Redewendungen

Rafael

Aktives Mitglied
Hallo zusammen,

öfters frage ich mich nach der Herkunft von bestimmten Redewendungen. Dafür durchforste ich Bücher und das Internet.
Also habe ich mir als kleine Hilfe für andere und auch für mich gedacht, dass wir hier vielleicht eine kleine Liste von Redewendungen, ihrer Bedeutungen und Herkunft aufstellen.



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Jemanden "im Stich lassen":
Lässt man jemanden im Stich, so überlässt man ihn in einer Gefahr sich selbst. Man hilft ihm nicht.

Herkunft:
Diese Redewendung soll aus dem Mittelalter stammen. Beim Turnier, in dem Ritter gegen Ritter beim Tjost (zum Beispiel) antrat, kam es schon mal vor, dass der vom Sattelgeworfene oder beim Schwertkampf gestolperte Ritter auf den Boden fiel und nicht mehr aufstehen konnte.
Nun sollte eigentlich der Knappe herbei eilen und dem Ritter aufhelfen. Tat er es aber nicht, so hatte er den Ritter im Stich gelassen. Praktisch: Der Kontrahent hätte nun ungehindert mit Lanze oder Schwert zustechen können.

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Wäre nett, wenn ihr aufschreibt, was ihr wisst. Ich denke, dass nicht immer eindeutig zu klären ist, woher eine Redewendung stammt, da es oftmals verschiedene Theorien gibt. Also können wir auch hier, wie es sich für ein Forum gehört, diskutieren und nicht nur Informationen sammeln. :)

P.S: Sollte es diesen Thread schon geben, so stoßt mich bitte mit der Nase drauf! :winke:
 
"Da ist etwas faul im Staate Dänemark."
Diese Redewendung wird benutzt, wenn man ausdrücken möchte, dass etwas nicht in Ordnung ist/ dass etwas nicht stimmt.

Diese Redewendung stammt aus Shakespears Hamlet:
"Something is rotten in the state of Denmark"
 
Auf Tuchfühlung gehen

Wenn man sich einander näherkommen will, dann macht man eine ganz bestimmte Sache - man geht auf Tuchfühlung! Diese Redewendung stammt aus dem Soldatenjargon. Bei der Aufstellung in Reih und Glied musste die Soldaten darauf achten, dicht an dicht mit den Nebenmännern zu stehen - so nah, dass sich die Ärmel berührten. Heute ist aus dem Soldatenausdruck ein Begriff fürs Flirten geworden.
 
Jemanden die Leviten lesen

Bei den Andachtsübungen der benediktiner wurden oft von Moses aufgestellte Regeln für Priester (Leviten) vorgelesen. Diese Schriften wurden daher Leviticus genannt. Auf die Lesungen folgten meist Strafpredigten.

Heute wird mit Leviten ein Vortrag über gemachte Fehler und Vorschläge für künftiges Verhalten (kurz: Standpauke oder Gardinenpredigt) der aus dem Stegreif gehalten wird und mehr kleine Kinder als Mönche zum Zuhörer hat,bezeichnet.
 
Von Redewendungen

"Ein Brett vorm Kopf" - die Steinmetze und Schmiede im Mittelalter schützten sich vor herumfliegenden Splittern und Funken durch ein Brett in Augenhöhe, in welches schmale Sehschlitze eingearbeitet waren. Die sonstige Rundumsicht war natürlich dabei begrenzt...

"Mit Haut und Haaren" - Höchststrafe lt. Sachsenspiegel für Diebe und schwangere Frauen: Auspeitschen mit Weidenruten und Kahlscheren des Kopfes...

"Einen Zahn zulegen" - Kochtöpfe in der Küche hingen an einer langen Kette, wobei durch eine Zahnleiste (ähnl. einer Säge) die Höhe des Topfes und damit die Dauer der Zubereitung der Mahlzeit verändert werden konnte. Legte man "einen Zahn zu", hängte man also den Topf tiefer, damit das schneller ging ;)

Mein persönlicher Favorit: "etwas im Schilde führen" - geht auf die Ritter zurück, die ihr Wappen auf dem Schild aufgemalt hatten, damit man trotz Helm und Rüstung erkennen konnte, mit wem man es zu tun hatte!

"Auf hohem Roß sitzen" - geht darauf zurück, daß Adlige und Ritter auf dem Pferd saßen und das "gemeine Volk" zu ihnen aufsah ;)

"Fest im Sattel sitzen" - geht auf den Ritter zurück, der seinem Gegner dermaßen überlegen war, daß dieser ihn nicht vom Pferd stoßen konnte!

