Das rauhe zarte Geschlecht im Wilden Westen

Cassandra

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Wenn eine Frau auf der falschen Seite des Gesetzes stand, beschränkten sich ihre Vergehen in der Regel auf Prostitution, Kuppelei, kleinere Diebstähle, gelegendliche Verbrechen aus Leidenschaft und Hilfeleistungen für Verwandte, Liebhaber oder Ehemänner, die sich dem Zugriff des Gesetzes entziehen wollten. Die Annahme, dass die Frauenkriminalität nur eine Verzierung des männlichen Chauvinusmus sei, hat einiges für sich; man darf aber nicht vergessen, dass Frauen an der Frontier einen ungewöhnlichen hohen Stellenwert hatten.

Es gab nur wenig Frauen in den aus dem Boden schießenden Rinderstädten, Minensiedlungen, Versorgungsdepots, Eisenbahn- und Armycamps; daher war ihr Einfluss wesentlich größer als an der zivilisierten Ostküste. Außerdem war die Arbeitsteilung und die Teilung der Verantwortung bei den an der Grenze herrschenden Lebensbedingungen ziemlich unklar, weil an jeden, der verfügbar und dazu fähig war, die härtesten physischen und psychischen Anforderungen gestellt wurden; welchem Geschlecht und welcher sozialen Schicht er angehörte, spielte dabei keine Rolle. Eine starke, findige Rancherin, Ladeninhaberin oder auch Kartenspielerin konnte sich ihr eigenes Matriarchat aufbauen. Das gleiche galt für eine Frau, die einen Verbrecherschlupfwinkel managte, Rinderdiebstähle organisierte oder sich als Hehlerin durchschlug. Und schließlich war der ausgeprägte Individualismus keine freiwillig gewählte Verhaltensweise, sondern eine schiere Notwendigkeit für das Leben an der Grenze, wo es keine Richtlinien, keinerlei Zwang, keine Gesellschaftsordnung, keine Anleitungen der Regierung zum Überleben und zum Reichwerden gab. Unterschiede in Geschlecht und Klasse wurden manchmal sogar als Luxus angesehen.

Dort im Westen, wo Witwen und alte Jungfern ihr isoliert liegendes Heim durchbringen mussten, gewannen die Frauen das Stimmrecht. Wyoming war im Hahr 1869 das erste Territorium, das ihnen das Wahlrecht gewährte; Utah folgte 1870. Die ersten elf Staaten, die die Gleichberechtigung der Frau etablierten, lagen alle westlich des Mississippi. Das bedeutet allerdings nicht, dass solche Traditionen wie Ritterlichkeit gegenüber dem ‚schwächeren’ Geschlecht nachträglich von romantisch veranlagten Schriftstellern hineininterpretiert wurden. In Miles City, Montana, schlug 1883 der Saloon Keeper Charlie Brown, der normalerweise rau, aber herzlich mit den wüstesten Rowdys umging, einem Strolch namens Bill Rigney den Schädel ein, weil er Frau und Tochter eines angesehenen Bürgers angepöbelt hatte.

Danach wurde Rigney, der offensichtlich im Sterben lag, von einem eilig formierten Vigilanz-Komitee gelynscht; dies geschah eindeutig in der Absicht, Brown vor einer Anklage wegen Totschlags zu bewahren. Die Einwohner der Stadt werteten Browns Tat als notwendige Tötung, die nach den ungeschriebenen Gesetzen der Ritterlichkeit erfolgen musste. Hätte Rigney eine der Prostituierten beleidigt, wäre Brown, seine Freunde und das Mädchen Anlaß zum Gelächter gewesen, es sei denn, sie hätte unter der Obhut eines „Sweethearts“, eines Zuhälters, gestanden. Trotzdem unterschied sich die westliche Einstellung gegenüber Freudenmädchen deutlich von der Haltung an der Ostküster. Wenn ein Cowboy von seinem Arbeitgeber entlassen wurde, weil er eine populäre Nutte, etwa Cowboy Annie, nicht bezahlt hatte, sammelten die anderen Cowboys für sie.

Ja, ein Mann schwebte sogar in größerer Gefahr, als nur seinen Posten zu verlieren, wenn er versuchte, eine der raubeinigeren Prostituierten oder Spielerinnen zu betrügen. Einige waren stolz auf die Skrupellosigkeit und die Geschwindigkeit, mit der sie eine kleine Pistole aus ihrem Täschchen oder dem Strumpfband ziehen konnten. Andere trugen sogar normale sechsschüssige Colts in einer konventionellen Halfter, die sie um ihre Taille gebunden hatten.

Für die Kaufleute in den Boom-Städten, die den Goldwäschern und Viehtreibern auch noch den letzten Dollar aus den Taschen ziehen wollten, war ein Rotlichtbezirk eine städtische Attraktion und jede Puffmutter ein durchaus geschätzter Aktivposten. Der plötzliche Tod irgendeines falschen Fuffziger war Anlass, ihn sang- und klanglos auf dem Friedhof zu verscharren, aber nicht, den Fall zum Sheriff oder vor eine Jury zu bringen.

Verlässliche Statistiken fehlen zwar, doch lassen zeitgenössische Berichte den Schluß zu, dass eine erstaunlich große Zahl von Prostituierten respektable und respektierte Ehefrauen und Mütter wurden. Hatte ein Freudenmädchen sich tatsächlich geändert und hatte sie geheiratet. Wurd sie auch von ihren früheren Kunden mit derselben Ehrerbietung behandelt wie jede andere „anständige“ Frau. Diese Hochachtung scheint ehrlich gemeint gewesen zu sein, obwohl jede andere Verhaltensweise den Zorn ihrers Mannes oder den der Nachbarn heraufbeschworen hätte. Für eine Epoche, die Mail-Order-Bräute und Aufrufe an Jugfrauen, sich für einen Transport ins jungfräuliche Land zur Verfügung zu stellen, erfunden hatte, zählten Härte, Selbstvertrauen und wahrscheinlich auch Fruchbarkeit mehr als ein angeknackster Ruf.

