Prinz Eugen von Savoyen

Sorriso

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Er war wohl einer der erfolgreichsten Miltiärstrategen in der Geschichte und eine führende Persönlichkeit seiner Zeit, dass steht wohl außer Frage. Interessant ist aber die Tatsache das er eigentlich dem Französischen König Ludwig XIV und der französischen Armee als Offizier dienen wollte, wegen seiner kleinen Statur aber abgewiesen und verschmäht wurde. Darauf trat er in das österreichische Heer ein und erlangte dort Ruhm und Ehre. Wie denkt ihr darüber, Vaterlandsverräter, egoistischer Karrieremensch, brillianter Stratege oder nur glückliche Fügung des Schicksals?
 
Sorriso schrieb:
Er war wohl einer der erfolgreichsten Miltiärstrategen in der Geschichte und eine führende Persönlichkeit seiner Zeit, dass steht wohl außer Frage. Interessant ist aber die Tatsache das er eigentlich dem Französischen König Ludwig XIV und der französischen Armee als Offizier dienen wollte, wegen seiner kleinen Statur aber abgewiesen und verschmäht wurde. Darauf trat er in das österreichische Heer ein und erlangte dort Ruhm und Ehre. Wie denkt ihr darüber, Vaterlandsverräter, egoistischer Karrieremensch, brillianter Stratege oder nur glückliche Fügung des Schicksals?

Eher unglücklich für uns! Hätte er doch bloss beim französischen König angeheuert! Am ehesten zutreffend würde ich sagen: brillanter Stratege, der die Osmanen zurückdrängt. Es war die Schlacht bei Zenta 1697, die uns schliesslich das Genick gebrochen hatte, bei zu vernachlässigenden Verlusten der Habsburger und immensen bei den Osmanen. Sein Leitspruch: "Österreich über alles". :mad:
 
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Sorriso schrieb:
Vaterlandsverräter,
egoistischer Karrieremensch,
brillianter Stratege
oder nur glückliche Fügung des Schicksals?

"Vaterlandsverräter" ist für die damalige Zeit für Offiziere überhaupt nicht anwendbar. Adelige, die sich der soldatischen Karriere zuwandten, dienten dort, wo sie bessere Verbindungen bekamen/hatten und zum größten Teil gleichgültig unter welcher Krone - mit einem soldatischen Eid, der sinngemäß noch direkt aus dem Feudalwesen des Mittelalters herrührt.

Erst mit der französ. Revolution zieht diese "Verantwortung gegenüber dem Vaterland" in die Kriegsgeschichte ein, nationale Armeen entstehen, der europäische Söldner stirbt aus, und zuletzt müssen das auch adelige Söhne für den Offiziersstand akzeptieren...

"Egoistischer Karrieremensch": Ludwig XIV Weigerung, ihm ein Patent (ein Bataillon) zu geben, beruhte darauf, dass Eugens Eltern in einen Anschlag auf den König verwickelt waren und, ich glaube zdst. seine Mutter eine "persona non grata" war. Der Hinweis auf seine mangelnde Größe war möglicherweise eine zusätzliche Beleidigung, eine oberflächliche Degradierung, die eigentlich auf das Ansehen seiner Familie gemünzt war. Und man wollte den "kleinen Abbé", wie Eugen genannt wurde, weiter in den Dienst der Kirche abgeschoben sehen. Wessen Ego derart behindert wird, wendet sich wohl anderen Garanten einer Karriere zu. Ich würde sogar sagen, dass Luwig XIV diese Familie in die Arme(e) Habsburgs trieb.
NB: Eugens Bruder war ja bereits in österr. Diensten. Und: das (Haupt-)Haus Savoyen war mit den Habsburgern verwandt und verschwägert.

Ich denke, man kann nun herauslesen, dass es eine gewisse Kompensation aus französischer Jugend beim Prinzen gab, aber erst sein Talent zum
"brillianten Strategen" machte ihn zu dem, als den wir ihn in der Geschichte kennen. Schon bei einem seiner ersten größeren Einsätze als frischer Leutnant, der "Befreiung", also dem Entsatz von Wien wurde seine Führung einer Abteilung besonders hervorgehoben und er erhielt noch im selben Jahr das ersehnte Kommando über ein Regiment.

Das "nur" des letzten (für mich komischen) Satzes kann man streichen: Eugens familiäre und Österreichs existenzbedrohende Situation waren nachträglich betrachtet "eine glückliche Fügung des Schicksals", für beide Teile.
 