"Etwas ausbaden" - das mußte derjenige, der im öffentlichen Badehaus (eigene Badezimmer hatten die damaligen Haushalte nur sehr selten) als letzter in den Zuber stieg, denn der Letzte mußte den Zuber auskippen ;)

"Blau machen" - geht auf die Färberzunft des Mittelalters zurück: Stoffe wurden mit mediterranem Waid oder später tropischem Indigo gefärbt, doch der Farbstoff muß erst oxydieren, um den Stoff blau werden zu lassen. Nach dem Einlegen im Bad hängte man also den Stoff zum Trocknen auf und hatte Pause... ;)

"Die Daumen drücken" - hatte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine gegensätzliche Bedeutung zur heutigen: es bezeichnete nämlich, daß der Folterknecht seinem Opfer mittels Daumenschrauben Geständnisse entlocken suchte...

"Tagwerk" - bezeichnete ursprünglich das Stück Ackerland, welches ein Bauer an einem Tag bearbeiten konnte, wobei man ignorierte, daß es zum einen unterschiedlich lange Tage und zum anderen unterschiedlich fleißige Bauern gab ;)

"Pfeffersäcke" - ein im Spätmittelalter entstandener und verächtlich gemeinter Ausdruck von Seiten des Landadels für die Kaufleute in den Städten, welche das Gewürz Pfeffer importierten und damit reich geworden waren.

... soweit erst einmal; ich lege aber gleich noch einen nach...

In diesem Sinne

Timo
 
Ich habe noch etwas ganz Grausames diesbezüglich...

"Schreien wie am Spieß" - geht zurück auf Grausamkeiten der Söldnerheere, die mit ebenjenen Stangenwaffen (Spieße) ausgerüstet waren. Einige Vertreter dieser bezahlten Fußkämpfer (nicht alle, aber wohl immerhin genug, um der Redewendung Sinn zu geben) verhielten sich gegenüber Frauen in eroberten Städten besonders bestialisch: nachdem sie die Frauen vergewaltigt hatten, trieben sie diesen die Spieße vom Unterleib her langsam durch den Körper - es war also eine Form des sogenannten "Pfählens". Die bedauernswerten Opfer litten logischerweise Höllenqualen und haben demzufolge laut geschrien, was wohl auch nachvollziehbar ist...

Sollte man vielleicht mal drüber nachdenken, ehe man diese Redewendung leichtfertig in den Mund nimmt :still:

Viele Grüße

Timo

PS: Wollte ich noch anfügen - schönes Thema, warum steht das eigentlich im Smalltalk?
 
Boykott = wirtschaftliches, politisches und soziales Zwangsmittel.

Charles Cunningham Boykott (1831 bis 1897), englischer Berufsoffizier, später Gutsverwalter in Irland, weigerte sich, während einer Hungersnot Bauern einen Teil ihrer Abgabelasten zu erlassen. Daraufhin arbeitete kein Ire mehr für ihn. Er wurde "boykottiert", bis er von der Insel flüchtete.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für alle Beiträge!
Danke @timo :winke:

Ich habe den Thread kurzerhand hierhin gesetzt, weil ich nicht wusste wohin damit?!?!
Habt ihr Vorschläge? Admins regeln das dann bestimmt gerne... :bussi:
 
Zuletzt bearbeitet:
"Hals und Beinbruch!":

Diesen Ausspruch verwenden wir, wenn wir jemandem viel Glück und Erfolg wünschen.

Diese Redewendung kommt wahrscheinlich aus dem Jiddischen "hazloche un broche" (Glück und Segen).
 
Rafael schrieb:
Ich habe es kurzerhand hierhin gesetzt, weil ich nicht wusste wohin damit?!?!
Habt ihr Vorschläge? Admins regeln das dann bestimmt gerne... :bussi:

Mein Vorschlag wäre "Wissenschaftsgeschte" -> "Kultur- und Philosophiegeschichte"; schließlich geht es um Sprache und Sprachbedeutung, die da mE nach dazugehört.
@Admins: Ich bin davon fest überzeugt, daß sie das regeln können :winke:
 
Das ist ein weites Feld - aus Fontanes Effi Briest (Vater Briests Lieblingssatz)

Das ist des Pudels Kern - aus Goethes Faust (sagt Dr. Faust, als sich der schwarze Pudel in Mephisto verwandelt hat)

Das A und O - von alpha und omega dem ersten und den letzten Buchstaben des griechischen Alphabets

Der Pustekuchen hat einen längeren Weg hinter sich, er stammt ursprünglich vom jiddischen Ja cochem, aber nicht lamdon (=Schlau aber nicht schlau genug), eingedeutscht wurde daraus Ja Kuchen, nicht London später wars dann nur noch Kuchen und weil das die Bedeutung nicht rüberbrachte gabs ganz am Schluss noch mit Puste davor.

böhmische Dörfer kommen aus Kakanien und bezieht sich auch die unbekannten und meist unaussprechlichen Ortsbezeichnungen in Böhmen

Den Löffel abgeben tat man in einer Zeit, als der Löffel das einzige Besteckteil und ein kostbarer persönlicher Besitz des Einzelnen war und vererbt, als abgegeben wurde.

Der Schlawiner kommt von Slowake, da im süddeutschen Raum viele Hausierer dieser Nationalität unterwegs waren. Die pfiffige Gerissenheit hat sich im Sprachgebrauch erhalten.