Während einige Freudenmädchen den Absprung nicht schafften und im Bordell arbeiten mussten, wo Gewaltätigkeiten an der Tagesordnung wer, wurden einige andere wohlhabende Unternehmerinnen. Wohlstand bedeutete hin und wieder soziale Anerkennung. Der Bierbrauer Bill Bullard, einer der ersten Sheriffs von Miles City und wohlangesehener Bürger , lebte in wilder Ehe mit Maggie Burns zusammen, die eines der bestgeführten Freudenhäuser dieses Gebiets leitete. Ihr Unternehmen gehörte zum Typ der Vergnügungspaläste, denn neben den Zimmern der Mädchen besaß es einen Tanzsaal mit Piano. In den größeren Boom-Städten machten und verloren diese Puffmütter in ihren verschwenderisch ausgestatteten Etalissements ein Vermögen. Als Omaha in den neunziger Jahren ein lautes und ausgelassenes Viehzentrum war, eröffneten dort die berühmten Schwerstern Ada und Manna Everleigh ein Plüschbordell, das als Krönung ein mit Goldplatten beschlagenes Klavier besaß.

Quelle: Faustrecht
Die Große Dokumentation über Verbrecher und Verbrechen im Wilden Westen
Robert Elman
 
Cassandra schrieb:
Wenn eine Frau auf der falschen Seite des Gesetzes stand, beschränkten sich ihre Vergehen in der Regel auf Prostitution, Kuppelei, kleinere Diebstähle, gelegendliche Verbrechen aus Leidenschaft und Hilfeleistungen für Verwandte, Liebhaber oder Ehemänner, die sich dem Zugriff des Gesetzes entziehen wollten.

Also dann will ich gleich mal eine der wenigen Ausnahmen nennen: "Calamity Jane"

Als Infolink habe ich sehr bewußt den zu einer feministischen Seite ausgesucht:;)


http://www.fembio.org/frauen-biographie/calamity-jane.shtml
 
Belle Starr

In diesem schwülen Schwesternorden bot Belle Starr das Beispiel der weiblichen Auflehnung. Sie begann ihre abenteuerliche Karriere in Missouri als Freudenmädchen und besserte später wahrscheinlich ihr Einkommen auf, indem sie im Indianer-Territorium zumindest gelegentlich als Kupplerin arbeitete. Ihr Taufname, Sie wurde 1848 in Carthage, Missouri, geboren, lautete Myra Belle oder Myra Maebelle Shirley. Ihr Vater besaß hier eine Farm, betrieb einen Mietstall und eine Schmiede. Außerdem befasste er sich nebenbei ein bisschen mit der Politik. Myra erhielt Klavierstunden und besuchte die Carthage Famale Academy bis zur achten Klasse. Im Jahr 1863 töteten Truppen der Nordstaaten ihren Bruder Ed, der eine Truppe von konföderierten Partisanen anführte, und suchten zweimal die Stadt heim.

Da das Haus der Shirleys beim zweiten Angriff in flammen aufging, zog die Familie auf eine Farm östlich von Dallas, Texas, zwischen Scyene und Mequite. Bevor sie Missouri verließen, hatte Myra Belle einen großartigen Racheakt versucht. Sie schnallte sich zwei Pistolen um und schloss sich den Partisanen als Informantin an. In Texas steckten ihr Vater und ihr älterer Bruder Preston sie wieder in die Schule und versuchten, ihre trotuige Auflehnung etwas zu zügeln, aber das Haus der Shirleys wurde bald zu einem Refugium der Partisanen, von deren Kühnheit Myra Belle ungemein beeindruckt war.

1866 tauchten dort vier der Youngerbrüder auf, sowie Frank und Jesse James, nachdem sie die Bank in Liberty, Missouri, überfallen hatten. Das achtzehn Jahre alte Mädchen machte keinen Unterschied zwischen Partisanen und Banditen. Als die Bande ein paar Monate später wieder nach Missouri zurückritt, war sie schwanger. Den Vater ihres künftigen Kindes, Cole Younger, sah sie nie wieder. Sie behauptete später, heimlich mit ihm verheiratet gewesen zu sein. Younger dagegen stritt ab, sie überhaupt gekannt zu haben. Sie ließ ihr Kind, Pearl Younger, unter Obhut ihrer Eltern und machte sich nach Dallas auf, wo sie mit Kartenspiel und Singen in Tanzhallen recht gutes Geld verdiente. Wahrscheinlich ging sie auch auf den Strich. Sie trug gelegentlich Männerkleidung, und einiges spricht dafür, dass sie jener nie identifizierte Desperado war, der mit John Younger 1871 Deputy Sheriff Charles H. Nichols aus Dallas erschoss. Etwa ein Jahr später traf sie einen jungen Pferdedieb aus Missouri, Jim Reed. Angeblich heiratete die ihn; will man anderen Geschichten Glauben schenken, fand lediglich eine Pseudozeremonie auf einem Pferderücken statt.

Das Paar holte jetzt die kleine Pearl und übergab sie der Obhut von Reeds Eltern, die in Rich Hill, Missouri, wohnten. Hier schloss sich Jim Reed einer Bande von Pferdedieben an, die von einem Ourlaw aus Texas, John Fischer, geführt wurde. Belle Reed trug jetzt ständig einen Revolver und wurde allgemein als Pferdeexpertin geachtet. Sie organisierte nicht nur die Diebstähle, sondern ritt auch bei mehr als einem mit. Dann tötete eine rivalisierende Bande den Bruder von Jim Reed, Scott Reed. Jim nahm blutige Rache und erschoss zwei Mitglieder dieser Bande. Haftbefehle wegen Mord wurden ausgestellt und die Reeds flohen nach Kalifornien. Hier, in Los Angeles, kam Myra Reeds zweites Kind, Ed Reed, zur Welt.

Unmittelbar darauf mussten sie wieder fliehen; einmal weil sie verdächtigt wurden, an einem Postkutschenraub bei San Diego teilgenommen zur haben, zum anderen hatte ein örtlicher Polizist erfahren, dass auf ihre Köpfe eine Belohnung ausgesetzt war. Die Kinder wurden jetzt in erster Linie von Belles Eltern aufgezogen. Sie blieb eine Weile bei den Kindern, während Reed im Indianer-Territorium auf der Ranch von Tom Starr untertauchte. Starr war ein abtrünniger Cherokee, der immer noch nach Partisanenart für die Sache der Südstaaten kämpfte. Dabei hatte er eine breite Spur von Blut und Plünderungen hinter sich gelassen, so dass sic der stammesrat der Cherokee entschloss, einen Vertrag mit ihm zu schließen, der ihm uter der Bedingung, dass er zu einem gesetzlichen Leben zurückkehrte, eine Geldtribut wie ach eine Amnestie für in der Vergangenheit begangene Verbrechen garantierte. Seine Ranch, die an einer Flussbiegung des Canadian River zwischen Briartown und Eufaula lag, wurde bald zu einem berühmten Schlupfwinkel der Outlaws. Hier war es, wo Belle Reed zwei ihrer künftigen Liebhaber traf, Blue Duck und den Sohn von Tom Starr, Sam, sowie einige Dutzend weiterer Banditen.