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Mittelbar halte ich Eugen sogar für einen Wegbereiter der Einheit Italiens.

Dazu sollte man sich die Situation Savoyens in der Zeit um 1700 anschauen: Zwar bestand noch ein (eher theoretisches) Lehnsverhältnis zum HRR aber praktisch war Savoyen schon nahezu ein Teil Frankreichs. Ohne dass Prinz Eugen während des Spanischen Erbfolgekrieges in Norditalien, mit erheblich schwächeren Kräften, gegen die Franzosen entscheidende Erfolge erringen konnte, hätte Savoyen kaum den Kurswechsel zu den Österreichern wagen können. Norditalien wäre auf vermutlich lange Zeit von Frankreich dominiert worden. So tritt Savoyen den Alliierten bei und wird nach dem Friedensschluss mit dem Königstitel von Sardinien (zunächst Sizilien) belohnt. Das Entstehen des Königreiches Sardinien ist ohne Prinz Eugen schwer vorstellbar, dass dieses Königreich zur Keimzelle des heutigen Italien werden konnte, ist also auch seinen militärischen Können zu verdanken.

Zu deiner Frage: definitiv ein brillianter Stratege.

Es ja nicht so, dass er nur in einer Schlacht glücklich gewonnen hat, sondern er hat mehrmals mit weit unterlegenen Truppen gesiegt (auch wenn Zahlen nur ein Teil der Wahrheit sind):
-Cremona 1702, 400 Österreicher dringen in Cremona ein, öffnen die Stadttore und nehmen den franz. Marschall Villeroy gefangen
-Turin 1706, Prinz Eugen führt seine 30.000 Österreicher zum Sieg gegen 60.000 Franzosen
-Peterwardein 1716, mit 60.000 Mann schlägt er die Osmanen, die mit 200.000 Mann in Ungarn einrückten
 
ja, Andronikos ;-) Dass Verbindungen seitens Prinz Eugens zum regierenden Haus Savoyen bestanden, wäre natürlich, obwohl Eugen (ich hoffe, ich täusche mich nicht) aus einer entfernten Nebenlinie stammte, die von der savoyardischen Regentschaft einigermaßen entfernt war. Will damit sagen, dass dies doch eher ein günstiger Zufall war, aber nicht die Triebfeder.
Aber es passte sicher gut zusammen, dass ein Verwandter als das kriegerische Genie Europas zur Seite stand (und zu oben passend: dieses auch seinem einstigen Verschmäher Ludwig XIV beweisen konnte und bewies!), als sich Savoyen eindeutig gegen Frankreich stellte und 1690 auf die Karte Österreich setzte.
Gegen ein Frankreich, dass dem bis etwa 1600+ souveränen und starken Herzogtum nach und nach das Wasser abgrub.

Mittelfristig (stimmt) gewann das Haus Savoyen die Krone des geeinten Italien, musste dafür aber auch das Kernland Savoyen an Frankreich abtreten ("zurücklassen") und Österreich hat sich mit dem Pufferkönigreich (Savoyen-)Piemont-Sardinien zuletzt gar nichts Gutes getan, sondern den französischen Verbündeten geschaffen, der das Haus Habsburg (das vielköpfige) aus Italien rausdrängte.
Anmerkung zum italienischen Risorgimento: Da ein Mitglied so an Truppenstärken interessiert ist, die von Solferino hab ich noch in etwa im Kopf: innerhalb der Truppenstärke von -ca.- 260.000 Mann auf "italien.-französischer" Seite waren 35.000 Piemontesen, oder weniger.

Den "langfristigsten" Atem, hatte Ludwig XIV., denn etwa 150 Jahre später waren die Grenzen Frankreichs so, wie er sich das vorgestellt hatte. Obwohl oder vielleicht sogar weil er den kleinen Prinzen Eugen ins gegnerische Ausland abwandern ließ.
 
Von einem wie im vorangegangenen Schlussabschnitt langfristigen Vorteil der französischen Krone kann man wohl kaum einen Zusammenhang zu Prinz Eugen ziehen. Besonders Ludwig XIV, der zu seiner Zeit schon an der französischen Finanzpolitik scheiterte (Abdankung Jean Babtist Colbers), ist eine so "weise" Voraussicht eher abzusprechen.

