Universität im Mittelalter

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FreierKünstler

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Bereits im Mittelalter gab es ja Universitäten.

Nun gehört es ja zum Allgemeinen Geschichtsbild, das mit Eindruck der Renaissance erstmals bürgerliche und auch Kaufleute immer mehr in die Bildungsanstallten drangen und somit eine Art Bildungsrevolution auslösten.

Doch wie war das im Mittelalter? Hatten die Kaufleute damals keine Bildung?

Und woher kamen die Akademiker an den Unis? Alles Intellektuelle?
 
Die Anzahl echter mittelalterlicher Universitäten ist doch sehr beschränkt: Paris, Bologna, Oxford/Cambridge. Alle samt unterstanden dem Papst und dienten vor allem der Ausbildung der Kircheelite und damit auch des Uni-nachwuchses (vgl. Luther)
Universitäre Bildung in Mittelalter war bis auf den genannten Bereich nicht nötig. In der "Verwaltung" "arbeiteten" mehr oder weniger qualifizierte Adlige, im Handel und Gewerbe wurde das GEschäft und damit das Wissen an den Sohn übergeben etc.
Kaufleute brauchten im echten Mittelalter kaum Bildung - wir reden da ja über lokalen Handel mit Karren, fahrende Händler sind eher die AUsnahme, aber auch die kamen über lesen und Grundrechenarten nicht hinaus.
Erst die Italiener (v.a. Venedig) brachten Innovation ins GEschäft, die im wesentlichen aus dem Orient stammt, daher entstehen Unis - frühneuzeitliche - zuerst in Oberitalien. Dem Trend kann sich dann auch der Rest der Welt (d.h. Europa) nicht widersetzen und zieht nach.
 
Die Anzahl echter mittelalterlicher Universitäten ist doch sehr beschränkt: Paris, Bologna, Oxford/Cambridge. Alle samt unterstanden dem Papst und dienten vor allem der Ausbildung der Kircheelite und damit auch des Uni-nachwuchses (vgl. Luther)
Universitäre Bildung in Mittelalter war bis auf den genannten Bereich nicht nötig. In der "Verwaltung" "arbeiteten" mehr oder weniger qualifizierte Adlige, im Handel und Gewerbe wurde das GEschäft und damit das Wissen an den Sohn übergeben etc.

Moment. Die Universität began im hohen Mittelalter sehr wohl eine bedeutende Rolle auch für das weltliche Recht, besonders für die Wiederentdeckung des römischen Rechts zu spielen.

In der Universität von Orléans lehrte man seit dem 13. Jahrhundert das römische Recht und nicht allein für Geistliche. Verwaltungsbeamte des französischen Königs ließen sich dort ausbilden um sich für höhere Aufgaben im Staatsdienst zu qualifizieren, wie zum Beispiel Philippe de Beaumanoir. Geister wie Jacques de Révigny oder Pierre de Belleperche wirkten von Orléans aus bis in die Gelehrtenwelt von Italien.

Gerade auch das 13. Jahrhundert war eine Äre der Universitäten. In Frankreich natürlich die von Paris (bald schon Sorbone genannt) führend auf dem Gebiet der Theologie. Weiterhin Montpellier die im Bereich der Medizin der älteren von Salerno den Rang ablief. Oder die Universität von Toulouse, deren Gründung eine Bedingung des Friedens von Meaux-Paris (Albigenserkreuzzug) war. In Italien konkurrierte Bologna mit Orléans um die Deutungshoheit des geschriebenen Rechts und in Neapel gründete Kaiser Friedrich II. eine berühmte Universität, wohl sein nachhaltigster Nachlass.


http://de.wikipedia.org/wiki/Philippe_de_Beaumanoir_(Jurist)
Jacques de Révigny ? Wikipedia
Robert von Sorbon ? Wikipedia
 
Die Anzahl echter mittelalterlicher Universitäten ist doch sehr beschränkt: Paris, Bologna, Oxford/Cambridge.

