Rassismus und Sklaverei

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Neues Mitglied
Ich habe da mal einen allgemeinen Diskussionsvorschlag:

Wie steht es eurer Meinung nach mit dem Verhältnis von Rassismus und Sklaverei im Falle Nordamerikas im 18./19. Jahrhundert?

Ist der Rassismus eine (nachträgliche) Rechfertigung für die Sklaverei aus rein wirtschaftlichen Interessen? Ein Beispiel wäre eventuell das Instrumentalisieren von Darwins Theorie (Sozialdarwinismus). Was wäre aber dann mit der Zeit vor Darwin?

Oder ist der Rassimus eine Theorie/Praxis/Haltung, woraus sich dann der Anspruch auf Sklaven ableitete?

Was war also zuerst? Oder liegt die Antwort in der Kombination?
 
Hmm...Was war zuerst Huhn oder Ei?

Zuerst mal sind wir uns alle sicher einig, daß es Sklaverei schon ewig lange gibt, lange bevor es das gab, was uns unter Rassismus bekannt ist. Die im Kampf Unterlegenen Stämme wurde versklavt.

Du beziehst dich aber allein auf Nordamerika(USA?) im 18/19.Jahrhundert. Hier würde ich sagen, daß es die Sklaverei gab, weil schon vorher die "Unterlegenheit der schwarzen Rasse" im Denken verhaftet war. Gerade in Süd- und Mittelamerika war Sklaveneinfuhr aus Afrika schon früher üblich. Der Zeitraum deiner Fragestellung ist eigentlich falsch, weil irgendwie beides schon auf früheren Entwicklungen fusste - denke ich....:grübel:
 
Bevor wir beide Begriffe in einen Topf werfen, sollten wir sie mal einzeln betrachten:

Rassismus ist die pauschale Diskriminierung Andersartiger, insbesondere nach Herkunft und Aussehen. Rassismus kann politisch im Staat verankert sein, wie auch in Gesellschaftsteilen praktiziert werden.

Sklaverei ist eine Gesellschaftsform, bei der ein Mensch als Eigentum eines anderen erworben, gehalten und dementsprechend ohne Freiheitsrechte behandelt werden kann.

Sklaverei kommt historisch auch ohne Rassismus vor (z.B. Feudalgesellschaften), Rassismus auch ohne Sklaverei.

Hinsichtlich der amerikanischen Kolonien war wohl zuerst der Rassismus da. Die Sklaverei kam erst mit dem Eintreffen der Afrikaner richtig in Schwung, denn diese Menschen wurden als lebendige Ware in Besitz eines Händlers importiert, während die Indios zwar oft brutal zu Arbbeitsleistungen gezwungen wurden, aber m.E. nicht als Sklaven gehalten wurden. Der Erwerb eines afrikanischen Sklaven hingegen machte den Käufer automatisch zum Sklavenhalter, zum Eigentümer eines anderen Menschens. Dass die Ausweitung dieses Systems im 18. Jhd. den Rassismus weiter schürrte, halte ich für logisch.

Ob nun im 19. Jhd. die Anthropologie ein Instrument der Sklavenhaltergesellschaft war? Möglicherweise war sie es, bis zum Erwachen der Kulturanthropologie. Ich denke, es fiel den Menschen auch schwer zu glauben, dass Intelligenz, Kreativität, Moral, Liebe, usw. usw. nichts mit rassischen Merkmalen zu tun haben. Und so wollte man eben Darwin auch "missverstehen" ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Versklavung von Afrikaner wurde vielfach biblisch begründet: Ham hatte seinen Vater Noah (genau, der mit der Arche) betrunken und nackt gesehen und statt ihn zu bedecken sich über ihn lustig gemacht. Deshalb hat Noah Ham verflucht und in zum Sklaven seiner Brüder gemacht (Gen. 9,18 - 29). Irgendwann hat man dann angefangen Ham als dunkelhäutig und Vater der Afrikaner anzusehen, was sich wohl aus Gen. 10, 6 ableitete. Das taucht dann im Fragenkatalog der Joca Monachorum wiederum verstärkt auf.
 
Ich teile die Ansicht, dass diese zwei Dinge völlig unabhängig voneinander stehen können. Es kann also einen Zusammenhang zwischen den beiden geben, muss aber nicht. Somit löst sich die Frage natürlich ein wenig selber auf. Ein profitorientierter Sklavenhalter musste keineswegs rassistisches Gedankengut hegen.
 