Wenn man aber solche Schlussfolgerungen tätigt ist noch anzumerken das in weiterm Zusammenhang die Schlacht bei Solferino eine weit größere Bedeutung hat als Prinz Eugens Engagement in der österr. Monarchie, da auf diese ja die Gründung des Roten Kreuzes durch den Schweizer Henri Dumaunt zurückgeht.
 
Sorriso schrieb:
Besonders Ludwig XIV, der zu seiner Zeit schon an der französischen Finanzpolitik scheiterte (Abdankung Jean Babtist Colbers), ist eine so "weise" Voraussicht eher abzusprechen.

Den harschen Unterton überhöre ich jetzt einfach mal. Aber lieber Sorriso, Jean-Baptiste Colbert danke nicht ab, sondern er verschied 1683 nach erfolgreicher Amtszeit im Dienst. :winke:
 
Sorriso schrieb:
Von einem wie im vorangegangenen Schlussabschnitt langfristigen Vorteil der französischen Krone kann man wohl kaum einen Zusammenhang zu Prinz Eugen ziehen. Besonders Ludwig XIV, der zu seiner Zeit schon an der französischen Finanzpolitik scheiterte (Abdankung Jean Babtist Colbers), ist eine so "weise" Voraussicht eher abzusprechen.

Wenn man aber solche Schlussfolgerungen tätigt ist noch anzumerken das in weiterm Zusammenhang die Schlacht bei Solferino eine weit größere Bedeutung hat als Prinz Eugens Engagement in der österr. Monarchie, da auf diese ja die Gründung des Roten Kreuzes durch den Schweizer Henri Dumaunt zurückgeht.

Ähm. Interessantes Kartenmischen (Tarot mit altdeutschem Blatt?) ;)
Zu Henri Dunant gerne ein ander mal. Zur desaströsen Finanzpolitik (vieler damaliger Monarchien Europas) auch ein ander mal.

Falls missverständlich, bitte ich um pardon: mein "Schlussabschnitt" war im Sinne von "Ironie der Geschichte" gemeint. Ich hab halt den Sonnenkönig noch mal verschmitzt grinsen lassen.

Falsch wäre aber deine Zurückweisung, dass die Erfolge der Österreicher unter Prinz Eugen (mit den Verbündeten) im span. Erbfolgekrieg GEGEN Frankreich gerade wegen der daraus folgenden Emanzipation Savoyen-Piemonts NICHT schlussendlich, wenn auch etwa 5 Generationen später, sich ZUM Vorteil Frankreichs wendeten.

Henri Dunant in allen Ehren,- staatengeschichtlich war die Schlacht von Solferino allerdings m.E. eigentlich epochal. Sie beendete 1000 (und mehr) Jahre nördlicher Einflussnahme in die italienischen Belange. Nicht nur die Österreicher (als Nachfolger des hl. röm. Reiches dt. Nation) verloren (in Etappen 1848, 1859, 1866, 1918) ihre Ansprüche auf den "Stiefel", auch Frankreich hatte so keinen Grund mehr, dort Einfluss auszuüben oder Stellvertreterkriege zu führen.
 
Sorriso schrieb:
Er war wohl einer der erfolgreichsten Miltiärstrategen in der Geschichte und eine führende Persönlichkeit seiner Zeit, dass steht wohl außer Frage. Interessant ist aber die Tatsache das er eigentlich dem Französischen König Ludwig XIV und der französischen Armee als Offizier dienen wollte, wegen seiner kleinen Statur aber abgewiesen und verschmäht wurde. Darauf trat er in das österreichische Heer ein und erlangte dort Ruhm und Ehre. Wie denkt ihr darüber, Vaterlandsverräter, egoistischer Karrieremensch, brillianter Stratege oder nur glückliche Fügung des Schicksals?

Für Europa war es meiner Ansicht nach eine der glücklichsten Fügungen überhaupt. Heute kann man natürlich nicht wissen, wie die Schlachten gegen die Osmanen ausgegangen wären, wenn Prinz Eugen nicht gewesen wäre.
Tatsache ist aber, dass er aufgrund seiner genialen Einschtzung der Lage Europa vor der Knechtschaft durch die Osmanen bewahrt hat.
Wäre erst einmal Wien und die Teile Oberösterreichs gefallen, glaube ich kaum, dass der übrige Teil des Heiligen Römischen Reiches und Frankreich standgehalten hätte.
In diesem Zusammenhang übrigens: http://www.liedertafel.business.t-online.de/Prinz_Eugen.htm
 