Der Universitätsstatus mancher mittelalterlicher Bildungsanstalten ist doch sehr fraglich, jedoch übersteigt die Zahl bei weitem die von Dir genannten. Ich schätze, dass es am Ende des Mittelalters mindestens 20 Universätiten gab, die diese Bezeichnung zurecht führten.


Alle samt unterstanden dem Papst und dienten vor allem der Ausbildung der Kircheelite und damit auch des Uni-nachwuchses (vgl. Luther)

Seit wann unterstehen denn mittelalterliche Universitäten dem Papst? Vielmehr war es die Unabhängigkeit der Universitäten etwas, das sich mehr und mehr etablierte. Man denke etwa an das Scholarenprivileg Friedrich Barbarossas für die Universität Bologna. Es ist ja gerade ein signifikantes Merkmal mittelalterlicher Universitäten, dass sie sich von den kirchlichen Schulen emanzipierten.
Im Übrigen ist es so, dass der Zugang zu einer Universität mitnichten an einen geistlichen Stand gebunden war, bzw., dass die Studenten für den geistlichen Stand vorbereitet werden sollten. Natürlich war es so, dass sich viele der Studenten bereits im geistlichen Stand befanden und auch danach oftmals eine Laufbahn in der Kirche anstrebten. Das erklärt sich jedoch sehr pragmatisch: Mit einer Pfründe war man abgesichert. Die aktuellste Statistik zu dem Thema, die mir in letzter Zeit untergekommen ist, behandelt den weiteren Lebensweg von Studenten aus dem Bistum Konstanz und findet sich in Beat Immenhausers "Bildungswege-Lebenswege". Dort geht man davon aus, dass 80 % der Absolventen eine geistliche Laufbahn einschlagen. Berücksichtigt werden muss natürlich auch, dass sich Studenten in einer kirchlichen Laufbahn natürlich viel besser nachweisen lassen. Doch auch Adelige und Kaufleute schickten ihre Söhne an Universitäten.

Universitäre Bildung in Mittelalter war bis auf den genannten Bereich nicht nötig. In der "Verwaltung" "arbeiteten" mehr oder weniger qualifizierte Adlige, im Handel und Gewerbe wurde das GEschäft und damit das Wissen an den Sohn übergeben etc.

Es ist zwar richtig, dass eine exponentielle Entwicklung eines modernen Verwaltungsapparates erst ab dem 16. Jahrhundert so richtig in Gang kam, doch bereits im späten Mittelalter arbeiteten hochqualifizierte Leute an den Höfen. Das war auch notwendig geworden, denn für viele Reigerungsgeschäfte war eine rechtlich fundierte Begründung unabdingbar. Und die konnte man niemandem übertragen, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hat. Man denke etwa an die vielen, vielen rechtlichen Schriften, die von Ockham & Co. am Münchner Hof Ludwigs des Bayern entstanden sind.


Kaufleute brauchten im echten Mittelalter kaum Bildung - wir reden da ja über lokalen Handel mit Karren, fahrende Händler sind eher die AUsnahme, aber auch die kamen über lesen und Grundrechenarten nicht hinaus.

Es mag sein, dass Kaufleute weniger zur Stammkundschaft von Universitäten gehörten, doch möchte ich das so nicht stehen lassen. Betrachtet man das Kaufmannspatriziat einer Stadt, die im Hochmittelalter als Handelsmetropole prominent war, wie etwa Regensburg, so zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild der Kaufmannschaft.
 
Man denke etwa an das Scholarenprivileg Friedrich Barbarossas für die Universität Bologna.

Wie sah die aus?

Lukrezia Borgia schrieb:
Es ist ja gerade ein signifikantes Merkmal mittelalterlicher Universitäten, dass sie sich von den kirchlichen Schulen emanzipierten.

Wie wurden sie finanziert? Hatten die Professoren wirklich eigenes Land um damit ihren Lehrauftrag zu finanzieren? Oder waren sie ipso facto doch den weltlichen oder geistlichen Fürsten verpflichtet, die das Geld schenkten?

Lukrezia Borgia schrieb:
Man denke etwa an die vielen, vielen rechtlichen Schriften, die von Ockham & Co. am Münchner Hof Ludwigs des Bayern entstanden sind.

