Die verpasste Chance? Der Reichstag von Kremsier

Hätten diese Reformen den Habsburgischen Vielvölkerstaat dauerhaft gesichert?

  • Ja

    Stimmen: 2 40,0%
  • Nein

    Stimmen: 3 60,0%

  • Umfrageteilnehmer
    5
  • Umfrage geschlossen .
Kremsier, Reichstag von, österreichischer Reichstag, der 1848/49 in Kremsier in Mähren tagte. Der Reichstag war aus allgemeinen Wahlen hervorgegangen und hatte sich am 22. Juli 1848 in Wien konstituiert, wurde wenig später jedoch vertagt und vor dem Hintergrund der andauernden Unruhen (siehe Märzrevolution) für den 15. November 1848 nach Kremsier einberufen. Angeführt von František Palacký bzw. Ludwig von Löhner entwarfen die slawischen und deutsch-österreichischen Volksvertreter gemeinsam eine Verfassung, die im Rahmen eines föderalistisch strukturierten Gesamtösterreichs, das weiterhin als Monarchie erhalten bleiben sollte, den Interessen der Nationalitäten gerecht werden sollte. Alle im Reichstag vertretenen Volksgruppen und Parteirichtungen stimmten dem Entwurf zu. Bevor es zur formellen Annahme des Entwurfs kam, ließ Ministerpräsident Felix Fürst zu Schwarzenberg am 4. März 1849 den Reichstag von Kremsier durch Militär auflösen; Kaiser Franz Joseph I. oktroyierte am selben Tag eine zentralstaatliche Verfassung, die so genannte Märzverfassung, die allerdings selbst nie mit Leben erfüllt wurde. Als Antwort auf den Schritt des Kaisers rief die ungarische Revolutionsregierung, die sich im September 1848 unter Lajos Kossuth etabliert hatte, am 14. April 1849 die Republik aus. Sie wurde im August 1849 von den durch Österreich zu Hilfe gerufenen russischen Truppen zerschlagen.

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Welche Auswirkungen hätte das wohl auf Österreich gehabt? Und noch eine Nebenfrage, gibt es gute Literatur dazu? Außer dem Encarta-Eintrag hab ich wenig gefunden und Angesichts der Bibliotheken die über den Habsburger-Staat geschrieben wurden, wüsste ich nicht bei welchem Buch ich beginnen sollte.
 
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Hallo AndreasKlammer, ich habe auf deine Umfrage gerade mit nein gestimmt, weil Vielvölkerstaaten aus meiner Sicht grundsätzlich keine lange Lebensdauer haben.
 
Der Kremsier Entwurf einer Constitution für das Kaisertum Österreich, sollte, da der, den Entwurf ausarbeitende "erste" österreichische Reichstag keine Abgeordneten Ungarns und Lombardo-Venetiens in seinen Reihen hatte, nur in einem Teil des Kaisertums Österreich gelten. Über das Verhältnis des "verfassungsmäßigen Staates Osterreich" und den beiden ausgeschlossenen Reichsteilen sagt der Entwurf nichts aus, doch wird wohl der § 6 als Möglichkeit zum Einschluß dieser beiden Königreiche in den verfassungsmäßigen Staat eingefügt worden sein. Von einer, vom Reichstag bewußt gewollten Teilung des Kaiserreiches kann in jedem Fall nicht die Rede sein.

Die durch den Monarchen, seit dem 2. Dezember 1848 Kaiser Franz Josef, angeführten Gründe der Ablehung des Verfassungsentwurfs sind im Manifest vom 4. März 1849 enthalten.


http://www.verfassungen.de/at/kremsier49.htm
 
Hallo AndreasKlammer, ich habe auf deine Umfrage gerade mit nein gestimmt, weil Vielvölkerstaaten aus meiner Sicht grundsätzlich keine lange Lebensdauer haben.
Könntest du das bitte näher ausführen? Immerhin überlebte der Habsburgische Staat 450 Jahre! Das ist eine längere Zeitspaanne als die meisten Nationalstaaten hinter sich haben!
@Mercy
Danke für den tollen Link!
 