(Noch immer ein Volkslied in Österreich... Fein, Obwalden ;-) )

Was mich an Prinz Eugen fasziniert und was wahrscheinlich seine Brillianz der Kriegsführung ausmacht: er förderte viele entsprechend notwendige Talente und tat dies ohne auf Stand oder Herkunft zu achten;-
also wieder eine glückliche Fügung, dass er in Frankreich diesbezüglich selbst Pech hatte:

zum Beispiel den Bauernburschen Johann Georg Harrucker. Der konnte sich unter Eugen vom Soldaten zum Generalfeldzeugmeister entpuppen (bitte um Vergebung, wenn der Titel nicht genau stimmt, ich rekapitulier das gerade aus dem kopf).
Die Logistik muss ungemein schwierig gewesen sein. Vom Leithagebirge in die Südoststeiermark und über ganz Ungarn (ausgenommen Siebenbürgen) war über Jahrzehnte (teilw. sogar Jahrhunderte) Plünderung und Krieg gezogen, die Landwirtschaft und folglich unmittelbare Versorgungslage immer wieder zusammengebrochen... vom Hinterland (Österr.) war man schließlich auch schon zu weit entfernt, also musste Harrucker eine neue Versorgungswirtschaft erschaffen.
An Literatur bin ich bisher nicht herangekommen (vielleicht kann wer helfen?) Jedenfalls avancierte er zum Freiherrn von Harrucker, wurde in Ungarn begütert (Gyula) und stiftete seiner (oberösterr.) Herkunftsgemeinde eine Kalvarienbergkirche und darin eine Originalnachbildung des Heiligen Grabes zu Jerusalem (tja, was sonst, gottseidank bliebs bei Belgrad).

Mich würde sehr interessieren, ob auf das Gespann Prinz Eugen-Harrucker (u.a.) nicht nur die Militärgrenze zurückgeht (die selbstverständlich) sondern wann zur Versorgung der Korridortruppen die Ansiedelung der sogenannten Wehrbauern (vornehmlich orthodoxe Serben, um das heutige Banja Luka zB.) begonnen wurde.
Was vorstellungsweise zusätzlich, leider schon wieder ein großer "unsachgemäßer" geschichtlicher Bogen, die ethnischen Probleme bis in die jüngere Geschichte mit ergeben haben könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
ning schrieb:
Falsch wäre aber deine Zurückweisung, dass die Erfolge der Österreicher unter Prinz Eugen (mit den Verbündeten) im span. Erbfolgekrieg GEGEN Frankreich gerade wegen der daraus folgenden Emanzipation Savoyen-Piemonts NICHT schlussendlich, wenn auch etwa 5 Generationen später, sich ZUM Vorteil Frankreichs wendeten.
Worin lag denn dieser Vorteil Frankreichs? Der Gewinn des eigentlichen Savoyens? OK, aber der Schwerpunkt des Staates hatte sich schon länger nach Piemont verschoben, außerdem konnte das Königreich Sardinien angesichts der italienischen Einigung gut auf dieses französischsprachige Gebiet verzichten.
Und der Nachteil Österreichs mag in der Zeit ab 1860 vorhanden gewesen sein. Aber seien wir mal ehrlich, der Vielvölkerstaat passte nicht mehr in die Zeit.

Prinz Eugen war unbestreitbar ein Glücksfall für Österreich/Ungarn - aber auch für Savoyen. Dass dadurch der Aufstieg Savoyens begann, ist wohl Fakt. Dass Prinz Eugen aber alle Entwicklungen in der Zukunft überblickte ist schwer vorstellbar. Dass die italienische Einigung 150 Jahre später auch ein wenig auf sein Wirken zurückgeht, kann man ihm aber von österreichischer Seite schwerlich zum Vorwurf machen.
Obwalden schrieb:
Tatsache ist aber, dass er aufgrund seiner genialen Einschtzung der Lage Europa vor der Knechtschaft durch die Osmanen bewahrt hat.
Wäre erst einmal Wien und die Teile Oberösterreichs gefallen, glaube ich kaum, dass der übrige Teil des Heiligen Römischen Reiches und Frankreich standgehalten hätte.
Naja, sein Anteil an der Schlacht um Wien 1683 ist eher gering. Er trat erst in diesem Jahr in die Dienst von Kaiser Leopold und war "nur" ein Oberst. Sein Aufstieg begann erst in den Folgejahren. 1697, als er die Osmanen bei Zenta schlug, war Wien und Österreich schon länger nicht mehr unmittelbar gefährdet. Es ging "nur noch" um die Sicherung des zurückeroberten Ungarns. Zweifellos eine große Leistung, denn damit konnten die Habsburger endlich ihr 180 Jahre altes Erbe vollständig in Besitz nehmen und den Grundstein für die Doppelmonarchie legen. Die Osmanen hatten ihren Zenit jedoch überschritten als Prinz Eugen an die Spitze der österr. Armee aufstieg.
Seine wirkliche Bewährungsprobe war im Spanischen Erbfolgekrieg gegen Frankreich (und das Mißmanagement, den Schlendrian und den Geldmangel der eigenen Truppen) .
 