1873 überfielen drei Männer in Begleitung einer Frau in Männerkleidung das Haus des wohlhabenden Creek Watt Grayson. Sie folterten den Indianer und seine Frau so lange, bis Grayson ihnen das Versteck verriet, wo er Goldmünzen im Wert von mehr als 30'000 Dollar verborgen hatte. Einer der Männer wurde später als Jim Reed identifiziert. Es besteht kaum ein Zweifel, dass es sich bei der verkleideten Frau um Belle gehandelt hatte. Jim Reed, der steckbrieflich wegen zweier Morde und wegen eines Postkutschenüberfalls gesucht wurde, fand schließlich in der Nähe von Paris, Texas, den Tod, als ihn Deputy Sheriff John T. Morris erschoss.

Belle schickte ihren Sohn nach Rich Hill und ihre Tochter Pearl zu Verwandten in Arkansas. Dann schloss sie sich der Reed-Starr-Bande im Territorium an. Die Bande überfiel Läden, verkaufte Whiskey an die Indianer, raubte Stammesschätze und stahl Rinder und Pferde. Belle wurde unter dem Verdacht der Brandstiftung, die sie bei einem Saufgelage begangen haben sollte, 1875 verhaftet, jedoch schnell wieder entlassen, weil ein verliebter Viehzüchter für sie bürgte. Von Anfang an hatte sie es sich im Territorium zur Regel gemacht, nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, weshalb sie es vermied, die Bande auf ihren Raubzügen zu begleiten. Dafür plante sie die Überfälle, suchte Käufer für das Diebesgut und leistete auch für andere Banden Hehlerdienste; außerdem war sie geradezu unglaublich erfolgreich, wenn es darum ging, die Entlassung von Bandenmitgliedern zu bewerkstelligen, die wegen der verschiedensten Vergehen im Gefängnis von Fort Smith einsaßen. Auf Fotos von ihr – die in Fort Smith und bei Vergnügungstouren nach Tulsa, Claremore und Catoosa geschossen wurden – macht sie einen verwegenenen Eindruck; ansonsten aber wirkt sie ziemlich unattraktiv, ja hausbacken. Doch scheint sie wegen ihrer Liebeskünste ebenso geschätzt worden sein wie wegen ihrer Führungseigenschaften.

Schließlich heiratete sie Sam Starr und besaß dann die Frechheit, den Wohnsitz von Sam Starr in Erinnerung an ihren ersten Geliebten in Younger`s Bend umzutaufen. Im Jahr 1882 wurden beide dabei ertappt, wie sie Pferde vom Korral eines Nachbarn stahlen. Ein Jahr später standen sie vor Judge Parker in Fort Smith. Sie kamen mit kleinen Strafen davon. Neun Monate später, nachdem sie noch kräftig in Catoosa – das in der Presse als das „Höllenloch des Territoriums“ bezeichnet wurde – gefeiert hatten, waren sie wieder auf Younger`s Bend. Belle Starr legte sich einen neuen Liebhaber zu, John Meddleton, einen Vetter von Jim Reed, der wegen Brandstiftung, Raub und Mord gesucht wurde. Nachdem er Sheriff J.H. Black von Lamar County umgelegt hatte, vergnügte er sich mit Belle, während Sam Starr und Felix Griffin sich liebevoll des Stammesschatzes der Creek annahmen. Dabei wurde Griffin gefasst. Als Sam in Younger`s Bend sein liebend Weib wieder in die Arme schließen wollte, musste er feststellen, dass sie und Middleton durchgebrannt waren. Um kein Aufsehen zu erregen, trennten sich die beiden Ausreißer in Keota mit der Absicht, sich bei Dardanelle wieder zu treffen. Aber Middleton geriet Starr vor den Lauf und blieb am Ufer des Poteau Rivers zurück, nartürlich tot. Starr erlaubte Belle, wieder Tisch und Bett mit ihm zu teilen, obwohl er gewusst haben musste, dass er sie sich mit anderen Outlaws teilte, unter denen sich auch Blue Duck befand, bis er wegen Mord im Gefängnis verschwand.

Belle wurde im Jahr 1886 erneut ins Gefängnis gesteckt, weil sie einen alten Mann, N.H. Farrell und seine drei Söhne beraubt hatte. Als Anführerin von drei Mann hatte sie wieder einmal Männerkleidung getragen und konnte deshalb nicht eindeutig identifiziert werden. Ein paar Wochen später wanderte sie ein weiteres Mal ins Gefängnis, diesmal wegen Rinderdiebstahl, und wurde bald wieder entlassen.

In diesem Herbst wurde Sam Starr gefasst, aber unverzüglich von seinen Leuten wieder befreit. Da der Stammesrat der Cherokee sich in eine ziemliche Wut gegen ihn hineingesteigert hatte, überredete Belle Sam, sich lieber wegen eines Raubüberfalls den US-Marshals zu stellen, als das Wagnis einer Verurteilung durch das Stammesgericht einzugehen. Er wurde vor Gericht gestellt und gegen eine Kaution freigelassen. Auf einem Tanz in der Nähe von Younger`s Bend, eine Woche vor Weihnachten, erkannte Sam eine Indianerpolizisten wieder, Frank West, der vor ein par Monaten zu denen gehört hatte, die ihn festgesetzt hatten. Starr zog eine Revolver, und zwei Minuten später lagen beide Männer tot auf dem Boden.

Nach dem Dahinscheiden ihres so hitzköpfigen Ehegespons holte Belle Starr ihre zwei Kinder, Ed und Pearl, zu sich. Es dauerte nur zwei Jahre, bis Ed wegen Whiskesyschmuggel in das Zuchthaus von Columbus, Ohio, wanderte. Pearl dagegen, die eine uneheliche Tochter zu ihren Verwandten nach Arkansas abgeschoben hatte, startete in einem Bordell im Territorium eine Doppelkarriere als Puffmutter und Prostituierte. Da sie wesentlich besser aussah als ihre Mutter, machte sie sehr gute Geschäfte. Zu ihren Kunden gehörten auch die Daltons.

