Wieder einmal was zur Schweizer Geschichte.
Zwischen 1798 und 1848 gab es in den eidgenössischen Orten und Kantone mehr verfassungsmässige und politische Veränderungen als in den zwei Jahrhunderten davor. In dieser Zeit kam es zu einem Wandel in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur und zur Industrialisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse. Die Entwicklung in der Schweiz ist eng mit der allgemeinen europäischen Entwicklung verknüpft.
Die Entwicklung zwischen 1798 und 1848 kann man wie folgt einteilen:
Bis 1798 Alte Eidgenossenschaft
1798 - 1813 Helvetische Republik und Mediation
1813 – 1830 Restauration
1830 – 1848 Regeneration
Alte Eidgenossenschaft
Die alte Eidgenossenschaft war ein lockerer Staatenbund von 13 souveränen Orten, die rechtlich gleichgestellt waren, sich aber stark in ihren politischen Strukturen unterschieden. In den Städteorten herrschten privilegierte Bürger der Hauptstädte über die untertänige Landschaft. In den Länderorten waren die Landsgemeinden oberstes Organ, auch sie besassen Untertangebiete. Dazu kamen die zugewandte Orte, wie zum Beispiel die Fürstabtei St.Gallen. Auch diese Gebiete waren souverän und hatten ihre eigenen Untertangebiete, sie waren aber mit Ausnahme von St. Gallen nur mit einem Teil der dreizehn Orte verbündet.
Oberstes Organ der Eidgenossenschaft war die Tagsatzung. Dies war keine Behörde im heutigen Sinn, sondern eine Konferenz von Gesandten der dreizehn Orte und einiger Zugewandten. Die Tagsatzung konnte nur einstimmig einen Beschluss fassen, und die Gesandten durften nur gemäss den schriftlichen Instruktionen ihrer Regierung verhandeln und stimmen. Wegen der geforderten Einstimmigkeit war die Tagsatzung kaum je beschlussfähig.
Während die umliegenden Staaten ihre Führungsstrukturen strafften, blieb in der Eigenossenschaft alles beim Alten. Bestrebungen die eine Modernisierung befürworteten wurde von der Obrigkeit nicht beachtet, ebenso wie das Gedankengut der Französischen Revolution.
Beim Einmarsch der französischen Truppen begegnete ihnen wenig Widerstand. Die waadtländischen Untertanen Berns begrüssten die Franzosen als Befreier, Bern versuchte Widerstand zu leisten, konnte aber auf keine nachhaltige Hilfe zählen. Mit der Kapitulation im März 1798 war der Untergang der Alten Eidgenossenschaft besiegelt.
1798 – 1813 Helvetische Republik und Mediation
Im Frühjahr 1798 erhielt die Schweiz erstmals ein geschriebenes Grundgesetz mit einheitlichem Recht für das ganze Territorium. Die Verfassung wurde den Orten von Frankreich aufgezwungen und sah einen zentralistischen Staatsaufbau vor. Diese Staatsform war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die positiven Elemente der Verfassung waren die neu eingeführte Gewaltentrennung und die Rechtsgleichheit, negativ war dass ein zentralistischer Staat der politischen Kultur der Schweiz widersprach. Nicht nur gegen die Verfassung gab es Widerstand, sondern immer stärker gegen die französischen Truppen in der Schweiz, zunächst von den alpinen Landsgemeindeorten und dann später auch von den Städten.
Nach der Niederlage Österreichs im zweiten Koalitionskrieg war die Schweiz politisch gespalten. Auf der einen Seite waren die unter sich zerstrittenen Unitarier und auf der andern die Föderalisten. Beide Gruppen versuchten, durch Staatstreiche an die Regierung zu kommen, was am Ende zu einem Bürgerkrieg führte, der erst durch die Intervention Napoleon Bonapartes ein Ende fand. Er berief von beiden Seiten Vertreter nach Paris wo er schonungslos die schweizerischen Verhältnisse analysierte und ihnen als Lösung die Mediation aufzwang. Die wichtigsten Modernisierungsmassnahmen wurden in der Mediationsakte festgehalten. Während der Mediationszeit blieb die Eidgenossenschaft innerhalb des französischen Hegemonialsystems stabil. Dadurch konnte sich die Wirtschaft weiter entwickeln und mit der Industrialisierung Schritt halten.
1813 – 1830 Restauration
Ab Dezember 1813 überschritten die alliierten Truppen im Kampf gegen Napoleon nach Belieben die Schweizer Grenze. Dies hatte für die weitere Entwicklung in der Schweiz Symbolcharakter. Mit dem Zusammenbruch von Napoleons Hegemonie war auch die Zeit der Mediation vorbei.