Einspruch.

Betrachtet man die Sklavenhaltergesellschaft des amerikanischen Südens, fällt auf, dass zunächst ganz verschämt von einer "peculiar institution" gesprochen wird. Aus Quellen (vgl. den schon oft zitierten McPherson) ist zu sehen, dass die Sklavenhalter sich moralisch zunächst in der Defensive fühlten und die Sklaverei als "notwendiges Übel" gesehen wurde, um die Basis des Wohlstandes bestimmter Kreise im Süden zu sichern.

Erst im Lauf der Zeit entwickelten sich Verteidigungsargumente gegen Kritik aus dem Norden, die letztendlich sogar darin mündeten, die Sklaverei als etwas Positives darzustellen. Man würde dem Sklaven sogar etwas Gutes tun, denn in Freiheit könne er gar nicht mehr leben.

Von daher würde ich für das 19. Jhd. (für die unabhängigen Vereinigten Staaten) die These aufstellen, dass der Rassismus, obwohl er mit Sicherheit schon bis zu einem gewissen Grad vorher auch schon vorhanden war, erst durch wirtschaftliche Interessen so stark anwuchs.

Auch daran zu sehen, dass nach der Unabhängigkeitserklärung (schon die allein verträgt sich ja nicht mit Sklaverei und Rassismus) auch bald der Sklavenhandel abgeschafft wurde. Man ging bis zu einem bestimmten Zeitpunkt sogar davon aus, dass die Sklaverei langsam unrentabel werden würde (auch im Süden) - bis ein Nordstaatler die Baumwollentkernungsmaschine erfand.
 
Der Einspruch verleitet mich zu dem Gedanken, ob denn Rassismus nicht immer in Grautönen vorherrscht. Es geht also um den Grad des Rassismus, denn gegeben hat es ihn schon immer. Und da wird's ganz schwer. Wie will man erkennen, wie groß in Amerika vor eintreffen der Afrikaner der Rassismus gegenüber diesen war?

Latenten gesellschaftlichen Rassismus historisch zu messen, trauen wir uns das zu?
 
Vor Eintreffen der Amerikaner war aber nicht der Rassismus der Amerikaner ausschlaggebend, sondern der der Spanier/Portugiesen. Die wiederum waren mit ihren Sklaven in Nordamerika kaum präsent.

Der Hauptzeitraum der in der Frage genannt wird, ist der zwischen 1776 und 1865 - und das Gebiet ist Nordamerika.

Wenn die Sklaverei zunächst als "peculiar institution" verschämt beinahe versteckt wird um dann einige Jahre später als humanes Mittel dargestellt zu werden, hat sich wohl doch etwas auch im Bereich des Rassismus geändert, oder nicht?
 
Papa_Leo schrieb:
Wenn die Sklaverei zunächst als "peculiar institution" verschämt beinahe versteckt wird um dann einige Jahre später als humanes Mittel dargestellt zu werden, hat sich wohl doch etwas auch im Bereich des Rassismus geändert, oder nicht?

Möglich. Oder der Rassismus war garnicht ausschlaggebend, sondern alleine der wirtschaftliche Erfolg, der wiederrum in gesellschaftliches Prestige mündete. Die Basis war im Süden die Plantagenwirtschaft, die eben nur mit Sklaverei derart reibungslos funktionierte.

Im Grunde hoch spekulativ, würde ich sagen ...
 
Meiner Meinung nach wird das Thema hier zu sehr durch unsere heutige Brille betrachtet und sagt mehr über unsere heutige Gesellschaft aus als über vergangene Gesellschaften.

Die Alten Griechen und Römer waren Sklavenhaltergesellschaften und die Sklaven waren, je nach Kriegsglück, dunkler-, heller- oder gleichhäutig mit diesen. Ohne die Sklavenhaltung wäre eine Griechische bzw. Römische Hochkultur nicht möglich gewesen. Wer also sagt "ich bewundere die Griechische Kultur, außer dass dort Sklaven gehalten wurden", sollte sich lieber mit Dingen befassen, die ihre Bewand(t)nis haben. :fs:

Wenn die Amerikaner ein moralisches Problem mit ihren Sklaven hatten, heißt das, dass ihre Moralvorstellungen dabei waren, sich dem heutigen Stand der abendländischen Kultur anzunähern.
 