Nur "kurz", damit wir nicht allzuweit vom kleinen Abbé und Prinzen abschweifen, aber du hast angefangen! ;)

Andronikos schrieb:
Worin lag denn dieser Vorteil Frankreichs? Der Gewinn des eigentlichen Savoyens? OK, aber der Schwerpunkt des Staates hatte sich schon länger nach Piemont verschoben, außerdem konnte das Königreich Sardinien angesichts der italienischen Einigung gut auf dieses französischsprachige Gebiet verzichten.

Das ist alles richtig. Auf kurze Sicht.
Der Vorteil -beim "Mittelfristigen"- war der, den von Österreich ursprünglich geförderten (wohl durch Prinz Eugen forcierten) Pufferstaat zu seinen -Frankreichs- Gunsten umzudrehen. Da hatte (ablaufend) schon Napoleon leichtes Spiel.
Später war ein "Risorgimento" vielleicht im Sinne italienischer Nationalidealisten (um das mal schön zu formulieren), aber angesichts gut 300-jähriger Großmachtauseinadersetzung am Kontinent zw. Frankreich und Habsburg und an dieser geograph. Stelle Österreich, ging es für Frankreich um den uneingeschränkten Einfluss in Norditalien. Und den hat man gerade auch MIT dem vereinigten Italien perfektioniert, womit ich auf die abschließende Situation von 1915 anspiele.

Andronikos schrieb:
Und der Nachteil Österreichs mag in der Zeit ab 1860 vorhanden gewesen sein. Aber seien wir mal ehrlich, der Vielvölkerstaat passte nicht mehr in die Zeit.
Selbstverständlich! Damit ich Ahnungen hier zerstreue: ich finde am Gang der Geschichte nichts auszusetzen, egal, ob ich Österreicher bin oder nicht. Und besonders Norditalien, oder Parma, Toskana bis Sizilien war nicht wirklich Sache Österreichs, sondern Sache der vielköpfigen Habsburgerverwandtschaft. Finis.

Aber
Andronikos schrieb:
Prinz Eugen war unbestreitbar ein Glücksfall für Österreich/Ungarn
Mit diesem, deinem Satz hätt ich jetzt gern geschlossen, da las ich aber das kleine Wort /Ungarn. Ich vermute, du meintest damit auch, die Ungarn wären dankbar gewesen über die Befreiung von türkischer Herrschaft. Waren sie aber nicht wirklich. Wir können, so der Themenstarter nichts dagegen hat, an dieser Stelle auch dies ausdiskutieren, aber die Ungarn (vor allem ihre Magnaten) waren seit dem Tod Ludwigs in Mohacs nicht froh darüber, ihre Krone auf dem Haupte eines Habsburgers (die noch der große Mathias Corvinus am Gängelband hatte) zu sehen. Das war eine "über Jahrhunderte tief gezogene Grenze" zwischen Ost und West, würd ich sagen, und vermutlich fühlten sich die Ungarn doppelt gedemütigt, zum einen, schnöde durch Heiratspolitik ausgetrickst ihren König nicht aus ihren Reihen (oder den verbundenen Nachbarreichen) bestimmt zu haben, sondern vor allem NICHT aus eigener Kraft die Türken "vertrieben" zu haben.
Das führte meiner Meinung nach zu einem aufgeblasenen ungarischen Chauvinismus innerhalb ihrer Reichshälfte, dem ich am Untergang der, hier schon erwähnten "ersten europäischen Idee" mehr Schuld zuweise, als dem österreichischen Habsburg, das seinerseits wegen ständigen Zwangs des Reagierens, Abwehrens, Verzögerns, Zugestehens ideen- und kraftlos das föderale Prinzip entgleiten ließ.
 