Die konservativen Kräfte in verschiedenen Kantonen begrüssten die Truppen der europäischen Grossmächte und hofften, dass die alten Herrschaftsverhältnisse der Alten Eidgenossenschaft wieder hergestellt werden. In Bern übernahmen die Patrizier wieder die Regierung und forderten die neuen Kantone Aargau und Waadt zur Rückkehr unter die bernische Herrschaft auf. In den Landsgemeindekantone und Zunftstädten stellte man die alte Ordnung wieder her. Gleichzeitig mit der Wiederherstellung der vorrevolutionären Zustände entbrannte ein Streit um einen neuen Bundesvertrag, der die Mediationsakte ablösen sollte. Die zehn alten Orte forderten eine neue Verfassung und sprachen sich für die Rückkehr zur dreizehnortigen Eidgenossenschaft aus. Die alliierten Mächte hingegen forderten einen Bund mit 19 Orten und drohten mit einer Intervention. Der neue Bundesvertag wurde im September 1814 verabschiedet. Darin wurden Genf, Neuenburg und Wallis als neue Kantone aufgenommen. Die Kantone waren souverän und konnten sich ihre eigene Verfassung geben, eine gemeinsame Aussen- und Wirtschaftspolitik des Bundes wurde dadurch erschwert. Zur Grenzsicherung wurde ein Bundesheer aus kantonalen Kontingenten geschaffen.
Am Wiener Kongress wurden die Landesgrenzen und die 22 Kantone anerkannt, im 2. Pariser Frieden die immerwährende Neutralität festgeschrieben.
Deutscher Bund
Auf dem Wiener Kongress schlossen sich die deutschen Einzelstaaten zum Deutschen Bund zusammen. Dieser Staatenbund bestand aus 39 Mitgliedern und zerbrach 1866 am preussisch-österreichischen Krieg. Neben den Deutschen Fürsten gehörten ihm auch die Könige von Dänemark, Grossbritannien und der Niederlande an. Preussen und Österreich waren nur zum Teil mit ihrem Staatsgebiet dem Deutschen Bund angegliedert. Der Bundestag war das einzige Bundesorgan und tagte in Frankfurt unter österreichischem Vorsitz. Der österreichische Staatskanzler Metternich bestimmte weitgehend die Politik des deutschen Bundes.
Das monarchistisch-konservative System des Deutschen Bundes, vor allem nach der Verabschiedung der Karlsbader Beschlüsse, wirkte sich auch auf die Schweiz aus. Denn die Aussenpolitik der Tagsatzung befasste sich ausschliesslich mit den Beschwerden der Grossmächte, vor allem wegen den Emigranten die wegen den Beschlüssen in die Schweiz flüchteten. Metternich protestierte gegen die Aufnahme von politischen Flüchtlingen, deshalb beschloss die Tagsatzung die Presse- und Fremdenkonklusum. Damit wurden die Pressefreiheit und die Asylpolitik eingeschränkt.
1830 bis 1848 Regeneration
Nach der Pariser Juli-Revolution setzte in der Schweiz die Regeneration ein. Gegen das konservative Regime regte sich von der liberalen Seite her Widerstand. Die liberale Bewegung forderte Volkssouveränität, Rechtsgleichheit, Abschaffung des Wahlzensus und generell eine Stärkung des Bundes. Elf Kantonsregierungen gaben diesem Druck nach und führten in ihren neuen Verfassungen eine Grundlage der repräsentativen Demokratie ein, den Bundesvertag zu ändern erreichten die Liberalen nicht. Die Modernisierungsschritte der liberalen Kantone wurden von kirchlicher und konservativer Seite vehement bekämpft. Auf der einen Seite standen die wachstums- und anpassungsorientierten Kräfte, die sich eine stärkere Bundesgewalt wünschten und auf der andern Seite die um ihre angestammte religiöse und politische Identität besorgten konservativen, meist katholischen Kräfte. Eine Lösung des Konfliktes wurde immer aussichtsloser, nachdem durch vier Ereignisse das Vertrauen zwischen den beiden Gruppierungen gänzlich zerstört worden war: das waren die Klosteraufhebung im Kanton Aargau, die Jesuitenberufung in Luzern, die Freischarenzüge von Radikalen gegen Luzern und die Gründung einer konservativen Schutzvereinigung, des sog. Sonderbundes. 1847 beschloss die Tagsatzung den Sonderbund aufzulösen und griff dafür zu militärischen Mitteln. General Dufour sollte an der Spitze der Bundestruppen diese Auflösung erzwingen. In einem kurzen Krieg zwang der General die Sonderbundskantone zur Aufgabe, bevor sich die Grossmächte einmischen konnten. Damit machte Dufour den Weg frei zur Neugestaltung des Bundes unter liberaler Führung.