Der Punkt ist aber, dass es nicht um die antike Sklavenhaltung geht, sondern um die moderne Sklavenhaltung mit besonderem Blick auf die USA. :winke:
 
Möchte nicht behaupten, dass ich echt Ahnung von habe, aber irgenwo schwirrt mir der Begriff "arm weiß Pack" im Gehirn herum. (Bristow? Beecher-Stowe?)
Auf das "arm weiß Pack" schaute der Sklave herab.

Also Rassismus? Vielleicht aber nicht nur.

Grüße Repo
 
Arne schrieb:
Zuerst mal sind wir uns alle sicher einig, daß es Sklaverei schon ewig lange gibt, lange bevor es das gab, was uns unter Rassismus bekannt ist. Die im Kampf Unterlegenen Stämme wurde versklavt.

Die Sklaverei gibt es erst, seit es staatliche Gebilde und Gewalt gibt. Hast Du vom Neandertaler oder Cro Magnon gelesen, dass er sich Sklaven hielt?:confused:
 
heinz schrieb:
Die Sklaverei gibt es erst, seit es staatliche Gebilde und Gewalt gibt. Hast Du vom Neandertaler oder Cro Magnon gelesen, dass er sich Sklaven hielt?:confused:

1) Werde ich mit dir nicht über Neandertaler diskutieren.
2) Geht es in diesem Thread um Amerika 18/19.Jahrhundert
3) Gab es das übliche Versklaven unterlegener Stämme auch ausserhalb von Staaten, wie zum Beispiel bei schwarzafrikanischen Stämmen oder amerikanischen Indianern.

:closed:
 
Pope schrieb:
Möglich. Oder der Rassismus war garnicht ausschlaggebend, sondern alleine der wirtschaftliche Erfolg, der wiederrum in gesellschaftliches Prestige mündete. Die Basis war im Süden die Plantagenwirtschaft, die eben nur mit Sklaverei derart reibungslos funktionierte.

Im Grunde hoch spekulativ, würde ich sagen ...

Genau das meinte ich. Der Rassismus war nicht ausschlaggebend - aber er verstärkte sich, als man die Sklaverei, die für den Wohlstand der Führungselite notwendig war, gegen den Norden verteidigen musste. Von daher meine These, dass ursprünglich wirtschaftliche Interessen eher für die Sklaverei in Nordamerika in der Zeit ausschlaggebend waren.
 
ich glaube bei dieser diskusion wird vergessen wer in diesem falle die ware mensch (schwarzer Mensch) zur verfügung gestellt hat.

der massive import von sklaven in die neue welt war eigendlich nur durch die bereitstellung dieser massenware möglich.

diese ware wiederum wurde von den leuten eigener rasse ermöglicht.
die hauptverkäufer der sklaven waren schwarzafrikaner und arabische stämme.

durch den zwischenhandel über das meer wurde eine ware nur an einen käufer mit nachfrage verschifft.

ich folgere daraus das rassismus mit sklaverei wenig zu tun hatte in der neuen welt, sondern zu dieser zeit nichts weiter als "arbeitsmaschinen" waren, welche netterweise zu einem spottpreis von ihren eigenen landsleuten verschleudert wurden.

erst durch das umdenken grosser teile der "weissen" ist es erst möglich geworden, sklaverei über die jahrhunderte abzuschaffen.

weiterhin ist es in teilen afrikas noch heute gang und gäbe sklaven zu halten, zu verkaufen, oder zu beschaffen.
 
hmm, ich denke, um auf die Begrfiffe zurückzukommen, wenn ich jemanden als Sklaven halte, diskriminiere ich ihn und sehe ihn als minderwertig an, also ganz speziell auf Amerika, da man ja noch bis in die 1960er und heute noch Schwarze diskriminiert. Gerade in diesem Fall (USA), wird das deutlich. Und wenn ich ein Volk nur als Arbeitstiere und - kräfte ansehe, ist das nicht auch eine Diskrimierung? So frei nach dem Motto. "Ich mach mich nich schmutzig, sollen die das doch machen." Ich denke, das spielte eine Rolle. Weiß ich auch nicht, ob man sich freikaufen konnte, wie in Griechenland oder so. Im 19 Jh. hatte sich das ja eh erledigt mit der Sklaverei und von da an, war der Rassismus im Vordergrund.
 
