Moin Lukrezia,
jetzt mal Butter bei die Fische! Rüdiger Safranski ist ein ausgewiesener Nietzsche-Kenner; er hat sogar eine Biographie über ihn geschrieben. Die gibt´s hier:
http://www.amazon.de/Nietzsche-Biog...f=pd_ka_2/303-9394004-6301014?ie=UTF8&s=books
Die Stelle des Nietzsche-Zitates kann ich leider nicht nennen, Safranski führt sie nicht an.
Tatsächlich schreibt Safranski: "Nietzsche graute es vor dem, was er da verkündet. [...] Es gibt also Augenblicke, da wollte Nietzsche durch die Wirklichkeit widerlegt werden."
Andererseits heißt es dort allerdings: "Die Wirklichkeit aber hat ihn nicht widerlegt, es ist tatsächlich so gekommen, wie Nietzsche vorhergesagt hatte. Seine ´Wahrheiten´ sind wahr gemacht worden."
Du hast natürlich Recht, wenn du sagst, dass der Rückbezug von den Nazi-Verbrechen auf Nietzsche einen Anachronimus darstellt.
Aber unabhängig davon sollte Philosophie meiner Meinung nach nicht im luftleeren Raum eines moralischen Vakuums betrieben werden. Die Denker tragen eine Mitverantwortung für die politischen Schlüsse, die andere daraus ziehen und für die nicht-intendierten Nebenfolgen ihrer Ideen.
Richtig ist, dass Nietzsche seine Ideen in allegorisch sublimierter und literatur-ästhetisch aufgehübschter Form präsentiert hat.
Doch seine Ausführungen sind keine rein deskriptive Darlegung der zivilisatorischen Makro-Motorik, sondern Nietzsche leitet daraus konkrete Handlungsimperative ab. Das zeigt das von mir angeführte Zitat.
Im Kern verbirgt sich hinter Nietzsches schönen Formulierungen eine menschenverachtende Ideologie, die zu bösen Zwecken gebraucht werden kann. Als intelligenter Mensch hätte Nietzsche das wissen müssen.
Wenn hier jetzt auf Nietzsches isoliert-behagliche Abgeschiedenheit im philosophischen Elfenbeinturm verwiesen wird, in dem alles erlaubt ist, dann ist das reine Apologie.
Wale