Zwischen 1798 und 1848 gab es in den eidgenössischen Orten und Kantone mehr verfassungsmässige und politische Veränderungen als in den zwei Jahrhunderten davor. In dieser Zeit kam es zu einem Wandel in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur und zur Industrialisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse. Die Entwicklung in der Schweiz ist eng mit der allgemeinen europäischen Entwicklung verknüpft.
Die Entwicklung zwischen 1798 und 1848 kann man wie folgt einteilen:
Bis 1798 Alte Eidgenossenschaft
1798 - 1813 Helvetische Republik und Mediation
1813 – 1830 Restauration
1830 – 1848 Regeneration
Alte Eidgenossenschaft
Die alte Eidgenossenschaft war ein lockerer Staatenbund von 13 souveränen Orten, die rechtlich gleichgestellt waren, sich aber stark in ihren politischen Strukturen unterschieden. In den Städteorten herrschten privilegierte Bürger der Hauptstädte über die untertänige Landschaft. In den Länderorten waren die Landsgemeinden oberstes Organ, auch sie besassen Untertangebiete. Dazu kamen die zugewandte Orte, wie zum Beispiel die Fürstabtei St.Gallen. Auch diese Gebiete waren souverän und hatten ihre eigenen Untertangebiete, sie waren aber mit Ausnahme von St. Gallen nur mit einem Teil der dreizehn Orte verbündet.
Oberstes Organ der Eidgenossenschaft war die Tagsatzung. Dies war keine Behörde im heutigen Sinn, sondern eine Konferenz von Gesandten der dreizehn Orte und einiger Zugewandten. Die Tagsatzung konnte nur einstimmig einen Beschluss fassen, und die Gesandten durften nur gemäss den schriftlichen Instruktionen ihrer Regierung verhandeln und stimmen. Wegen der geforderten Einstimmigkeit war die Tagsatzung kaum je beschlussfähig.
Während die umliegenden Staaten ihre Führungsstrukturen strafften, blieb in der Eigenossenschaft alles beim Alten. Bestrebungen die eine Modernisierung befürworteten wurde von der Obrigkeit nicht beachtet, ebenso wie das Gedankengut der Französischen Revolution.
Beim Einmarsch der französischen Truppen begegnete ihnen wenig Widerstand. Die waadtländischen Untertanen Berns begrüssten die Franzosen als Befreier, Bern versuchte Widerstand zu leisten, konnte aber auf keine nachhaltige Hilfe zählen. Mit der Kapitulation im März 1798 war der Untergang der Alten Eidgenossenschaft besiegelt.
1798 – 1813 Helvetische Republik und Mediation
Im Frühjahr 1798 erhielt die Schweiz erstmals ein geschriebenes Grundgesetz mit einheitlichem Recht für das ganze Territorium. Die Verfassung wurde den Orten von Frankreich aufgezwungen und sah einen zentralistischen Staatsaufbau vor. Diese Staatsform war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die positiven Elemente der Verfassung waren die neu eingeführte Gewaltentrennung und die Rechtsgleichheit, negativ war dass ein zentralistischer Staat der politischen Kultur der Schweiz widersprach. Nicht nur gegen die Verfassung gab es Widerstand, sondern immer stärker gegen die französischen Truppen in der Schweiz, zunächst von den alpinen Landsgemeindeorten und dann später auch von den Städten.
Nach der Niederlage Österreichs im zweiten Koalitionskrieg war die Schweiz politisch gespalten. Auf der einen Seite waren die unter sich zerstrittenen Unitarier und auf der andern die Föderalisten. Beide Gruppen versuchten, durch Staatstreiche an die Regierung zu kommen, was am Ende zu einem Bürgerkrieg führte, der erst durch die Intervention Napoleon Bonapartes ein Ende fand. Er berief von beiden Seiten Vertreter nach Paris wo er schonungslos die schweizerischen Verhältnisse analysierte und ihnen als Lösung die Mediation aufzwang. Die wichtigsten Modernisierungsmassnahmen wurden in der Mediationsakte festgehalten. Während der Mediationszeit blieb die Eidgenossenschaft innerhalb des französischen Hegemonialsystems stabil. Dadurch konnte sich die Wirtschaft weiter entwickeln und mit der Industrialisierung Schritt halten.
1813 – 1830 Restauration
Ab Dezember 1813 überschritten die alliierten Truppen im Kampf gegen Napoleon nach Belieben die Schweizer Grenze. Dies hatte für die weitere Entwicklung in der Schweiz Symbolcharakter. Mit dem Zusammenbruch von Napoleons Hegemonie war auch die Zeit der Mediation vorbei.