Repo schrieb:
Möchte nicht behaupten, dass ich echt Ahnung von habe, aber irgenwo schwirrt mir der Begriff "arm weiß Pack" im Gehirn herum. (Bristow? Beecher-Stowe?)
Auf das "arm weiß Pack" schaute der Sklave herab.

Also Rassismus? Vielleicht aber nicht nur.
So allgemein stimmt es nicht. Zum einen gab es auch unter den Sklaven eine Art Hierarchie, in der die Feldsklaven ganz unten standen. Sie hatten wenig Kontakt zu Weißen, meist erlebten sie nur den Aufseher (daher auch die Bezeichnung 'da man' für Weiße). Dann gab es Sklaven mit spezielleren Kenntnissen, zb handwerklich. Diese durften teils auch außerhalb der Plantage arbeiten bzw auch auf eigene Rechnung. Und die Haussklaven, die nicht so schwer körperlich arbeiteten wie die Feldsklaven.

Nur ein Teil der schwarzen Sklavenbevölkerung erlebte also auch die armen Weißen, the poor white trash, und konnte die eigenen materiellen Lebensbedingungen als besser als die der armen Weißen ansehen.

Der Rassismus lieferte der Sklaverei einen ideologischen Mantel, indem er zb der Befriedung der Gesellschaft diente, also der weißen Gesellschaft. Ebenso, wie Schwarze in der Lage waren, ihre materiellen Lebensbedingungen als besser wahrzunehmen als die etlicher Weißer, konnten die das umgekehrt natürlich auch. Damit daraus kein sozialer Sprengstoff entstand, kam die Frage der Hautfarbe ins Spiel: dem poor white trash wurde also erklärt, daß es viel besser war, weiß zu sein, auch wenn man dazu kein Hemd überm Ar...m hatte, als ein Schwarzer, selbst wenn dieser sich jeden Tag satt essen konnte, ein Handwerk erlernt hatte, gut gekleidet war oder lesen und schreiben konnte.

Poor white trash stand häufig genug in direkter Konkurrenz mit Schwarzen, zb auch um Arbeitsplätze. Dies war nach Freilassung der Sklaven natürlich noch ausgeprägter und die Ideologie der angeblich durch die Hautfarbe bestimmten Überlegenheit griff weiterhin. Es gab nicht nur schwarze Familien, die als 'sharecropper' lebten, sondern auch weiße (eine Landarbeiterfamilie pachtet ein Stück Land vom Besitzer; die Pachtzahlung besteht in einem mehr oder weniger großen Teil der Ernte).

Der Rassismus lieferte noch weitere Rechtfertigungen des Systems, zb in dem 'wissenschaftlich' nachgewiesen wurde, daß Schwarze schmerzunempfindlicher sein sollten als Weiße, oder nur zu körperlich schwerer Arbeit in der Lage sind, da sie mehr Muskeln hätten und alles weitere sie ohnehin intellektuell überfordere. Diese Ideologie wurde aufrechterhalten, auch wenn es innerhalb des Systems genügend Beispiele gab, die für das Gegenteil sprachen - sie werden dann in einem solchen System per definitionem zu Ausnahmen erklärt, gleich, wie zahlreich diese Ausnahmen auch sind.

Das Plantagensystem hat auch bereits vor den Massenimporten von Afrikanern mit mehr oder weniger erzwungener Arbeit gelebt: zum einen durch die Versklavung von Indianern. Zum anderen gab es das System der 'indentured servitude', dh daß mittellose europäische Auswanderungswillige die Seereise vom amerikanischen Arbeitgeber bezahlt bekamen und sich dafür verpflichten mußten, für eine bestimmte Anzahl von Jahren für ihn tätig zu sein, um die Fahrtkosten abzuarbeiten. Beides hatte Nachteile, da sowohl Indianer wie Weiße indentured servants wohl recht häufig dazu neigten, den Arbeitsplatz 'unerlaubt zu verlassen'. Bei den Indianern kam noch die Anfälligkeit für vorher unbekannte Krankheiten dazu. Jedenfalls erwies sich beides als nicht geeignet, um den hohen Arbeitskräftebedarf der Plantagenwirtschaft zuverlässig zu decken.
 
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