ning schrieb:
Mit diesem, deinem Satz hätt ich jetzt gern geschlossen, da las ich aber das kleine Wort /Ungarn. Ich vermute, du meintest damit auch, die Ungarn wären dankbar gewesen über die Befreiung von türkischer Herrschaft. Waren sie aber nicht wirklich.
Der Kuruzenaufstand ist mir hinlänglich geläufig. Ich meinte also nicht die Dankbarkeit der Ungarn für Prinz Eugen, sondern wirklich nur die Tatsache, dass Prinz Eugen ein Glücksfall für den "Staatenverbund der Habsburger" war. (Die Kombination Ö/U stellt eine ungewollte Assoziation ins 19. Jhd. her und unterschlägt andere wichtige Teilstaaten wie das Königreich Böhmen - da hast du recht)
 
ning schrieb:
Johann Georg Harrucker

bzw. Johann Georg Freiherr von Harrucker.

Das wäre mir ein Anliegen und ich gebe zu, anscheinend ein fauler/unbegabter Googler zu sein: hat zufällig jemand mehr Glück und Wissen, ob im Netz etwas über das einstige "Wirtschaftswunder und Karrierewunder) Harrucker" in Sachen Heeresversorgung unter Prinz Eugen zu finden ist, eventuell sogar + Literaturliste?

Stichworte: Name, Gyula (Ungarn, dort wurde er begütert, da hab ich keine deutsch/englischsprachige Seite gefunden), Schenkenfelden (Herkunftsort)
 
Vielleicht sollte man den guten Eugenius nicht auf den militärischen Teil beschränken. Er arbeitete auch administrativ in Wien. Angeblich hatte er über Seckendorf großen Einfluss auf Friedrich Wilhelm I. in Preußen genommen und somit die Ehe mit dem Hause Hannover hintertrieben. Wie dann die Geschichte mit einem umfassenden Bündnis Hannover-Hohenzollern schon im 2. Viertel des 18.Jh. ausgesehen hätte, lassen die Auswirkungen der Ehe des Großen Kurfürsten nach Oranien nur vermuten. So aber gelang es dem Haus Habsburg den Konflikt mit den Hohenzollern aufzuschieben. (Immerhin war die Kronprinzessin u. Gemahlin des Kronprinzen Friedrich nah verwandt mit der Kaiserin, was auch wiederum auf Seckendorf und somit Eugen zurück zu führen sein dürfte.)

Selbstverständlich erlegte Eugen als Teil einer immer mehr überalternden Verwaltung in Wien auch die Notwenigkeit zu den Theresianischen Reformen auf. Außerdem soll Eugen aber immerhin im Polnischen Erbfolgekrieg den jungen Kronprinzen Friedrich noch sehr imponiert haben.
 
Brissotin schrieb:
Vielleicht sollte man den guten Eugenius nicht auf den militärischen Teil beschränken. Er arbeitete auch administrativ in Wien. Angeblich hatte er über Seckendorf großen Einfluss auf Friedrich Wilhelm I. in Preußen genommen und somit die Ehe mit dem Hause Hannover hintertrieben. Wie dann die Geschichte mit einem umfassenden Bündnis Hannover-Hohenzollern schon im 2. Viertel des 18.Jh. ausgesehen hätte, lassen die Auswirkungen der Ehe des Großen Kurfürsten nach Oranien nur vermuten. So aber gelang es dem Haus Habsburg den Konflikt mit den Hohenzollern aufzuschieben. (Immerhin war die Kronprinzessin u. Gemahlin des Kronprinzen Friedrich nah verwandt mit der Kaiserin, was auch wiederum auf Seckendorf und somit Eugen zurück zu führen sein dürfte.)
Anfang des 18. Jahrhunderts waren die Hohenzollern eine regionale Macht und noch weit davon entfernt in der ersten Liga der europäischen Großmächte zu spielen. Erst die Raubzüge Friedrichs II. und die daraus folgenden endlosen Kriege brachten Preussen ins europäische Konzert.
 
