Vorderösterreich 1800-1815

Brissotin

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Hier soll es nun um die Zeit gehen, als Vorderösterreich zu Baden kam. Als endgültigen Schlusspunkt nehme ich noch die Phase bis zum Wiener Kongress dazu, weil da nochmal inoffiziell die Frage nach Wiederangliederung auftauchte.

Zur schrittweisen Abtretung Vorderösterreichs an Baden komme ich vielleicht noch ein andermal detailierter.
Jedenfalls wollte Ercole III. von Modena seine Besitzungen im Breisgau und der Ortenau nicht haben. Schon im Frieden von Compo Formio war eine solche Entschädigung vorgesehen. Mit dem Frieden von Lunéville wurde die Abtretung an Ercole III. endlich durchgesetzt, wobei dieser Erzherzog Karl an seiner Statt einsetzte. Dadurch veränderte sich letztlich vorerst nicht viel, abgesehen von dem Verlust des Fricktals, welches 1802 zur Helvetischen Republik kam. Letztlich beerbte die Linie Österreich-Este Ercole III. von Modena. Der Friedensschluss von 1805 (Pressburger Frieden) machte dann den Verlust Vorderösterreichs für das Haus Österreich vollständig.


Allerdings gab es späterhin noch umfangreiche Versuche seitens der Vorderösterreicher, wieder an das Kaiserhaus zurück zu gelangen:

Ich zierte mich mal selbst: :rotwerd:
Ich fand beim Nachschlagen beispielsweise 14 Freiburger Studenten, die überwiegend aus Freiburg und anderen ehemals vorderösterreichischen Orten stammten, die auszogen, um sich den Tiroler Aufständischen von 1809 anzuschließen. Besonders bekannt wurde unter ihnen Georg Hauger, der ein Sohn eines Registrators der vormaligen vorderösterreichischen Regierung gewesen ist. Er zeichnete sich beim Kampf an der Lienzer Klause aus und wurde später Leutnant der Kaiserjäger.
(Hauger entführte übrigens 1823 die Gebeine von Andreas Hofer von Mantua nach Innsbruck, wo sie beigesetzt wurden. Neben Hofers Grab fand dann auch Hauger in den 1930ern eine letzte Ruhestätte, wohl da man die große Nähe zueinander da höher einschätzte als zuvor.)

Die Anhänglichkeit an Österreich in V.Ö. hatte ich ja schon erwähnt. Beim Wiener Kongress wurde das nochmal spruchreif. 1814 rechnete man in Freiburg ganz stark auf die Wiedervereinigung mit dem Erzhaus. Davon kündet nicht nur eine Delegation der Stadt Freiburg, welche den Kaiser 1814 in Basel aufsuchte, sondern auch eine ganz eindeutige Adresse an den Kaiser, welche die "Hoffnung auf Wiedervereinigung mit Österreich" beinhaltete. Sogar eine Denkmünze auf mit der Umschrift "Zum Andenken an die Wiedervereinigung Breisgaus mit Österreich" ließ man herstellen. (Alles sehr in Richtung: :anbetung:)
Neben der direkten Adresse des Magistrats von Freiburg an den Kaiser, gab es auch den Versuch einer Eingabe an Metternich, dessen Mutter eine Kageneck und Freiburgerin war. Die Versuche beim ehem. Polizeiminister Sumeraw indes blieben natürlich nicht aus. Aber der wollte ja ohnehin von keiner anderen leitenden Position einer Regierung wissen, als von der als Regierungspräsident der Vorlande.

In Karlsruhe soll man über die doch leicht zu entdeckenden Pläne der Freiburger Anhänger des Erzhauses sehr verstimmt gewesen sein. Zusammengenommen klingt das Ganze auch wie Hochverrat, aus badischer Sicht, was aber den treuen ehemaligen Untertanen des Kaisers Franz II. nicht im Traum einfiel.