Nachdem Belle Starr ihre Kinder so gut versorgt sah, heiratete sie einen gebildeten jungen Creek, Jim July, der sich dem Pferdediebstahl widmete. Er musste sich 1889 wegen einer Unterschlagung vor dem Gericht in Fort Smith verantworten. Belle begleitete ihn, und auf dem Rückweg nach Younger`s Bend legte sie einen Stop im Haus eines Freundes ein. Dort geriet sei mit E.A. Watson in Streit, der von ihr ein Stück Land pachten wollte. Watson mokierte sich über die Regelmäßigkeit, mit der sie von den Bundes-Marshals wegen ihrer Aktivitäten heimgesucht wurde. Sie zahlt ihm mit gleicher Münze zurück und servierte ihm das Gerücht, er würde in Florida wegen Mord gesucht. An diesen Nachmittag hörten zwei Männer am Ufer des Canadian River zwei Schüsse, sahen wie Belles Pferd mit leerem Sattel nach Hause trabte und fanden die Frau, die als Banditenkönigin bekannt war, mit dem Gesicht im Schlamm liegend. In ihrem Rücken steckte eine Ladung Rehposten, weitere kleinere Einschusslöcher waren in Gesicht und Hals zu entdecken.

Watson wurde von July selbst festgenommen; dieser wurde natürlich nicht in Florida gesucht und war auch bald von dem Verdacht gereinigt, Belle Starr getötet zu haben. Dann stellte sich heraus, das July einen Mann namens Milo Hoyt 200 Dollar angeboten hatte. Wenn dieser seine Frau ermordete. Sie war nämlich dahinter gekommen, dass er anderen Frauen nachlief und hatte gedroht, nicht für ihn in dem noch laufenden Unterschlagungsprozess auszusagen. Im Januar 1890 brachte Deputy Marshal Heck Thomas den Outlaw entkräftet und blutend nach Fort Smith. Er war von Deputy J.R. Hutchins angeschossen worden und wusste, dass er sterben würde. Er sagte, er wolle gegenüber Hutchins ein Geständnis ablegen, wahrscheinlich wegen des Mordes an Belle Starr. Aber July war schon tot, ehe Hutchins an sein Lager eilen konnte.

Für Pearl Younger, die sich ihre Dienstleistungen von Verbrechern und Cowboys teuer bezahlen ließ, war es keine finanzielle Affaire, auf das Grab ihrer Mutter in Younger`s Bend einen kunstvoll gemeißelten Grabstein stellen zu lassen. Dieser begnügte sich nicht allein mit der Aufführung ihres Namens und des Geburts- sowie des Todestages, sondern er trug zusätzlich eine Glocke, einen Stern, das B-S-Brandzeichen, Belle Starrs Lieblingspferd Venus und einen wehmütigen Vers auf die Königin der Banditen:

„Vergießt keine bitteren Zähren um sie
Füllt nicht euer Herz mit leeren Schmerz
Es ist nur der Sarg, der hier liegt
Das Juwel, das ihn füllt, funkelt.“

Quelle: Faustrecht
Die Große Dokumentation über Verbrecher und Verbrechen im Wilden Westen
Robert Elman
 
Und hier ein Bild der Dame..
 

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Arne schrieb:
Also dann will ich gleich mal eine der wenigen Ausnahmen nennen: "Calamity Jane" Als Infolink habe ich sehr bewußt den zu einer feministischen Seite ausgesucht:;)

Wie nett von dir :) , ich muss dir aber gestehen, das ich FemBio manches Mal etwas trocken finde, hole mir dort aber gerne Ideen.

Aber ich habe hier noch eine andere Version, die nicht ganz su "schmeichelhaft" ausfällt:

Die bekannteste war Calamity Jane, die es eigentlich nie bis zur richtigen Verbrecherin schaffte. Es gibt viele und teils sehr widersprüchliche Versionen, wie sie zu ihrem Namen gekommen ist. Sie selbst behauptete einmal, sie hätte sich der Army angeschlossen, um Anfang der siebziger Jahre gegen die Indianer zu kämpfen; bei der Gelegenheit hätte sie einen jungen Kavalleristen vor den feindlichen Kriegern gerettet, und ihre Kameraden hätten sich auf diese Art an sie , als der Verhinderin eines Unglücks (calamity), erinnern wollen. In anderen Versionen schlug sie erbitterte indianische Attacken zurück, verjagte Straßenräuber, bändigte durchgegangene Pferde und zog überhaupt das Unheil, die Katastrophen auf sich, als sie als Transportbegleiter auf der Postkutsche fuhr. Patriotische Versionen bezeichnen sie als einen wiedergeborenen Paul Revere oder als den jungen Hirten, der immer rief: “Der Wolf ist da“, weil sie durch das Gebiet von Deadwood geritten war und häufig die Einwohner vor Überfällen durch Indianer warnte. Tatsächlich scheint ihr Name dem Alkohol entstiegen zu sein, eine Anspielung auf die Anziehungskraft, die Gläser und andere zerbrechliche Gegenstände auf sie ausübten, wenn sie betrunken war, Wenn sie auch die Inkarnation der „Nutte mit dem goldenen Herzen“ gewesen zu sein scheint, so war sie doch eine Trinkerin.

Sie kam auf einer Farm in Missouri, möglicherweise im Jahr 1848, auf die Welt. Ihr Taufname lautete wahrscheinlich Martha Jane Canarray. Seit 1863 trieb sie sich herum und war bekannt in Alder Gulch, Virgina City, Abilene, Hays und Livingstone in der Montana-Region sowie in der Cheyenne-Region von Wyoming. Sie trug häufig Männerkleidung und schuftete sogar einmal als Eisenbahnarbeiter bei der Union Pacific.

Ein Körnchen Wahrheit war tatsächlich an ihren Erzählungen über ihre Armeezeit. Als Mann verkleidet wurde sie Maultiertreiber bei der Strafexpedition, die General George Crook 1875 gegen die Sioux durchführte. Sie fand sogar eine Erwähnung in dem Kriegstagebuch von Captain G. Bourke, der ein Jahr später mit Crook gegen den Berühmten Sioux-Häuptling Sitting Bull, den Bezwinger General Custer, ritt: “Es wird gemunkelt, dass einer der Fuhrleute eine Frau sei und zwar niemand anders als ‚Calamity Jane’, die in jeder Geschichte von der Grenze auftaucht.“ Ein wenig später, als sie in einer Wagenkolonne der Regierung fuhr, erwischte man sie, als sie nackt mit den anderen Fuhrleuten ein Schwimmbad nahm. Die fröhliche Runde wurde sofort trockengelegt, und Jane „wurde aus dem Lager geworfen“.

