsste die Marschfrequenz ja auf die Melodie passen. Ich frage mal, wenn ich dran denke, Trommler oder andere Kenner der Materie.
 
...
Zwei Gegenargumente wurden genannt:
1.) Es ist ein "Nazi-Lied"...

Vorwurf 1) kann man relativ leicht entkräften, da das Lied bereits 1719 entstanden ist.

"Flamme empor" ist auch ein Nazi-Lied und entstand um 1814 zum Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig. Nur weil ein Lied von den Nationalsozialisten "missbraucht" wurde, würde ich nicht unbedingt von einem Nazi-Lied sprechen. Als reines Nazi Lied fällt mir so spontan nur das "Host Wessel Lied" ein.
 
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