Die konservativen Kräfte in verschiedenen Kantonen begrüssten die Truppen der europäischen Grossmächte und hofften, dass die alten Herrschaftsverhältnisse der Alten Eidgenossenschaft wieder hergestellt werden. In Bern übernahmen die Patrizier wieder die Regierung und forderten die neuen Kantone Aargau und Waadt zur Rückkehr unter die bernische Herrschaft auf. In den Landsgemeindekantone und Zunftstädten stellte man die alte Ordnung wieder her. Gleichzeitig mit der Wiederherstellung der vorrevolutionären Zustände entbrannte ein Streit um einen neuen Bundesvertrag, der die Mediationsakte ablösen sollte. Die zehn alten Orte forderten eine neue Verfassung und sprachen sich für die Rückkehr zur dreizehnortigen Eidgenossenschaft aus. Die alliierten Mächte hingegen forderten einen Bund mit 19 Orten und drohten mit einer Intervention. Der neue Bundesvertag wurde im September 1814 verabschiedet. Darin wurden Genf, Neuenburg und Wallis als neue Kantone aufgenommen. Die Kantone waren souverän und konnten sich ihre eigene Verfassung geben, eine gemeinsame Aussen- und Wirtschaftspolitik des Bundes wurde dadurch erschwert. Zur Grenzsicherung wurde ein Bundesheer aus kantonalen Kontingenten geschaffen.
Am Wiener Kongress wurden die Landesgrenzen und die 22 Kantone anerkannt, im 2. Pariser Frieden die immerwährende Neutralität festgeschrieben.
Deutscher Bund
Auf dem Wiener Kongress schlossen sich die deutschen Einzelstaaten zum Deutschen Bund zusammen. Dieser Staatenbund bestand aus 39 Mitgliedern und zerbrach 1866 am preussisch-österreichischen Krieg. Neben den Deutschen Fürsten gehörten ihm auch die Könige von Dänemark, Grossbritannien und der Niederlande an. Preussen und Österreich waren nur zum Teil mit ihrem Staatsgebiet dem Deutschen Bund angegliedert. Der Bundestag war das einzige Bundesorgan und tagte in Frankfurt unter österreichischem Vorsitz. Der österreichische Staatskanzler Metternich bestimmte weitgehend die Politik des deutschen Bundes.
Das monarchistisch-konservative System des Deutschen Bundes, vor allem nach der Verabschiedung der Karlsbader Beschlüsse, wirkte sich auch auf die Schweiz aus. Denn die Aussenpolitik der Tagsatzung befasste sich ausschliesslich mit den Beschwerden der Grossmächte, vor allem wegen den Emigranten die wegen den Beschlüssen in die Schweiz flüchteten. Metternich protestierte gegen die Aufnahme von politischen Flüchtlingen, deshalb beschloss die Tagsatzung die Presse- und Fremdenkonklusum. Damit wurden die Pressefreiheit und die Asylpolitik eingeschränkt.
1830 bis 1848 Regeneration
Nach der Pariser Juli-Revolution setzte in der Schweiz die Regeneration ein. Gegen das konservative Regime regte sich von der liberalen Seite her Widerstand. Die liberale Bewegung forderte Volkssouveränität, Rechtsgleichheit, Abschaffung des Wahlzensus und generell eine Stärkung des Bundes. Elf Kantonsregierungen gaben diesem Druck nach und führten in ihren neuen Verfassungen eine Grundlage der repräsentativen Demokratie ein, den Bundesvertag zu ändern erreichten die Liberalen nicht. Die Modernisierungsschritte der liberalen Kantone wurden von kirchlicher und konservativer Seite vehement bekämpft. Auf der einen Seite standen die wachstums- und anpassungsorientierten Kräfte, die sich eine stärkere Bundesgewalt wünschten und auf der andern Seite die um ihre angestammte religiöse und politische Identität besorgten konservativen, meist katholischen Kräfte. Eine Lösung des Konfliktes wurde immer aussichtsloser, nachdem durch vier Ereignisse das Vertrauen zwischen den beiden Gruppierungen gänzlich zerstört worden war: das waren die Klosteraufhebung im Kanton Aargau, die Jesuitenberufung in Luzern, die Freischarenzüge von Radikalen gegen Luzern und die Gründung einer konservativen Schutzvereinigung, des sog. Sonderbundes. 1847 beschloss die Tagsatzung den Sonderbund aufzulösen und griff dafür zu militärischen Mitteln. General Dufour sollte an der Spitze der Bundestruppen diese Auflösung erzwingen. In einem kurzen Krieg zwang der General die Sonderbundskantone zur Aufgabe, bevor sich die Grossmächte einmischen konnten. Damit machte Dufour den Weg frei zur Neugestaltung des Bundes unter liberaler Führung.