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Hallo AndreasKlammer, ich habe auf deine Umfrage gerade mit nein gestimmt, weil Vielvölkerstaaten aus meiner Sicht grundsätzlich keine lange Lebensdauer haben.
Zumindest sollte erwähnt werden, dass die Mehrheit aller Staaten der Welt Vielvölkerstaaten waren (selbst Frankreich war immer einer). Der einheitliche Nationalstaat war und ist eine absolute Ausnahmeerscheinung.
 
Könntest du das bitte näher ausführen? Immerhin überlebte der Habsburgische Staat 450 Jahre! Das ist eine längere Zeitspaanne als die meisten Nationalstaaten hinter sich haben.
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Saint-Just schrieb:
Zumindest sollte erwähnt werden, dass die Mehrheit aller Staaten der Welt Vielvölkerstaaten waren (selbst Frankreich war immer einer). Der einheitliche Nationalstaat war und ist eine absolute Ausnahmeerscheinung.

Kann ich euch erklären.
Ich sehe z. B. Frankreich durchaus als relativ einheitlichen Nationalstaat an, genauso, wie Deutschland seit 1871 einer ist (auch, wenn die Staatsform mehrmals wechselte). Charkteristisch ist hier allerdings, daß es in (fast) jedem Nationalstaat zwar nationale Minderheiten gibt, die aber nur einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung ausmachen und einen räumlich sehr begrenzten Teil des Staatsgebietes bewohnen. Staatstragend ist hier aber eine übergroße Mehrheit eines bestimmten Volkes.
Das ist der feine Unterschied zum Vielvölkerstaat, der sich aus einer Vielzahl von Völkern und ihren Siedlungsgebieten zusammensetzt. Staatstragend kann auch hier ein bestimmtes Volk sein, jedoch hat dieses keine oder nur eine prozentual kleine Mehrheit im Staat und bei zu großer Bevormundung der anderen Völker ist die Gefahr eines raschen Auseinanderfallens dieses Staates sehr groß - siehe Jugoslavien.
Der große Vorteil, den die Habsburger hatten, lieber AndreasKlammer, war der, daß sie zunächst als Beschützer gegen die Osmanen auf dem Balkan auftreten konnten und da diese "Türkengefahr" über mehrere Jahrhunderte andauerte, konnten die Habsburger in Ruhe ihren Herrschaftsbereich ausdehnen und hatten zunächst keine großen Unruhen zu befürchten. Aber spätestens ab 1848 war dann auch hier "Schluß mit lustig".
 
@

. Staatstragend kann auch hier ein bestimmtes Volk sein, jedoch hat dieses keine oder nur eine prozentual kleine Mehrheit im Staat und bei zu großer Bevormundung der anderen Völker ist die Gefahr eines raschen Auseinanderfallens dieses Staates sehr groß - siehe Jugoslavien.
Der große Vorteil, den die Habsburger hatten, lieber AndreasKlammer, war der, daß sie zunächst als Beschützer gegen die Osmanen auf dem Balkan auftreten konnten und da diese "Türkengefahr" über mehrere Jahrhunderte andauerte, konnten die Habsburger in Ruhe ihren Herrschaftsbereich ausdehnen und hatten zunächst keine großen Unruhen zu befürchten. Aber spätestens ab 1848 war dann auch hier "Schluß mit lustig".
Hier sehe ich das erste Problem des Staates: Zu große Bevormundung durch die "Deutschen", ab 1867 auch durch die Ungarn.
Ab 1848 hätte man, Palacky hat dies selbst in seinem Brief an die Frankfurter-Versammlung betont, durchaus auf die Rolle des Kaisterstaates als Verteidiger der kleinen Nationalitäten Mitteleuropas betonen können und zwar gegen russischen und deutschen Imperialismus. Allerdings hätte dies echte Gleichberechtigung der Nationalitäten vorrausgesetzt, genau das also was man in Kremsier festlegte. Wenn man die Schweiz, das Vorbild schlechthin betrachtet, so muß man sagen dass ein Vielvölkerstaat letztlich auch Gleichberechtigung, Demokratie und Föderalismus beruht. Franz Joseph hätte also bloß die selbe Rolle wie sein britischer "Kollege" akzeptieren müssen. Doch aufgrund seiner Erziehung hätte und hat er das nie akzeptiert.
 
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