Aber wahrscheinlich erlebte sie kein einziges der haarsträubenden Abenteuer, derer sie sich immer brüstete. Die Revolver, mit denen sie sich fotografieren ließ, gehörten einfach zu ihrer aufschneiderischen Pose. Die einzigen Objekte, auf die sie je schoss, waren Flaschen, Kronleuchter, Straßenlaternen und Hüte, die an den Garderobenständer der Saloons hingen. Als Verbrecher war sie ein echter Versager.

Dead Tree Gulch wurde plötzlich die Dakota-Boomstadt in den Black Hills. Calamity Jane arbeitete hier 1876 in einem Bordell. Sie sah ziemlich männlich aus, war aber berühmt wegen ihrer Gabe, ausgelassen feiern zu können und wegen ihrer Großzügigkeit. Einmal schenkte sie einer völlig mittellosen Frau ihre Schuhe. Als sie es schaffte, Wild Bill Hickok davon überzeugen, dass sie sehr gut zu seinem farbigen Gefolge passen würde, war ihr Glück gemacht. Ein wenig später besuchte sie wie andere Prostituierte auch, die Viehstädte, z. B. Miles City, wenn große Viehtrecks angekündigt waren, denn dann kamen zahlreiche erlebnishungrige Cowboys, die auf Frauen scharf waren.

Miles City war 1876 gegründet worden, als Colonel Nelson A. Miles die jedem Camp der Army folgenden Vieh-, Whiskey- und Lebensmittelhändler sowie Kleidertrödel aus seinem Lager warf. Miles City wurde ein Transport und Rinderzentrum, berüchtigt für seine Wildheit, aber doch einzigartig dastehend wegen seiner seltenen Schießereien. Ihren schwersten Konflikt mit dem Gesetzt hatte Calamty Jane hier 1895, als sie im betrunkenen Zustand ruhestörenden Lärm verursacht hatte: sie wurde festgenommen, ließ dann aber eine Kaution sausen, um eine 100-Dollar-Strafe zu vermeiden. Sie lebte mit verschiedenen Grenzern zusammen und war einige Male verheiratet, zuletzt mit einem Texaner namens Clinton Burke. Sie hauste in einer Bruchbude in der Nähe von Deadwood und nannte sich Mary E. Burke. 1903 starb sie an den Folgen einer Lungenentzündung und an übermäßigen Alkoholgenuss.
 
Schmeichelhafte und weniger schmeichelhafte Spitznamen

Manchmal in Übereinstimmung mit der westlichen Neigung, etwas Humoristisches ins Brutale zu ziehen, manchmal, weil ein Deckname durchaus wünschenswert war - und manch mal, weil erhöhte Aufmerksamkeit den Kurswert der Ware steigerte, die man zu verkaufen hatte – grassierten übertriebene Spitznamen unter den Huren, Kartenspielerinnen und Abenteuerinnen von Missouri bis zu Kaliforniens Barbary Coast un den Hütten am Yukon. Die Cowboys, die die großen Herden nach Ost-Montana trieben, konnten mit lüsterner Gewissheit der Genüsse harren, die ihnen dort bei den „berühmten“ Unterhalterinnen Cowboy Annie und Connie die Cowboy Queen bereitet werden würden.

Nellie Bruce benutzte den Namen Poker Nell, denn sie präsidierte an den Kartentischen, die im Miles City-Salon von Harry Bruce standen, mit dem sie in wilder Ehe zusammenlebte.

Eine umherziehende Kartenspielerin, die sowohl wegen ihrer raubeinig-männlichen Art wie auch wegen ihrer Ehrlichkeit sehr geschätzt wurde, nannte man, vielleicht wegen eines dunklen Flaums über der Oberlippe, in den Bergarbeiterstädten Colorados, in Nevada City oder in Bodie nur Madame Moustache zu betrügen, besonders seit einer gewissen Nacht in Bodie, als zwei Strolche versuchten, den Gewinn des Hauses bei ihr abzukassieren. Sie zog ihren Derringer und erschoss sofort einen von ihnen. Der andere floh.

In Butte, Montana, dankte Molly Demruska, als sie im Clipper Shades Saloon den Stadt-Marshal, Jack Jolly, heiratete, als Königin der dort ansässigen Huren ab. Nach der Trauung zogen sie und ihr Gemahl auf der öffentlichen Feuerspritze im Triumph durch die Stadt. Obwohl sie durch ihre Heirat nicht mehr das Ziel von obszönen Redensarten war, erinnerten sich ihre Verehrer ihrer immer als Jolly Molly, besonders als ihr Mann einige Jahre später getötet wurde. Er war Soapy Smith vor dem Revolver gelaufen. Smith war ein übler Schwindler, Revolverheld, Spieler und König des Lasters, der gerade auf dem Weg von den versiegenden Silberminen in Creede, Colorado, zu den wie Pilze aus dem Boden schiessenden Barackenstädten der Goldfelder Klondikes war. Er kümmerte sich nicht weiter um Jolly Molly, sondern verliess Butte in höchster Eile, um die Herrschaft über de femmes fatales am Yukon – wie Diamond Tooth Lil (Diamantenzahn-Lil) und Sad Story Mary (Mary mit den traurigen Geschichten) – übernehmen. Er kassierte von ihnen ein Vermögen, bis er von einem Vigilanten in Skagway abgeknallt wurde.

In den Hütten am Klondike hausten aber auch Mädchen, denen männliche Galanterie weniger schmeichelhafte Spitznamen verliehen hatte: Nelly das Schwein, Flora die Tonne, Die stinkende Maud, Spanish Jeanette, Annie mit dem Glasauge und Die Oregon-Stute. Unter den hübscheren „Bedienungen“ in der Jackson – und Kearny-Street von San Fransisco – dem „Mordviertel“ –, die wegen ihrer Habgier berühmt waren, gab es so pittoreske Namen wie Lady Jane Gray, Der kreischende Bohrer und Die watschelnde Ente. Im Sweetwater Valley von Wyoming, und weit bis nach Rawlins, Cheyenne und Casper, sogar in Johnson County wurde „Fat Ella“ Watson der Spitzname Cattle Kate verliehen, als sie ihr Glück im Handel mit gestohlenem Vieh suchte. Als Annie McDougal, ein noch junges Mädchen aus der Osaga-Nation, vom Whiskey-Handel zum Viehhandel überwechselte, hatte sie ihren Namen Cattle Annie weg; ihre Partnerin Jennie Stevens, die sich als Cowboy verkleidete, hieß alsbald Little Britches (kleiner Hintern).