War denn die universitärere Ausbildung mehr auf Vermittlung von geistlichen und weltlichen Recht usgelegt oder wurde auch "materielle" Theologie betrieben, z. B. in der Frage wie diese oder jene Bibelstelle zu interpretieren ist?
Es gibt ja das berühmte Beispiel der Fragestellung, wieviele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können - im Rahmen der scholastischen Philosophie.

Lukrezia Borgia schrieb:
Es mag sein, dass Kaufleute weniger zur Stammkundschaft von Universitäten gehörten, doch möchte ich das so nicht stehen lassen. Betrachtet man das Kaufmannspatriziat einer Stadt, die im Hochmittelalter als Handelsmetropole prominent war, wie etwa Regensburg, so zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild der Kaufmannschaft.

Wie war es eigentlich mit Bauern, die größere Mengen an Land hatten oder Bürger in Städten? Oder bei Juden?

War ihnen die Ausbildung an der Universität per se verwehrt?

Welche Rolle spielten die "Sieben Freie Künste"?
 
Welche Rolle spielten die "Sieben Freie Künste"?


Die "Septem Artes Liberales" bestanden aus den Trivium (den sprachlich-logischen Fächern) und Quadrivium (den mathematischen Fächern).

Zu den ersteren gehörte Grammatik, Rhetorik und die Logik, zum letzteren die Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie.
(siehe auch: Sieben Freie Künste ? Wikipedia)

An der ma Universität gehörten diese Septem Artes Liberales zum "Grundstudium", das zum Baccalaureus führte. Danach gab es ein weiteres Studium der Theologie, Medizin oder Jurisprudenz mit dem Magister-Abschluß.
siehe zur ma Universität: Mittelalterliche Universität ? Wikipedia

Zur Finanzierung, Zulassung zur Universität habe ich ad hoc nichts gefunden, meine aber, daß ich irgendwo noch ein Buch mit Beiträgen zur Universitätsgeschichte habe. Vielleicht finde ich das und dann darin etwas zu den vorgenannten Fragestellungen.
 
Öhm, eigentlich vergeht mir persönlich immer die Lust, Fragen zu beantworten, wenn sie ohne Gruß und Danke gestellt werden. Das weckt bei mir den subjektiven Eindruck von Unhöflichkeit. Ich unterstelle Dir mal akute Zeitnot und mach mich trotzdem mal dran.


Eine Zusammenfassung der authentica habita von 1155 findest Du hier: Authentica habita - Wikipedia, the free encyclopedia

Wie wurden sie finanziert? Hatten die Professoren wirklich eigenes Land um damit ihren Lehrauftrag zu finanzieren? Oder waren sie ipso facto doch den weltlichen oder geistlichen Fürsten verpflichtet, die das Geld schenkten?

Das Finanzwesen der mittelalterlichen Universitäten ist ein sehr komplexes, so dass man es schwer hier in einem kurzem Beitrag abhandeln kann. Es gab natürlich zu allererst die Einnahmen aus der universitas selbst. Es gab eine Immatrikulationsgebühr und eine Gebühr, wenn Prüfungen abgelegt wurden. Um für einzelne Studenten Ausnahmeregelungen zu schaffen, konnte man sich Dispense erkaufen. Außerdem fand mindestens ein Mal im Jahr eine Collectae unter den Studenten statt, um den Verwaltungsapparat, die Lehrenden und sonstige Aufwendungen begleichen zu können. Weiter gab es eine Bußgeldkasse, die archa, in der man bei Verfehlungen einen kleinen Obolus hinterlegen musste.
Weiter ist das Stiftungswesen in dieser Zeit nicht zu gering zu schätzen, des weiteren Testamente.