Rovere schrieb:
Anfang des 18. Jahrhunderts waren die Hohenzollern eine regionale Macht und noch weit davon entfernt in der ersten Liga der europäischen Großmächte zu spielen. Erst die Raubzüge Friedrichs II. und die daraus folgenden endlosen Kriege brachten Preussen ins europäische Konzert.
Aber der österreichische Aufstieg verlief ja auch erst am Anfang des 18.Jh.. Dass er so unangefochten wie an dessen Ende noch nicht war, zeigen wohl die Ereignisse des Österreichischen Erbfolgekrieges. Preußen und Österreich waren schon auf gleicher Augenhöhe, was auch die Begegnungen zwischen dem Kaiser Karl VI. und Friedrich Wilhelm I. zeigen.
Preußen hatte aus dem Nordischen Krieg mehr profitiert als Kursachsen, wenn man genauer hinschaut und wurde mittlerweile schon etwas mehr als nur das Zündlein an der Waage.

Man muss sich auch anschauen, wenn man Österreich höher bewertet als Preußen im Bezug auf den Einfluss, dass sich dieser im Falle des Hauses Habsburg auch gelöst von der Kaiserwürde erst ab dem frühen 18.Jh. mit Machtfülle versah. Das heißt die Habsburger wurden unabhängiger von ihrem Titel, konnten auch mal einen Karl VII. Albrecht durchstehen, eben weil der Titel nicht mehr alles war, was Habsburg vorzuzeigen hatte.

Schau mal da rein, da geht es näher um die Frage, welchen Einfluss Preußen hatte, vielleicht kannst du deine Ansicht mit Quellen untermauern. http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=11583
 
Brissotin schrieb:
Aber der österreichische Aufstieg verlief ja auch erst am Anfang des 18.Jh.. [/URL]

Du schaust schon ein bissl aus heutiger Schräge der ehrgeizigen deutschen Nationalstaatenentwicklung auf die Geschichte des hl. röm. Reiches dt. Nation, nicht? Aber bitte nimm folgendes nicht persönlich und schon gar nicht allein an Dich gerichtet:

Ein nicht übler Historiker, den ich kenne (er zieht auch nur Hosen innerhalb des Wiener Rings an) sagt also nicht zu Unrecht "Die Deutschen können nur bis Rudolph von Habsburg und dann ab den zwei Hohenzollern ab 1871 was mit "Deutscher Geschichte" anfangen, das dazwischen können und wollen sie nicht recht durchblicken. (Stichwort und Zitat Rovere: "Deutschland wird Österreich Habsburg nie verzeihen!) ;)

Bis zu Deinem relativ korrekten "Anfang des 18. Jh.s" nahmen die Habsburger aus dem sogen. "Erzhaus Österreich" ihre Pflicht als Kaiser über das gesamte deutsche Reich ernster als die rivalisierenden deutschen Fürstentümer. Und den letzten, falls protestantisch, war auch egal, ob ihre Durchschlagskraft von einem Katholiken (Frankreich), einem Erzcalvinisten (zu denen ich die Schweden zähle) oder einem orthodoxen Russland gestärkt wird. Welche lustig an Deutschland prifitierten ...

Österreichs zunehmender Rückzug aus der Kaiserpflicht war notgedrungen, als besonders im und nach dem 30-jährigen Krieg sich die huldigenden deutschen Fürsten verhielten, wie es ihnen und ihrem bankrotten Säckel gerade passte: korrupt.
Die Türkenkriege und somit die territoriale Übergröße und das Hinauswachsen aus dem Reichsverband und seinen Grenzen (ab 1683) kamen deshalb voran, weil Louis der Ballettänzer pleite war und mit Sachsen und Bayern zwei treue Verbündete bei der Stelle blieben.
Diese konnten langfristig nicht ausreichend belohnt (Fehler Habsburgs 1: man hätte den Wittelsbachern mal die Kaisserkrone geben sollen / 2: man hätte Sachsen und Polen intelligenter verbinden bzw. verbünden sollen).

Und richtig, Rovere hat völlig recht: all dies haben die Fritzens aus Potsdam unterminiert, Russland unterstützt oder auch mal nicht - jedenfalls habt ihr dann euer schönes Deutsches Reich mit preussischer Order bekommen.
Zum Wohl, sagt die Zeit ...

(muss mal dringend rote sammeln: nur her damit):p
 
Das Haus Habsburg hat sicher lange Zeit kräftig vom Kaisertitel profitiert, schließlich gab es auch nach 1648 noch viele Möglichkeiten in der Diplomatie, die auch fleißig benutzt wurden.