Quelle: Faustrecht
Die Große Dokumentation über Verbrecher und Verbrechen im Wilden Westen
Robert Elman
 
Big Nose Kate

Ich bin vor Jahren mal in Tombstone, Arizona, gewesen. Dort fand ja bekanntlicherweise die größte Schießerei des Wilden Westens statt. Zwischen den "Clanton-Brothers" auf der einen Seite und den "Brüdern Earp" und "Doc Holiday" auf der anderen Seite.
"Big Nose Kate" beobachtete die Szenerie vom Fenster aus. Sie war die Ehefrau von "Doc Holiday", obwohl dies nie belegt wurde.
Sie betrieb in Tombstone einen Saloon, den man heute noch besichtigen kann und war in der ganzen Gegend berüchtigt.

Outlaw Women

Frauen im Wilden Westen
 
Zuletzt bearbeitet:
Festus621 schrieb:
Ich bin vor Jahren mal in Tombstone, Arizona, gewesen. Dort fand ja bekanntlicherweise die größte Schießerei des Wilden Westens statt. Zwischen den "Clanton-Brothers" auf der einen Seite und den "Brüdern Earp" und "Doc Holiday" auf der anderen Seite.
"Big Nose Kate" beobachtete die Szenerie vom Fenster aus. Sie war die Ehefrau von "Doc Holiday", obwohl dies nie belegt wurde.
Sie betrieb in Tombstone einen Saloon, den man heute noch besichtigen kann und war in der ganzen Gegend berüchtigt.

Outlaw Women

Frauen im Wilden Westen

Moin Festus,

danke für deinen interessanten Beitrag, über die Indianderfrauen Nordamerikas, hab ich noch einen schönen Geo-Artikel gefunden.

Liebe Grüße
Cassandra
 
Annie McDougal und Jennie Stevens

Obwohl Cattle Annie McDougal und Jennie „Little Britsches“ Stevens (alias Jennie Metcalf) die „Oklahoma Girl Bandits“ genannt wurden, waren sie lediglich nach Abenteuern gierige Amateure, die an die Groschenromangeschichten über Calamity Jane glaubten. Ihre kurze Karriere begann, als die sechzehn Jahre alte Jennie und die siebzehnjährige Annie, beides angesehene Farmerstöchter, beim Anblick von Bill Doolin und zweien seiner Leute, die auf einem Tanz auftauchten, beinahe in Ohnmacht fielen. Die Mädchen ritten zum Hauptquatier der Bande, um sich den Desperados anzuschließen. Der Gurhrie Daily Leader schrieb: „Bald aßen sie mit der Bande und schütteten ihren Pferden im Korral Hafer und Futter vor.“

Es scheint, dass die Banditen die beiden nur ernst nahmen, damit sie ihnen die Arbeit im Stall und in der Küche abnahmen; aber Annie und Jennie schmuggelten Whiskey und stahlen Vieh auf eigene Faust.

Als 1894 die meisten Mitglieder der Bande entweder getötet oder gefangengenommen worden waren, spürten die Deputys Steve Burke und Bill Tilghman die Mädchen in einem Farmhaus bei Pawnee auf. Little Britches sprang aus einem Fenster und ritt davon, von Tilghman verfolgt. Burke griff nach der Rifle, die Cattle Annie auf ihn richten wollte und konnte sie überwältigen, aber erst als sie vom Kratzen, Treten und Beißen vollig erschöpft war. Little Britches feuerte über ihre Schulter auf Tilghman. Da er nicht schießen wollte, zielte er auf ihr Pferd und nahm sie nach kurzen Kampf gefangen. Dann versohlte er ihr den Hintern. Die junge Frau saß zwei Jahre in der Besserungsanstalt von Farmington Massachusetts, ab. Sie heiratete und führte seitdem ein ehrbares Leben in der Nähe von Pawnee. Jennie arbeitete kurze Zeit als Hausgehilfin in Boston und lebte dann von Armenunterstützung in New York, wo sie zwei Jahre später an Schwindsucht starb.

Quelle: Faustrecht
Die Große Dokumentation über Verbrecher und Verbrechen im Wilden Westen
Robert Elman
 
Florence Quick

Weniger berühmt, aber bösartiger war Florence Quick, alias Eugenia Moore, alias Mrs, Bryant, alias Mrs Mundy, alias Tom King, von der selbst der sonst sehr zurückhaltende Deputy Chris Madsen sagte, sie sei ein „ausgekochtes Luder“ gewesen. Es mag durchaus stimmen, dass sie einmal Lehrerin gewesen war, aber als sie Anfang zwanzig war, wusste jedermann im Territorium, dass die eine Viehdiebin und die Freundin von Bob Dalton war. Da sie sich wie ein Mann kleidetet, auch wie ein Mann ritt und es liebte, Tom King genannt zu werden, steckten wahrscheinlich lesbischen Neigungen in ihr. Jedoch war sie immerhin weiblich genug, um „die schöne der Daltons“ zu werden.

Sie wurde häufiger eingesperrt als Belle Star und brach aus den Gefängnissen von Gurthrie, Oklahoma City sowie El Reno aus. „Sie war der größte Ausbrecher, der mir je vor die Augen gekommen ist“, berichtet Chris Madsen. „Bei Tage stolzierte sie in einem prächtigen Wildlederanzug durch die Straßen von Gurthrie, und nach Anbruch der Dunkelheit trieb sie sich draußen auf dem Land in Overalls herum und bewachte die Pferde der Viehdiebe.“Sie spähte im Indianerland Schlupfwinkel für die Daltons aus und richtete sie ein, diente als Kurier, wenn die Bande sich trennte, gab fingierte Telegramme an der Bahnstation auf. Um bei dieser Gelegenheit die Abfahrtszeiten der Züge zu erkunden, die von der Bande ausgeraubt werden sollten und erhielt vor dem Wharton-Eisenbahnüberfall von 1891 die Information, dass sich in dem Gepäckwagen ein voller Geldtresor befände.