Was Du hier ansprichst, sind freiwillige "Übernahmen". Das ist aber ein Prozess, der erst im 15. Jahrhundert einsetzt und der noch bis ins 19. Jahrhundert hinein üblich war. (Auch heute noch, wenn man so will. Es gibt ja Lehrstühle, die von bestimmten Unternehmen fürstlich ausgestattet werden.)
Solches Sponsoring hatte für beide Teile Vorteile. Die Universität konnte ihren Haushalt ausbauen und dem Landesfürsten war natürlich daran gelegen, aus einer Universität in seinem Territorium Nachwuchs für den fürstlichen Verwaltungsapparat zu bekommen. Anfangs war das noch ein sehr lockeres Verhältnis, zur Zeit der Glaubensspaltung dann, im 16. Jahrhundert, ging es teilweise so weit, dass der Landesherr direkt in die Statuten der Universität eingriff. So erwirkte etwa der bayerische Herzog, dass an der Universität Ingolstadt niemand studieren dürfte, der in einem protestantischen Gebiet geboren ist.


War denn die universitärere Ausbildung mehr auf Vermittlung von geistlichen und weltlichen Recht usgelegt oder wurde auch "materielle" Theologie betrieben, z. B. in der Frage wie diese oder jene Bibelstelle zu interpretieren ist?


Nein, darauf war die Ausbildung ganz und gar nicht ausgelegt. Aber das Rüstzeug für einen derartigen Disput konnte man an der Universität erwerben.
Und ja, es wurde auch Exegese betrieben, "materielle Theologie" als feststehender Begriff ist mir noch nie untergekommen, aber wir meinen denke ich das Gleiche.


Es gibt ja das berühmte Beispiel der Fragestellung, wieviele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können - im Rahmen der scholastischen Philosophie.

Natürlich, ein höchst scholastische Problem, ein wahrlich köstliches Beispiel mittelalterlich-theoretischer Wissenschaft. Ebenso die Frage, ob man Ehebruch begeht, wenn man versehentlich mit der falschen Frau schläft.


Wie war es eigentlich mit Bauern, die größere Mengen an Land hatten oder Bürger in Städten? Oder bei Juden?

War ihnen die Ausbildung an der Universität per se verwehrt?

Nein, wer in die Universität aufgenommen wurde, das entschied die Universität selbst. Es gab keine Regeln in dem Sinne, wie wir es heute kennen. Als gemeinsamer Konsens ist festzumachen, dass solide Lateinkenntnisse und eine gewisse Vorbildung vorhanden sein mussten. Doch was das Alter oder die Herkunft betrifft, gab es mW keine verbindlichen Vorschriften. Zumindest keine, die man nicht mit einem Dispenschen umgehen konnte. Natürlich mag es sein, dass einige Universitäten im Laufe der Jahrzehnte aus Praktibilitätsgründen hie und da Hürden errichtet haben, dennoch konnte jeder dort studieren, der genommen wurde.

So weit ich weiß, studierten kaum Juden an Universitäten. Das ist allerdings ein Thema, bei dem ich nicht ganz sicher bin und vielleicht ist der eine oder andere hier diesbezüglich kompetenter. Dass es möglich war, ist mir aufgrund eines jüdischen Studenten an der Pariser Universität bekannt. In welchem Zusammenhang mir dieser junge Mann untergekommen ist, da muss ich noch mal in mich gehen.



Welche Rolle spielten die "Sieben Freie Künste"?

Mit Verlaub, aber da verweise ich hierauf:
Sieben Freie Künste ? Wikipedia
Detail- oder Verständnisfragen, jederzeit dann...


Einen schönen Nachmittag wünscht
Lukrezia :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
So weit ich weiß, studierten kaum Juden an Universitäten. Das ist allerdings ein Thema, bei dem ich nicht ganz sicher bin und vielleicht ist der eine oder andere hier diesbezüglich kompetenter. Dass es möglich war, ist mir aufgrund eines jüdischen Studenten an der Pariser Universität bekannt. In welchem Zusammenhang mir dieser junge Mann untergekommen ist, da muss ich noch mal in mich gehen.