Die Erweiterung der Hausmacht und die Bildung eines einheitlichen Staatsgebietes lief im 18. Jhd parallel zu den Bemühungen Preußens ab. Der Gewinn Schlesiens hat für Preußen dabei sicherlich stärker positiv gewirkt als der Verlust für Österreich negativ. Die Schaffung des Kaiserreichs Österreich zeigt ja auch, dass das restliche Europa die Habsburger nach den vielen Jahrhunderten fast durchgehender deutscher Kaiserkrone für "würdig" erachteten.

Und für den Niedergang des alten deutschen Reichs waren sicher nicht nur die Fritzens verantwortlich, hier haben alle Mächte ihre Interessen im Vordergrund gehalten.

Solwac

P.S. Hier das gesuchte rote: :devil: ;)
 
ning schrieb:
(muss mal dringend rote sammeln: nur her damit):p

Mist wollte Dir gerade Grüne geben, ging aber nicht, ist noch nicht lange genug her. :)
Ich sehe eigentlich in Deinen Ausführungen keine Diskrepanz zu meinen Aussagen. Beim Haus Habsburg ist manchmal ja auch vom Haus Österreich die Rede, deswegen vielleicht die Verwechslung. Du kannst beruhigt sein, ich sehe nichts mit der "heutigen Schräge". Worum es zwischen mir und Rovere primiär ging war:
1.Wie wichtig war der Einfluss und die Macht Preußens um, sagen wir um 1720?

Da würde ich mal Preußen nicht unterschätzen. FWI und August II. sahen sich als gleichberechtigte Partner an und diese Partnerschaft vom ehemaligen Vasallen zum ehem. Lehnsherren ist für mich schon sehr wichtig.
Im Verkehr zwischen FW I und Karl VI. wurde darauf geachtet, dass beide gleichrangig waren.*

*Beide waren gekrönte Häupter und das allein zählte. Ich kann dazu noch ein Zitat folgen lassen.

2. Wie löste sich die habsburgische Macht vom Kaisertitel?
Ebenso wie für die Kurfürsten wurde für den Kaiser der Titel zusehends unbedeutender. (Kurfürst stand ja auch hinter dem Markgrafentitel in der Reihenfolge der Nennung, deswegen ist die Bezeichnung Markgraf von Brandenburg für die Vorgänger F I. durchaus korrekt.) Über den Kaisertitel hatte das Haus Habsburg seit Maximilian I. sich auch deffiniert. Einen letzten Höhepunkt in tatsächlicher Machtfülle zeigte sich, für mich, 1629 in den Vorstellungen Ferdinand II.. (Golo Manns Biographie zu "Wallenstein" ist dafür sehr aufschlussreich.) Der Kaiser hatte nach dem 30-jährigen Krieg viel von seinen Befugnissen und Ansprüchen aufgeben müssen. Die Reichsarmatur von 1681 scheint dem zwar Einhalt gebieten zu wollen, aber ob diese nun dem Kaiser oder dem Reich ein Mittel in die Hand geben sollte ist eine andere (spannende) Frage. Der Rheinbund, welcher für die franz. Interessen Partei bezog, hatte neue Konzepte offen gelegt. Die Bestimmung der Geschicke des Reiches durch Habsburg ließ sich in der Form nicht mehr aufrecht erhalten. Der Kollaps der Finanzen, die selbst die Verwaltung der Reichsdeffension betrafen, wurde aber eindeutig am schlimmsten am Ende der Herschaft Karl VI.. Daher finde ich es logisch die Theresianischen Reformen und die Behauptung des Hauses Habsburg als Marken für eine Neudeffinition der Ansprüche des Hauses Habsburg anzusehen, das einsehen musste, dass die Bewahrung der Kaiserwürde in der Familie kein Garant mehr für Machtfülle war. Das abnehmende Interesse an der Kaiserwürde (ich kann mich nicht entsinnen, dass es nach Karl VII. nochmals einen nichthabsburgischen Kandidaten gab), ist für mich auch beredtes Zeugnis.
Man sollte nicht außer Acht lassen, dass die anfangs innovativen Bürokratischen Reformen, welche Prinz Eugen in seine Stellung in Wien gebracht hatten, aber auch eine Zeit der Veralterung mit sich brachten, welche nach Reformen schrie. Es gab einige wenige der alten, welche die Reformpläne des Grafen Haugwitz und Kaunitz zu tragen bereit waren.

Die Ausführungen können nicht erschöpfend sein, aber sollen ein bisschen beleuchten in welcher Zeit des Umbruchs Prinz Eugen am Ende seiner Karriere lebte. Danke für die Kommentare.

Brissotin:winke:
 
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