Wenn eine gerissene Frau mit einem Eisenbahner oder Agenten der Express Company ins Bett kletterte, konnte sie viele Dinge erfahren, die für die Planung von Eisenbahnüberfällen wichtig waren. Vor dem Lillietta-Überfall im Herbst 1891 leitete sie den Daltonbrüdern die Dechiffrierung des Codes zu, mit dem sich Lokomotivführer und Bahnhofsvorsteher verständigten. Im gleichen Winter verbargen sie und Bob Dalton sich auf einer Ranch in der Greer County, Texas, wo sie ohne wesentlich die Beute der Bande anzugreifen, vom Erlös ihrer Pferdediebstähle leben konnten. Um den Raubzug in Coffeyville vorzubereiten, stahl sie fünf schnelle Pferde. Nachdem Bob Dalton bei diesem missglückten Überfall getötet worden war, gründete sie eine eigene, kleine Eisenbahnräuberbande, verschwand aber innerhalb eines Jahres von der Bildfläche. Den Marshals kam zu Ohren, dass sie bei einer Schießerei gefallen sein sollte.

Quelle: Faustrecht
Die Große Dokumentation über Verbrecher und Verbrechen im Wilden Westen
Robert Elman
 
Fat Ella Watson – Cattle Kate

Ungeachtet ihrer auf eigene Faust durchgeführten Raubzüge, war Flo Quick eine typische Gangsterbraut, eine Vorgängerin jener ausgeflippten jungen Mädchen und Depressionsopfer, die dem Bankräuber des 20. Jahrhunderts in den zwanziger und dreißiger Jahren den Haushalt führten, mit ihm ins Bett stiegen und ihm den Autoschlag öffneten. Dies gilt noch mehr für die etws später auftauchenden Fannie Porter, Annie Rogers, Laura Bullion und Etta Place, Falsche Mythen stilisierten sie zu Prototypen des weiblichen Outlaws empor, die mit Butch Cassidy, Sundance Kid und Kid Curry, den Hauptstützen des Wild Bunch, Freud, Leid und Gefahren teilten. In Wirklichkeit war Fannie Porter nur die Kupplerin, die der Bande Mädchen zuführte. Die drei anderen waren hübsche, aber billige Huren, die in die Position von festen Verhältnissen aufgestiegen waren. Laura Bullion wurde wegen Urkundenfälschung gesucht; sie und Etta Place ritten hin und wieder mit der Bande, aber letztlich fehlten ihnen die Initiative, die Verschlagenheit und die Ruhelosigkeit der Grenzfrauen Flo Quick und Ella Watson.

Fat Ella Watson – Cattle Kate – freute sich sicherlich über ihren Ruf als Viehdiebin. Sie war eine flintenschwingende Händlerin mit gestohlenen Vieh, die wahrscheinlich nie gelernt hatte, mit Lasso und Brandeisen umzugehen trotz des erheiternden Artikels, der im Cheyenne Mail Leader erschien: „sie war ein schwarzer Teufel im Sattel, von absoluter Treffsicherheit mit dem Sechsschüssigen und der Winschester und ein Experte mit dem Brandeisen.“ Das 1862 auf einer Farm in Kansas geborene Mädchen war ein strammer Käfer, eine Schwerstarbeiterin in den Bordellen von Denver, Cheyenne und Rawlins. Ihr Vater beschrieb sie „als kleines Ding, etwa einhundertsechzig bis einhundertachtzig Pfund schwer“. Jim Averil, der im Sweetwater-Weidegebiet eine Poststation und einen Saloon führte, stellte sie 1888 ein. Erkaufte eifrig Rinder auf und ernannte sich selbst zum Sprecher der Kleinen Rancher – ehrlicher Heimstättenbesitzer wie auch der Viehdiebe – in einem Streit mit den Rinderbaronene, der sich dann schließlich zu Johnson-Countsy-Krieg auswuchs. Um den Cowboy, die in seinem Saloon Halt machten, weibliche Gesellschaft zu bieten, ließ er Ella Watson aus Rawlins holen und quartierte sie in einem kleinen, ihr gehörenden Holzhaus nahe seinem Korral ein, das dann als Bordoll fungierte.

Viele Rinderzüchter des Gebiets waren wütend auf Averill, weil er ständig im Casper Daily Mail Leserbriefe veröffentlichte, in denen er die Sache der unabhängigen Rancher gegenüber der Viehzüchter-Vereinigung vertrat. Sie wurden sogar noch zorniger, als Rinder ohne Brandzeichen und sogar solche mit ihren Brandzeichen im Korral von Averill auftauchten. Ihre Geduld wr nahezu am Ende, als Ella Watson – jetzt bekannt als Cattle Kate – die Herde vergrößerte, indem sie sich ihre Liebesdienste nicht mehr mit Geld, sondern mit Rindern von zweifelhafte Herkunft bezahlen ließ. Schwere Blizzards im Winter 1888 hatten die Herden im Weideland dezimiert, nur Ellas Herde wurde immer größer.

Im Juni 1889 wollte ein erregter Rinderzüchter wissen, was wohl Tiere mit seinen Brandzeichen in Kates Korral zu suchen hätten. Kate richtete eine Rifle auf ihn und behauptete, sie hätte das Vieh gekauft. Ein paar Wochen später entdeckte ein anderer Rinderzüchter ihm fehlende Stiere in ihrem Korral. An einem glühend heißen Julitag stob ein selbsternanntes Aufgebot von sieben Mann vor ihr Häuschen und zwang sie und Averill, einen Wagen zu besteigen. Averills Vornamen, Frank Buchanan, lauerte den Vigilanten am Ufer des Sweetwater auf und wollte sie durch Schüsse aus seinem Gewehr vertreiben, aber eine Salve schlug ihn in die Flucht. Jim Averill und Cattle Kate wurden an einer Pappel aufgeknüpft.