Im Mittelalter war es den Juden verboten an den Universitäten zu studieren. Im 15. Jahrhundert durften sie sich in den italienischen Medizinfakultäten immatrikulieren. Padua wurde zum wichtigsten Studienort. Im 17. Jahrhundert waren das dann neben Padua, noch Siena und Pavia. Ab dem 18. Jahrhundert konnten die Juden auch in Frankfurt studieren. In Prag hatte die jüdische Gemeinde eine eigene Hochschule, die zwar viele Verbote hatte, dennoch als Universität galt. Dennoch konnten die Juden in den Habsburgerlanden erst Ende des 18. Jahrhunderts universitärere Grade erlangen

Quelle: Walter Rüegg (Hrsg): Geschichte der Universität in Europa
 
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Im Mittelalter war es den Juden verboten an den Universitäten zu studieren.
Quelle: Walter Rüegg (Hrsg): Geschichte der Universität in Europa

Das war nicht immer und überall so. Die Universitäten von Salerno und Montpellier waren Stätten jüdischer Gelehrsamkeit. Der Staufer Friedrich II. holte sich viele jüdische Gelehrte an den Hof. Gleiches galt für al-Andalus und vor Abschluß der Reconquista auch für den christlichen Teil Spaniens, die Wissenschaft wurde dort überwiegend von Juden betrieben und vermittelt.
Quelle: Werner Keller: Und wurden zerstreut unter alle Völker
 
Das war nicht immer und überall so. Die Universitäten von Salerno und Montpellier waren Stätten jüdischer Gelehrsamkeit. Der Staufer Friedrich II. holte sich viele jüdische Gelehrte an den Hof. Gleiches galt für al-Andalus und vor Abschluß der Reconquista auch für den christlichen Teil Spaniens, die Wissenschaft wurde dort überwiegend von Juden betrieben und vermittelt.
Quelle: Werner Keller: Und wurden zerstreut unter alle Völker

Stimmt.

Das hier ist noch interessant:

Enzyklopädie Medizingeschichte - Google Bücher
 
Seit wann unterstehen denn mittelalterliche Universitäten dem Papst?

Einen gewissen Einfluß kann man dem Papst aber auch nicht absprechen. Bei der Uni Bologna heißt es: Die erste nachweisbare Verleihung eines Doktorgrades fand 1219 in Bologna nach Bestätigung der Promotionsordnung durch Papst Honorius III. statt.

Und die Zulassung einer Universität hing doch entweder vom Kaiser oder vom Papst ab, oder? Oder vom jeweiligen König? Wie war das denn in Oxford?
 
Einen gewissen Einfluß kann man dem Papst aber auch nicht absprechen. Bei der Uni Bologna heißt es: Die erste nachweisbare Verleihung eines Doktorgrades fand 1219 in Bologna nach Bestätigung der Promotionsordnung durch Papst Honorius III. statt.

Und die Zulassung einer Universität hing doch entweder vom Kaiser oder vom Papst ab, oder? Oder vom jeweiligen König? Wie war das denn in Oxford?


Ja, stimmt. So weit ich weiß, wurden die Zulassungen so gut wie immer vom Papst erteilt. Dennoch ist ein wesentliches Merkmal der mittelalterlichen universitas, dass sie so weit es möglich ist autonom sind. Dass die Kirche im Mittelalter mit eine Rolle spielt, versteht sich von selbst. :winke:
 
Ich weiß nur fürs Spätmittelalter (14. Jh. und später) was über die Bildung der Kaufleute. Da war es so, dass man einfach von älteren Kaufleuten lernte, z.B. vom Vater oder auch bei einer Art "Lehrer". Es gab quasi Lehrbücher für Kaufleute, aber im Grunde war das wohl learning by doing und man wurde da schon in so eine Familie hineingeboren und hat das von klein auf gelernt. Eine Art Studium brauchte man nicht. Es lief eher wie eine Ausbildung, wenn man überhaupt so etwas wie eine Prüfung ablegen musste, ähnlich wie bei Handwerkern.
Das Schreiben (der Muttersprache, nicht unbedingt des "gelehrten" Latein oder so), Rechnen und evtl. auch Fremdsprachen wurden dann sicherlich schon in der normalen Schule gelernt. Man braucht, um eine Rechnung zu schreiben, nicht unbedingt die Art Mathematik, die man an einer Universität lernt. Das wichtigste war, dass man alles aufschreiben und die Beträge richtig addieren konnte. Wie man es genau aufschrieb (Buchführung, die wird dann in diesen Lehrbüchern z.B. behandelt) ist nach meinen bisherigen Recherchen schon eher nachrangig... im Grunde musste es im Notfall juristisch verwendbar sein und Archivzwecken dienen (und das Gedächtnis stützen). Dafür reichte die Schulbildung vermutlich aus.
Bei den Fremdsprachen kanns aber auch sein, dass das durch Auslandsaufenthalte erlernt wurde, weil Kaufmannsreisen ja teilweise Jahre dauerten, da haben sie vielleicht auch ihre Kinder einfach mitgenommen und die schnappten dann die fremden Sprachen auf? :grübel:Oder das Geld wurde halt nach Hause geschickt und die Kinder konnten dann gute Schulbildung bezahlen.
Und gut verkaufen und sowas, das lernt man eigentlich auch am besten in der Praxis.
 