Quelle:
"Vorderösterreich - Eine geschichtliche Landeskunde" Verlag Rombach, Freiburg i. Br., 1959 S. 340-341
Aus: http://www.geschichtsforum.de/f16/1...sch-rler-s-dwestdeutschland-27509/index2.html

A. Gotthard erläuterte sehr lebendig die Ereignisse beim Aufenthalt Franz I. in Freiburg. Der Kaiser war im Zuge der "Befreiungskriege" nach Freiburg gekommen.
"Voll freudiger Erregung sahen die Freiburger dem für [den] 15. Dezember angesagten Besuch des Kaisers von Österreich entgegen; es sollte eine Demonstration der Anhänglichkeit des nun badischen Breisgaus an sein altes Herrschergeschlecht werden, ein flehender Ruf nach Wiedervereinigung. Der vorrausreisende Metternich schrieb, das Volk könne sich nicht fassen vor Glück, den Kaiser zu sehen, die Breisgauer seien östereichischer als die Österreicher, und dann, nach der Ankunft des Kaisers: Seine Majestät seien mit einem an Tollheit grenzenden Jubel empfangen worden."
Durch die Straßen wogten stürmische "Vivat!"-Rufe. Beim Empfang im Kreisdirektorium wurde "Gott erhalte Franz den Kaiser" vorgesungen.
Seiner Majestät selbst war allerdings das Ganze politisch ein wenig peinlich, weshalb er auf das vorgesehene Ausspannen verzichtete.*
Er war wohl froh aus der Lage rauszukommen. Auf der einen Seite ein untreues Volk, das ihn wollte, auf der anderen Seite ein Kaiser, welcher die Anhänglichkeit seiner ehemaligen Untertanen nicht übersehen konnte.
Man muss die Begeisterung aber auch verstehen: der letzte Kaiserbesuch war über 30 Jahre her gewesen und dieser Kaiser hatte sich, obwohl noch rechtmäßiger Herr dieser Lande, sogar noch ungerner feiern lassen.

*
Axel Gotthard zu einer Darstellung des Einzuges des Kaisers in Freiburg
S. 124
in:
"Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons" Katalog 1.1 Stuttgart, Edition Cantz, 1987
 
Jedenfalls wollte Ercole III. von Modena seine Besitzungen im Breisgau und der Ortenau nicht haben. Schon im Frieden von Compo Formio war eine solche Entschädigung vorgesehen. Mit dem Frieden von Lunéville wurde die Abtretung an Ercole III. endlich durchgesetzt, wobei dieser Erzherzog Karl an seiner Statt einsetzte. Dadurch veränderte sich letztlich vorerst nicht viel, abgesehen von dem Verlust des Fricktals, welches 1802 zur Helvetischen Republik kam.

Als Ergänzung zum Fricktal :winke:

Im 6. Geheimartikel des Friedens von Campoformio (1797) trat Österreich alle seine Besitzungen zwischen Bernau und Basel, darunter insbesondere das Fricktal, an Frankreich ab. Diese Gebiete sollten anschliessend der neu zu bildenden Helvetischen Republik einverleibt werden, doch zu einem Vollzug kam es nicht bis zum Frieden von Lunéville (1801). Frankreich behielt sich eine Abtretung des Fricktals an die Helvetische Republik vor. 1802 übernahm Sebastian Fahrländer die Verwaltung des Fricktals und konstituierte den Kanton Fricktal mit dem Hauptort Rheinfelden. Der neue Kanton umfasste die drei Distrikte Rheinfelden, Frick und Laufenburg. Nach dem Sturz Fahrländers gelangte das Fricktal Ende 1802 an die Helvetische Republik und nach der Auflösung im März 1803 dem Kanton Aargau angegliedert.

Quelle: Historisches Lexikon der Schweiz.


Nicht mehr auf dem neusten Stand, aber sehr interessant:

Dr. Sebastian Fahrländer 1768-1841
 
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