Quelle: Faustrecht
Die Große Dokumentation über Verbrecher und Verbrechen im Wilden Westen
Robert Elman
 

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Pearl Hart

Am Anfang des gleichen Jahres hatte Belle Starr ihre unrühmliche Laufbahn beenden müssen, doch sie übte auf Grenznutten die rebellieren wollten, einen perversen posthumen Einfluss als Heldin aus. Pearl Hart fasste den Entschluss, sich in der gleichen Branche zu tummeln, in der Belle Starr Ruhm erworben hatte und von dem Calamity Jane immer noch träumte. In der Legende wurde aus Frau Hart ein Fräulein Hart, eine tapfere junge Dame aus einem Internat an der Ostküste, die in den Westen kam, um Abenteuer zu erleben. In Wirklichkeit war sie Köchin in einem Goldgräberlager. Sie kam 1871 in Ontario zur Welt und hieß Pearl Taylor. Mit siebzehn heiratete sie einen Mann namens Hart. Bevor ihre Ehe scheiterte, zog sie mit ihm in den Südwesten. Sie arbeitete im Jahr 1898 in einem Goldgräberlager in Arizona, wo sie von Joe Boot, einem Goldgräber, der gewöhnlich zu betrunken war um zu arbeiten, überredet wurde, ihm beim Überfall auf die Globe-Postkutsche zu helfen.

Sie stieg in Reithosen, die von breiten Hosenträgern gehalten wurden und schnallte sich einen Patronengürtel mit der typischen Cowboy-Halfter um, die das Überkreuzziehen gestattete. Hoch zu Pferde mit einer Lever Action Rifle, die sie quer über den Sattel gelegt hatte, wartete sie mit Joe Boot auf der Straße. Als der Kutscher an die Wegbiegung kam und sah, dass der Weg versperrt war, zerrte er an den Zügeln und zog mit aller Gewalt die Bremsklötze an. Das Gespann hielt, und die Pferde bäumten sich hoch auf. Dadurch wurden die drei Passagiere auf den Boden der Kusche geschleudert. Als sie sich wieder aufgerappelt hatten, starrten sie in die Mündungen von zwei Sechsschüssern.

Die Straßenräuber galoppierten um 431 Dollar reicher davon, aber verloren sofort die Orientierung und wurden drei Tage später durchnässt und zitternd vor Kälte in einem Schober, in dem sie vor einem Sturm Schutz gesucht hatten, kampflos gefangengenommen. Boot wurde zu einer Gefängnisstrafe von 35 Jahren verurteilt, Pearl erhielt fünf Jahre. Sie wurde, als sie die Hälfte abgesessen hatte begnadigt, zur Erleichterung der Beamten des Yuma-Territorial-Gefängnisses, denen es sehr schwer gefallen war, die einer jungen Damen entsprechenden Haftbedingungen zu schaffen. Nach drei Jahren Freiheit wurde sie in Deming, New Mexiko, wieder, diesmal unter dem Verdacht, an einem Eisenbahnraub teilgenommen zu haben, verhaftet, musste aber aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden.

Dann verloren sich für lange Zeit ihre Spuren. Zuletzt wurde sie im Jahr 1924 gesehen, als sie, um Erinnerungen wachzurufen, das Pima-County-Gefängnis besuchte. Obwohl sie als Outlaw ein trauriger Versager war, erlangte sie doch eine fragwürdige Unsterblichkeit, denn der Überfall auf den Globe war der letzte Postkutschenraub in den Vereinigten Staaten.

Quelle: Faustrecht
Die Große Dokumentation über Verbrecher und Verbrechen im Wilden Westen
Robert Elman
 

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Cassandra schrieb:
Da sie sich wie ein Mann kleidetet, auch wie ein Mann ritt und es liebte, Tom King genannt zu werden, steckten wahrscheinlich lesbischen Neigungen in ihr.

Hoert sich eher nach transsexuellen Neigungen an. Die Lesben, die ich kenne, sind anders drauf. =)
 
parago schrieb:
Hoert sich eher nach transsexuellen Neigungen an. Die Lesben, die ich kenne, sind anders drauf. =)

Na ja, beim Schreiben hatte ich auch so meine Bedenken, aber ich wollte den Text nicht verfälschen. Vielleicht sollte man noch dazu schreiben, das die deutsche Ausgabe von 1975 ist. :rotwerd:
 
Cassandra schrieb:
Na ja, beim Schreiben hatte ich auch so meine Bedenken, aber ich wollte den Text nicht verfälschen. Vielleicht sollte man noch dazu schreiben, das die deutsche Ausgabe von 1975 ist. :rotwerd:

Oh achso. Dein Text ist also Original-Wortlaut des angegebenen Buches? Verstehe. :rolleyes:
 
Cassandra schrieb:
Averills Vornamen, Frank Buchanan, lauerte den Vigilanten am Ufer des Sweetwater auf und wollte sie durch Schüsse aus seinem Gewehr vertreiben, aber eine Salve schlug ihn in die Flucht.

Bin von dem Satz verwirrt. War es sein Vorgaenger, sein Vorarbeiter? (Entschuldige die Kleinigkeit, aber in einem so fesselnden Text tut so ein Stolperstein halt doppelt weh..)

:rotwerd:
 
parago schrieb:
Bin von dem Satz verwirrt. War es sein Vorgaenger, sein Vorarbeiter? (Entschuldige die Kleinigkeit, aber in einem so fesselnden Text tut so ein Stolperstein halt doppelt weh..)

:rotwerd:

Eine Kleinigkeit ist es ja gar nicht.:sorry:
Es war tatsächlich der 'Vormann' von Averill. Also richtig heißt der Satz:

Averills Vormann, Frank Buchanan, lauerte den Vigilanten am Ufer des Sweetwater auf und wollte sie durch Schüsse aus seinem Gewehr vertreiben, aber eine Salve schlug ihn in die Flucht.

Gruß
Cassandra
 
Kann passieren, gerade bei Texten dieses Umfanges. Trotzdem grosses Lob an dich.. war ganz gefesselt! :hoch:
 
Zunächst einmal besten Dank an Cassandra, die hier mit guten Quellen eine schier unglaubliche Geschichte der Frauen im Wilden Westen entfaltet, die ich fasziniert gelesen habe! Über die Situation und Geschichte dieser Frauen ist ja im allgemeinen wenig bekannt und ich wusste gar nicht, dass es doch einiges an Material darüber gibt.

Erstaunlich finde ich es, dass (spieß)bürgerliche Moralvorstellungen anscheinend in einigen Bereichen außer Kraft gesetzt waren, denn auch die Bardamen oder gar Prostituierte konnten wohl damit rechnen, gegenüber zudringlichen Schurken verteidigt zu werden, und sie hatten bestimmt ein sehr intaktes Selbstbewusstsein. Wie anders hätten sie auch die rauhen Zeiten überleben können?

Eine Frage noch zum Schluss: Gibt es von einer dieser starken Damen eigentlich eine Autobiografie oder ähnliches Material? Die beiden umwerfenden Fotos oben scheinen dafür zu sprechen?
 
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