Es lief eher wie eine Ausbildung, wenn man überhaupt so etwas wie eine Prüfung ablegen musste, ähnlich wie bei Handwerkern.

Dass es eine Art "Prüfung" für Kaufleute gab, davon habe ich noch nie was gehört. Legst Du Deine Quellen offen? :)

Man braucht, um eine Rechnung zu schreiben, nicht unbedingt die Art Mathematik, die man an einer Universität lernt. Das wichtigste war, dass man alles aufschreiben und die Beträge richtig addieren konnte. Wie man es genau aufschrieb (Buchführung, die wird dann in diesen Lehrbüchern z.B. behandelt) ist nach meinen bisherigen Recherchen schon eher nachrangig...

Ganz so simpel ist die Mathematik des durchschnittlichen Kaufmanns dann doch nicht. Die seit dem Hochmittelalter in den Städten enstehenden Bürgerschulen legten ihren Schwerpunkt auf praktische Bildung, insbesondere auf die Arithmetik. Dieser Teil der freien Künste erlanget so eine Wichtigkeit unter den Kaufleuten und sie wurden solche Meister darin, dass man diesen Zweig der Mathematik spöttisch aerismetica, also "Kunst des Geldes" nannte.

Um ein Universitätsstudium noch mehr Städtern zugänglich zu machen, gab es spezielle Stipendien. Ein wichtiger Indikator dafür, dass eine nicht unbedeutende Anzahl von Kaufmannssöhnen an einer Universität studierte, ist die Anzahl von Männern mit Universitätsbildung in deutschen Stadträten. Wie ja bekannt ist, wurden diese wichtigen Verwaltungsposten vom Patriziat besetzt und das bestand nunmal fast überall aus Kaufleuten. (Von Zünften dominierte Städte wie Nürnberg gab es natürlich auch; doch auch hier sind etliche Kaufleute im Rat vertreten.) Man geht davon aus, dass die Hälfte der Räte deutscher Städte eine Universität besucht haben.

Bei den Fremdsprachen kanns aber auch sein, dass das durch Auslandsaufenthalte erlernt wurde, weil Kaufmannsreisen ja teilweise Jahre dauerten, da haben sie vielleicht auch ihre Kinder einfach mitgenommen und die schnappten dann die fremden Sprachen auf? Oder das Geld wurde halt nach Hause geschickt und die Kinder konnten dann gute Schulbildung bezahlen.

Das Beherrschen von Fremdsprachen war eine unabdingbare Notwendigkeit. In der Bürgerschule wurde Latein gelehrt, ebenso meist Französisch. Doch gab es auch spezielle Wörterbücher für Russisch, Italienisch, Englisch und eigene Grammatiken, die das Erlernen morgenländischer Sprachen erleichtern sollten.


Und gut verkaufen und sowas, das lernt man eigentlich auch am besten in der Praxis.

Trotzdem müssen Basics vorhanden sein. Der Handel des Hoch- und Spätmittelalters war nicht mehr der Handschlag am Bauernmarkt, bei dem man daheim die Gulden zählt. Kaufleute hatten regelrechte Kleinunternehmen, die eine straffe Organisation und kompetente Führung erforderlich machten.
 