Unter die Haube kommen erinnert an eine Zeit, in der nur unverheiratete Frauen ihr Haar offen und unbedeckt trugen. Die Freiheit der Haare war aber beendet, sobald sich frau einen Mann nahm.
 
Durch die Lappen gehen

Entwischen, entkommen.
Es geht aber nicht darum zwischen finnischen Ureinwohnern hindurchzulaufen;) .
Die Redensart stammt aus der Jägersprache. Um das Wild am Ausbrechen aus dem Jagdrevier zu hindern, wurden bunte Lappen zwischen den Bäumen aufgehängt, vor denen die Tiere zurückscheuten. Oft genug durchbrachen sie aber in Todesangst die Absperrung und "gingen so durch die Lappen". Seit dem 18. Jahrhundert wird die Wendung auch auf Menschen angewandt.
 
Etwas "aus dem Stegreif" tun:
Kommt von einer alten Bezeichnung für Steigbügel. Man tut etwas, ohne sich vorher die Mühe zu machen, abzusteigen.
 
Fisimatenten

Wenn jemand Dummheiten macht und Schererein bereitet, dann macht er Fisimatenten. Die Redewendung kommt aus der mittelalterlichen Schreibstube. Visaepatenten (Wie-Sä-Patenten) waren so etwas wie Urkunden, die man sich auf dem Amt beglaubigen lassen musste. Im Laufe der Jahre wurden die Urkunden zum Synonym für den Ärger, den sie verursachten, bis endlich der Stempel draufkam.

Aus
http://www.prosieben.de/lifestyle_magazine/galileo/specials/galilexikon/00782/
 
florian17160 schrieb:
Fisimatenten

Wenn jemand Dummheiten macht und Schererein bereitet, dann macht er Fisimatenten. Die Redewendung kommt aus der mittelalterlichen Schreibstube. Visaepatenten (Wie-Sä-Patenten) waren so etwas wie Urkunden, die man sich auf dem Amt beglaubigen lassen musste. Im Laufe der Jahre wurden die Urkunden zum Synonym für den Ärger, den sie verursachten, bis endlich der Stempel draufkam.

Aus
http://www.prosieben.de/lifestyle_magazine/galileo/specials/galilexikon/00782/

Das ist interessant, Florian. Ich habe da mal eine andere Version gehört.
Während der napoleonischen Besatzungszeit in Preußen hatte die französische Armee u. a. auch spanische Hilfstruppen rekrutiert. Diese versuchten die Stadtschönheiten mit den Worten "Visite en mi tienda" (oder so ähnlich) anzulocken, was so viel hieß wie "Besucht mich im Zelt". Die Mütter verballhornten dies und sagten zu ihren Töchtern "Macht mir keine 'Fisimatenten'.
 
Heute rot morgen tot
beruht, wer hätte das gedacht, auf Sirach 10, 12.
Der Spruch begegnet in des Antonius STEINRÜCK "Leichenpredige / Ueber den toedtlichen doch seligen abganck des Wohlgebornen Grafen vund Herrn zu Waldecken...", Lemgo 1588, und in Friedrich PETRI, " Der Teutschen Weisheit...", Hamburg 1605. - Vgl. auch Wilhelm HAUFF (1802-1827): "Morgenrot! Leuchtest mir zum frühen Tod?"
Büchmann.
zu Büchmann:
Büchmann
Er ist auch digitalisert (leider ohne Suchfunktion):
Büchmann digital
 
Festus621 schrieb:
Das ist interessant, Florian. Ich habe da mal eine andere Version gehört.
Bereits Kluge schreibt in seinem etymologischen Wörterbuch:
Fisimatenten: Substantiv Plural (auch als visipatent u.ä.) "Ausflüchte, Winkelzüge" erw.erweiterter Standardwortschatz stil.stilistisch (16. Jh.)Hybridbildung. Vermutlich Streckform zu fnhd. fisiment "bedeutungsloser Zierat (am Wappen)", zu mhd. visieren, das u.a. "die Wappenfiguren ordnen und beschreiben" bedeutet. Zahlreiche andersartige Erklärungsversuche können nicht ausreichend gestützt werden.
http://www.korrekturen.de/forum/index.cgi?read=3488
 
ad acta

Etwas ad acta legen: auf eine Sacher (vorderhand) nicht eingehen, sie unberücksicht lassen. Die Redensart stammt aus der lat. Amtssprache. Wenn sich eine Behörde auf ein eingegangenes Gesuch (Bittschrift, Beschwerde, usw.) nicht einließ und keinerlei Beschluß darüber faßte, so ließ sie es mit der Vermerk "Ad acta!" zu den in der Sache bereits vorhandenen Akten legen. Erst seit dem 18. Jahrhundert im übertragenen Sinne gebraucht; vgl. frz 'renovoyer...' oder 'remettre aux calendes grecques'; wörtl. eine Sache 'bis zu den griech. Kalenden hinausschieben'.

Lutz Röhrich, Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten
ein Buch für Fans :yes:
 
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