Im Mittelalter war es den Juden verboten an den Universitäten zu studieren. Im 15. Jahrhundert durften sie sich in den italienischen Medizinfakultäten immatrikulieren. Padua wurde zum wichtigsten Studienort. Im 17. Jahrhundert waren das dann neben Padua, noch Siena und Pavia. Ab dem 18. Jahrhundert konnten die Juden auch in Frankfurt studieren. In Prag hatte die jüdische Gemeinde eine eigene Hochschule, die zwar viele Verbote hatte, dennoch als Universität galt. Dennoch konnten die Juden in den Habsburgerlanden erst Ende des 18. Jahrhunderts universitärere Grade erlangen

Quelle: Walter Rüegg (Hrsg): Geschichte der Universität in Europa


Der Ausschluss von den Universitäten und das Bedürfnis der Nachwuchsausbildung von Rabbinern führte dazu, dass eigene jüdische Talmudschulen Jeschiwas gegründet wurden, die Schüler in die Thora, den Talmud und Schriften der Kabbala einführte. Einige Rabbiner avancierten zu gesuchten Koryphäen jüdischer Gelehrsamkeit, wobei die jüdischen Gemeinden verpflichtet waren, einem Jeschiwe Bosher das Studium zu finanzieren.

Das Gedankengut der Aufklärung wurde auch von jüdischen Gelehrten mitgetragen. Vertreter der Haskala wie Moses Mendelsohn und David Friedländer, der 1776 in Berlin eine erste jüdische Freischule gründete, lehrten auf Deutsch, um Menschen unterschiedlicher Kulturkreise die Annäherung und Integration zu erleichtern. 1784 genehmigte Friedrich II. die Gründung einer Druckerei, und der Verkauf der Monatszeitschrift Ha- Measeff diente deren Finanzierung.
 
Die Universität in der Stadt

Hallo,

ich finde es toll das meine Fragen so viele und kompetente Antworten gefunden haben.

Ganz so simpel ist die Mathematik des durchschnittlichen Kaufmanns dann doch nicht. Die seit dem Hochmittelalter in den Städten enstehenden Bürgerschulen legten ihren Schwerpunkt auf praktische Bildung, insbesondere auf die Arithmetik. Dieser Teil der freien Künste erlanget so eine Wichtigkeit unter den Kaufleuten und sie wurden solche Meister darin, dass man diesen Zweig der Mathematik spöttisch aerismetica, also "Kunst des Geldes" nannte.

Wie muss man sich diesen Zweig der Mathematik vorstellen?

Es gab schließlich schon theoretische Mathematiker wie Fibonacci und die Werke Euklids waren hoch geschätzt. Auch z. B. e soll als erstes im Rahmen der Bankenmathematik genähert worden sein.

Um ein Universitätsstudium noch mehr Städtern zugänglich zu machen, gab es spezielle Stipendien.

Wer finanzierte das?

Man geht davon aus, dass die Hälfte der Räte deutscher Städte eine Universität besucht haben.

Wer geht davon aus?

Danke für antworten im Voraus.
 
Guten Tag!

Wie muss man sich diesen Zweig der Mathematik vorstellen?

Was Arithemtik ist, kannst Du über Wikipedia herausfinden. Wie genau die speziellen Lehrbücher an den Bürgerschulen aussahen, kann ich nicht sagen. Mir sind bisher lediglich mathematische Handschriften aus Klöstern untergekommen.

Auch z. B. e soll als erstes im Rahmen der Bankenmathematik genähert worden sein.

Was bedeutet "z.B.e"?

Wer finanzierte das?

Diese Stipendien wurden von den Städten finanziert. Beispielsweise stellte die Stadt Hamburg Mittel zur Verfügung, um jährlich 18 Studenten an die Uni Rostock schicken zu können.

Wer geht davon aus?

Für die konkrete Zahl verantwortlich ist
Aron J. Gurjewitsch, Der Kaufmann, in: Jacques LeGoff (Hg.), Der Mensch des Mittelalters, Frankfurt 1996, S. 268-312.

Beste Grüße und einen schönen Abend!
 
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